Rechtsformen Internationaler Politik. Theorie, Norm und Praxis vom 12. bis 18. Jahrhundert

Rechtsformen Internationaler Politik. Theorie, Norm und Praxis vom 12. bis 18. Jahrhundert

Organisatoren
Dr. Michael Jucker (Münster); Prof. Dr. Martin Kinzinger (Münster); Prof. Dr. Rainer C. Schwinges (Bern/Schweiz); Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger (Münster); Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Historisches Seminar
Ort
Münster
Land
Deutschland
Vom - Bis
11.09.2006 - 13.09.2006
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Von
Dorothee Linnemann, Universität Münster, Sonderforschungsbereich 496

Aktuelle völkerrechtliche Debatten um eine adäquate Beschreibung der „Chimäre EU“ offenbaren sehr eindringlich, dass eine eindeutige Kategorisierung und überhaupt eine sich zu eng an modernen Definitionen orientierende historische Erforschung des Völkerrechts kaum fruchtbar erscheint. Die internationale Tagung, ausgerichtet durch das seit 2004 in Münster laufende DFG-Teilprojekt "Verrechtlichung der Internationalität (14.-17. Jahrhundert)" unter der Leitung von Martin Kinzinger (Münster), setzte sich deshalb zum Ziel, völkerrechtliche Kategorien in Theorie, Norm und Praxis durch ein interdisziplinär und methodisch vielfältig besetztes Teilnehmerfeld für die Völkerrechtsgeschichte neu zu bestimmen und ihre zeitgebundenen und epochenspezifischen Wechselwirkungen untereinander näher zu erforschen.

In diesem Sinne verband die Tagung wissenschaftliche Fragestellungen und aktuelle Debatten sowie Probleme der internationalen Politik. In ihrer Einführung skizzierten Kinzinger und Michael Jucker (Münster) wesentliche Aspekte aktueller Völkerrechtsdebatten. Dem Vorbehalt, das Mittelalter anachronistisch mit Begriffen wie dem Völkerrecht oder der Internationalen Politik beschreiben zu wollen, wurde treffend entgegengestellt, dass es durchaus sinnvoll sei, moderne Begriffe für die historische Erforschung fruchtbar zu machen. Gelte es doch entsprechende Phänomene gemeinschaftlicher Rechtsformen wie Bündnisse, Friedensverträge, gemeinsames Gesandtschafts- und Geleitrecht in ihrer zeitgenössischen Fremdheit und in ihrem historischen Wandel zu erklären. Notwendig sei jedoch nach wie vor eine kritische Hinterfragung der angewendeten Begrifflichkeiten gerade im Verhältnis zu den zeitgenössisch theoretisch, normativ und pragmatisch genutzten Terminologien.

Auch die in der Forschung zunehmend getroffene Abgrenzung von Völkerrecht und Machtpolitik sei keine gelungene Alternative, um Völkerrechtsgeschichte adäquat zu begreifen. Gehe es doch gerade nicht darum, völkerrechtliche Institutionen und Rechtsformen an dem jeweiligen Durchsetzungserfolg oder -versagen zu messen und demgegenüber die machtpolitischen Einzelinteressen aufzuwerten – wie es in der aktuellen Debatte um den völkerrechtlichen Prüfstein, den Internationalen Strafgerichtshof geschehen ist. Vielmehr seien als ein zentraler Aspekt der Völkerrechtsgeschichte die historischen Relationen zwischen Völkerrecht und Machtwillen, bzw. Einzelinteressen der Beteiligten verstärkt in den Blick zu nehmen.

