Verklärung, Vernichtung, Verdichtung: Raum als Kategorie einer Kommunikationsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts

Verklärung, Vernichtung, Verdichtung: Raum als Kategorie einer Kommunikationsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts

Organisatoren
XIV. Tagung des Arbeitskreises Geschichte + Theorie (AG+T) in Zusammenarbeit mit dem Kulturwissenschaftlichen Institut, Essen, Konzeption und Organisation: Alexander C.T. Geppert, Uffa Jensen, Jörn Weinhold
Ort
Mülheim an der Ruhr
Land
Deutschland
Vom - Bis
27.02.2003 - 02.03.2003
Url der Konferenzwebsite
Von
Alexander C.T. Geppert, Florenz/Essen; Uffa Jensen, Göttingen/Berlin und Jörn Weinhold, Weimar

[Eine ausführlichere Fassung dieses Tagungsberichtes und weitere
Informationen finden sich unter http://www.geschichte-und-theorie.de]

Warum teilt man am Mobiltelefon unmittelbar nach der Begrüßung seinen Aufenthaltsort mit? Es vergeht keines solcher Gespräche, ohne dass nicht gesagt wird, man sitze gerade in der U-Bahn, noch am Arbeitsplatz oder bereits in einem Café. Solche Beispiele verweisen darauf, dass Kommunikation stets eines räumlichen Bezugs bedarf. Wie ist dieses Verhältnis jedoch zu verstehen und welche Rolle kann Raum als Kategorie in einer Kommunikationsgeschichte spielen? - Solchen und anderen Fragen war die Tagung "Verklärung, Vernichtung, Verdichtung: Raum als Kategorie einer Kommunikationsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts" gewidmet. Sie stand im Zusammenhang der bisherigen Arbeit des Arbeitskreises Geschichte und Theorie (AG+T), der sich seit zwei Jahren auf die Entwicklung eines eigenen Ansatzes innerhalb der Medien- und Kommunikationsgeschichte konzentriert. In Form einer neu zu begründenden Historischen Kommunikologie sollen dabei insbesondere Veränderungen im Verhältnis von Kommunikation, Medien und Öffentlichkeit im Übergang von der Industrie- zur Informationsgesellschaft untersucht werden. Dabei wird die These profiliert, dass die Phase zwischen 1880 und 1960 als eine "kommunikologische Sattelzeit" verstanden werden kann.

Wie schon während der Tagungsvorbereitung deutlich geworden war, kann die gegenwärtige Popularität des Themas "Raum" in den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften kaum überschätzt werden. Gleichwohl führt dieser vermeintliche "spatial turn" in der wissenschaftlichen Praxis oft nur zu einem metaphorischen Sprachgebrauch, in dem mit Handlungs-, Kommunikations- oder ähnlichen Räumen kaum mehr etwas Konkretes gemeint ist. In kritischer Absicht gegenüber solchen Aspekten des zeitgenössischen Sprechens über Raum und Räumlichkeit ging die Tagungskonzeption von einem elementaren Bezug zwischen Raum und Kommunikation aus. Kommunikation findet nicht nur offensichtlich immer häufiger über Raumbezüge statt, sie ist dabei stets auch an räumliche Gegebenheiten gebunden. Schließlich gibt es keinen objektiven, absoluten Raum, vielmehr wird dieser selbst stets durch Kommunikationsprozesse erst konstituiert. Grundlegend für die Tagungskonzeption war daher die heuristische Trias aus Kommunikation von Raum, Kommunikation im Raum sowie Raum durch Kommunikation.

