Geschichte und Krimi

Organisatoren
Albrecht-Ludwigs-Universität Freiburg
Ort
Freiburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
07.12.2006 - 08.12.2006
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Von
Johanna Kunze, Englisches Seminar der Albrecht-Ludwigs-Universität Freiburg; Olaf Schütze, Historisches Seminar der Albrecht-Ludwigs-Universität Freiburg

Historische Kriminalromane führen seit Jahren immer wieder die Bestsellerlisten an und genießen eine ungeheure Popularität, die jüngst in dem weltweiten Erfolg von Dan Browns The Da Vinci Code ihren Höhepunkt erreichte. Die Gattung des historischen Kriminalromans profitiert dabei von zwei Entwicklungen: Einerseits von der allgemeinen Beliebtheit von Kriminalromanen, und andererseits von der Tatsache, dass sich zur Zeit ein regelrechter Geschichtsboom beobachten lässt, der durch viele Ausstellungen, zahlreiche Film- und Fernsehproduktionen, den wachsenden Verkauf von historisierenden Büchern und Computerspielen sowie populären Wissensmagazinen zum Ausdruck kommt. Vom 7. bis 8.12.2006 hat sich daher die von der Fritz-Thyssen-Stiftung geförderte und von den beiden Freiburger Professorinnen Barbara Korte (Anglistik) und Sylvia Paletschek (Geschichte) organisierte Tagung „Geschichte und Krimi“ näher mit dem historischen Kriminalroman auseinander gesetzt. Die beteiligten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen – Historiker, Kunsthistoriker und Literaturwissenschaftler – nahmen die Gattung als solche, sowie Fragen zum Verhältnis von Kriminalroman und Geschichtsschreibung erstmals in interdisziplinärer und kulturübergreifender Perspektive in den Blick. Im Mittelpunkt standen dabei folgende Fragestellungen: Warum ist die Gattung des historischen Kriminalromans so populär? Welche Geschichtsbilder werden in den Romanen erzeugt und welche Funktionen haben sie? Welche Möglichkeiten und Grenzen wirft die Gattung des historischen Kriminalromans auf? Worin liegen Affinitäten und Unterschiede zwischen der Arbeitsweise eines Historikers und der eines Detektivs? Was kann ein historischer Kriminalroman gegenüber den Paradigmen der Geschichtswissenschaft überhaupt „zusätzlich“ leisten? Inwiefern stellen historische Kriminalromane auch die Sozial- und Kulturgeschichte angemessen dar und wodurch ermöglichen sie gegebenenfalls sogar eine Vergangenheitsbewältigung bzw. nationale Identitätsbildung?

Die erste Sektion „Geschichte und Detektion“ leitete Friedrich Lenger (Gießen) mit seinem Vortrag „Detektive und Historiker – Detektivgeschichten und Geschichtswissenschaft“ ein. Entlang zahlreicher Textbeispiele aus Edgar Allan Poes Detektivgeschichten zeigte der Historiker zunächst, dass sich Poes Erzählungen als zeitgenössische Quelle der Urbanisierung und großstädtischen Massengesellschaft, Medien- und Kommunikationsrevolution sowie Säkularisierung und Technisierung der Lebenswelten im 19. Jahrhundert lesen lassen. In einem zweiten Teil richtete Lenger den Fokus auf den Tagungsschwerpunkt 'Krimi und Geschichtsschreibung' und verglich das methodische Vorgehen von Detektiven und Historikern. Die eruierten strukturellen Parallelen erstrecken sich von einer gemeinsamen Retrospektive, abduktiven Vorgehensweise, (Re-)Konstruktions- und Dekonstruktionsarbeit über ähnliche Authentizierungs- und Autorisierungsstrategien mittels Quellen bis hin zum methodisch-theoretischen Problem der Generierung von Hypothesen. Jenseits der strukturellen Affinitäten bestehen zentrale Differenzen darin, dass Kontingenzmomente in klassischen Detektiverzählungen des 19. Jahrhunderts fehlen, während sie zur geschichtswissenschaftlichen ‚Alltagsarbeit’ des Historikers gehören. Die anschließende Diskussion betonte, dass die Genese des Kriminalromans um die Mitte des 19. Jahrhunderts nicht nur mit der zeitgenössischen Historiografie, sondern auch mit dem damals einsetzenden Boom der Naturwissenschaften im Zusammenhang stehe, und ein Vergleich zwischen dem Naturwissenschaftler und Detektiv besonders produktiv ausfallen würde.