Daran anknüpfend entfaltete Michael Jucker in seinem Eröffnungsvortrag grundsätzliche methodische Probleme und Forschungsperspektiven der Völkerrechtsgeschichte. Er forderte zu einer Ausweitung des Forschungsgegenstandes zu neuen Fragestellungen und Themenbereichen auf, mit denen sich epochenübergeifend Rechtsförmigkeit ausdrücken und beschreiben lässt. Gerade neue Herangehensweisen wie rechts-ethnologische, medienhistorische und kommunikationstheoretische Forschungsansätze, böten die Chance, moderne Definitionen und gesetzte Epochengrenzen zwischen Spätmittelalter und Früher Neuzeit durch eine Erforschung kulturell gebundener Rechtsformen und ihrer sozialen Logik zwischen Akteuren, Medien und Praktiken zu hinterfragen und neu zu verorten. Insbesondere in anderen Gebieten der historischen Forschung bereits nutzbargemachte soziologische, systemtheoretische (MPI, Frankfurt / Leibniz-Projekt „Vormoderne Verfahren“, Münster) und evolutionstheoretische Ansätze1 seien hier mit einzubeziehen. Sie können Völkerrechtsgeschichte mehr als Possibilitätenmodell, denn als bisher verstandenes Kausalitätenmodell begreifbar machen. Gerade das Zusammenwirken von völkerrechtlicher Theorie und Praxis müsse zudem stärker auf mikrohistorischer Ebene in den Blick genommen und der bisher traditionelle Quellenkanon der Völkerrechtsgeschichte erweitert werden.

Heinhard Steiger (Giessen) plädierte ebenfalls für eine Historisierung des zumeist universell und von der heutigen Perspektive aus begriffenen Völkerrechts. Deshalb führte er den offeneren und für weitere Forschungen vielversprechenden Begriff der „Zwischen-Mächte-Normativität“ ein, welcher frei vom heutigen völkerrechtlichen Verständnis den Blick zuerst darauf lenke, ob und wie in anderen Zeiten und Räumen die Beziehungen zwischen den politischen Einheiten normativ, d.h. rechtlich, religiös oder sozial geregelt waren. So entwickelte sich in den Beziehungen des fränkischen Großreichs zu anderen Mächten zwischen 740 und 840 ein spezifisches internationales System mit neuen politischen Strukturen, Mächten und Zentren, welches zudem eine allgemeine normative Ordnung herausbildete. Voraussetzung für diese Herausbildung war die Einbindung der germanischen Reiche durch das fränkische Reich in römische Normen und Institute sowie deren Verknüpfung mit der übergreifenden und auf gemeinsamem Konsens beruhenden „christianitas“ zu normativen, insbesondere rechtlichen gemeinsamen Strukturen. Der Frieden ist dabei als Grundzustand des Ordnungsdenkens und als konkreter Frieden zwischen zwei Mächten anzusehen. In der Praxis wurde vor allem durch das Rechtsinstitut der „amicitiae“ der rechtliche mit dem religiösen Normbereich zu einer allgemein akzeptierten und in der Praxis umgesetzten Zwischen-Mächte-Normativität verbunden, die strukturell normativ vielschichtig und personal mehrdimensional gemäß den realen Bedingungen war.

Als ebenso fruchtbar für die mittelalterliche Völkerrechtsgeschichte erwies sich in dem Vortrag von Rainer C. Schwinges (Bern) die Deutung mittelalterlicher Rechtformen und -denkens vor dem Hintergrund interkultureller Auseinandersetzungen. Anhand des Chronisten Wilhelm von Tyrus zeigte Schwinges überzeugend auf, dass die politischen Beziehungen im Heiligen Land des 12. Jahrhunderts zwischen Christen und Muslimen, aus Sicht der aus Europa stammenden Immigrantengesellschaft, der „orientalis latini“, von einem geordneten und auf beiderseitig akzeptierten Normen beruhenden Rechtsverkehr geprägt waren. Diese quellennahe Feststellung ist umso bedeutender, wenn man den europäischen Kontext der Zeit betrachtet. Das in Europa durch die Päpste zunehmend verkündete und schließlich normativ verfestigte „impium foedus“, das Verbot des Bündnisschließens zwischen Christen und Nichtchristen, wurde in der Kreuzzugszeit immer wieder auch in das Heilige Land kolportiert und stellte eine Herausforderung für die christliche Immigrantengesellschaft in ihrem Zusammenleben mit Nichtchristen dar. Als zentrale Bedingung des gemeinsamen Zusammenlebens unter gemeinsamen Rechtsformen nannte Schwinges die Nichtbeachtung des „impium foedus“ durch die „orientalis latini“. Das Bündnisschließen zwischen Christen und Muslimen im Heiligen Land sei dabei nicht allein als eine aus politischem Kalkül in der Praxis umgesetzte Rechtsform zu werten. Vielmehr war es Voraussetzung für ein erträgliches Zusammenleben auf der Verbindlichkeit des Rechts, das man auch der anderen Seite zugestand, und dessen rechtlicher Garant und notfalls auch Richter der gemeinsam benannte Gott war.