In einer ersten Sektion wurde "Raum als Kategorie und Konzept" diskutiert. Der Historiker Alexander MEJSTRIK (Wien) griff in seiner Skizze eines epistemologischen Profils der Gebrauchsweisen von Raum in den Humanwissenschaften vornehmlich auf Überlegungen von Gaston Bachelard zurück. Auf der Suche nach einem Kompass, mit dessen Hilfe den Tagungsteilnehmern die Differenzierung innerhalb einer Vielzahl von Gebrauchsweisen ermöglicht werden sollte, unterschied Mejstrik verschiedene Bezugssysteme, in denen ‚Raum' jeweils einen anderen Stellenwert besitze. Mejstrik konkretisierte am Beispiel von Bourdieus Feldanalysen, ob und wie man Konzepte des dialektisierten Rationalismus umsetzen könnte, wobei gegebene Raumkonstellationen nur mehr als ein Spezialfall möglicher physikalischer Räume beschreibbar und anwendbar seien. Im Gegensatz zu dieser umfassenden humanwissenschaftlichen Betrachtung erörterte die Geographin Judith MIGGELBRINK (Leipzig) den Umgang der Fachgeographie mit verschiedenen Raumkonzepten, wobei ihr insbesondere das Problem von Materialität und Symbolisierung im Raumbegriff als Spannungsbogen diente. Neuere Richtungen der Kritischen Geographie betonen vor allem die besondere Plausibilität, welche Formen von Verräumlichung in alltäglicher Kommunikation ("alltägliches Geographie-Machen" (Benno Werlen)) haben. Gerade in massenmedialer Kommunikation erhielten die Strategien des Räumlichen zur Erzeugung von Identität durch Differenz große Bedeutung. Durch ihren Rückblick auf die Abfolge von geographischen Raumkonzeptionen im 20. Jahrhundert wurde die Frage aufgeworfen, ob mit dem Wandel von Raumkonzepten auch immer ein Wandel der Kommunikationsmodelle und -begriffe verbunden sei.

Die beiden folgenden Vorträge handelten vom "Kommunikationsraum Stadt" und zugleich von zwei eminent bedeutsamen Innovationen auf dem Weg zur modernen Kommunikations- und Mediengesellschaft. Der Historiker Stefan HAAS (Münster) thematisierte die medialen Bedingungen der Konstitution des städtischen Raumes im Modernisierungsprozess. Er ging dabei vor allem auf die besondere Rolle von Wirtschaftswerbung im Kommunikationsraum Stadt ein. Die Ausdifferenzierung des städtischen Raumes und die rasant zunehmende Mobilität forcierten die Entwicklung von visuellen Werbeformen, die immer schneller konsumiert werden konnten. Haas argumentierte, dass die Werbung den Stadtraum verändert habe - und damit die sich in ihm bewegenden Menschen. Aus dem Flaneur des 19. konnte so der Patchworker des 20. Jahrhunderts werden, der sich seinen Sinn collageartig selbst zusammenstellte. Der Historiker Philipp MÜLLER (Florenz) analysierte den Zusammenhang von Medien, Stadt und Wahrnehmung in einem anderen thematischen Kontext: einer kollektiven Verbrecherjagd im Berlin des Jahres 1906. In seiner detaillierten Fallstudie, die ihren Ausgang bei dem Versuch der Polizei nahm, mit Hilfe von Tageszeitungen einen Gewaltverbrecher dingfest zu machen, wurde deutlich, wie Medien die Wahrnehmungen ihrer Leser vom Leben im urbanen Raum entscheidend mitprägten. Gleichzeitig wurden vielfältige Bezüge zur räumlichen Selbstverortung hergestellt, etwa wenn bei Denunziationen die Topographie der Stadt immer wieder neu evoziert wurde. Die zunehmende Konkurrenz unter den Printmedien über solcherart spektakuläre Meldungen manifestierte sich zudem wieder im öffentlichen Raum der Stadt, so zum Beispiel bei der Bekanntmachung der Auflagenstärke an Litfaßsäulen.

