Zwischen Freundschaft und kultischer Verehrung in der Antike

Zwischen Freundschaft und kultischer Verehrung in der Antike

Organisatoren
Teilprojekte A1 „Griechisch-römisches Ägypten“ und A2 „Roms auswärtige Freunde“ des SFB 600 „Fremdheit und Armut. Wandel von Inklusions- und Exklusionsformen von der Antike bis zur Gegenwart“ an der Universität Trier
Ort
Trier
Land
Deutschland
Vom - Bis
19.10.2007 - 21.10.2007
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Von
Kathrin Schwerdtner, Universität Trier; Altay Coskun, Universität Trier

Die Forschungsprojekte „Griechisch-römisches Ägypten“ und „Roms auswärtige Freunde“, die in den von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereich 600 (SFB 600) „Fremdheit und Armut. Wandel von Inklusions- und Exklusionsformen von der Antike bis zur Gegenwart“ <http://sfb600.uni-trier.de>, in das Zentrum für Altertumswissenschaft <http://www.uni-trier.de/index.php?id=9042> sowie in das Forschungszentrum „Griechisch-Römisches Ägypten“ an der Universität Trier eingebettet sind, luden vom 19. bis 21. Oktober 2007 zu einer internationalen und interdisziplinären Tagung in Trier ein. Unter dem Titel „Zwischen Freundschaft und kultischer Verehrung“ diskutierten Althistoriker, Ägyptologen, Archäologen, Papyrologen und Klassische Philologen über Formen und Wandel grenzüberschreitender Zugehörigkeit in der Antike.

Mit ‚Freundschaft’ und ‚kultischer Verehrung’ sind zwei Pole abgesteckt, die das Verhältnis von Einzelpersonen, Städten und ganzen Regionen sowohl zu den hellenistischen Königen als auch zu römischen Senatoren und Kaisern definieren. Hinter diesen Begriffen verbirgt sich eine Vielzahl von Repräsentationsformen und Interaktionsmustern, die zur politisch-sozialen Eingliederung unterlegener Völker in antike Großreiche genutzt wurden. Ihre schwerpunktmäßige Aufarbeitung ist das Ziel der seit 2002 von Heinz Heinen im Rahmen des SFB 600 geleiteten Trierer Forschungsprojekte „Griechisch-römisches Ägypten“ (A1) und „Roms auswärtige Freunde“ (A2). Stefan Pfeiffer (A1) untersucht das Zusammenleben verschiedener Kulturen in Ägypten und die potentiell einheitsstiftende Funktion der Religion. Sein Schwerpunkt liegt dabei auf der göttlichen Verehrung des lebenden Herrschers in ptolemäischer und römischer Zeit. Altay Coskun (A2) erforscht freundschaftliche und klientelähnliche Formen von Kommunikation und Leistungsaustausch zwischen Rom und anderen Mächten während und nach der Unterwerfung der auswärtigen Territorien unter die Provinzialherrschaft der Römer. An diesen beiden Teilprojekten sind weitere Doktoranden und Magistranden beteiligt.

Die erste Tagungssektion thematisierte in sechs Vorträgen grenzübergreifende ‚Freundschaften’. Räumlich reichte das Spektrum vom griechischen Mutterland über Kleinasien bis Judäa. Zeitlich wurden Beziehungen vom 2. Jahrhundert vor bis zum 1. Jahrhundert nach Christus betrachtet. LUIS BALLESTEROS PASTOR (Sevilla) und JOHANNES ENGELS (Köln) warfen in ihren Analysen persönlicher Netzwerke Licht sowohl auf die ostanatolische als auch die innerrömische Politik. Dass die Geschichte des östlichen Mittelmeerraumes während des 1. Jahrhunderts nach Christus nicht ohne die engen Beziehungen zwischen den Angehörigen der herodianischen und der julisch-claudischen Dynastie zu verstehen sind, arbeitete JULIA WILKER (Berlin) heraus. Nicht zuletzt machten die Fallbeispiele von AXEL NIEBERGALL (Schweich) und HENRIK PRANTL (Trier) deutlich, dass Romfreundschaft nicht auf Vasallität beschränkt werden darf. Der begriffsgeschichtliche Beitrag des Philologen CRAIG WILLIAMS (New York) beschritt mit der statistischen Auswertung inschriftlichen Materials neue Wege. Er plädierte dafür, sich bei der historischen Analyse von amici weniger von philosophisch idealisierten Freundschaftsbegriffen leiten zu lassen, als vielmehr das römische Verständnis von amicitia zugrundezulegen. Damit bestätigte er die Prämisse des Projekts „Roms auswärtige Freunde“.