Anhand charakteristischer Zeremonialkonflikte des Westfälischen Friedenskongresses betonte Barbara Stollberg-Rilinger (Münster) hingegen die frühneuzeitliche Besonderheit von Theorie, Norm und Praxis im Völkerrecht. Dass der Kongress von 1648 einen Paradigmenwechsel im Völkerrecht darstellt, wurde von Stollberg-Rilinger mit dem Verweis auf die Zeitgenossen nicht nur bejaht, sondern darüber hinaus mit der immer noch fundamentalen Bedeutung des zeremoniellen Zeichensystems für das sich auf dem Kongress neu formierende völkerrechtliche Klassifikationssystem begründet. Dieses konstituierte im Gegensatz zu der bisherigen Ordnung, die viele graduell unterschiedene Ränge in einem fließenden hierarchischen Kontinuum fasste, nur noch zwei Qualitäten: Souveräne und Untertanen. Insbesondere der Verweis auf die zeitgenössische Souveränitätstheorie machte diesen Wechsel des Zeichensystems deutlich: Da Souveränität zeitgenössisch an Personen und nicht an Staaten gebunden wurde, waren physische Gradmesser wie militärische Stärke oder finanzielle Ressourcen keinerlei hinreichende Bedingungen für den Status von Souveränität. Das Zeremoniell blieb der zentrale Umsetzungsmodus auch des neuen Klassifikationssystems von der Theorie in die Praxis. Für die Beteiligten galt es, den Geltungsanspruch auf einen Platz im System der Souveränität in zeremonieller Form sichtbar zu machen. Erst die wechselseitige Anerkennung und Zuschreibung als Gleiche unter Gleichen im Gesandtschaftszeremoniell erzeugte den Status als Souverän.

Randall Lesaffer und Eric-Jan Broers (Tilburg/Niederlande) präsentierten einen weiteren paradigmatischen Aspekt des Zusammenwirkens zwischen völkerrechtlicher Theorie und Praxis auf dem Westfälischen Friedenskongresses im Zusammenhang mit der Vorstellung ihres zur Zeit laufenden Forschungsprojekts. Sie thematisierten die Ausdifferenzierung des Privatrechts aus dem völkerrechtlichen Diskurs der frühneuzeitlichen Friedensverträge. Anhand der Aushandlung des spanisch-niederländischen Friedensvertrags und der konkreten Vertragsbestimmungen zeigte sich, dass die Friedensverträge als Endpunkt einer Entwicklung zu einem in Inhalt und Form völkerrechtlichen Standard zu werten sind, die für die folgenden Friedensverträge maßgeblich wurden. Insbesondere die auf alle Bevölkerungsschichten zielende Rückgabe von im Krieg konfisziertem privatem Eigentum wurde als eine zentrale Markierung des Willens zur Friedensstiftung beider Parteien interpretiert, die zudem eine breitenwirksame Durchsetzung erfahren habe. Durch die Rückgabe des konfiszierten Gutes sollte der Vorkriegszustand annähernd wiederhergestellt werden und damit dem Frieden Gültigkeit verliehen werden. Die materielle Entschädigung höhergestellter Personen, etwa des Hauses Oranien kann zudem als Statusanerkennung und -wiederherstellung im Rahmen der Güterrückgabe gewertet werden, und ist ein vielversprechender Aspekt dieses Forschungsvorhabens.