Die darauffolgende, dritte Sektion problematisierte den "Raumwandel durch moderne Kommunikationstechnologien", wobei insbesondere Aspekte der kommunikativen Raumüberwindung im Mittelpunkt standen, durch die "Raum" jedoch keineswegs "verschwand". Der Historiker Christian HOLTORF (Dresden) begab sich in seinem Beitrag über die Transatlantikverbindung von 1858 auf die Suche nach den technischen Ursprüngen einer heute so omnipräsenten globalen Kommunikationsform wie dem Internet: Insbesondere die technischen und logistischen Schwierigkeiten der ersten Transatlantikverbindung von Irland nach Neufundland demonstrierten die Bedeutung der Hardware, die bei der heutigen, vermeintlich virtuellen Kommunikation schnell aus dem Blick gerät. Beim Bau geriet der Aspekt der Raumüberwindung durch das Seekabel dabei zunehmend in den Hintergrund und wurde durch die im Zuge der neuen Kommunikationstechnologie erforderliche Raumerschließung des Ozeanbodens ersetzt: Durch das Kabel entdeckte man den Zwischenraum des Meeres neu. Es kam somit zu einer unintendierten Raumproduktion. Der Philosoph Werner KONITZER (Hamburg) untersuchte das Telefon als besondere Form gedehnter Äußerung durch eine phänomenologische Analyse von Telefonkommunikation. Mit dem Verweis auf ältere Formen von Botenkommunikation konnte Konitzer die in der Medientheorie häufig vertretene These widerlegen, dass die Kommunikation gedehnter Äußerungen unter Abwesenden erst mit dem Telefon möglich wurde. Das spezifisch Neue an dieser Kommunikation bezeichnete er in Anlehnung an Marcel Proust als die "wirkliche Gegenwart einer nahen Stimme (und ihres Sprechraumes) bei tatsächlicher Trennung". Ein Telefongespräch bestehe eigentlich aus zwei Gesprächen, von denen jeweils an einem Ende der Leitung ein Abbild des jeweils anderen produziert werde; die Illusion des Telefonierens bestehe in der von beiden Partnern gleichermaßen geteilten Imagination eines gemeinsamen Kommunikationsraumes, eines Sich-in-der-Mitte-Treffens.

Die vierte Sektion beschäftigte sich mit "Architekturen der Kommunikation" und der Frage, inwiefern konkrete Raumprogramme die in ihnen möglichen Kommunikationsbeziehungen vorstrukturieren. Der Museologe Stefan PAUL (Köln) präsentierte verschiedene Bausteine einer Kommunikationsgeschichte des Museums. Die im 19. Jahrhundert zentrale Sakralität des Baukörpers Museum ließe sich aus seiner Sicht auch heute noch beobachten. Zugleich verdeutliche ein Blick auf die Entwicklungen im Inneren des Museums, wie sich das Verhältnis von exponiertem Objekt und inszeniertem Ausstellungsraum beständig wandele. Schließlich ließe sich bei einer Raumanalyse als Teil einer Museumsgeschichte auch über die Präsentationsform des Objektes selbst nachdenken, welches vor allem durch die räumliche Anordnung in Vitrinen eine auratische Qualität gewinnen konnte; Paul sprach hier von Museumsdramaturgie. Mit der bürgerlichen Villa als weiteres Beispiel einer Kommunikation bedingenden Architektur schilderte der Kunstwissenschaftler Alarich ROOCH (Bremen) eine stilistische Erfolgsgeschichte des 19. Jahrhunderts. An ihr wurde sichtbar wie bürgerliche Lebensstile in die Gesamtgesellschaft diffundierten. Ausgehend von einer mit Bourdieuschen Konzepten begriffenen Symbolgeschichte der Architektur im städtischen Raum beschrieb er das erhebliche Distinktionspotential, welches das Raumprogramm der bürgerlichen Villa ihren Bewohnern bot. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden, schuf die Villa mit historisierenden Versatzstücken Raum für spezifisch bürgerliche Geselligkeitsformen und ebensolches Repräsentationsbewusstsein; Rooch argumentierte auf diese Weise, dass Villen keine reinen Privathäuser, sondern gerade auch in kommunikationshistorischer Sicht semi-öffentliche Gebäude darstellten.

