Wirtschaftliche Integrationsprozesse in West- und Osteuropa nach dem Zweiten Weltkrieg

Wirtschaftliche Integrationsprozesse in West- und Osteuropa nach dem Zweiten Weltkrieg

Organisatoren
André Steiner (Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam) in Kooperation mit Ray Stokes (Department of Economic and Social History der University of Glasgow) und Werner Plumpe (Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main)
Ort
Potsdam
Land
Deutschland
Vom - Bis
29.03.2007 - 31.03.2007
Url der Konferenzwebsite
Von
Matthias Judt

Aus Anlass des 50. Jahrestages der Unterzeichnung der Römischen Verträge fand Ende März 2007 in Potsdam eine Tagung zu „Wirtschaftlichen Integrationsprozessen in West- und Osteuropa nach dem Zweiten Weltkrieg“ mit Teilnehmern aus sieben Ländern statt.
André Steiner (Potsdam) und Werner Plumpe (Frankfurt/Main) betonten in ihrem Einführungsvortrag die Aktualität des Integrationsprozesses. Der Rückblick auf die Jahrzehnte seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges sei notwendig, um die Bedeutung der parallel verlaufenden Integrationsprozesse in Westeuropa (EWG – EG – EU) und in Osteuropa (RGW) zu erkennen. Die europäische Integration erscheine als „alternativlos“, doch der genauere Blick offenbare zum Beispiel, dass der Nachkriegsboom in vielen Ländern nach 1945 sehr wenig mit der späteren Gründung der EWG zu tun gehabt habe. Auch die Vermutung, dass ökonomische Logik Pate in der Gestaltung der Integrationsprozesse in Ost- und Westeuropa gestanden habe, sei zu hinterfragen, zumal politische Motive ganz offenkundig im Vordergrund gestanden hätten. Als Stichworte seien hier die unterschiedlichen deutschlandpolitischen Vorstellungen der Alliierten, der auf Westeuropa begrenzt gebliebene Marshallplan und das Bestreben Frankreichs, seine alte Vormachtstellung (zumindest in einem Teil Westeuropas) wiederherzustellen, zu nennen. Die politische Spaltung Europas nach 1945 habe in ökonomischer Hinsicht eine Rückkehr zum arbeitsteiligen Modell der Zeit vor dem 1. Weltkrieg unmöglich gemacht. Gleichwohl sei es beiden Blöcken um das Erzielen von Skaleneffekten gegangen: eine vergrößerte, noch dazu nach außen abgeschottete Produktion mit höherer Effizienz zu erreichen. Im Falle des Ostblocks kann indes die ausbleibende Multilateralität als wesentlicher Grund für den ökonomischen Niedergang in den 1970er- und 1980er-Jahren festgestellt werden. Andererseits sei für Westeuropa zu fragen, ob die Integration die Subzentrenbildung in Europa hemme. Dies sei insofern von großem Interesse als die heutige EU ökonomisch als ein extrem heterogener Raum zu betrachten sei.

In der ersten Sektion befassten sich Francesca Fauri (Bologna), Werner Bührer (München), Matthias Kipping (Toronto) und Neil Rollings (Glasgow) sowie Ralf Ahrens (Jena) mit den Reaktionen der Wirtschaft auf die Integrationsprozesse in West- und Osteuropa.
Fauri betonte die vier Mängel, die Italiens Wirtschaft bei den Römischen Verträgen identifizierte. Diese seien zum ersten der Mangel an Harmonisierung gerade im Hinblick auf soziale und wirtschaftliche Standards, die in allen, damals sechs EWG-Ländern gelten sollten. Zum zweiten monierten Italiens Unternehmer das weitgehende Fehlen von „Fluchtklauseln“ im System des automatischen Absenkens der Binnenzölle, wo es nur wegen italienischer Forderungen Änderungen gab. Auch beim dritten Mangel, der fehlenden regionalen Wirtschaftspolitik brachte eine Initiative Italiens mit der Gründung der Europäischen Investitionsbank und des Europäischen Sozialfonds Abhilfe. Schließlich sei eine unmittelbare Öffnung der Arbeitsmärkte zunächst ausgeblieben.