Demgegenüber betonte Peter Hagemacher (Genf/Schweiz) in seiner werkimmanenten Analyse des von Vattel verfaßten „Le droit de gens“ (1758) einen Wandel im Verständnis von Praxis und Theorie durch die frühneuzeitlichen Völkerrechtstheorien seit Hugo Grotius. Schon der Begriff „Praxis“ als Thema der Völkerrechtstheorien sei einem historischen Wandel in der theoretischen Form unterworfen. Noch bis zu Grotius wurde die „Praxis“ als zeitloses exemplarisches Vorbild herangezogen und bestimmte den inhaltlichen Wert der darauf beruhenden Theorie. Vattels Theorie stellte eine Mischform zwischen dieser auf Gewohnheitsrecht und dem natürlichen Völkerrecht beruhenden Theorie des 17. Jahrhunderts und dem im 18. Jahrhundert entstehenden Völkerrecht dar, das zur Maxime die vernunftbegründete Logik der Theorie erhob, die keiner Herleitung aus der „Praxis“, d.h. aus den „exempla“ mehr bedurfte. Im Werk Vattels könne festgestellt werden, dass Praxis und Norm in einem Prozess der Trennung begriffen sind, aber eine Radikalität wie etwa in der Theorie von Thomas Hobbes noch nicht vorhanden sei.

Piraterie, Prise und Reprise wurde von Michael Kempe (St. Gallen/Schweiz) als dynamisierendes Medium in der Entwicklung einer internationalen Rechtsgemeinschaft interpretiert. Durch die spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Theoretiker sei über die Konstruktionen von Identität und Alterität die Ausgrenzung eines gemeinsamen Feindes, dem Universalfeind Pirat, der aus der christlichen Rechtsgemeinschaft auszustoßen sei, zunehmend verfestigt worden. An aktuelle Debatten um Terrorismus als Phänomen einer „neuen Piraterie“ anknüpfend sah Kempe die Gemeinsamkeit aktueller wie historischer Pirateriediskurse in dem eigentümlichen Raumparadoxon: Die räumliche Unfassbarkeit ließ den Aggressor zum Universalfeind werden. Gerade das Meer als Verkehrsraum der Völker bot im Falle der frühneuzeitlichen Piraterie die topographischen Vorrausetzungen. Insbesondere die Trennung zwischen der als illegal bezeichneten Piraterie und der seit dem Mittelalter gebräuchlichen und vor allem durch Kaperbriefe rechtmäßigen Kaperei wurde in Theorie und Praxis vorangetrieben. Durch die vielfältige Verstrickung der staatlichen Mächte in die Seekriegspolitik, welche die Kaperfahrer zur Seebeutenahme beauftragten, erfuhr die illegale Piraterie eine Zunahme und Entgrenzung, vergleichbar etwa, so in der anschließenden Diskussion angeregt, zu der Thematik der Söldner. Anhand des englischen Piratenprozesses von George Cusack 1674/75 zeigte Kempe darüber hinaus auf, dass die Theorie in der Praxis als Strategie genutzt wurde, um aus machtpolitischen Interessen die Einstufung eines Kaperfahrers als Piraten voranzutreiben. Im Falle Cusacks hieß dies, dass seine Verurteilung als Pirat stark im englischen Interesse lag, einerseits konnte man sich so der drohenden Schädigung von politischen Beziehungen durch Cusack entledigen, andererseits inszenierte man sich als Befreier von einem internationalen Universalfeind.

Anhand chronikaler und brieflicher Überlieferungen des 12. bis 15. Jahrhunderts beschrieb Karsten Plöger (London/Großbritannien) – unter anderem mit Hilfe systemtheoretischer Analyse – europaweite Begründungsmodelle diplomatischer Immunität des Hoch- und Spätmittelalters, welche schließlich zu einem gefestigten und allgemein anerkannten Verständnis von diplomatischer Immunität geführt haben und deren Geltungsanspruch auch weitestgehend umgesetzt wurde. Das sich im Mittelalter entwickelte Nebeneinander und Überlagern von quasi-sakralen, ethischen und ethnisch-funktionalen Begründungsmodellen diplomatischer Immunität beruhe darauf, dass die Unverletzlichkeit diplomatischer Vertreter zwar seit frühester Zeit eine notwendige und allgemein anerkannte Bedingung für das Gelingen friedlicher Konfliktregelung war, die Diplomatie als eigenständiges Teilsystem der internationalen Politik aber noch nicht konstituiert war. Erst mit der Verankerung der Unverletzlichkeit des Gesandten in der Logik der Diplomatie im 16. und 17. Jahrhundert setzten sich die Begründungsmodelle der Exterritorialität und der funktionalen Notwendigkeit gegenüber den mittelalterlichen auf religiösen und auf ethischen Prinzipien beruhenden Modellen durch.

