Genders, Societies, and Cultures after World War II

Genders, Societies, and Cultures after World War II

Organisatoren
Jürgen Martschukat, Universität Erfurt, und James Gilbert, University of Maryland/Universität Erfurt
Ort
Erfurt
Land
Deutschland
Vom - Bis
22.06.2007 - 23.06.2007
Von
Felix Krämer, Hamburg; Nina Mackert, Hamburg

Eine Bestandsaufnahme neuester Forschungsergebnisse zu einem spannenden Kapitel der Zeitgeschichte versprach der Workshop mit dem Titel „Genders, Societies, and Cultures after World War II“ zu werden, der am 22. und 23. Juni in der Kleinen Synagoge in Erfurt stattfand. Facettenreich beleuchtete die von Jürgen MARTSCHUKAT (Universität Erfurt) in Kooperation mit James GILBERT (University of Maryland/Universität Erfurt) organisierte Veranstaltung die ‚langen 1950er-Jahre’ in den USA und der BRD bzw. DDR. Historiker- und KulturwissenschaftlerInnen von beiden Seiten des Atlantiks diskutierten Geschlechterkonstellationen, Sexualitätsvorstellungen und die mit diesen Formationen in engem Zusammenhang stehenden politischen Verhältnisse der Nachkriegsgesellschaften. Der Schwerpunkt der jeweiligen Sektionen lag zunächst stets auf der US-Geschichte; in den anschließenden Kommentaren wurden vergleichend kulturspezifische Differenzen sowie interkulturelle Wechselwirkung zwischen nordamerikanischer und deutscher Geschichte konturiert.

In Konsequenz der zeitlichen Lokalisierung „... after World War II“ widmete sich die erste Sektion – mit dem Titel „Returning Veterans“ – den unmittelbaren Folgen des Krieges für Geschlechternormen und deren Verhandlung. „Mr. Jones Comes Home. U.S. Veterans and the Postwar Body Politic“ hieß der erste Beitrag, in dem Christina JARVIS (SUNY Fredonia, New York) einen fokussierenden Blick auf Körperpolitik im Diskurs um die aus dem Zweiten Weltkrieg in die USA zurückkehrenden GIs warf. Sie zeigte auf, wie Zuschreibungen psychischer Krankheit, an denen Veteranen aufgrund ihrer Kriegserfahrungen litten, mit einer gesellschaftlich äußerst wirkungsvollen Männlichkeitskonstruktion in der US-Nachkriegszeit in Wechselwirkung standen. Jarvis brachte die Rehabilitierungs- und Reintegrationsanstrengungen, die an psychisch kranken Veteranen ‚verübt’ werden sollten, in einen Kontext mit der Sorge um die Verfassung der US-amerikanischen Nation. In dem entworfenen Szenario bedrohte die in den Kriegsheimkehrern ‚verkörperte’ psychische Lädierung der Nachkriegs-Männlichkeit massiv Ordnung und Stabilität der US-Gesellschaft. Der kranke Veteran wurde so zu einem zentralen Subjekt gesellschaftlicher (Nachkriegs-)Rehabilitation und die Arbeit an seiner Gesundung wurde gleichzeitig zum Motor kultureller (Re)Maskulinisierung. Die betroffenen Veteranen waren wiederum mit der Tabuisierung einer als defizitär markierten Männlichkeit konfrontiert. Die Aktualität ihrer Untersuchung arbeitete Jarvis gegen Ende ihrer Ausführungen deutlich heraus, in dem sie auf Parallelen der Funktion der Figur des ‚geistig kranken Veteranen’ in Diskursen über den Vietnamkrieg bis zu den gegenwärtigen Kriegen in Afghanistan und im Irak verwies.