Bührer beschrieb die Haltung der westdeutschen Wirtschaftsverbände, namentlich die des BDI gegenüber der EWG. Der BDI habe ursprünglich die transatlantische Einbindung der westdeutschen Wirtschaft präferiert, dann aber Adenauers Europakurs mitgetragen. Auch später habe der Verband auf ein moderates Tempo der Integrations gesetzt, indem er „eher gebremst“ habe, wenn große Integrationsschritte gestartet wurden, und „mehr Mut eingefordert“ hätte, wenn der Prozess stagnierte. Am Schluss seines Beitrages ging Bührer auf merkliche Unterschiede in der Wahrnehmung des Integrationsprozesses ein, dem die Spitzen der Verbände eher positiv gegenüberstanden, während „die Basis“ (also die einzelnen Mitgliedsunternehmen) mehr Skepsis an den Tag gelegt habe.

Kipping und Rollings untersuchten die Position, die einerseits der wichtigste britische Chemiekonzern ICI (Imperial Chemical Industries), andererseits die ORGALIME (Organisme de Liasion des Industries Metalliques Européennes) in Bezug auf EWG und EFTA eingenommen hätten. ICI als Beispiel eines Unternehmens aus einem stark kartellisierten Teilbereich der Wirtschaft habe insbesondere unter der Führung seines Chairman Paul Chambers „auf die europäische Karte“ gesetzt, weil das Vereinigte Königreich für das Unternehmen in den 1950er-Jahren in Bezug auf Wachstumsmöglichkeiten wie ein „Ghetto“ gewirkt habe. ORGALIME wäre wiederum ein Beispiel für eine Unternehmerorganisation aus einem eher fragmentierten Industriebereich, die sich aus einer Fachorganisation von Technikern zu einer Branchenvertretung gegenüber EWG und EFTA entwickelt habe. Beide Beispiele zeigten, dass die Wirtschaft der Politik im Hinblick auf die Integration „zehn Jahre voraus“ gewesen sei und immer noch ist.

Ahrens lieferte in seinem Beitrag den Kontrast, indem er auf den DDR-Maschinenbau in den 1970er-Jahren im Spannungsverhältnis zwischen „Spezialisierungsinteresse und Integrationsaversion im RGW“ einging. Er machte divergierende Interessen als wesentlichen Hinderungsgrund einer tiefergehenden Integration aus und belegte dies unter anderem mit der sowjetischen Forderung an die DDR, mehr Einzel- und Sondermaschinen anzubieten, während die UdSSR für sich größere Anteile im Universalmaschinenbau verlangt hätte. Skaleneffekte waren damit für die DDR weniger zu erreichen, und sie habe die Erfahrung machen müssen, dass nach der Einstellung der eigenen Fertigung in Teilen des Schwermaschinenbaus Ersatzlieferungen aus der Sowjetunion nicht erfolgt seien. Die ostdeutschen Kombinate wären daher „nur sehr eingeschränkt als Akteure“ in der osteuropäischen Integration aufgetreten, weil sie in der Spezialisierung vor allem das Entstehen einer Abhängigkeit von dann nicht zuverlässigen Zulieferungen befürchtet hätten. Diese Integrationsaversion gegenüber den RGW-Ländern habe schließlich zum Sinken des Handels mit ihnen geführt.

In der zweiten Sektion untersuchten Valentina Fava (Bologna) und Andrej Sokolov (Moskau) zunächst Integrationsprozesse in der Automobilindustrie, ehe Katrin Rücker (Marburg) das Scheitern der Wirtschafts- und Währungsunion in der EWG in den 1970er-Jahren analysierte. Ihr Interesse an der Zusammenarbeit von ost- und westeuropäischer Automobilindustrie begründete Fava vor allem damit, es mit einem exportorientierten Teil der Konsumgüterindustrie mit geringer strategischer Signifikanz zu tun zu haben, der aus Sicht der kommunistischen Ideologie problematisch war. Dabei sei die Automobilindustrie geradezu ideal für ein Spezialisierungskonzept gewesen, doch unterschiedliche Vorstellungen über die Zusammenarbeit der Länder hätten das Aufziehen einer Autoproduktion in hoher Stückzahl in Osteuropa verhindert. Die Sowjetunion etwa habe vorgeschlagen, in der CSSR nur noch große PKW zu bauen, während die Tschechoslowakei sich als das einzige Land sah, in dem ein Automobilunternehmen mit eigener Forschung und Entwicklung Sinn mache. Das tschechoslowakische Konzept für ein „Volksauto“ habe darin bestanden, in anderen Ländern nur Fertigungslinien für in der CSSR entwickelte Fahrzeuge zu errichten.