Der anschließende Beitrag „Freud als Detektiv. Der Kriminalroman als Kulturgeschichte der Wiener Moderne“ von Matthias Bauer (Mainz) schloss an methodologisch-theoretische Fragen an und stellte mit Hilfe des Begriffs der Abduktion einen Zusammenhang zwischen den psychoanalytischen Studien Siegmund Freuds und dem literarischen Genre des Kriminalromans her. So rücken beide die Vergangenheit in den Mittelpunkt, rekonstruieren Verborgenes, arbeiten mit Indizienketten und Schlussfolgerungen, evozieren Eindeutigkeit und vermeiden Kontingenzen. Gerade diese Gemeinsamkeiten bilden einen zentralen Ansatz der in den 1990er-Jahren erschienen amerikanischen Freud-Krimis, in denen Freud als fragwürdige Schlüsselfigur der Wiener Moderne fungiert. Beispielsweise avanciert Freud in Carol De Chellis Hills Roman Doktor Freuds Geheimnis zur verdächtigten Detektivfigur, die Tatsachen und Spuren des Verbrechens verdeckt und somit die Lösung des Falls behindert. In diesem Kontext vermochte Bauer, die Freud-Krimis schlüssig als populäres Medium der Wissensvermittlung darzustellen. In ihnen werden sowohl die wissenschaftlich-methodische Kritik an Freud als auch psychoanalytische Theorien aufgegriffen und in Form eines populären literarischen Genres vermittelt.

Mit ihrem Vortrag „Kulturwissenschaftliche Perspektiven in der Beschäftigung mit Kriminalliteratur“ eröffnete Silvia Mergenthal (Konstanz) die zweite Tagungssektion „Krimi als Sozial- und Kulturgeschichte – Krimi und Kulturwissenschaft“. Mergenthal stellte in ihrem Vortrag einen historischen Kriminalfall aus dem 17. Jahrhundert in Schottland vor und legte dar, wie die Sexualverbrechen Thomas Weirs zu unterschiedlichen Zeiten – im 18., 19. und 20. Jahrhundert – in Kriminalerzählungen bearbeitet wurden. Die Erzählungen inkludierten dabei jeweils unterschiedliche zeitgenössische Diskurse der Medizin und Jurisprudenz und wiesen eine große Variabilität auf. Dabei lasse sich die Tendenz beobachten, dass die Fiktionalität im Laufe der Jahrhunderte einen immer größeren Raum einnehme und die Bearbeitungen sich zunehmend von der historischen Vorlage entfernten. Gerade im Verhältnis von historischen Fakten und Fiktionen, „Nicht-Fiktionalität und Fiktionalität“ treten die beiden zentralen Gattungskomponenten der Erzählungen zu Tage.

Eine weitere Form des historischen Krimis präsentierte Stefanie Lethbridge (Freiburg) in ihrem Beitrag „Die Kriminalisierung des Altertums in anglo-amerikanischen Krimiserien“. Anhand von sieben Krimiserien aus den 1990er-Jahren, die alle in der römischen Antike angesiedelt sind, entwickelte sie die These, dass diese „Römer-Krimis“ ein populäres Gegenwartsgenre repräsentierten. Sprachduktus, Figurengestaltung und intertextuelle Bezüge – die von Shakespeare bis Asterix reichten – seien gegenwartsbezogen und auf den heutigen Konsumenten ausgerichtet. Neben diesen Aktualisierungsstrategien entwickeln die Serien eine postmoderne Geschichtsperspektive, die historische 'Wahrheiten' und Tatsachen als Konstruktionen hinterfragt und überkommene Geschichtsdeutungen verwirft. Folglich werden neue Perspektiven der römischen Antike entworfen, große antike Gestalten entheroisiert und der Wahrheitsgehalt antiker Quellen in Frage gestellt. Beispielsweise erscheint Cäsar ausschließlich als skrupellos-korrupter Herrscher, Catilina im positiven Licht und Ciceros Weltsicht tendenziös verzerrt. Hieran knüpfte die im Anschluss diskutierte Frage an, ob das stark ausgeprägte Spielen mit Geschichte durch die weit zurückliegende Antike bedingt sei und hinsichtlich jüngerer Epochen vermehrt zurücktrete.