In seinem Kommentar bestärkte Jürgen MARTSCHUKAT Jarvis’ Analyse und ergänzte, dass durch den Rehabilitationsdiskurs auch normative Familienstrukturen – also die heterosexuelle Kleinfamilie mit ‚male breadwinners’ – (re)produziert worden seien. An Beispielen aus US-Nachkriegsfilmen zeigte er die Repräsentationen der Geschlechterverhältnisse in medialen Verarbeitungen der Kriegstraumata mit einer Symbolik, die entlang der dichotomen Achse männliche Verantwortung/weibliche Unterstützung verlief. Für den westdeutschen Kontext wies Martschukat darauf hin, dass die Viktimisierungstrategie um das männliche Subjekt, wie sie von Jarvis für die US-Nachkriegsgeschichte herausgearbeitet worden war, unter anderen Vorzeichen durchaus auch in den Verarbeitungs-Diskursen in der jungen Bundesrepublik eine wichtige Rolle gespielt habe. Die Opfererzählung fasste Martschukat für die Geschichte der BRD folgendermaßen zusammen: Zuerst seien die deutschen Männer dem Nazi-Regime zum Opfer gefallen, das sie nach Russland in einen ‚falschen Krieg’ geschickt habe, dann brutalen Gefangenenlagern in der Sowjetunion, wo ein Drittel der Soldaten an Unterernährung starben. Diese erlittene Entmännlichung könne nur durch die Heilkräfte des fürsorglichen Familienschoßes wieder ins Lot gebracht werden – so jedenfalls die Quintessenz der Saga um die lädierte deutsche Nachkriegs-Männlichkeit. Familienwerte mit fürsorglichen Müttern und Ehefrauen, sowie nationale Unschuld wurden im Zuge der Viktimisierung bei gleichzeitiger strategischer (Re)Maskulinisierung beschworen. Dass diese Erzählung bis heute eine nachhaltig bedeutende Rolle spielt, zeige unter anderem die hitzige Debatte über die Wehrmachtsaustellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung, so Martschukat.

Die folgende Sektion „Sexuality“ eröffnete Joanne MEYEROWITZ (Yale University) mit dem Vortrag „Sex Wars of the 1950s: A Reconsideration“. Sie skizzierte, wie HistorikerInnen die USA der Nachkriegsperiode entweder als Zeit des „Containment“ (also der Eindämmung, bzw. Beherrschung) der Sexualität oder als Zeit eines beginnenden sexuellen Liberalismus analysierten. Die von Elaine Tyler May geprägte und verschiedentlich aufgegriffene Metapher des „Containments“ wurde in der Historiographie unter anderem auf besonders popularisierte psychoanalytische Charakterisierungen weiblicher Sexualität und die diskursive Verbindung von Homosexualität mit einer „Schwächung der Nation“ bezogen. 1 HistorikerInnen, die dagegen ‚liberale’ Züge der US-amerikanischen Nachkriegszeit hervorheben, sprechen in der Regel von den Kinsey-Berichten und der Schwemme von sexualisierten Männermagazinen (mit dem 1953 erscheinenden Playboy als erfolgreichstem Beispiel), aber auch von der wachsenden Sichtbarkeit schwuler und lesbischer Subkulturen. Am Beispiel der ‚Industrialisierung’ der Ware Sex, psychoanalytischer Auseinandersetzungen mit der Schädlichkeit unterdrückter Sexualität und Debatten um „sexual speech“ als Teil politischer Freiheit in einer demokratischen Gesellschaft argumentierte Meyerowitz, die Nachkriegsjahre seien wesentlich liberaler gewesen, als generell angenommen. Vor allem die Mittelklasse sei in der „decade of debate“ ein Ort von Äußerungen und Zurschaustellungen von Sexualität gewesen, für die nicht per se die repressive Oberhand konservativer Kräfte angenommen werden könne.

Meyerowitz’ Vortrag über die US-amerikanische Sexualitätsgeschichte kontrastierte Heiko STOFF (Technische Universität Braunschweig) mit einer Skizze der Kontinuitäten und Brüche der Sexualitätsdiskurse im deutschsprachigen Raum zwischen 1900 und den 1960er-Jahren. Ausgehend von einer Analyse, die eine Verschiebung von produktivistischen zu konsumistischen Sexualitätsvorstellungen zur Jahrhundertwende annimmt, beschrieb Stoff, wie sich in Elementen wie den Hormonen und ihrer Erforschung Sexualitätsverhandlungen materialisierten bzw. ablesen lassen. 2 Die geschlechtsspezifisch konzipierten Hormone wurden zu einem wichtigen Indikator für Weiblichkeit, Männlichkeit und für unzählige sexuelle Variationen und katalysierten unter anderem Verjüngungsphantasien in Forschung und Gesellschaft. Meyerowitz’ Vorschlag, den Beginn einer sexuellen Revolution im 20. Jahrhundert bereits in den späten 1940er- und 1950er-Jahren zu verorten, erweiterte Stoff mit der Frage, ob nicht ein bereits um die Jahrhundertwende beginnender Wandel des Sexualitätsdispositivs zu beobachten sei – nämlich der Wandel von der Sexualpathologie hin zu einer reformorientierten Sexualwissenschaft. Die 1950er-Jahre, das verdeutlichten Stoffs Ausführungen überzeugend, wären somit Teil des longue durée, den die Geschichte der Sexualität(en) in ihrer Verschränktheit mit verschiedensten Geschlechter- und Machtbeziehungen durchlaufen hätten. Materialisiert in naturwissenschaftlichen Erkundungen ‚des Körpers’ und vermittelt durch seine körpereigenen Akteure – eben bspw. Hormone oder neuerdings Gene – habe sich der Sexualitätsapparat seine Rationalität und letztlich Modernität gegeben. Darüber hinaus sei es eine ausstehende Aufgabe, die Produktivität der Zeitspanne zwischen 1945 und 1960 unter diesem Aspekt noch genaueren Betrachtungen zu unterziehen. Laut Stoff stehe dieser Zeitraum nämlich in der bisherigen Historiographie gewissermaßen im Schatten der als sexuell-revolutionär gelabelten 1920er- und späten 1960er-Jahre.

