Gender in Science - Geschlechterverhältnisse in der Wissenschaft

Gender in Science - Geschlechterverhältnisse in der Wissenschaft

Organisatoren
Universität Göttingen, Soziologisches Seminar - Arbeitsgruppe Geschlechterforschung
Ort
Göttingen
Land
Deutschland
Vom - Bis
24.01.2003 - 25.01.2003
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Von
Ilse Costas, Soziologisches Seminar, Universität Göttingen

Ziel der Konferenz war es, die Unterschiede der Geschlechterverhältnisse in der Wissenschaft in einem internationalen Vergleich herauszuarbeiten und Gründe für diese Unterschiede zu analysieren. Wissenschaftlerinnen verschiedener Fachdisziplinen aus acht Ländern präsentierten Fallstudien zu den jeweiligen Geschlechterverhältnissen in der Wissenschaft. Bis auf die Niederlande sind die Frauenanteile an wissenschaftlichen Positionen durchweg höher als in Deutschland, und zwar auch in den Natur- und Ingenieurwissenschaften. Dies trifft auf Universitäten, aber besonders auch für außeruniversitäre Forschungsinstitute zu.

1. Länderstudien

Frankreich
Jeanne Peiffer (Centre Alexandre Koyré, CNRS , Paris) 1 führte für die relativ günstige Situation von Wissenschaftlerinnen in Frankreich folgende Gründe an: Generell sei die soziale Situation von erwerbstätigen Frauen relativ vorteilhaft. Die Berufstätigkeit von Müttern werde als etwas Normales angesehen, öffentliche Kinderbetreuungseinrichtungen bieten dafür die notwendige Infrastruktur. Die Stellenstruktur im Wissenschaftsbereich sei durch permanente Positionen gekennzeichnet, die mit 30 bis 35 Jahren erreicht werden. Im Gegensatz zur zeitlich begrenzten Projektforschungsförderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft beschäftigt die vergleichbare französische Institution Centre National de la Recherche Scientifique Wissenschaftler/innen, und zwar in festen Stellen. In den Eliteinstitutionen des französischen Hochschulsystems, den Grandes Ecoles, mit ihren jeweils nur einigen hundert Studierenden ist der Frauenanteil in wissenschaftlichen Positionen geringer als in den Universitäten. Absolventinnen seien allerdings auf dem Arbeitsmarkt der Spitzenpositionen in Wirtschaft und Politik relativ gleichberechtigt. Negativ habe sich - sowohl was den Studentinnenanteil unter den Studierenden in der Mathematik und in den Natur - und Ingenieurwissenschaften als auch, was den Wissenschaftlerinnenanteil anbelangt, die Verschmelzung von nach Geschlecht getrennten Eliteinstitutionen 2 ausgewirkt.

Italien
Auch in Italien sind die Frauenanteile an den wissenschaftlichen Positionen innerhalb der Universitäten und besonders in den öffentlichen Forschungsinstitutionen relativ hoch, 3 dies gilt auch für die Naturwissenschaften. Dies geht einher mit besseren Studienabschlüssen der Frauen auch in den Ingenieur-, Natur- und Agrarwissenschaften. Adele Menniti, Institute for Research on Population and Social Policies, Italian National Research Council, 4 thematisierte die auch in Italien vorhandene vertikale Segregation nach Geschlecht. Detaillierte empirische Analysen widerlegen oder relativieren einfache Erklärungen für den abnehmenden Anteil von Wissenschaftlerinnen in der Stellenpyramide, wie eine zu geringe Bewerberinnenanzahl, eine zu geringe wissenschaftliche Produktivität und Publikationstätigkeit von Frauen. Adele Menniti verwies demgegenüber auf die vergeschlechtlichten Kriterien und Prozeduren bei Leistungsbewertungen von WissenschaftlerInnen durch männerdominierte Gremien, die auch auf kulturellen Zuschreibungsprozessen geschlechtlicher Eigenschaften basierten.

