Aspekte zur Bildungsgeschichte bayerischer Augustiner-Chorherrenstifte

Aspekte zur Bildungsgeschichte bayerischer Augustiner-Chorherrenstifte

Organisatoren
Akademie der Augustiner-Chorherren von Windesheim
Ort
Bernried am Starnberger See
Land
Deutschland
Vom - Bis
25.09.2006 - 27.09.2006
Url der Konferenzwebsite
Von
Katrin Rothe

In Bernried am Starnberger See fand vom 25. bis 27. September 2006 die Tagung zu „Aspekten zur Bildungsgeschichte bayerischer Augustiner-Chorherrenstifte“ statt.

Nach der Begrüßung durch den Direktor der Akademie der Augustiner-Chorherren von Windesheim, Prof. Gert Melville, und den H.H. Generalpropst, Helmut Grünke, eröffnete Dr. Werner Bomm (Heidelberg) die Tagung mit seinem Vortrag zum Thema „Ursprünge und Wesenszüge der regulierten vita canonica im Spiegel ihrer „geistigen Verarbeitung“ im Hohen Mittelalter“, in dem er, ausgehend von der Frühgeschichte Bernrieds, einen Überblick über die Entwicklung der „vita canonica“ und deren Reformen im 11. und 12. Jahrhundert gab.
Der öffentliche Abendvortrag von Prof. Ulrich Köpf (Tübingen) widmete sich dem Thema „Bildung im Leben und Wirken der Regularkanoniker“, in welchem er sehr informativ und anschaulich den Stellenwert der Bildung bei den Augustiner-Chorherren darlegte.

Am zweiten Tag zeigte Prof. Ludwig Holzfurtner (München) in seinem Vortrag „Der bayerische Adel und die Augustiner-Chorherren“ sehr eindrücklich die Motivationen des bayrischen Adels zur Gründung von Augustiner-Chorherrenstiften auf. Als Hauptintention muss man demnach eigene territoriale Machtansprüche des Adels festhalten, da die Adelsfamilie mit Gründung eines Stiftes meist auch die dazugehörigen Vogteirechte wahrnahm. So erklärt sich die Tatsache, dass ungefähr die Hälfte der Chorherrenstifte Bayerns adlige Neugründungen waren und somit, zumindest indirekt über die beschriebenen Rechte, erhebliche Macht im bayerischen Raum auf einzelne Adelsfamilien konzentriert war. Anhand plastischer Textbeispiele konnte Prof. Hans Pörnbacher (Wildsteig) den „Beitrag der Augustiner-Chorherren für die Kulturpflege im Pfaffenwinkel“ aufzeigen. Der sogenannte „Pfaffenwinkel“ ist eine Region im Südwesten Oberbayerns, der aufgrund seiner zahlreichen kirchlichen Bauten eine einzigartige Kulturlandschaft darstellt.

Florian Sepp (Siegertsbrunn) beleuchtete „Das Schulwesen der Augustiner-Chorherren in Oberbayern“ und konnte luzide vermitteln, inwieweit die Chorherren in der frühen Neuzeit dazu beitrugen, der ländlichen Bevölkerung Bildungsangebote zu unterbreiten und sich damit selbst eine Daseinsberechtigung in Zeiten der zunehmenden Säkularisierung zu verschaffen. Man gewann im Lauf des Vortrags eine konkrete Vorstellung von den ausgeprägten wechselseitigen Interessen, die bei der Bildungsvermittlung eine wichtige Rolle spielten. So profitierte einerseits natürlich die Bevölkerung von der dargebotenen Bildung, die Augustiner- Chorherren, die diese Bildung vermittelten, legitimierten und festigten andererseits ihre im säkularisierten Zeitalter unsicher gewordene Stellung in der Gesellschaft.

Am Nachmittag führte Prof. Hans Pörnbacher die Tagungsteilnehmer durch die Klosterkirche Rottenbuch und gab dabei einen interessanten Einblick in die Vorstellungswelt der Barockzeit. Die dem modernen Betrachter stellenweise pompös und überbordend erscheinende barocke Architektur und künstlerische Ausgestaltung gerade der Klosterkirchen wurde von ihm fachkundig und detailliert erklärt und so in ihrer Gesamtheit verständlich gemacht.

Den Abendvortrag „Eusebius Amort, Augustiner-Chorherr in Polling. Ein bayrischer Theologe zwischen Barock und Aufklärung“ gestaltete Dr. Karin Precht-Nussbaum (Ottobrunn), indem sie Amort als frühen Aufklärer vorstellte, der sich beispielsweise für die gründliche Untersuchung vermeintlicher Wunder einsetzte, wobei es für ihn als katholischen Theologen jedoch niemals darum gehen konnte, das Wirken Gottes, das sich auch durch Wunder zeigen konnte, anzuzweifeln.

Den letzten Tagungsabschnitt leitete Prof. Alois Schmid (München) ein, der sich erneut der Person des Eusebius Amort widmete und ihn dieses Mal „als Bibliothekswissenschaftler“ vorstellte. Vor allem zeigte er die grundlegende Bedeutung Amorts für die Entwicklung des modernen Bibliothekswesens auf. Dr. Robert Münster (München) präsentierte anschließend einige fachkundig ausgewählte Beispiele aus der Musikpflege der Augustiner-Chorherren, an denen offensichtlich wurde, welch hohen Anteil diese religiöse Gemeinschaft an der Musikkultur Bayerns hatte. Der letzte Vortrag der Tagung von Dr. Utta Bach (München) beschäftigte sich mit der „Pflege der Botanik im Augustiner-Chorherrenstift Polling im 18. Jahrhundert“. Die Referentin stellte dabei heraus, dass Botanik im 18. Jahrhundert auch Bereiche wie Heilkunde, Biologie und Landschaftsarchitektur umfasste und dass die Klosterbibliotheken der Augustiner-Chorherren zahlreiche naturwissenschaftliche sowie heilkundliche Bücher beherbergten, die dezidiert beweisen, wie richtungsweisend das botanische Interesse, dem zunächst innerhalb der Klostermauern nachgegangen wurde, für die Verbreitung und Weiterentwicklung naturwissenschaftlicher und nicht zuletzt auch medizinischer Kenntnisse gewesen ist.

Anhand dieser zunächst regionalgeschichtlich angelegten Tagung konnte die grundlegende Bedeutung der Augustiner-Chorherren Bayerns im Bereich der Bildungsgeschichte und ihr enormer Anteil an der Ausprägung einer reichen Kulturlandschaft, die letztlich über das Territorium Bayerns hinausreichte, deutlich gemacht werden, denn die Klöster der Augustiner-Chorherren pflegten vielfältige Kontakte, die etwa dazu genutzt wurden, Bildungsinhalte und Wissensstandards auszutauschen und dadurch erst einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.


Redaktion
Veröffentlicht am
Klassifikation
Region(en)
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprache(n) der Konferenz
Deutsch
Sprache des Berichts