Elisabeth Chaurés (Freiburg) Vortrag „Russland in Geschichte und Gegenwart: Krimis von Boris Akunin“ setzte sich mit der Produktion von Kriminalliteratur nach dem Zerfall der Sowjetunion und deren Beitrag zum russischen Nationalitäten- und Identitätendiskurs auseinander. Chauré stellte dar, dass der meistgelesene russische Autor Boris Akunin in seinen historischen Kriminalromanen zentrale Epochen der russischen Geschichte von ihren Anfängen bis zur Gegenwart, sowie Fragen hinsichtlich der Stellung Russlands zwischen Ost und West verarbeite und auf diese Weise mit Rückgriff auf die Geschichte am gegenwärtigen russischen Nationalitäten- und Identitätendiskurs teilnimmt. Er nehme Themen und Epochen in seinen Romanen auf, die heute noch idealisiert würden, wie zum Beispiel das Russland des 19. Jahrhunderts. Dabei bilde Akunin eine Gegengeschichte zur offiziellen Historiografie und integriere Bereiche der Alltags- oder Technikgeschichte in seinen Werken. Jedoch sei auffallend, dass die Geschichte der Sowjetunion in seinen Krimis – wie interessanterweise überhaupt in der russischen Kriminalliteratur – nicht thematisiert und aufgearbeitet werde.

Walter Göbels (Stuttgart) Beitrag „Geschichte im afroamerikanischen Detektivroman“ charakterisierte den afroamerikanischen Kriminalroman in Abgrenzung zum klassischen angelsächsischen Detektivroman. Diese Differenz manifestiere sich in unterschiedlichen Konzeptionen von Geschichte. Sei der klassische Detektivroman tendenziell ahistorisch, so rückten die hard boiled-Romane von Chester Himes, James Sallis und Walter Mosley detaillierte, naturalistische Darstellungen der „sozialen Wirklichkeit“ und des Milieus ins Zentrum. Sie richteten ihren Fokus auf die Diskriminierung und Ausbeutung der schwarzen Bevölkerung in den 1950/60er-Jahren und setzten, wie in Himes’ Cotton Comes to Harlem oder Mosleys Black Betty, eine partielle Rückkehr zur Sklaverei des 19. Jahrhunderts in Szene. In dieser Perspektive erscheinen der Geschichtsverlauf zirkulär und der Rassismus als ahistorische Konstante, wobei mit dieser kreisförmigen Geschichtskonzeption eine Negation des linearen, progressiv-teleologischen Geschichtsbildes, wie es im klassischen Detektivroman vorherrscht, einhergeht. Diese These illustrierte der Amerikanist anschließend mit einer Strukturanalyse von Chester Himes’ Roman Blind Man With a Pistol, in dem die Linearität des plot aufgehoben sei und in episodische und ziellose „Formelemente“ fragmentiere.

Christoph Bode (München) untersuchte in seinem Vortrag „Krimis als Sozialgeschichte einer Metropolis: Die Los-Angeles-Krimis von Raymond Chandler, James Ellroy and Walter Mosley“ die Imagination von Los Angeles in Kriminalromanen. Nach einem kurzen Überblick über die Stadtgeschichte Los Angeles’ in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in dem er die Stadt als einen Ort der Wünsche und Verlockungen charakterisierte, konzentrierte Bode sich auf die Gestaltung von Raum und Zeit in den Kriminalromanen. Er entwickelte dabei die Thesen, dass der Raum als Abbildung der Zeit fungiere und die Orte der Verbrechen mit der Stadtgeschichte eng verknüpft seien und gleichsam eine Synekdoche der Geschichte von Los Angeles darstellten. Im Gegensatz zum traditionellen überkommenen Stadtbild entwerfen die Kriminalromane Los Angeles in seiner Geschichte und Gegenwart als Ort des alltäglichen Verbrechens und Grauens.