Portugal und Türkei
Mit Spannung und intensivem Interesse verfolgten die TagungsteilnehmerInnen die Darstellung und Erklärung von Teresa Patrício, Instituto Superior des Ciências do Trabalho e da Empresa, Lissabon, und von Aysegül Baykan, Istanbul/Pittsburg, über die Geschlechterverhältnisse in Portugal und in der Türkei, bekleiden diese Länder doch wider den weit verbreiteten stereotypen Darstellungen von Rückständigkeit beispielhafte Spitzenpositionen in der Beteiligung von Frauen in der Wissenschaft. In der Türkei beträgt der Frauenanteil an den höchsten Professuren zurzeit 25%, in Portugal 1997 17% (zum Vergleich: Deutschland 1998: 5,9%). In beiden Ländern erreichen die Wissenschaftlerinnen auch in den in unserer Wissenschaftskultur männlich konnotierten Disziplinen der Natur- und Ingenieurwissenschaften fast eine Parität mit ihren männlichen Kollegen - ein überzeugendes Argument gegen jegliche den Fächern immanente Geschlechtsspezifik.

Welche Faktoren haben in Portugal zu dieser im Vergleich zu anderen Ländern günstigen, zum Teil schon paritätischen Stellung von Frauen in der Wissenschaft geführt? Wie so häufig in der Geschichte war es die relative Abwesenheit von Männern während der Kolonialkriege in den 1960er und 1970er Jahren, die zahlreichen Frauen den Aufstieg im Erziehungswesen und in der Wissenschaft ermöglichte. Um die Alphabetisierung voranzutreiben, musste das Bildungssystem rasch expandieren, so dass die Nachfrage nach Akademikerinnen hoch war. Unterstützt werde die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt durch ein sehr gut ausgebautes Betreuungssystem für Kinder ab dem Alter von drei Monaten. Diese Arbeitsmarktchancen - allerdings vornehmlich von Frauen aus der oberen Klasse der Gesellschaft wahrgenommen - führten auch zu hohen Frauenanteilen in natur- und ingenieurwissenschaftlichen Karrieren. Die horizontale Segregation nach Geschlecht sei demnach gering. Der aus vielen historischen Beispielen bekannte Rückschlag für die weiblichen Beschäftigten nach dem Ende der Kolonialkriege sei in Portugal infolge der Revolution ausgeblieben, die für eine Verankerung von Gleichheitsrechten und -diskursen sorgte.

Im laizistischen Staat der Türkei sei schon 1924 unter Kemal Atatürk die Egalität der Geschlechter im staatlichen Bildungswesen gesetzlich verankert worden. Während der Ausbau des Bildungssystems der Bevölkerung in den Städten - in den 1920er Jahren betrug deren Anteil 15% der Bevölkerung - zugute kam, sei die Dorfbevölkerung kaum erreicht worden. Für die Töchter der städtischen Elite entwickelten sich seit den 1920er Jahren zahlreiche Bildungs- und Erwerbsmöglichkeiten im Schul- und Universitätssystem, auch mit hohen Anteilen in den mathematischen, naturwissenschaftlichen und technischen Fächern. Die bei uns vorhandenen traditionell männlichen oder weiblichen Konnotierungen von Fachdisziplinen seien viel geringer ausgeprägt. Dies mag auch mit dem Zuweisungssystem von Studienplätzen zusammenhängen: Universitätseingangsprüfungen entscheiden über die Studienfächerzuweisungen, die besten KandidatInnen erhalten die begehrtesten Studienplätze. Mit einem Studium der Geisteswissenschaften mit geringeren Chancen und Verdiensten auf dem Arbeitsmarkt müssen sich die weniger erfolgreichen Prüflinge zufrieden geben. Bemerkenswert ist, dass erstaunlicherweise entgegen dem bei uns vorherrschenden Frauenbild in einer islamischen Bevölkerung 5 Erwerbstätigkeit von Frauen in Wissenschaft, Universitäten und Professionen in der städtischen bürgerlichen Elite etwas Normales darstelle.

Großbritannien
Judith Glover, Roehampton University of Surrey, diskutierte in ihrem Beitrag über die Geschlechterverhältnisse im Vereinigten Königreich verschiedene Erklärungsansätze für die horizontale und vertikale Segregation nach Geschlecht in wissenschaftlichen Karrieren. Im internationalen Vergleich nimmt Großbritannien hinsichtlich des Frauenanteils in wissenschaftlichen Spitzenpositionen eher einen mittleren bis unteren Rang ein, übertrifft allerdings Deutschland und die Niederlande. Judith Glover widerlegte die These der so genannten "kritischen Masse". Auch in Fächern mit hohen Studentinnen- und Wissenschaftlerinnen-Anteilen (z.B. in der Biologie) sei der Anteil von Frauen, die in wissenschaftliche Spitzenpositionen aufsteigen, nicht automatisch höher als in Disziplinen mit geringen Frauenanteilen auf den unteren Karrierestufen. Für die nicht-egalitäre Stellung der Geschlechter in wissenschaftlichen Karrieren hob Judith Glover kulturelle Gründe wie die vergeschlechtlichten Eigen- und Fremdbilder der Wissenschaften und Wissenschaftler hervor. Ebenso betonte sie institutionelle Ursachen wie die vergeschlechtlichte Machtausübung im Kontext von Wissenschaft mit ihren informellen Praktiken, Patronagesystemen und symbolischen Gesten. Sie charakterisierte die Geschlechterverhältnisse in der Wissenschaft als "kontingente Inklusion von Frauen", dabei sei aber die Minorität - hier also die Wissenschaftlerinnen - essentiell für die männlich majorisierte Wissenschaft.

