Athen in römischer Zeit. Aktuelle Grabungen, neue Zeugnisse

Athen in römischer Zeit. Aktuelle Grabungen, neue Zeugnisse

Organisatoren
Benaki Museum; 1. Ephorie für Vorgeschichte und Klassische Antiken; 2. Ephorie für Vorgeschichte und Klassische Antiken; American School of Classical Studies in Athen; Deutsches Archäologisches Institut in Athen
Ort
Athen
Land
Greece
Vom - Bis
19.10.2006 - 21.10.2006
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Von
Nadin Burkhardt, DAI Rom

Im Oktober diesen Jahres fand in Athen eine international besetzte und gut besuchte Tagung zu Athen in römischer Zeit statt. Im Mittelpunkt der Vorträge standen die Ergebnisse, Befunde und Funde der den Untergrundbahnbau begleitenden archäologischen Ausgrabungen der letzten Jahre. Hinzu kamen die neueren Forschungen und Grabungen zur römischen Zeit in Athen. 28 Referenten aus Griechenland, den USA und Deutschland stellten ihre aktuellen Forschungsergebnisse vor. Die Vorträge wurden in griechisch, englisch und deutsch gehalten. Die beiden letzten wurden synchron ins Griechische übersetzt; für die in griechisch referierten Vorträge standen dem Publikum lediglich kurze schriftliche summaries zur Verfügung. Veranstaltungsort war der sehr gut ausgerüstete, geräumige neue Vortragssaal des zweiten Benaki-Museum-Gebäudes.

Ziel der Tagung war, neben der Präsentation der neuen Befunde und Funde, deren Auswertung in Bezug auf den römischen Stadtplan, lokale Quartiersentwicklungen, wechselnde Nutzungen innerhalb eines Areals, Pflege und Nutzung älterer Strukturen, Anknüpfung an die mythische und heroische Vergangenheit der Stadt und Gestaltungsprinzipien im privaten und öffentlichen Raum.

Den Einstieg bildete der Vortrag Ortwin Dallys (DAI Berlin) Athen in der frühen Kaiserzeit – eine Planung des Kaisers Augustus? Dally argumentierte gegen eine umfassende planmäßige augusteische Umbau- oder Ausbauphase in Athen: Er begann mit dem Rundtempel auf der Akropolis, den er stärker mit Athena als mit Augustus und Rom verbunden sieht und der nicht zwingend mit den durch die Parther zurückgegebenen Feldzeichen zusammenhängen muss. Auch der auf die Agora versetzte Ares-Tempel, der Südwest- und der Südost-Tempel stammen nicht erwiesenermaßen aus augusteischer Zeit. Dally verwies des weiteren auf die erst in der frühen Kaiserzeit verstärkt auftretenden Inschriften diverser Stifter aus der lokalen Elite und auf die deutliche Anlehnung neuer Bauten an lokale Besonderheiten wie die im augusteischen Rundtempel und im Rundtempelchen vor der Attalosstoa aufgegriffene Bauornamentik des Erechtheions und das sich im Westpropylon des römischen Marktes wiederfindende verbreiterte Mitteljoch der Propyläen.

Es folgten die Berichte zu den neuen Grabungsergebnissen im Areal der Bibliothek des Hadrian durch Alkistis Choremi und Ioanna Tigginaga (A’ EPCA): Die Bibliothek des Hadrian: die archäologischen Zeugnisse (griech.) und Die Architektur der Bibliothek des Hadrian (griech.). Ausgrabungen waren im Bereich vor dem Propylon erfolgt und hatten einen ca. 20 m breiten Vorplatz zu Tage gebracht sowie unter dem Platz, angrenzend an die unter der Umfassungsmauer das nach Süden abfallende Gelände ausgleichenden Substruktionen in Ziegelbogentechnik, eine Kanalumleitung des Eridanos. Unter dem Bibliotheksbau waren späthellenistische Hofhäuser mit Wandmalereien aufgedeckt worden.