In der Sektion „Ethnicity“ stellte Steve ESTES (Sonoma State University, California) mit seinem Beitrag “On Being and Becoming. Race and Gender in Modern America” seine Konzeptionalisierung der Männlichkeitsmanifestation im Zuge der Emanzipationsbestrebungen der AfroamerikanerInnen in den USA zur Diskussion. Estes – Autor des Buches I am a Man – fasste historische Dynamiken der Identitätsbildung in seinem theoretischen Konzept von „Being and Becoming“. 3 Seiner These zufolge seien Weiblichkeit/Männlichkeit und Schwarzsein/Weißsein in einem diskursiven System konzipiert, das die subordinierten Marker Weiblichkeit und Schwarzsein als Zustände des ‚Seins’ und die dominanten Marker Männlichkeit und Weißsein als Prozess des ‚Werdens’ setze.
Im Kampf um Männlichkeit ging es ab den 1950er-Jahren um ein normatives Ideal, von dem aus sich ein Zugriff auf gesellschaftliche Chancen und Ressourcen ableiten ließe, so Estes. Dieser Kampf um Männlichkeit wurde sowohl von schwarzen Aktivisten betrieben, als auch von weißen Rassisten, die vor allem in den Südstaaten eine von „white supremacy“ strukturierte Gesellschaftsordnung wieder innerhalb der rassistischen Unterdrückungsraster festzurren wollten. Die US-Version des „masculinism“, der zu dieser Zeit deutlich in Erscheinung trat, muss demzufolge als eine Art gesellschaftlicher Verteilungskampf verstanden werden. Die Verschärfung des Kampfes der Black-Power Bewegung um Männlichkeit passierte interessanterweise, wie Estes gegen Ende seines Beitrages anmerkte, als die Zweite Frauenbewegung ab Mitte der 1960er-Jahre gesellschaftliche Bedeutung erlangen konnte. Jedenfalls basierte das hegemoniale Männlichkeitsideal, wie Estes es beschrieb, auf dem gemeinsamen Nenner des „Breadwinning“, der Familienführung und politischer Aktivität.

Estes theoretischen Rahmen problematisierte Maren MÖHRING (Universität zu Köln) in ihrem theoretisch-konzeptionell angelegten Kommentar. Die Setzung von „Being and Becoming“ sei möglicherweise zu statisch, gab sie zu bedenken. Sie wies darauf hin, dass die Konzeption von einer weißen Männlichkeit, die sich im Gegensatz zu subordinierten Identitäten, beständig im Prozess des Werdens befinde, eine permanente Krise des dominanten Geschlechtermodells impliziere. Andererseits griff Möhring Estes Konzeptionalisierung der spezifischen Aushandlung zwischen subordinierten Gruppen und hegemonialen Identitäten auf und zeigte in ihrer Historisierung des Maskulinismus für den deutschen Kontext Differenzen zum US-Kontext auf. Besonders in der Auseinandersetzung mit dem Begriff des Rassismus und seiner Interrelation mit der Kategorie Geschlecht zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen BRD und USA in seiner historisch-gesellschaftlichen aber auch – und dieser Hinweis scheint gerade in einer universitären Veranstaltung bedenkenswert – in seiner akademischen Rezeption. Im deutschen Kontext gebe es bis in die Gegenwart überhaupt nur eine spärliche Zahl an Untersuchungen, die mit der Kategorie ‚Rasse’ rassistische Strukturen und Diskurse in der BRD für die Zeit der 1950er-Jahre und danach untersucht hätten, so Möhring. 4 Vielmehr wurde der Begriff des ‚Rassismus’ im Kontext mit Deutscher Geschichte oft in den Bereich des Antisemitismus vor 1945 verwiesen. Die Rede von ‚Besatzungskindern’ verweise beispielsweise auf die begriffliche Vermeidungsstrategie, die schwarze Deutsche per se zu Outsidern gestempelt habe, ohne dass die rassistische Geste des Blutsrechts offengelegt worden wäre. Anstatt einer präzisen Differenzierung habe man im deutsprachigen Raum erst in den 1980er-Jahren mühsam begonnen, den Begriff Ethnizität zu verwenden, der zumindest teilweise wiederum einer Vermeidungsstrategie zuträglicher scheine, als dass er konzise Untersuchungen der historischen Gegenstände befördert hätte.