Gelungene Zusammenführungen der auf der Tagung diskutierten Probleme und Forschungsperspektiven der Völkerrechtsgeschichte waren der Vortrag von James W. Davis (St. Gallen/Schweiz) und die Zusammenfassung von Martin Kinzinger. In seinem Vortag skizzierte Davis noch einmal das Spannungsverhältnis zwischen vormodernem Völkerrecht und dessen Aktualität aus politikwissenschaftlicher Sicht. Es verbinden gemeinsame Probleme Vormoderne und Moderne wie etwa die Auseinandersetzungen um Immunität und Schutz der Diplomatie. Es ergeben sich strukturelle Vergleichbarkeiten: Beispielweise die Bewertung der internationalen Politik des Mittelalter als eine Phase der Pluralisierung und Universalisierung im Verhältnis zu der Sicht auf die heutige Globalisierung, die durch Regionalisierung sowie Universalisierung gekennzeichnet ist. Diese Vergleichbarkeiten sind für die aktuelle Politikwissenschaft und Politik bedeutsam, da etwa aus den in der Völkerrechtsgeschichte erforschten Handlungsoptionen, dem Krisenmanagement und den Rechtsinstituten, sich auch für die Gegenwart neue Chancen in Theorie und Praxis entfalten können. Trotz der Vergleichbarkeit zeigt die historische Forschung aber auch die Dringlichkeit auf, die aus vermeintlich allgemein gültigen Zielsetzungen und Begriffen gezogenen Entwicklungslinien internationaler Politik, als Mythen zu hinterfragen. Dies erfordere einen Perspektivenwechsel: Gerade die Heteronomie der Formen, der Argumente und Normen in Praxis und Theorie sei in den Blick zu nehmen und auf der Grundlage dessen zu befragen, wie historische Akteure mit verschiedenen Handlungs- und Theorieoptionen den zeitgenössischen völkerrechtlichen Anforderungen entgegentraten. Insbesondere die Ansätze der symbolischen Kommunikation, der Interkulturalität sowie der System- und Evolutionstheorien wurden noch einmal als für diesen Perspektivwechsel fruchtbare Theorieangebote hervorgehoben.

Eben dieses genannte komparatistisch verwendbare Theorieangebot wurde durch die Vorträge gelungen präsentiert und in den jeweiligen Fallstudien und Beispielen zu fruchtbaren und auch neuen Ergebnissen geführt. Gerade weil die Zäsur 1648 bestehen blieb – aber unter anderen historischen Fragestellungen mit neuen Erkenntnissen gefüllt wurde, kann die Tagung als gelungener Beitrag einer Neuperspektivierung und -positionierung der Völkerrechtsgeschichte angesehen werden. Vor allem das zu Beginn der Tagung von Michael Jucker geführte Plädoyer, eine ethnologisch kulturalistische Perspektive gegenüber den jeweiligen historischen Kontexten und Akteuren einzunehmen, wurde bereits auf der Tagung eingelöst. Nach den vielfältigen Verknüpfungen zwischen Theorie, Praxis und Norm sowie ihren jeweiligen zeitgebundenen Sinnzuschreibungen vom Frühen Mittelalter bis hin zum Westfälischen Frieden zu fragen, öffnete neue Erkenntnisse der internationalen Politik: Spezifika und Gemeinsamkeiten der Epochen konnten so gelungen durch methodische und perspektivische Zugänge wie Interkulturalität, symbolisches Handeln, Alteritäts- und Identitätsdiskurse sowie systemtheoretische Herangehensweisen präziser in den Blick genommen werden.

Anmerkung:
1 Der hier genannte Ansatz von Marie Theres Fögen u.a. in ihrer Darstellung: Rechtsgeschichte – Geschichte der Evolution eines sozialen Systems, in: Rechtsgeschichte 1 (2002), S. 14-19.