Im Anschluss sprach Katrin Heyken (DAI Athen) über Kaiserzeitliche Bauornamentik in Athen und stellte drei der bisher vierzehn kontextlosen korinthischen Kapitelle in Athen näher vor, die sich zwei Gruppen zu ordnen lassen und bisher alle der augusteischen Zeit entstammen. Für Vergleichsstücke werden die datierten Bauten mit korinthischen Kapitellen wie das Olympieion, das Agrippa-Odeion und das Philopappos-Monument, herangezogen. Zu den seltenen Kompositkapitellen Athens gehören auch drei Chimärenkapitelle mit gehörntem Löwengreifenkopf an Stelle einer Abakusblüte.

Es folgten die Ausgrabungsberichte von der römischen Agora durch Dimitris Sourlas (A’ EPCA) Neue Erkenntnisse zur römischen Agora (griech.), die auch für diesen Bau zur Überwindung von über fünf Meter Geländeabfall römische Substruktionen zu Tage brachten. Des weiteren stärkere Umbauten des 3. Jh. n. Chr., besonders im an das Ostpropylon angrenzenden Raum. Durch die Grabungen im östlichen Peristylbereich kann der Gesamtumfang jetzt mit 111x104 m angegeben werden.

John Mck. Camp (ASCSA) sprach über die neuesten Grabungsergebnisse an der griechischen Agora (Roman Athens in the light of recent excavations in the Athenian Agora): In den letzten Jahren war das unmittelbar an die Nordwestecke der Agora angrenzende Gebiet mit römischer Therme, augusteischem Tempelchen, Läden, Wohnbauten und Werkstätten hinter dem als Stoa Poikile gedeutetem Gebäude untersucht worden. Funde wie der einer Terrakotte der Aphrodite Anadyomene (um 400 n. Chr.) bezeugen eine Fortsetzung des Aphroditekultes bis in das 5. Jh. n. Chr. Unter der vorgestellten Plastik waren ein Barbarenkopf des 5. Jh. n. Chr. und das wohl kleinasiatisch beeinflusste qualitätvolle Porträt eines bekränzten Kaiserkultpriesters von der Ostseite der Agora.

Im Vortrag Spätrömische Heiligtümer der Göttermutter in athenischen Bauten (griech.) stellte Polyxeni Bouyia (C’ EPCA) anhand der Kulträume für die Große Göttermutter in den großen Wohnhäusern des 3.-4. Jh. n. Chr. den Rückzug ins Private dar, denn diese wurden Treffpunkt, Versammlungsraum, Präsentationsort und eben auch Ort kleinerer religiöser Bauten, in denen Bouyia Ähnlichkeiten mit den nordwestlichen Mithräen sehen möchte.

Die folgenden drei Vorträge bezogen sich auf die Ausgrabungen während des Baus des neuen Akropolismuseums im Gebiet Makrigiannis, südlich der Akropolis und unterhalb des Dionysostheaters. Stamatia Eleutheratou (A’ EPCA) stellte in Stadtplanung im südlichen Teil der antiken Stadt Athen während der römischen Zeit (griech.) das Areal unter logistischen Gesichtspunkten vor, da hier über Wohnbauten und Werkstätten zwischen dem 2.-3. Jh. n. Chr. größere deutlich repräsentativere Wohnbauten errichtet worden waren, die eine Änderung des Straßennetzes bewirkten. Hier kreuzt die Nord-Süd-Achse aus Phaleron kommend die zur Agora führende Ost-West-Achse. Zerstörungsschichten datieren ins 1. Jh. n. Chr. und Ende 3. Jh. n. Chr.; das Areal war bis in mittelbyzantinische Zeit weiter besiedelt.