USA
Für die USA präsentierte Sue Rosser, Georgia Institute of Technology, eindrucksvoll die relativ hohen Frauenanteile insgesamt und besonders in den Natur- und Ingenieurwissenschaften: knapp 33% bei den Promotionen, 20% des wissenschaftlichen Personals und etwas mehr als 10% der höchsten Professuren. 6 Die noch nicht erreichte Parität werde mittlerweile auch vom akademischen Establishment der Spitzeninstitutionen als eine systematische Konsequenz der akademischen Kultur angesehen. Untersuchungen weisen z.B. auf die "boys' club atmosphere" in männlich dominierten Laboren hin, in der Frauen systematisch benachteiligt werden. In Bezug auf die Familienpolitik bestehe das Problem in dem "Ticken" der "tenure-clock" versus der "biological clock" sowie dem "two-career-issue", wofür jeweils nicht individuelle, sondern institutionelle Lösungen gesucht würden.

Niederlande und Deutschland
Zu den Ländern mit den geringsten Chancen für Frauen in wissenschaftlichen Karrieren gehören die Niederlande und Deutschland. Brita Rang, Universität Frankfurt a. M., und Ilse Costas, Universität Göttingen, analysierten die spezifischen Gründe für die ausgeprägte männliche Dominanz in der Wissenschaft in diesen Ländern. Die bürgerlichen Klassen der Niederlande waren im Laufe der historischen Entwicklung nicht auf einen Aufstieg durch Bildung an den Universitäten oder auf akademische Karrieren angewiesen. Die starke merkantile Ökonomie bot ihnen attraktivere Chancen. Der akkumulierte Reichtum führte dazu, dass verheiratete Frauen im Bürgertum 7 nicht auf eine Erwerbstätigkeit und akademische Ausbildung angewiesen waren. Normen zur Nicht-Berufstätigkeit von Frauen seien in der niederländischen Gesellschaft weit verbreitet gewesen. Erst seit den 1970er Jahren strebten Frauen infolge ökonomischer und sozialpolitischer Veränderungen vermehrt wissenschaftliche Ausbildungen und akademische Berufskarrieren an.

Historische Entwicklungen im 19. und 20. Jahrhundert, aber auch strukturelle Gründe, die im Universitäts- und Karrieresystem selbst liegen, seien für die relativ geringe Präsenz von Frauen in akademischen Spitzenpositionen in Deutschland verantwortlich. Dazu gehören u. a. folgende Faktoren: Die frühe Professionalisierung von Forschung und Lehre sowie der freien Berufe sorgten für ein hohes Sozialprestige von Wissenschaft und akademischen Berufen schon im 19. Jahrhundert, so dass die Karrieren mit hoher sozialer Wertschätzung für Männer aus der oberen und Mittel-Klasse sehr attraktiv waren. Exklusionsstrategien der männlichen akademischen Elite, später unterstützt durch politische und rassische Verfolgungen des Nazi-Regimes, sorgten langfristig für Diskontinuitäten in der Entwicklung und Etablierung von Frauen in der Wissenschaft und in ihren Institutionen. Im Vergleich zu Qualifikations- und Karrieresystemen in anderen Ländern sei das deutsche Hochschulwesen durch besonders langwierige, mehrstufige Qualifizierungsphasen mit jeweils zeitlichen Restriktionen gekennzeichnet, bevor eine feste Position erreicht werden kann. Diese Personalstruktur sei insofern vergeschlechtlicht, weil sie den Typus eines flexiblen Wissenschaftlers unterstützt, dessen Ehefrau für seine Reproduktion und diejenige seiner Kinder sorgt. Zudem sei die außerhäusliche, nicht-mütterliche Kinderbetreuung bis in die Gegenwart hinein verpönt gewesen.