Sokolov beschrieb das „Geschäft des Jahrhunderts“, die Einfuhr eines kompletten Automobilwerkes in die Sowjetunion, mit dem das Land versuchte, das Problem der Massenmotorisierung in den Griff zu bekommen. Die sowjetische Führung habe vor der Alternative gestanden, entweder den eigenen militärisch-industriellen Komplex mit der Lösung dieser Aufgabe zu betrauen oder die internationale Zusammenarbeit mit westlichen Partnern im zivilen Sektor zu suchen. Mit der Entscheidung für letzteres habe sich dann für den FIAT-Konzern die Möglichkeit ergeben, mit seinen Produkten in den „geschlossenen sowjetischen Block einzudringen“. Die Sowjetunion setzte wiederum mit ihrer Entscheidung auf eine Verbesserung ihres Images in Italien. Derlei politische Faktoren hätten genauso im Vordergrund gestanden wie die Forderung an die Anlagenlieferanten aus Italien, der Bundesrepublik und den USA, eine Fabrik zu errichten, die in das sowjetische System des Wirtschaftens integriert werden könne.

Rücker beleuchtete den 1970 vorgelegten „Werner-Plan“ für eine Wirtschafts- und Währungsunion in der EWG, die bis 1980 erreicht werden sollte. Eine unter Leitung des ehemaligen luxemburgischen Premierministers Pierre Werner stehende Expertenkommission wollte damit auf Entwicklungen in den USA reagieren, wo eine galoppierende Inflation, das Aufheben der Golddeckung des US-Dollars und die Einführung einer 10prozentigen Zusatzsteuer auf US-Importe erhebliche Belastungen für die westeuropäischen Länder hervorgerufen habe. Das Scheitern des Werner-Plans sei, so Rücker, weniger auf einen Konflikt zwischen den Positionen französischer Monetaristen und westdeutscher Ökonomen zurückzuführen als auf die Weigerung Frankreichs, Teile der nationalen Souveränität aufzugeben und dazu auch einem Zeitplan für die Umsetzung der Währungsunion zuzustimmen. Schließlich habe der erfolgreiche Abschluss der Beitrittsverhandlungen mit den drei Ländern Großbritannien, Irland und Dänemark und deren Integration in die EWG das Thema Währungsunion in den Hintergrund treten lassen.

In der dritten Sektion wandten sich Suvi Kansikas (Helsinki), Dagmara Jajesniak-Quast (Potsdam) und Martin Dangerfield (Wolverhampton) der Wahrnehmung und Reaktion in Osteuropa auf den westeuropäischen Integrationsprozess zu. Kansikas diskutierte den Wandel in den politischen Zielen der Sowjetunion in Bezug auf den westeuropäischen Integrationsprozess in den 1960er- und 1970er-Jahren. Sie betonte, dass die UdSSR niemals ihre antagonistische Sicht auf die EWG aufgegeben und nur die Orientierung ihrer Politik verändert habe, also die EWG akzeptiert hätte. Eine wesentliche Ursache dafür sei in der sich verschlechternden wirtschaftlichen Situation in der Sowjetunion selbst zu suchen, die durch eine verstärkte Kooperation mit dem Westen verbessert werden sollte. In diesem Zusammenhang gelang es Finnland – unter anderem mit dem erneut von ihm vorgetragenen Vorschlag des Ostblocks für das Abhalten einer Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa – seine Position als neutrales Land, als ein „Brückenland“ zwischen Ost und West, zu festigen. Letztendlich habe jedoch dieser Verhandlungsprozess zwischen Ost und West zu einem Verlust an Legitimität für den Osten und zur Erosion des sowjetischen Systems geführt.