Nikoletta Saraga (A’ EPCA) widmete sich mit Ein römischer Bau mit einer Getreidemahlanlage (griech.) dem gleichen Grabungsgebiet: Die Anordnung der Bodenplatten eines gepflasterten Hofes und die kreisrunden Stützmäuerchen lassen den Betrieb von Getreidemühlen vermuten; in der Art einer römischen Getreidemahlanlage wie sie aus Ostia und Pompeji bekannt sind. Die Anlage lag unter einer Zerstörungsschicht des 3. Jh. n. Chr., die hier unbeseitigt blieb und erst im 4. Jh. n. Chr. überbaut wurde.

Ismini Trianti stellte in Östliche Gottheiten vom Südhang der Akropolis (griech.) die im oben genannten Areal geborgenen Statuen vor, unter denen drei östliche Gottheiten in Gestalt einer marmornen ephesischen Artemis, eines gepanzerten Zeus Heliopolites und einer auf einem Krokodil stehenden Isis Panthea waren. Von der römischen Agora ist eine Inschrift der heliopolitanischen Trias bekannt und aus dem Asklepiosheiligtum und der Panaghia Spiliotitas stammen Isis-Inschriften.

Der zweite Tag begann mit Neue Hinweise zur spätrömischen Befestigung Athens (griech.) von Nikos Tsoniotis (A’ EPCA), der neue Teilstücke der sogenannten Herulermauer vorstellte: An der Hadriansbibliothek befand sich ein byzantinisches Tor, ein weiteres spätantikes im Südflügel der Fassade, eine Pforte in der Adrianou-Straße 94 und ein Turm an der Nordostecke der Mauer (Adrianou-Straße 98). Die Mauertechnik hat ihre Parallelen in den spätrömischen Stadtmauern Thessalonikis und Verias.

Olga Dakoura-Vogiatzoglou (A’ EPAC) beschäftigte sich in Die Hügel der Pnyx, der Nymphen und der Musen während der römischen Zeit (griech.) mit der Situation im Umfeld der Pnyx: Das Zeus-Hypsistos-Heiligtum östlich der Rednertribüne war bis ins 3. Jh. n. Chr. in Benutzung. An das nahe gelegene Pan-Heiligtum war im 2. Jh. n. Chr. ein Haus mit Mosaikböden angebaut worden, das bis ins 6. Jh. n. Chr. in Betrieb blieb. Weitere spätrömische Häuser liegen am Weg zwischen Pan- und Bakcheion-Heiligtum. Etwas südlich stadtauswärts im Koilé-Demos bezeugt eine Nekropole die weitere Besiedlung der Gegend in römischer Zeit.

Pavlina Karanastassis (UOC Rethymnon, dep. hist. arch.), Die Ausgrabungen Dörpfelds zwischen dem Westhang, der Pnyx und dem Areopag 1892-1897 und ihre Bedeutung für die Erforschung des römischen Athen (griech.): Der als Bakcheion angesprochene Bau des 2. Jh. n. Chr. war über dem klassischen Dionysion/Lenaion und über der Straße zum Areopag errichtet worden. Neben einem Altar, der Inschrift IG II 2, 1368 und mehrere Statuen des 3. Jh. n. Chr. bezeugen Lampen- und Keramikfunde eine Nutzung bis in das 5. Jh. n. Chr. Auch Artemis wurde hier verehrt.

Ioanna Tsirigoti-Drakotou (C’ EPCA) beschäftigte sich in Die Heilige Straße in römischer Zeit (griech.) mit dem wichtigsten Prozessionsweg Athens. Diese Straße wurde bis in die Spätantike gepflegt, wie die Brücke über den Kephisos, stadttornahe Spolienbauten und über tausend römische Gräber von 1.-5. Jh. n. Chr. entlang der Straße belegen.

