Einwanderung und Gedächtnis (Oberhausen, 23.11.01)

Einwanderung und Gedächtnis (Oberhausen, 23.11.01)

Organisatoren
Landeszentrum für Zuwanderung Nordrhein-Westfalen (LzZ)
Ort
Oberhausen
Land
Deutschland
Vom - Bis
23.11.2001 -
Url der Konferenzwebsite
Von
Eder, Angelika

"Einwanderung und Gedächtnis. Die Bedeutung von Erinnerung in der Migrationsgesellschaft"

Das Landeszentrum für Zuwanderung Nordrhein-Westfalen (LzZ) hatte in diesem Jahr bereits zwei große öffentliche Tagungen anlässlich des 40. Jahrestages der Unterzeichnung des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens veranstaltet. Stand zunächst eine sozialgeschichtliche Rekonstruktion im Mittelpunkt, fokussierte die zweite Veranstaltung des LzZ im Haus der Geschichte in Bonn eine kulturpolitische Diskussion um Wege zu einer pluralen Geschichtskultur in der Einwanderungsgesellschaft.

Dieser dritte Teil, den das LzZ gemeinsam mit der Martin-Opitz-Bibliothek (Herne) im Rheinischen Industriemuseum in Oberhausen durchführte, eröffnete mit der Migration im Gedächtnis der Einwanderungsgesellschaft ein weiteres und bisher kaum berücksichtigtes Thema. So kamen Referentinnen und Referenten aus verschiedenen Disziplinen und Arbeitsfeldern zusammen, um die bisher weitgehend getrennten Debatten über Einwanderung und Gedächtnis zusammenzubringen.

Constanze Carcenac-Lecomte (Berlin) hielt ein theoriegesättigtes Eingangsreferat, in dem sie die Konzepte von Pierre Nora "Les lieux de mémoire" und der "Erinnerungsorte" von Hagen Schulze und Etienne Francois diskutierte. Alexander von Plato (Lüdenscheid) eröffnete dann den Reigen der Bestandsaufnahmen mit einem Vortrag über Erinnerung der Vertriebenen und die Verortung der Erinnerung in der (west-)deutschen Geschichte. Anschließend führte Mathilde Jamin (Essen) in ihrem Vortrag durch die 1998 in enger Zusammenarbeit des Ruhrlandmuseums mit und auf der Grundlage des Materials von DOMIT (Dokumentationszentrum und Museum über die Migration aus der Türkei e.V., heute Köln) entstandene Ausstellung "Fremde Heimat" und deren Entstehungsgeschichte, die bis heute Pioniercharakter für die partizipative Umsetzung von Einwanderungsgeschichte als Teil der deutschen Geschichte im Museum hat. Wirkung und Bedeutung von Fotografie für die Erinnerung sowie ein äußerst anschauliches Beispiel für Bildungsmaterialien zum Thema demonstrierte der Fotograf und Multimedia-Spezialist Dieter Hackenberg (Dortmund) mit dem privaten CD-ROM-Projekt "Familienalbum 1888-1999", in dem die Geschichten der deutschen und kurdischen Vorfahren seiner Tochter multimedial verbunden dargestellt sind. Die Verschiedenheit und Spannweite von "Literatur" als einem Gedächtnisspeicher, der weit über eine rein zeitgeschichtliche Perspektive hinausreicht, demonstrierte Sargut Sölçün (Essen). Im letzten Beitrag der Tagung zeigte Bettina Alavi (Heidelberg) anschaulich Defizite und Desiderata in der Darstellung des Themas Migration in deutschen Schulbüchern und betonte die kulturelle Orientierungsfunktion der Rolle, die Migranten darin zugewiesen wird.

Die beiden Tagungsleiter Jan Motte (LzZ) und Wolfgang Kessler (Martin-Opitz- Bibliothek) haben mit der Planung und Durchführung dieser Tagung ebenso wie die meisten ReferentInnen Neuland betreten. Dabei ist es gelungen, nicht nur methodische Hinweise für den zukünftigen Umgang mit dem Thema zusammenzutragen (z.B. Differenzierung zwischen den Generationen), sondern vor allem durch fundierte kritische Anmerkungen aus den verschiedenen Disziplinen und Arbeitsfeldern zur bisherigen Verortung von Migrationsgeschichte im deutschen Gedächtnis ("der hegemoniale Blick") eine Grundlage für die weitere Diskussion und dringend notwendige Umsetzung einer Verankerung von Migration im Gedächtnis der Einwanderungsgesellschaft zu schaffen. Die Relevanz der Einbeziehung der Erinnerung von Migranten in die Erinnerung der Einwanderungsgesellschaft wurde in allen Beiträgen deutlich.


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Deutsch
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