Jajesniak-Quast untersuchte die sich wandelnde Stellung Polens und der Tschechoslowakei in Bezug auf die westeuropäische Integration. Die beiden osteuropäischen Länder hätten diese zunächst als einen Ausdruck US-amerikanischer Politik zur Zerstörung der historisch gewachsenen wirtschaftlichen Verflechtung in ganz Europa angesehen und insbesondere darin das Wiedererstarken des Kriegsverlierers Deutschland befürchtet. Die Tschechoslowakei, die sich nach dem Kriegsende noch als potenzieller Lieferant hochwertiger Investitionsgüter gesehen habe, musste ebenso wie Polen zunehmend mit sich verschlechternden Bedingungen des Marktzuganges in Westeuropa kämpfen. Die EWG-Handels- und Agrarpolitik mit Mengenkontingenten, vermeintlich freiwilligen Exportbegrenzungen der Lieferländer und Normen hätten dazu genauso beigetragen wie strukturelle Probleme, wie sie z.B. in der polnischen Landwirtschaft anzutreffen gewesen seien. Erst mit dem Abschluss von Kooperationsvereinbarungen in den 1960er-Jahren und der Gründung von joint ventures in den 1970er-Jahren wären Wege gefunden worden, die Handelsbeschränkungen der EWG zu umgehen.

Dangerfield ging auf die Entscheidungsalternative für die RGW-Länder in den Jahren 1976 bis 1985 ein, sich entweder „einzuigeln“ oder die erweiterte Kooperation mit dem Westen zu suchen. Die UdSSR habe in dieser Zeit unter dem Eindruck der wachsenden Verschuldung der Ostblockländer und wegen der Krise in Polen am Anfang der 1980er-Jahre auf eine Hinwendung der Ostblockländer auf sich selbst gesetzt und sei erst unter der Ägide des letzten KPdSU-Generalsekretärs Gorbatschow – und dies verstärkt – zu seiner früheren Politik der Öffnung gegenüber dem Westen zurückgekehrt. Im Kontrast dazu habe Ungarn seine Einbindung in die Weltwirtschaft verstärkt und betrachtete deshalb die Intensivierung des Ost-West-Handels als entscheidenden Faktor. Ungarns Importe seien nur deshalb gering ausgefallen, weil seine Möglichkeiten, sie zu finanzieren, begrenzt gewesen wären. Sein Beitritt zu IWF und Weltbank wären Ausdruck einer Strategie der stärkeren Hinwendung zum Westen gewesen.

In der letzten Sektion sprachen Sybille Gausing (Potsdam), Juhana Aunesluoma (Helsinki), Richard Coopey (Aberystwyth) und Matthias Judt (Potsdam) zur „Ökonomie der Ost-West-Beziehungen im Integrationsprozess“. Gausing befasste sich mit dem Verhältnis der westdeutschen Wirtschaft zum innerdeutschen Handel. Sie betonte, dass nicht allein das Interesse der Bundesregierung am Aufrechterhalten der Versorgung West-Berlins und der Bindungen zu den Menschen in der DDR den Handel zwischen beiden deutschen Staaten aufrechterhalten ließ. Auch Teile der Wirtschaft, gerade solche, die Investitionsgüter herstellten, trugen mit eigenen Initiativen zu seiner Weiterentwicklung bei. Eigentümer von so genannten Flüchtlingsbetrieben – also Firmen mit früherem Sitz in Ost- und Mitteldeutschland – und Unternehmen der Textil- und Süßwarenindustrie verlangten hingegen immer wieder die Intervention der Bundesregierung, weil sie wegen preiswerterer Einfuhren aus der DDR unter Druck gerieten. Derlei Forderungen seien jedoch unter Verweis auf wachsende Qualitätsunterschiede zwischen ost- und westdeutschen Produkten zurückgewiesen worden. Im Zusammenhang mit der Einführung der Mehrwertsteuer sei die Bundesregierung selbst in ein Dilemma geraten. Den innerdeutschen Handel als Binnenhandel zu betrachten, bedeutete eigentlich, sowohl auf Lieferungen als auch auf Bezüge die neue Besteuerung anzuwenden. Das hätte den Partnerländern der Bundesrepublik in der EWG, die ihren DDR-Handel als mehrwertsteuerfreien Außenhandel betrieben, einen Vorteil verschafft. Daher sei die Sonderegelung getroffen worden, die Lieferungen in die DDR nicht der Mehrwertsteuer zu unterwerfen, und die Bezüge daher mit einem ermäßigten Satz zu belegen.