Olga Zachariadou (C’ EPCA), Das östliche Stadtgebiet Athens während der römischen Zeit (griech.) erläutert die neuen Ausgrabungen im Bereich des Syntagma-Platzes und des Nationalgartens: Hier waren über den Gräbern und Werkstätten der klassischen Zeit, als dieses Gebiet außerhalb der Stadtmauern lag, in römischer Zeit, Thermen, ein Aquädukt und mit Malerei und Mosaik ausgestattete große römische Villen angelegt worden.

Stavros Vlizos (Benaki-Museum) stellte in Skulpturen aus dem Gebiet südlich des Olympieions (griech.) hellenistische und römische Statuen vor, die in den 60er Jahren in späteren Mauern verbaut und in Auffüllschichten in und um die Heiligtümer südlich des Olympieiontemenos gefunden worden waren. Sie lassen vermuten, daß einer der römischen Tempel der Aphrodite geweiht war.

Valentina Di Napoli (Schweizerische arch. Schule in Griechenland, Athen) wählte in Orte der Perfomance: Skulpturen aus den Theaterbauten des römischen Athens (griech.) aus der Skulpturen- und Reliefausstattung der römischen oder römisch umgebauten Theater und Odeia Athens Beispiele aus, anhand derer sie die durch diese vermittelten Botschaften analysierte. In diesem Zusammenhang wies sie auf die erweiterte Funktion der Theater und Odeia hin, die nicht nur allein der Unterhaltung dienten, sondern auch Versammlungsorte waren und daher auch in den politischen Alltag integriert waren.

Ralf Krumeich (Universität Bonn, Abt. Klass. Arch.) untersuchte in Ehrenstatuen des späten Hellenismus und der römischen Kaiserzeit auf der Athener Akropolis die Ausstattung der Akropolis mit Ehrenstatuen, umriß deren spezifische Merkmale und rekonstruierte deren genauen Aufstellungsort und die Wirkung in der jeweiligen Umgebung. Bereits vor den Propyläen beginnen die römischen Weihungen: Linker Hand ragt das dem Agrippa umgewidmete attalidische Pfeilermonument auf und die Treppe flankieren zwei wohl dem Prinzen Germanicus geweihte Reiterstandbilder. Letztere bezeugen zwei Eigenarten dieser Ehrungen: die Wiederverwendung oder Einbeziehung älterer Weihebasen und die lediglich in Form eines Zusatzes angebrachte römische Inschrift unter der stehen gelassenen älteren.

Alkestis Choremi (Direktorin der A’ EPCA), Römische Portraits aus den neuesten Grabungen im Gebiet um die Athener Akropolis (griech.), stellte einige qualitätvolle Porträtköpfe vor, unter denen sich die eine dem bekannten Typus nahestehende Büste Aristoteles’ aus den Häusern am Südhang der Akropolis befand und, aus der gleichen Gegend, ein glatzköpfiger bärtiger Kopf eines etwas fülligen älteren Mannes. Östlich des Akroplishanges kam das wohl gallienische Porträt eines jungen Mannes mit Kinnbart und dichtem im Nacken langem Lockenschopf und ein unterhalb des Halses gebrochener Hadrianskopf mit rückwärtig geknoteter Haarbinde zu Tage.

Klaus Fittschen (Universität Göttingen, Inst. f. Klass. Arch.), Der Beitrag attischer Bildhauer zur Kunstproduktion im Römischen Reich, beschäftigte sich mit den Veränderungen des Kunstexportes aus Attika. Bereits in republikanischer Zeit wurden attische Kunstwerke wie Chimärenkapitelle, Tischfüße, Thronsessel und Prachtkratere vor allem nach Italien und Rom verschifft, und bereits im 1. Jh. v. Chr. beginnt das sogenannte neuattische Kunstschaffen, das auf ältere klassische Reliefe und Statuen zurückgreift und über Abformung die Motive verarbeitet. Erfindungen wie die leichter zu transportierende Porträtherme gehen unmittelbar auf die Bedürfnisse des Kunsthandels ein. Erst mit dem Herulersturm sei die Kunstproduktion zum Erliegen gekommen.

