Weltgeschichte in der Schule. Arbeitstagung des Arbeitskreises der Konferenz für Geschichtsdidaktik und des Verbandes der Geschichtslehrer Deutschlands

Weltgeschichte in der Schule. Arbeitstagung des Arbeitskreises der Konferenz für Geschichtsdidaktik und des Verbandes der Geschichtslehrer Deutschlands

Organisatoren
Susanne Popp (Universität Augsburg); Marko Demantowsky (Universität Münster)
Ort
Nürnberg
Land
Deutschland
Vom - Bis
07.07.2006 - 08.07.2006
Url der Konferenzwebsite
Von
Katja Gorbahn, Institut für Geschichte, Universität Augsburg

Die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler verändert sich durch die Globalisierung ständig, eine Tatsache, der auch der Geschichtsunterricht Rechung tragen muss. In den letzten Jahren sind wichtige Schritte hin zur Entwicklung tragfähiger geschichtsdidaktischer Konzepte zum welt- und globalgeschichtlichen Lernen gemacht worden,1 doch bislang mangelt es interessierten Lehrerinnen und Lehrern nicht nur an leicht zugänglichen und zuverlässigen fachwissenschaftlichen Informationen, sondern vor allem an nötigen Arbeitsmaterialien zur Gestaltung eines welt- bzw. globalgeschichtlichen Unterrichts. Auf der letzten Jahrestagung der Konferenz für Geschichtsdidaktik (KGD) im Oktober 2005 konstituierte sich deshalb unter der Leitung von Susanne Popp (Universität Augsburg) und Marko Demantowsky (Universität Münster) in Zusammenarbeit mit dem Verband der Geschichtslehrer Deutschlands (VGD) der Arbeitskreis „Welt- und Globalgeschichtliche Perspektiven im Geschichtsunterricht“, der sich neben der Weiterarbeit an theoretischen Konzepten und der Analyse von Schulbüchern und Curricula insbesondere die Entwicklung und Erprobung von praxisorientierten Modellen und Vorschlägen zum Ziel gesetzt hat.
Als Ausgangspunkt dienen dabei die vorhandenen lehrplanrelevanten Themen des Geschichtsunterrichts, die um welt- und globalgeschichtliche Perspektiven erweitert werden sollen. Im Unterschied zur international vorherrschenden Praxis, Weltgeschichte neben der Nationalgeschichte zu unterrichten, setzt der Arbeitskreis also auf ein integratives Verfahren.

An der 1. Arbeitstagung des Arbeitskreises am 7. und 8. Juli in Nürnberg nahmen HochschullehrerInnen, Lehrkräfte verschiedener Schulformen, Vertreter von Schulbuchverlagen sowie interessierte ReferendarInnen und Studierende teil, die ihre Abschlussarbeiten im Bereich des welt- und globalgeschichtlichen Unterrichts verfasst hatten. Dementsprechend wurde in den Diskussionen ein breites Spektrum von Perspektiven und Impulsen deutlich. Immigration und Multikulturalität im Klassenzimmer bildeten einen wichtigen Hintergrund der Debatte, doch bestand Konsens darüber, dass eine Überwindung des national orientierten Geschichtscurriculums und die Konstruktion von Makroperspektiven zur Verortung des Eigenen auch unabhängig vom ethnischen Hintergrund der Schülerinnen und Schüler unbedingt notwendig ist.