Die fünfte Sektion "Künst-liche Räume kommuniziert" stellte nicht nur Perspektiven aus einer anderen klassischen "Raum-Wissenschaft", nämlich der Kunstgeschichte, zur Diskussion, sondern erweiterte mit zwei frühneuzeitlichen Vorträgen den historischen Zeitrahmen der Tagung. Die Historikerin Annette VOWINCKEL (Berlin) betrachtete das Bild als Erzählraum und nahm dabei Ausgang bei Erwin Panofskys klassischen Arbeiten zur Entdeckung der Zentralperspektive, die er zugleich als Anbeginn der Moderne deklarierte. Demgegenüber lassen sich jedoch, Vowinckel zufolge, in den Bildern auch ganz andere gestalterische Formen nachweisen. In den analysierten Darstellungen wurde das Bild zum Raum, die Bildfläche zum Bildraum - und damit zum Erzählraum. Ihr Vortrag hob so vor allem die Bedeutung solcher Erzählräume und der dynamischen Interaktion in ihnen hervor - beides Elemente, die gegen die mathematische Gliederung des Raum durch die Zentralperspektive Anwendung finden konnten. Die Kunsthistorikerin Tanja MICHALSKY (Berlin) untersuchte die Interdependenzen und intermediale Austauschprozesse zwischen der holländischen Landschaftsmalerei des 16. Jahrhunderts und der gleichzeitig florierenden Kartographie, die aus einer objektivierten Perspektive ein Raster über die Räume der bekannten Welt zog. In der Landschaftsmalerei ließe sich ebenfalls das Streben nach einer möglichst allgemeingültigen Repräsentation des Raumes nachweisen, so dass die Darstellungen dieser Phase wie Überschau-Landschaften anmuteten. Gleichzeitig gebe diese Landschaftsmalerei oft höchst konzentrierte Momentaufnahmen wieder, so dass einzelne Szenen im Bild die Erinnerungsleistung des Betrachters herausforderten, so Michalsky.

Die sechste und letzte Sektion wandte sich "Imaginierten Räumen in kommunikativer Praxis" zu. In seiner Imaginationsgeschichte der kolonialen Geographie nahm der Literaturwissenschaftler Alexander HONOLD (Berlin) die Vermengung von pragmatischen und imaginären Zielen, von Raumerschließung und -bemächtigung und von literar-ästhetischen Raumrepräsentation bei der Kolonialisierung Afrikas in den Blick. Er folgte mehreren europäischen Expeditionen der 1880/90er Jahre, die entlang der Flussläufe zu deren Ursprüngen und so ins Innere Afrikas vorzudringen versuchten und dabei der Fiktion des unbesiedelten Raumes nachhingen. Ihrer kartographischen folgte später die infrastrukturelle Erschließung des unbekannten, vermeintlich leeren Raumes. Gleichzeitig fragte der Vortrag nach der Motivik in den Berichten dieser "pathfinder", in denen ein Diskurs der Bewegung die kolonialen Interessen zu verdecken vermochte. Raum wurde als Ressource verstanden und vermittelt, imaginiert und politisiert zugleich. Die Geographin Antje SCHLOTTMANN (Jena) wandte sich einem anderen Beispiel des "alltäglichen Geographie-Machens" zu. Hierfür setzte sie sich zunächst mit gängigen Überzeugungen sozialwissenschaftlicher Gegenwartsanalyse auseinander, etwa der populären Behauptung einer entgrenzten Welt, in der Individuen allen stabilen Identitätsbezügen verlustig gehen. Diese These lebe von einem Beobachterstatus außerhalb dieser "neuen" Welt. Entgrenzung funktioniere jedoch nicht ohne Repräsentation des Räumlichen. Schlottmann interessierte vor allem die alltäglichen Herstellungsweisen von Raum. Ihr Beispiel der andauernden Debatten über die deutsche Vereinigung zeigte zeithistorische Probleme der Kommunikation von räumlicher Verortung in der Presse auf. So konnte sie eine Kontinuität der alltäglichen Reproduktion von "Ostdeutschland" als einem konstanten Kultur-Raum-Container nachweisen.