Eva Giatroudaki, Manolis Panagiotopoulos und Eleni Servetopoulou (G’ EPCA), Die römischen Gräberfelder entlang der Straße nach Mesogeia (griech.), stellen die Ergebnissse der Grabungen 1991-2000 vor, zu denen der Verortung eines der Ufer des Eridanos, einige die Straße nach der Mesogeia begleitenden Bronzewerkstätten des 5. Jh. v. Chr. und Gräber vom 4. Jh. v. bis zum 3. Jh. n. Chr. gehören. Über dem stadtnahen Teil der Gräber werden mit der hadrianischen Stadterweiterung Bauten errichtet, die Bestattungen erfolgen weiter stadtauswärts; Grabmarker wurden hier keine gefunden. Für die durch das Diochares-Tor führende Straße lässt sich über den Belag eine Nutzung bis ins 2. Jh. n. Chr. nachweisen.

Jutta Stroszek (DAI Athen) beschreibt in Römische Gräber und Grabbauten vor dem Dipylon das Erscheinungsbild des Kerameikos in römischer Zeit: Direkt vor dem Dipylon südlich des Dromos verblieben große Gussmauerwerksockel von einst auffälligen Grabbauten erhalten, unter und in welchen die Verstorbenen in Steinplattengräbern und Steinsarkophagen beigesetzt worden waren. Die schlichten kleinen Pfeilergrabmarker (Kioniskoi), eine Form der hellenistischen Zeit, werden bis in das 5. Jh. n. Chr. verwendet; Grabsteine mit lateinischer Aufschrift bleiben selten. Durch den Dipylontorhof verläuft eine in der Spätantike aus Spolien (Grabbauarchitrav, Sarkophage) errichtete Eridanoskanaleinfassung, die, ebenso wie die Wartungsschächte, die Aufrechterhaltung des Abwasser- und Wegesystems in diesem Areal bezeugt.

Wolf-Dieter Niemeier (Direktor des DAI Athen) stellte mit Eine neugefundene Stele aus dem Kerameikos: Grabmal des Epheben Hermeias aus Besa des Jahres 163/4 n.Chr. (IG II2 2086 Z.138)? eine 2003 aus einer römischen Kanalmörtelbettung geborgene, dort als Baumatrial wiederverwendete Rechteckschaftstele vor, die ihrerseits aus einem hellenistischen Kioniskos umgearbeitet worden war. Die rückwärtigen Mörtelreste lassen eine Wiederverwendung an der Schaufassade eines römischen Stuckgrabbaus vermuten. Der auf der Stele abgebildete Jüngling besitzt eine sonst eher für Kleinkinder übliche Zopfscheitelfrisur, die seit der klassischen Zeit zum Formenschatz gehört. Auch der den Epheben begleitende Hund und das für diesen bereitgehaltene Lockmittel in Form eines kleinen Balls sind klassische Elemente. Die tria nomina zur Seiten des Kopfes gehen auf eine nachträgliche Erweiterung, also eine Zweitverwendung der Stele, zurück.

Marianne Stern (Hilversum, Niederlande) beschäftigt sich in ¬Roman vessel glass from the Athenian Agora anhand der Funde aus dem Agoragebiet mit den fünf Haupttechniken der römischen Glasgefäßproduktion: Guss, in eine Modelform gepresst, über einem Model gearbeitet, frei geblasen oder in eine Modelform geblasen. Eine Produktionsstätte konnte bisher in Athen nicht lokalisiert werden, aber die Materialanalyse liefert Hinweise auf eine starke Veränderung des Handelsweges Ende 4./Anfang 5. Jh. n. Chr.

Despoina Tsouklidou (G’ EPAC), Eine frührömische panathenäische Amphore (griech.), zeigt anhand eines Beispiels den auch in römischer Zeit beibehaltenen Brauch der Siegesgabe und damit auch des panathenäischen Festes, das zu Ehren der Göttin fortgeführt wird.