Aunesluoma stellte in seinem Vortrag Finnland als Land nicht zwischen den Blöcken, sondern als Teil beider Blöcke vor. Mit dem Beitritt zu IWF (1948) und GATT (1950) und dem Abschluss von Freihandelsabkommen mit EFTA (1961) und EWG (1973) habe es seine Westbindungen verstärkt. Parallel dazu habe Finnland mit Hilfe von Freihandelsabkommen mit der Sowjetunion (1947) und anderen sozialistischen Ländern (ab 1974) sowie der Bildung gemeinsamer Handelskommissionen (seit den 1960er Jahren) seine Geschäfte mit dem RGW-Raum verstärkt. Anders als mit Partnern im Westen sei es dort jedoch zu keinem intensiven Intra-Industrien-Austausch gekommen. Der Handel mit dem Osten habe ein geringeres Risiko getragen und mit seinen Erträgen geholfen, den entschieden riskanteren finnischen Handel mit dem Westen zu finanzieren.

Coopey beleuchtete den Handel mit Hochtechnologien zwischen Ost und West und die Rolle der CoCom-Liste. Unter der Prämisse, Hochtechnologien als Zukunftstechnologie zu betrachten, sei es um die Fähigkeit gegangen, diese fortzuentwickeln oder einen Niedergang zu erleben. Wurden sie jedoch vor allem als Militärtechnologien betrachtet (was sich leicht wegen ihrer oftmals dualen Verwendbarkeit im militärischen und im zivilen Sektor begründen ließ), löste dies – vor allem seitens der USA – den Wunsch aus, ihre Ausfuhr in sozialistische Länder zu unterbinden. Dies sei von den Westeuropäern jedoch als Instrument betrachtet worden, ihnen den Zugang zu diesen Märkten zu erschweren. Insofern könnte CoCom in verschiedenen Konfliktlinien gesehen werden: der offensichtlichen zwischen den USA und dem Ostblock und den verdeckten zwischen den USA und Westeuropa sowie zwischen Großbritannien und Kontinentaleuropa.

Judt untersuchte die Bestrebungen der DDR, im Zusammenhang mit der kreditfinanzierten Modernisierung der eigenen Volkswirtschaft in den 1970er- und 1980er-Jahren die Restriktionen der westeuropäischen Integration zu umgehen. Nach dem Ende ihrer außenpolitischen Isolation hätten sich ihre außenwirtschaftlichen Möglichkeiten mit dem Abschluss vieler Handels- und Zahlungsabkommen mit westlichen Ländern generell verbessert. Nunmehr habe sie verstärkt Zugang zu westlichen Krediten erhalten, die sie durch die feste Vereinbarung von Gegenlieferungen aus der DDR teilweise refinanzieren wollte. Dabei sollte das so genannte Kompensationsprinzip ein Instrument werden, westliche Lieferanten von industriellen Großanlagen in der Vermarktung von DDR-Erzeugnissen einzubinden. Es sei der DDR indes in den 1970er-Jahren nur begrenzt gelungen, dass Kompensationsprinzip durchzusetzen, weshalb die Anlagenimporte ebenfalls zur wachsenden Verschuldung des Landes beigetragen hätten. In den 1980er-Jahren habe die DDR das Prinzip der Finanzierung durch Gegenlieferungen zwar besser durchsetzen können. Diese erfolgten aber zunehmend aus den importierten Anlagen selbst.

Die Diskussionen während der gesamten Tagung belegten, dass der historische Blick auf die Integrationsprozesse in Ost- und Westeuropa wichtig bleibt für das Verständnis der europäischen Wirtschaftsgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Veröffentlichung einiger der Beiträge dieser Konferenz wird vorbereitet.

Kontakt

Dr. Matthias Judt
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