Auch der Vortrag „Fakt und Fiktion im historischen Krimi“ von Klaus Peter Müller (Mainz) thematisierte das komplexe, wechselseitige Verhältnis von historischer Faktizität und literarischer Fiktion. Anhand der Nell Bray-Romane von Gilian Linscott richtete der Anglist den Fokus auf eine literarische Form, die historische Faktizität und Fiktionalität miteinander kombiniert und mit den Tendenzen „zur völligen Fiktionalisierung oder Historisierung“ bricht. Linscott harmonisiert in ihren Romanen historisch genau recherchierte Handlungsorte und Tatsachen mit fiktionalen Figuren so artifiziell, dass im Moment des „Phantastischen“ historisches Wissen eingespeist und auf diese Weise eine breite Popularität und hohe narrative Wirksamkeit erzielt werden. Historische Faktizität und „humane und positive Geschichtsbilder“ werden etwa durch das Identifikationsmittel der fiktionalen Figurengestaltung vermittelt. Mittels einer Filmpräsentation der Fernsehserie Inspector Jericho aus dem Jahr 2005 suchte Müller die Verschränkung der Kategorien darzustellen und löste damit eine kontroverse Debatte über die historische Genauigkeit, bzw. das Historisierungspotenzial von Filmen aus. Hierbei wurde die Frage nach Markierungsstrategien und -kategorien aufgeworfen, anhand derer sich Historisierung und Fiktion unterscheiden ließen, wobei angemerkt wurde, dass die Zuweisung und Verschränkung der Kategorien auf unterschiedlichen Prämissen und Perspektiven des Betrachters beruhten.

Frank Zöllner (Leipzig) warf in seinem Vortrag „Dan Browns Sakrileg als Spiegel der Hermeneutik“ die Frage auf, weshalb sich dieser Kriminalroman eigentlich mit Kunst beschäftige. Dabei kam er zu dem Schluss, dass das im Mittelpunkt stehende Bild als Ausdruck von Wahrheit fungiere und die Deutung der Bildbotschaften einen erheblichen Beitrag zur Lösung des Falles beitrage. Er vertrat die Ansicht, dass das Sakrileg sowohl Krimi und Kunstführer als auch Medium einer Art Verschwörungstheorie sei. Zöllner wies die prinzipiell mangelnde historische Plausibilität anhand von Dan Browns Interpretationen der Bilder Leonardo da Vincis nach. Er führte unter anderem aus, dass da Vincis „Felsgrottenmadonna“ nicht im Sinne einer Bildbotschaft gegen Kirche und Klerus gedeutet werden dürfe. Denn es sei historisch nicht haltbar, dass – wie Brown unterstelle – die franziskanische Bruderschaft im 15. Jahrhundert auf das Bild der Felsgrottenmadonna mit Entsetzen reagiert habe. Abschließend regte Zöllner an, das Verhältnis von Fachwissenschaft zu populären Werken neu zu überdenken.

Jochen Petzold (Freiburg) beschäftigte sich in seinem Vortrag „Geschichte als Verbrechen – Zur Verknüpfung von ‚history’ und ‚crime’ im zeitgenössischen südafrikanischen Roman“ mit der Produktion von Kriminalliteratur in Südafrika. Dabei zeigte er auf, dass in der Phase der Apartheid und in der Zeit danach keine klassische Kriminalliteratur im Sinne ihrer Gattungsmerkmale existiert. Das Fehlen des Kriminalromans versuchte Petzold damit zu erklären, dass der Kriminalliteratur und insbesondere der Privatdetektiv-Literatur prinzipiell eine subversive und systemkritische Tendenz anhafte, insofern sie die etablierten Institutionen wie Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften in Frage stelle. Während der Zeit der Apartheid habe es keinen Raum für Kritik am politischen System gegeben. Die Tatsache, dass der Kriminalroman heutzutage nicht als Instrument der Vergangenheitsbewältigung genutzt wird, scheint für Petzold ein Indiz dafür zu sein, dass die gesellschaftlichen Bedürfnisse dies nicht verlangten.