John Hayes (ASCSA), Tablewares, functional ceramics and ritual pots: creating a typology of Roman-period Athenian products, untersuchte die Keramikproduktion in Athen zwischen 50 v. Chr. und 520 n. Chr. anhand der bis 1968 geborgenen Keramikfunde im Agoragebiet. Er bemüht sich um eine Typologie der Grob- und Gebrauchsware (unter Ausschluss der Kochtöpfe und der fast ausschließlich importierten Amphoren) aus geschlossenen Fundkontexten. Zu den daraus resultierenden Ergebnissen gehört die offenbar claudische Keramik aus den Fundamenten des Agrippa-Odeions.

Panagiotis Tselekas (Numismat. Mus., Athen), Identität und Ideologie im römischen Athen: die numismatischen Zeugnisse (griech.), untersuchte die in Athen ab der letzten Dekade des 1. Jh. v. Chr. bis um 260 n. Chr. gebräuchlichen Bronzemünzen, die keinen Hinweis auf imperiale Autorität enthalten oder das kaiserliche Porträt oder Bildnisse der kaiserlichen Familienmitglieder tragen, sondern weiterhin Büste oder Kopf der Athena abbilden. Auch die Rückseiten mit mythologischen und historischen Szenen aus der Vergangenheit der Stadt stehen ebenso in der lokalen Tradition wie die weiterhin benutzten Bezeichnungen Drachme und Hemidrachme.

Theodosia Stefanidou-Tiveriou (Aristoteles Univers. Thessaloniki, Phil.), Tradition und Romanisierung in den Monumenten Athens (griech.), gehen von einer attischen Kunstschule auf dem seit 167 v. Chr. zu Athen gehörenden Delos aus, die den Bedarf der italischen Kaufleute vor Ort bediente. Auch in Athen selbst entstehe durch die permanente Nachfrage reicher Römer das sog. neuattische Kunstschaffen. Die westlichen Einflüsse mögen weniger stark als in anderen griechischen Städten sein, aber seit augusteischer Zeit finden sich im Münzgeld, im Festkalender, in der Ikonographie der Kunstwerke, in den Bauten und im Stadtplan römische Formsprache und Einflüsse.

Zu den Ergebnissen der Tagung gehören die nun deutlich erweiterten Kenntnisse zum kaiserzeitlichen Athen und das sich abzeichnende Bild eines heterogenen Entwicklungsprozesses der Stadtstruktur. Während Gebiete wie der Kerameikos, in dem bis ins 5. Jh. n. Chr. bestattet wird, der römische Markt, der als solcher bis in die Spätantike genutzt wird, oder die Akropolis, die bis zum Übergang zur christlichen Religion Heiligtum, Präsentationsort und Burganlage bleibt, ihre Funktionen beibehalten können, nehmen andere Stadtareale eine sehr wechselvolle Entwicklung: Auf der Nordseite der Agora folgen religiösen und repräsentativen Bauten (Aphrodite-Altar, Stoa Poikile, augusteischer Tempel, Torbau), Einrichtungen zur Körperpflege (Therme) und des Konsums (Läden) und eine zunehmende Verdichtung der Bebauung, und im östlichen Stadtareal wird durch die hadrianische Erweiterung neues Wohngebiet unter Aufgabe älterer Gräber- und Handwerksbezirke hinzugewonnen. Die Hauptstraßenachsen und das dazugehörige Abwassersystem werden gepflegt, erneuert und beibehalten. Prächtig gestaltete und mit Kunstwerken ausgestattete Wohnhäuser, zahlreiche Thermenbauten, private Odeia bezeugen eine finanzstarke lokale Elite im 3. und 4. Jh. n. Chr. In der Kunstproduktionen zeigen sich römische Einflüsse in Motiv und Form, aber die Anknüpfung an die klassischen Ideale findet sich allerorts.

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