2. Workshops

Die am zweiten Tag der Konferenz stattfindenden Workshops zu den Themenbereichen
- Doing Gender im historischen Entwicklungsprozess des Universitäts- und Wissenschaftssystems,
- Struktur und Organisation der Universitäten, wissenschaftlichen Institutionen sowie Karrieremuster,
- Sozialprestige und kulturelle Bedeutung von Wissenschaft und Entwicklung des akademischen Arbeitsmarktes,
- Inhalte und Methoden von vergeschlechtlichter Wissenschaft
dienten dazu, den Länder übergreifenden Vergleich der Geschlechterverhältnisse in der Wissenschaft analytisch zu vertiefen und theoretische Schlüsse daraus zu ziehen.

Die jeweiligen historischen Kontexte erweisen sich als determinierend für die unterschiedlich vergeschlechtlichten Universitäts- und Bildungssysteme sowie Fachdisziplinen. Dabei spielen jedoch gerade Diskontinuitäten und Brüche im jeweiligen historischen Entwicklungsprozess eine entscheidende Rolle bei der Veränderung der Geschlechterordnung zugunsten der Frauen.

Um den diskriminierenden Strukturen in Wissenschaftsinstitutionen und Karrieremustern zu begegnen, hob Mary Osborn, Max - Planck - Institut für biophysikalische Chemie, Göttingen, folgende Punkte hervor: Von großer Bedeutung für die Gleichstellung der Geschlechter in Spitzenpositionen sei die separate Bereitstellung von Forschungsgeldern für Wissenschaftlerinnen. Neue zeitliche Begrenzungen in den Karrierewegen, wie in Deutschland jüngst eingeführt, verstärkten die männliche Dominanz. Die Repräsentation ("images") von Frauen als Wissenschaftlerinnen müsse auch im Hinblick auf die Vorbildfunktion für den weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchs stärker beachtet werden. Lernprozesse auf dem Weg zur Gleichstellung beinhalteten insbesondere, wie Frauen in Machtpositionen gelangen könnten. Außer Exzellenz seien Wirksamkeit und Effizienz ihrer wissenschaftlichen Aktivitäten erforderlich. Hier und an anderer Stelle der Konferenz wurde das Doing Gender bei Qualifikations- und Bewertungskriterien betont. Detaillierte Forschung und öffentliche Informationen darüber seien notwendig, um die diffizilen Mechanismen von Leistungsindikatoren - entwickelt in einer von Männern dominierten "scientific community" - zu verstehen, die den Aufstieg von Wissenschaftlerinnen benachteiligten.

Im Workshop zum Sozialprestige und zur kulturellen Bedeutung von Wissenschaft und Wissenschaftskarrieren wurde mit Blick auf die vorgetragenen Fallstudien der Länder verneint, dass das Sozialprestige von Fächern und Karrieren quasi automatisch sinke, wenn Frauen in großer Zahl darin arbeiteten. Intervenierende Variable wie die Klassenzugehörigkeit spielten ebenfalls eine Rolle. In vielen Fällen seien jedoch Strategien nötig, um der vergeschlechtlichten Abwertungsspirale zu begegnen.

Wie die Methoden und Inhalte von Wissenschaft selbst vom Geschlechterverhältnis geprägt werden, trug Sue Rosser überzeugend u. a. an Forschungsergebnissen der Primatologie und Medizin vor. Die Auswahl, nach welchen empirischen Fakten gesucht werde, und deren Interpretation enthüllten männlich geprägte "Subtexte" und seien für eine Art zirkulärer geschlechtlich geprägter Argumentation kennzeichnend. Dank des feministischen Einflusses im US-Kongress würden staatliche Forschungsgelder z. B. des National Institute of Health mehr und mehr daran gebunden, die Kategorie Geschlecht als entscheidende Variable in Forschungsfragestellungen und im Forschungsdesign mit einzubeziehen. 8

3. Ergebnisse

Die Ergebnisse der vergleichenden Analysen dieser Konferenz für die feministische Theorie und die Gleichstellungspolitik lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

- Doing Gender in mikrosoziologischer Perspektive als auch Prozesse des Doing Gender, die sich in wissenschaftlichen Organisationen, Institutionen und Strukturen einschreiben, sind in ihrer Variabilität durch unterschiedliche soziale und historische Kontexte geprägt.