Die zweite Sektion der Tagung trug mit ihrem Fokus „Repräsentation von Identität und Zugehörigkeit“ drei spezifischen Anliegen des SFB 600 Rechnung: erstens der stärkeren Berücksichtigung schriftloser Quellen, zweitens dem neue Wirklichkeiten schaffenden Charakter sprachlicher und außersprachlicher Repräsentationsformen und drittens der einschneidenden Bedeutung der Bürgerrechtsverleihung. HEINZ HEINEN (Trier) präsentierte und diskutierte in seiner Einleitung neu gefundene und besonders aussagefähige Inschriften von Philorhomaioi (‚Römerfreunden’) aus dem bosporanischen Reich. VICTOR COJOCARU (Ia&#351;i/Rumänien), derzeit Humboldt-Stipendiat an der Abteilung Alte Geschichte der Universität Trier, stellte seinen Plan einer kommentierten Sammlung der inschriftlichen Zeugnisse von Fremden in Skythien und Kleinskythien vor. Meisterhaft illustriert war der Vortrag von ROLAND R.R. SMITH (Oxford), der die massive Zunahme der Marmorsarkophage im kleinasiatischen Aphrodisias in einen plausiblen Zusammenhang mit der reichsweiten Verleihung des römischen Bürgerrechts 212 nach Christus brachte. ALTAY CO&#350;KUN (Trier) zeigte anhand galatischer Münzen der Kaiserzeit, wie sich die neuen politischen Einheiten der 25 vor Christus gegründeten Provinz herausschälten und wie kultische Repräsentationsformen für die Entstehung kollektiver Identitäten genutzt wurden.

Die dritte, Ägypten gewidmete Sektion eröffnete SANDRA SCHEUBLE (Trier). Sie kontrastierte die inschriftlichen Loyalitätsbekundungen ptolemäischer Festungskommandanten mit dem literarischen Topos ihrer Unzuverlässigkeit. BÄRBEL KRAMER (Trier) interpretierte ein noch unpubliziertes Trierer Papyros-Dossier und führte damit an die Gründung der am Nil gelegenen Stadt Euergetis heran, die nach dem Kulttitel des Königs Ptolemaios VIII. Euergetes II. benannt wurde. CHRISTOPH NOESKE (Frankfurt am Main) versuchte, die römischen und ptolemäisch-ägyptischen Traditionen in der neuen Münzprägung des Octavian/Augustus in Alexandria herauszuarbeiten. STEFAN PFEIFFER (Trier) schloss die Sektion mit einer Gegenüberstellung der antiägyptischen Propaganda des Octavian/Augustus in Italien und der zügigen Einbindung desselben Princeps in die pharaonisch-ptolemäische Tradition.

Resümees der einzelnen Vorträge und der anschließenden Diskussionen sind auf der Website des SFB 600 <http://www.sfb600.uni-trier.de//filebase/A2/Tagungsbericht.pdf> zusammengestellt. Der Tagung ist es gelungen, die Projektergebnisse der langjährigen Forschungsarbeit in den althistorischen Abteilungen des Trierer SFB 600 um auswärtige Beiträge zu ergänzen und in die internationale Forschung einzuordnen. Die Publikation der Tagungsbeiträge ist bis Herbst 2008 zu erwarten.

Konferenzübersicht:

Freundschaft und kultischer Verehrung. Formen und Wandel grenzüberschreitender Zugehörigkeit in der Antike*

Sektion I : Freundschaften, persönliche Nahverhältnisse und das Imperium Romanum
Altay Co&#351;kun (Trier): Einführung
Luis Ballesteros Pastor (Sevilla): Cappadocia and Pontus, Client Kingdoms of the Roman Republic from the Peace of Apamea to the beginning of the Mithridatic Wars (188-89 B.C.)
Julia Wilker (Berlin): Die persönliche Freundschaft zwischen Kaisern und Klientelherrschern und ihre Folgen im frühen Prinzipat
Henrik Prantl (Trier): Artavasdes II. – Freund oder Feind der Römer?
Johannes Engels (Köln): Athenodoros, Boethos und Nestor als 'Vorsteher der Regierung' in Tarsos und Freunde führender Römer
Craig Williams (New York/Berlin): Die Sprache der römischen Freundschaft. Überlegungen zur Problematik der amicitia
Axel Niebergall (Schweich): Wer solche Freunde hat ... – Die Rolle von Amicitia-Beziehungen zwischen Rom und den griechischen Eliten im Ersten Mithradatischen Krieg

Sektion II : Repräsentation von Identität und Zugehörigkeit
Heinz Heinen (Trier): Einführung und Schlaglichter auf Roms bosporanische Freunde (Neue Dokumente)
Victor Cojocaru (Ia&#351;i/Rumänien): Fremde in griechischen Städten Skythiens und Kleinskythiens bis zum 3. Jh. n.Chr. Forschungstand und Perspektiven
Altay Co&#351;kun (Trier): Der Ankyraner Kaiserkult und die Transformation galatischer und phrygisch-galatischer Identitäten in Zentralanatolien
Roland R.R. Smith (Oxford): New citizens and marble sarcophagi at Aphrodisias

Sektion III : Herrscherkult und Kulturkontakt in Ägypten
Stefan Pfeiffer (Trier): Einführung
Sandra Scheuble (Trier): Loyalitätsbekundungen ptolemäischer Phrurarchen im Spiegel epigraphischer Quellen
Bärbel Kramer (Trier): Zum Herrscherkult Ptolemaios' VIII. Euergetes' II. – Neue Zeugnisse aus der Trierer Papyrussammlung
Hans Christoph Noeske (Frankfurt am Main): Die Münzprägung des Octavian/Augustus in Alexandria. Eine Revision
Stefan Pfeiffer (Trier): Die Perzeption Ägyptens in Rom und die Repräsentation des Octavian-Augustus im Land am Nil


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