Aktualität des Mittelalters und der Renaissance in der Romanistik

Aktualität des Mittelalters und der Renaissance in der Romanistik

Organisatoren
Netzwerk "Mittelalter und Renaissance in der Romania"
Ort
Trier
Land
Deutschland
Vom - Bis
13.10.2006 - 15.10.2006
Url der Konferenzwebsite
Von
Elmar Eggert, Ruhr-Universität Bochum; Martin Biersack, Universität Regensburg

Anders als in der Geschichte, in der das spanische Mittelalter und der spanische Humanismus heute vermehrt Aufmerksamkeit bekommen, findet die Behandlung der frühen Epochen der romanischen Sprach- und Literaturgeschichte, die das Fach der Romanistik einst begründeten, in den romanistischen Qualifikationsschriften derzeit nur einen geringen Niederschlag. Um den Blickwinkel auf die als Studienobjekt ins Hintertreffen geratenen Jahrhunderte zu lenken, haben sich vom 13.-15. Oktober 2006 an der Universität Trier 18 junge Literatur- Sprach- und GeschichtswissenschaftlerInnen getroffen, um gerade die Aktualität des Mittelalters und der Renaissance in den Ländern der Romanistik – so das übergeordnete Thema der Tagung – herauszustellen. Dabei stand auch die Frage nach der interdisziplinären Zusammenarbeit mit der Geschichtswissenschaft im Raum. Perfekt organisiert v.a. von Lidia Kouznetsova, die zusammen mit Mario Garvin das Netzwerk „Mittelalter und Renaissance in der Romania“ initiiert und aufgebaut hat, sind 18 Studien zur Mediävistik bzw. Renaissance sowohl aus sprach- und literaturwissenschaftlicher sowie aus historischer Sicht vorgestellt und intensiv diskutiert worden. Ermöglicht wurde diese Fachtagung durch die in Trier ansässige Nikolaus-Koch-Stiftung und die Universität Trier bzw. das dortige Romanische Seminar, vertreten durch Prof. Dieter Kremer, der die Teilnehmer mit seinen aufmunternden Begrüßungsworten willkommen hieß. Vor allem trug der Deutsche Romanistenverband (DRV), für den Christiane Maaß als 2. Stellvertretende Vorsitzende Grußworte sprach, eine entscheidende Unterstützung bei.

Zu Beginn stellte Prof. Martin Przybilski das neu gegründete Historisch-Kulturwissenschaftliche Forschungszentrum Mainz-Trier (HKFZ) vor, und begrüßte ausdrücklich die Idee des Netzwerks (mittlerweile dort angeschlossen) und diese erste Fachtagung. Die Vorträge des ersten Tages, die bereits die große Variationsbreite der Schwerpunkte verdeutlichten, behandelten den Zusammenhang zwischen Sprach- und Kulturgeschichte der Iberoromania (Lidia Kouznetsova), die Probleme der diasystematischen Varianz einer morphologischen Studie zum Altfranzösischen (Sabine Heinemann), die Abkürzungen in mittelalterlichen und neuzeitlichen Dokumenten (Esme Winter-Froemel), die spanischen Spuren der ersten Entdeckungszeit im haitianischen Kreol (Silke Jansen), die Frame-Untersuchungen französischer Urin-Traktate des 15. und 16. Jh. (Stefanie Zaun) und die Kontroverse um die Geschichtsschreibung zu spanischem Humanismus und den Katholischen Königen (Martin Biersack). Eine provokante Position zur Mediävistik und zur Problematik der Epocheneinteilung ließ Frau Prof. Dina de Rentiis den TeilnehmerInnen in einer Stellungsnahme mit auf den Weg geben.

Das Programm des zweiten Tags, das mit elf Vorträgen sehr dicht war, umfasste die italienische Renaissance mit Beiträgen zur Rezeptionsgeschichte der Komödie Gli Ingannati (Tatiana Bisanti), zu Autorinnen des Cinquecento (Annett Volmer), zur Einordnung der Rolle von Lorenzo de’ Medici für die nationale Idee (Christiane Maaß), zum Mythos des Venezianischen (Rembert Eufe) und zur Poetik des Dunklen, u.a. anhand der Rezeption Michelangelos (Susanne Gramatzki). Daneben wurden die Dante-Rezeption in einer neuen populärliterarischen Verarbeitung analysiert (Tabea Kretschmann), die Selbstreflexion Clément Marots in der Theorie Bourdieus herausgearbeitet (Christoph Mayer), die Gestik und Mimik in Mythen und Medien verschiedener Epochen verglichen (Tanja Schwan) und die Verbindung von synchroner mit diachroner Analyse innerhalb der Diskurstraditionen besprochen (Philipp Obrist). Der Problematisierung der Schriftlichkeit im spanischen Mittelalter (Elmar Eggert) und der zugrunde liegenden Mündlichkeit dieser Zeit (Mario Garvin) waren zwei weitere Vorträge gewidmet.

Die zusammenfassende Diskussion betonte die Zusammengehörigkeit der Sprach- und Literaturwissenschaftler, die sich durch den chronologischen Rahmen gut verstehen und voneinander lernen konnten. Ein weiterer Punkt betraf die Kooperation mit der Geschichtswissenschaft, die positiv bewertet wurde, für die aber erst ein gemeinsamer Rahmen gefunden werden müsste. Die überschaubare Zahl der Teilnehmer ließ eine produktive Atmosphäre mit Seminarcharakter entstehen, in der viel Zeit für Diskussionen genutzt wurde. Nicht nur die Aktualität der Forschung zu Mittelalter und Renaissance ist in vielen Vorträgen beispielhaft deutlich geworden, sondern es konnte an der Tagung die Zuversicht für diese Forschungsperspektive in der Romanistik und der mit romanischen Ländern befassten Geschichtswissenschaft abgelesen werden.

Aus dem Netzwerk ist auch die Idee zur bereits angenommenen Sektion „Formen der Institutionalisierung von kulturellem Wissen im Wandel vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit“ auf dem Romanistentag in Wien Ende September 2007 entstanden, die von Susanne Gramatzki, Christoph Mayer und Elmar Eggert geleitet wird. Die nächste Fachtagung des Netzwerks in zwei Jahren wird von Sabine Heinemann und Rembert Eufe an der Universität Regensburg organisiert.


Redaktion
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