Zum Abschluss der Tagung fragte der Historiker Christoph CONRAD (Genf) "Noch ein "turn" - aber in welche Richtung?", gefolgt von einem Kommentar des Historikers Peter BECKER (Florenz). Ein Teil der Faszination von Raumkonzepten möge in ihrer merkwürdigen Stellung zwischen Materialität und Symbolisierungen begründet sein. Gleichzeitig sah Conrad hier vor allem Auswirkungen der "postcolonial studies" und Globalisierungstheorien im weitesten Sinne, in denen man durch Raumkonzepte den gängigen, westlichen, modernisierungstheoretischen Evolutionskonzepten Alternativen entgegen zu stellen trachte. Die Pluralität der unterschiedlich gewachsenen Räume und der Selbstverständigungsweisen, die sich in ihnen ausbilden, trete somit an die Stelle, die einst die Ordnung des Zeitverlaufes einnahm; nur qua Verräumlichung ließen sich unterschiedliche Modernitäten pluralisieren. Jenseits solcher theoriegeschichtlichen Zusammenhänge seien aber die praktischen Vorteile von Raumkonzepten nicht zu unterschätzen: In der Ordnung eines Raumes könnten ganz unterschiedliche Informationen organisiert werden.

Ein ständig wiederkehrendes Element in der Schlussdiskussion war das Verhältnis von Materialität, Symbolisierung und sozialer Praktik in einem Raumbegriff, der für die Kommunikationsgeschichte fruchtbar gemacht werden kann. Auch wenn ein semiotisches Verständnis von Raum schwerlich von der Hand zu weisen ist, Räume insofern immer auch diskursiv produziert und mit Bedeutung aufgeladen werden, so zeigte sich in vielen Diskussionen auf der Tagung doch ein anderes Verständnis von Raum: Raum als materielle Gegebenheit für und gleichzeitig Ergebnis von individuellem und kollektivem kommunikativem Handeln. Hier zeigte sich der enge Zusammenhang zwischen Kommunikationsbegriffen und Raumkonzepten: Raum vermittelt sich strukturell dem Handelnden als etwas Kommuniziertes; der Handelnde kommuniziert über die räumlichen Strukturen, erschließt sie durch die Bereitstellung von (auch materieller) Kommunikationsinfrastruktur und produziert räumliche Bezüge dadurch täglich neu. Insgesamt wurde in den unterschiedlichen thematischen und disziplinären Zusammenhängen deutlich, wie sinnvoll es ist, Kommunikation durch die "räumliche Brille" zu betrachten. Verschiedene Aspekte aus Vorträgen oder Diskussionen zeigten, dass der Blick auf Räume ein erweitertes Verständnis für Kommunikationsbeziehungen und -situationen ermöglicht.

Damit waren wichtige Fragen der Bedeutung räumlicher Zusammenhänge für Kommunikation thematisiert; die Frage, inwieweit Raum als Kategorie einer Kommunikationsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts verwendet werden kann, bedarf indes weiterer Reflexion. Einige diesbezügliche Aspekte wurden gleichwohl erörtert, zum Beispiel inwieweit in der langen Jahrhundertwende neue Kommunikationsräume entstanden, die wiederum neue Kommunikationstechniken und -stile erforderten - und umgekehrt. Die gesteigerte Mobilität von Informationen, Gütern und Personen durch die Verbesserungen von Kommunikations-, Transport- und Beförderungstechniken machten nicht etwa die räumlichen Bezüge unwichtiger, im Gegenteil gehörte es zu einem immer bedeutsameren Bestandteil alltäglicher Praxis, sich im Raum exakt zu situieren. Territoriale Identität verstand sich immer weniger von selbst. Von hier aus mag man auch eine Antwort auf die Frage versuchen, warum Menschen Raumbezüge herstellen, wenn sie mobil telefonieren. Man muss nicht nur wissen, mit wem man spricht, sondern auch, wo man kommuniziert. Jemanden überall erreichen zu können, bedeutet nicht nur, dies möglicherweise im falschen Moment zu versuchen, sondern auch am falschen Ort. Zu klären, wo man ist, wenn man kommuniziert, wirkt sich auf das aus, worüber man kommunizieren möchte. Raumlose Kommunikation ist schlicht unmöglich.

Aufgrund der enormen Resonanz auf die Tagung, der Aktualität ihrer Thematik und der durchgängigen Qualität der Beiträge ist eine Publikation der Tagungsergebnisse in Buchform vorgesehen und wird gegenwärtig vorbereitet.

http://www.geschichte-und-theorie.de