Nach einem ersten Einstig in die Diskussion stellten zunächst einige der TeilnehmerInnen ihre Positionen und Projekte vor. Urte Kocka (Berlin) formulierte in ihrem Statement „Positionen – Was könnte man unter „globalen Perspektiven im Geschichtsunterricht“ verstehen?“ Voraussetzungen von und Schritte zu einer globalen Perspektivierung des Geschichtsunterrichts. So forderte sie u.a. einen problemorientierten Zugang und die Anknüpfung an übliche Themen des Geschichtsunterrichts. Weiterhin deutete sie Konkretisierungsmöglichkeiten – z.B. weltgeschichtliche Querschnitte – an. Christoph Kühberger (Greifswald) stellte sein Habilitationsprojekt „Global orientiertes Geschichtsbewusstsein“ vor, das die populärsten österreichischen Schulbuchreihen für die Sekundarstufe I über die Epochen hinweg u. a. auf die Berücksichtigung der Weltdimension und das Vorhandensein einer eurozentrischen Perspektive hin untersucht, um von hier aus zu konkreten Verbesserungsvorschlägen im Sinne der Förderung einer welthistorischen Kompetenz zu gelangen. Susanne Popp (Augsburg) präsentierte das an der Universität Siegen unter ihrer Leitung durchgeführte Projekt „Kommunizieren in die Ferne. Fern- und Telekommunikation in weltgeschichtlicher Perspektive“ (http://www.fb1.uni-siegen.de/weltgeschichte/themen/telekommunikation). Unter Mitarbeit von Dennis Röder und Michael Wobring (Kartenmaterial) wurde das Thema „Fern- und Telekommunikation“ in weltgeschichtlicher Perspektive über die Epochen hin erschlossen, um für weitere Vorhaben der welt- und globalgeschichtlichen Perspektivierung (z.B. Sklaverei, Migration) eine Diskussionsgrundlage zu haben. Ein entsprechender Überblickartikel sowie Quellen und Materialien, insbesondere zahlreiche Karten, werden derzeit über das Internet zugänglich gemacht, um Voraussetzungen für den Transfer in den Unterricht zu schaffen. Eine englische Version wird demnächst hinzugefügt, thematische Erweiterungen sind vorgesehen.

Wolfgang E.J. Weber (Augsburg) ging abschließend auf Möglichkeiten zur Berücksichtigung globalgeschichtlicher Perspektiven in der universitären Lehre ein und stellte ein von ihm an der Universität Augsburg im Rahmen des BA-Studienganges Europäische Kulturgeschichte durchgeführtes Seminarprojekt „Außereuropäische Einflüsse auf die europäische Geschichte“ vor.

Die Kurzvorträge dienten dazu, Anregungen für die folgende Aussprache über das weitere Vorgehen des Arbeitskreises zu gewinnen. In thematischer Hinsicht werden, so ergab sich in der anschließenden Diskussion, die Komplexe „Kommunikation in die Ferne“ sowie „Religionen als Faktor der Integration und Desintegration von Regionen von 1000 v. Chr. bis in die Gegenwart“ Schwerpunkte in der künftigen Tätigkeit des Arbeitskreises bilden. Doch erfolgte keine zu enge thematische Festlegung, zumal viele TeilnehmerInnen in der Nutzung des Internets die Möglichkeit sahen, unterschiedliche Schwerpunkte zu integrieren und gleichzeitig größtmögliche Chancen für den Transfer in den Unterricht zu eröffnen. Der Arbeitskreis plant deshalb auch, interessante Abschlussarbeiten, Projekte und Unterrichtsvorschläge über seine Homepage, die sich momentan im Aufbau befindet, allgemein zugänglich zu machen.

Ausgehend von Interessen der TeilnehmerInnen bildeten sich drei Arbeitsgruppen, von denen eine einen regionalen (Indien), eine zweite einen epochalen (Antike mit Schwerpunkt „wechselseitig Wahrnehmung“) Schwerpunkt setzen will. Eine dritte Gruppe wird zunächst mögliche Anknüpfungspunkte an zentrale Lehrplanthemen prüfen und im Anschluss daran konkrete Unterrichtsvorschläge zu erarbeiten. Koordiniert durch die Universitäten Augsburg (Susanne Popp) und Dortmund (Marko Demantowsky) sollen bis Ende 2007 Materialien und Vorschläge erarbeitet werden, die nicht nur die Anliegen des Arbeitskreises konkretisieren, sondern auch einen Schritt auf dem Weg zur Implementation welt- und globalgeschichtlicher Perspektiven in den Geschichtsunterricht aller Schulformen und -stufen leisten können. In diesem Sinne besteht von Seiten des Arbeitskreises Interesse, seinen Kreis noch zu erweitern. An der Mitarbeit Interessierte sind deshalb herzlich eingeladen, mit Susanne Popp (susanne.popp@phil.uni-augsburg.de) Kontakt aufzunehmen.

Anmerkung:
1 Popp, Susanne; Forster, Johanna (Hgg.), Curriculum Weltgeschichte. Globale Zugänge für den Geschichtsunterricht, Schwalbach/Ts. 2003.

Kontakt

Susanne Popp: <susanne.popp@phil.uni-augsburg.de>


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Land Veranstaltung
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Deutsch
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