James GILBERT – Autor des Buches Men in the Middle – konzentrierte sich in seinem Beitrag „The ‚Inexpressive Male’ of the 1950s and ‚Outsider’ Movie Roles“, der die vierte und letzte Sektion der Konferenz eröffnete, auf die Komplexität öffentlicher Repräsentationen von Männlichkeit in den USA der Nachkriegsjahre. 5 Bedeutsam für das Verständnis der Diskussion von US-Männlichkeiten der 1950er-Jahre sei das Geschlechterrollen-Modell und damit eine auch naturalistische Konnotation von Geschlecht gewesen. Auf die Figur des Schauspielers John Wayne zentriert, zeigte Gilbert Wandlungen und Kontinuitäten des US-Männlichkeitsideals auf. Der normative männliche Charakter sei mit John Wayne assoziiert worden, der “John Wayne type” - unterstützt durch die im “Method Acting” propagierte Verbindung von Persönlichkeit des Schauspielers und verkörperten Rollen – in öffentlichen Diskursen gleichsam ein Wiedererkennungszeichen für repräsentative Männlichkeit gewesen wäre: stark, schweigsam und unfähig oder unwillig Emotionen auszudrücken. Gilbert betonte, wie diese Repräsentationen des “inexpressive male” zunächst affirmiert, zunehmend aber als destruktiv für die männliche Psyche – und den Umgang mit Frauen – pathologisiert wurde. Anfang der 1970er-Jahre sei die "John Wayne Neurosis" in populären und wissenschaftlichen Diskursen als Symbol für pathologische, zur Beziehungen zu Frauen nicht fähige Männlichkeit gekennzeichnet und als Effekt allzu rigider Geschlechtsrollen ausgemacht worden. Gleichzeitig sei die Figur des schweigsamen, starken Westernheldes im Kalten Krieg diskursiv immer wieder als Personifizierung nationaler Stärke bemüht worden.

In ihrem Kommentar mit dem Titel “Domesticating the Wild One. Post War Males in Post War Families” beleuchtete Dorothee WIERLING (Forschungsstelle für Zeitgeschichte, Hamburg) sowohl transatlantische Differenzen und Wechselwirkungen in den Repräsentationen von Geschlechterrollen, als auch unterschiedliche Positionierung von Männlichkeiten und Weiblichkeiten zwischen Ost- und West-Deutschland in der Nachkriegszeit. Zunächst griff sie Gilberts Zentrierung auf John Wayne in der US-amerikanischen (Medien-)Kultur auf, um zu fragen, ob es eine vergleichbare Figur auch in deutschen Nachkriegslandschaften gegeben haben könnte. Die Antwort lautete: Nein! Allerdings seien in den 1950er-Jahren über 200 verschiedene Filme aus US-Produktionen in (west)deutschen Kinos und von den Fernsehanstalten gezeigt worden, von denen wiederum ein Drittel dem Genre ‚Western’ angehörten. In Deutschland-Ost und -West war verständlicherweise unterschiedlich mit solcherlei Hollywood-Importen umgegangen worden, wie Wierling betonte. Speziell für die kriegsverarbeitende Geschlechter- und vor allem Männlichkeitskonstitution arbeitete Wierling in ihrem Beitrag die gesellschaftliche Realität der Re(Maskulinisierung) in der DDR in Abgrenzung zum BRD-Modell heraus. So habe sich der Diskurs im Osten weitestgehend gegen einen ‘Rowdyism’ gewendet, der in den Western-Filmen als Verkörperung des amerikanischen Imperialismus seinen Niederschlag gefunden habe. Eine Identifikation mit den Helden der Westernfilme, drohe die (ost-)deutsche Jugend zu ‚demoralisieren’, so die Befürchtung. In der zweiten Hälfte ihres Beitrages versuchte Wierling eingehender, Geschlechterkonstellationen in der DDR zu Leibe zu rücken. Als immens wichtiges Subjekt im Aufbau eines sozialistischen Systems sei der ‚junge Mann’ erkoren worden. Von diesem Typ war die Hauptzielgruppe der Umerziehung in der jungen DDR bevölkert. Im Gegensatz zum Westen wurde deutsche Männlichkeit in der DDR nicht durch eine direkte (Re-)Situierung an der Spitze der Familie und auch nicht durch die Möglichkeit der Teilhabe an einem ‚Wirtschaftswunder’ (re)maskulinisiert, sondern durch Zugriff auf die Funktionärsposten im neuen sozialistischen System. Für den Westen wiederum zeigte auch Wierling anhand von Filmen auf, wie in der Nachkriegszeit eine kriselnde Männlichkeit inszeniert wurde und sich gleichzeitig auch auf der Leinwand in den 1950er-Jahren die Rückkehr des potenten Familienvaters vollzog.