Ulrike Pirkers Beitrag (Freiburg) „A Shadow of Myself – Mike Phillips’ Thriller über ein geteiltes und vereintes Europa“ behandelte das Thema des Kriminalromans als Sprachrohr ethnischer Minderheiten. Seit den 1990er-Jahren gebe es zahlreiche Krimis, die auf die ethnischen Konflikte Großbritanniens eingingen. Als ein Beispiel dafür stellte sie Mike Phillips’ Roman A Shadow of Myself vor, in welchem die Ost- und Westgeschichte aus der Sicht schwarzer Protagonisten rezipiert wird. Pirker legte dar, dass dieser Roman ein Polit-Thriller sei, der eine Minderheiten- und eine transnationale Perspektive einnehme: nämlich die der schwarzen Europäer und deren Identität, wobei unter anderem London und Moskau als Handlungsschauplätze dienten. Dabei entstehe eine multikulturelle Identitätskonstruktion, die an die Präsenz der Schwarzen in Europa erinnere. In Phillips’ Roman werde nicht die Aufklärung eines Falles in den Mittelpunkt gerückt, sondern die Vermittlung und Begegnung zwischen den Kulturen.

Am Ende der Tagung versuchten die Teilnehmer, die referierten und diskutierten Ursachen und Gründe für die anhaltende Konjunktur des historischen Kriminalromans zu bündeln. Dabei entwickelte sich ein facettenreiches Themenfeld, in dem sich der thematische Tagungsschwerpunkt 'historischer Krimi und Identitätsbildung' als besonders tragfähig erwies. Die Tagungsteilnehmer waren sich darin einig, dass der historische Kriminalroman in besonderer Weise Orientierungs- und Identifikationsbedürfnissen nachkommt und zahlreiche Bezüge zu nationalen und regionalen, ethnischen und sozialen Erfahrungswirklichkeiten heutiger Leser aufweist. Gerade die populären historischen Kriminalromane, die zeitlich im 19. und 20. Jahrhundert angesiedelt sind, halten vor dem Hintergrund gegenwärtiger Europäisierungs- und Globalisierungsprozesse eine Vielzahl konkreter Angebote parat, die im Rekurs auf die Geschichte nicht nur die Suche nach dem Eigenen und Fremden, sondern auch gegenwärtige und zukünftige Identitätskonstruktionen umfasst. Ergänzt und erweitert wurde dieser Erklärungsansatz durch die Kategorie 'historischer Kriminalroman als populäre Form der Geschichtsvermittlung'. Didaktisch vermag der Kriminalroman, mittels Identifikations- und Aktualisierungsstrategien historisches Wissen und Geschichtsbilder leichter zu vermitteln als professionell-wissenschaftliche Darstellungen. Besonders deutlich fällt die Diskrepanz mit Blick auf die Geschichtswissenschaft aus, die sich häufig ausschließlich an Fachdiskurse und eine professionelle Leserschaft richtet und somit dem allgemeinen Geschichtsinteresse nur teilweise nachkommt.

Angesichts der Vorträge und Abschlussdiskussion wurde deutlich, dass das Tagungsthema noch zahlreiche weitere Fragestellungen umfasst. Es ist das Verdienst der Organisatorinnen und der Referenten, das Themenfeld ausgelotet und seine Produktivität durch grundlegende Überlegungen oder Fallbeispiele verdeutlicht zu haben. Als fruchtbar erwies sich insbesondere der Tagungskomplex 'Kriminalroman und Geschichtsschreibung', der nicht nur einen weiteren Gegenstandsbereich erschloss, sondern darüber hinaus auch geschichtstheoretische Probleme, wie beispielsweise das Problem von Fakt und Fiktionen, das Verhältnis von wissenschaftlicher Geschichtsschreibung und Erzählung und die Funktion von Geschichte für Orientierungs- und Identifikationsbedürfnisse der Gegenwart, behandelte. Die interdisziplinäre und kulturübergreifende Perspektive der Tagung lieferte weiterführende Impulse für die Erforschung und Theoretisierung des Themenfelds 'Kriminalroman und Erinnerungskultur'. Die Veröffentlichung der Tagungsbeiträge kann daher mit Interesse erwartet werden.


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