- Es ist gerade durch den internationalen Vergleich offensichtlich geworden, dass diese Kontextualität auch für die geschlechtliche Konnotierung von Fachdisziplinen und ihren Segmenten sowie Berufskarrieren von großer Bedeutung ist. Ebenso ist sie mit entscheidend für die kulturellen Normen, Bewertungen und gesellschaftlichen Praktiken der familialen versus gesellschaftlichen Aufgaben in der Kinderbetreuung. In theoretischer Hinsicht wird damit ein weiteres Mal ein Essentialismus hinsichtlich feststehender Eigenschaften von Frauen und Männern widerlegt.

- Die Vergeschlechtlichungsprozesse in der Wissenschaft in Form der vertikalen und horizontalen Segregation und deren Ineinandergreifen entwickeln sich ähnlich wie Repräsentationen des Selbst und des Anderen, wie sie in der poststrukturalistischen und postkolonialen Theorie diskutiert werden. Die Dominanzposition der Männer ist einerseits abhängig von den geringer bewerteten, mit Frauen "besetzten" Segmenten, andererseits beruht ihre Herrschaftsposition auf der Konstruktion der untergeordneten Gruppe. Ein Vorschlag der poststrukturalistischen Theorie zur Veränderung derartiger Machtverhältnisse besteht darin, Konzepte in Form von Dualismen, wie superior - inferior, gut - schlecht, männlich - weiblich, zu vermeiden, um darauf basierenden Denk- und Handlungsmustern in Hierarchien den Boden zu entziehen. Das kann nur gelingen, wenn die Konstruktionsprozesse dieser hierarchischen Relationen bewusst gemacht werden. Der Verweis auf Beispiele egalitärer Verhältnisse zeigt, dass Veränderungen möglich sind.

- Methodologische Fragen wie diejenige nach den Indikatoren für die Leistungsfähigkeit und Qualifikation wissenschaftlichen Personals, nach Bewertungsmaßstäben der wissenschaftlichen Produktivität sind unter dem Aspekt der darin enthaltenen Geschlechterdimensionen neu zu überdenken, zu erforschen und zu verändern.

- Wissenschaft bedarf inhaltlicher und methodologischer Veränderungen, um ihre Ergebnisse von geschlechtsspezifischen Verzerrungen zu befreien.

- Karrieremuster in Universitäten und anderen wissenschaftlichen Institutionen sind hinsichtlich der Qualifikationswege, Vertragszeiten, Stellenstrukturen und des gesellschaftlichen Umfeldes so zu gestalten, dass "männliche" Berufsbiographien nicht mehr privilegiert werden.

1 CNRS = Centre National de la Recherche Scientifique
2 Es geht dabei u.a. um die Verschmelzung der Ecole Normale Supérieure, Rue d'Ulm mit der Ecole Normale Supérieure de Jeunes Filles, Sèvres.
3 Im Vergleich zu Deutschland sind die Frauenanteile in den einzelnen Karrierestufen doppelt so hoch.
4 Der CNR (Consiglio Nazionale delle Ricerchel) beschäftigt wie das CNRS in Frankreich Wissenschaftler/innen. Von den insgesamt 2854 MitarbeiterInnen waren 1999 31% weiblich.
5 Vgl. allgemein zur westlichen Konstruktion des Orients Edward W. Said : Orientalism, London 1995.
6 Zu diesem Resultat haben auch umfangreiche speziell zur Gleichstellung in der Wissenschaft eingerichtete finanzielle Forschungsförderungsprogramme beigetragen.
7 In den bürgerlichen Gesellschaften im 19. und 20. Jahrhundert waren es zunächst vornehmlich Frauen des Bürgertums, die eine universitäre Bildung anstrebten und durchsetzten.
8 Im Gegensatz dazu stehen wir in Deutschland bei der theoretischen und praktischen Umsetzung dieser Problematik z. B. in der Medizin erst am Anfang, wie der "Bericht zur gesundheitlichen Situation von Frauen in Deutschland. Eine Bestandsaufnahme unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Entwicklung in West- und Ostdeutschland, hrsg. vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin 2001" gezeigt hat.

Kontakt

Aysegül Baykan - abaykan2002@yahoo.com
Ilse Costas - icostas@gwdg.de
Judith Glover - j.glover@ntlworld.com
Adele Menniti - menniti@irp.rm.cnf.it
Mary Osborn - mosborn@gwdg.de
Teresa Patricio - mtpatricio@netcabo.pt
Jeanne Peiffer - peiffer@damesme.cnrs.fr
Brita Rang - B.Rang@vdv.uni-frankfurt.de
Sue Rosser - sue.rosser@iac.gatech.edu


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