Abschließend kann eine sehr informative Veranstaltung resümiert werden. Deutlich herauspräpariert wurden Relationalitäten von Männlichkeiten und Weiblichkeiten, sowie Sexualitätsdiskurse, die gesellschaftliche Ordnungen und Normen in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in der US-Historie und den beiden deutschen Gesellschaften organisierten. Diskutiert wurden immer wieder die Möglichkeiten und Chancen neuerer kultur- und geschichtstheoretischer Herangehensweisen – so zum Beispiel, inwiefern sich historische Formationen als performative Akte begreifen lassen und welche Chancen auf Erkenntnisgewinn solche Lesarten für die Historiographie und Kulturgeschichte zu bieten haben. Besonders erkennbar wurde, wie sich anhand der Bedeutungsverschiebungen in sozialen und kulturellen Kategorien wie Geschlecht, ‚Rasse’, Sexualität und Familienkonzeptionen sowohl gesellschaftliche Transformationsprozesse als auch Kontinuitäten beschreiben lassen. In nahezu allen Beiträgen wurden fruchtbare Beispiele für die Wahrnehmung der Heterogenität innerhalb der Repräsentationen insbesondere von Männlichkeiten geliefert. Demzufolge bewegten sich die herausgearbeiteten Darstellungen fern von einer homogenisierenden Master-Erzählung.

Nicht zuletzt aufgrund der vorgetragenen Forschungsergebnisse muss auch das ‚lange’ Nachkriegs-Jahrzehnt möglicherweise in seiner Bedeutung neu konzipiert und beschrieben werden. Dafür lieferte der Workshop vielfältige Impulse. Darüber hinaus wurde die Aktualität historischer Zusammenhänge in der US- aber auch in der deutschen Gesellschaft und in ihren Geschichten vor Augen geführt. Ohne den roten Faden zu verlieren, provozierte die Veranstaltung über „Genders, Societies and Cultures after World War II“ in Vorträgen und den Diskussionen eindringlich zum Nachdenken über zeitgeschichtliche Kausalitäten und Brüche, die unsere Aktualitäten durchaus mitschreiben oder Hinweise auf historische Bezüge liefern können – bspw. für gegenwärtige Kriege und die darin verwickelten Geschlechter- und Sexualitätsverhandlungen. Unter eine historische Lupe gerückt sind die betrachteten Formationen darüber hinaus nicht (mehr) ohne globale Perspektive zu verorten. In der abschließenden Diskussion der Veranstaltung wurden unter anderem wegweisende Ansätze für die Konzeption transkultureller Geschichte(n) aufgegriffen und vertieft. Es bleibt zu hoffen, dass diesen Perspektiven über die herkömmlichen inner-westlichen Geschichtskonstruktionen hinaus noch mehr Gehör und Raum verschafft werden kann, sowohl in universitären Debatten als auch darüber hinaus. 6

Anmerkungen:
1 May, Elaine Tyler, Homeward Bound: American Families in the Cold War Era, New York 1988
2 Birken, Lawrence, Consuming Desire. Sexual Science and the Emergence of a Culture of Abundance 1871-1914, Ithaca 1988
3 Estes, Steve, I am a Man. Race, Manhood, and the Civil Rights Movement, Chapel Hill 2005
4 Fehrenbach, Heide, Race after Hitler: Black Occupation Children in Postwar Germany and America, Princeton 2005.
5 Gilbert, James, Men in the Middle. Searching for Masculinity in the 1950s, Chicago 2005
6 Vgl. dazu: Budde, Gunilla; Conrad, Sebastian; Janz, Oliver, Transnationale Geschichte. Themen, Tendenzen und Theorien, Göttingen 2006.

Kontakt

petra.meersteiner@uni-erfurt.de

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