Symbolic Constructions of the City

Symbolic Constructions of the City

Organisatoren
Transatlantisches Graduiertenkolleg / Center for Metropolitan Studies Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
01.12.2005 - 02.12.2005
Url der Konferenzwebsite
Von
Florian Urban, Centrum für Metropolenforschung, Technische Universität Berlin

Als Auftakt für eine Reihe regelmäßig stattfindender Workshops veranstaltete das „Transatlantische Graduiertenkolleg Berlin - New York“ (TGK) im Dezember 2005 ein Symposium mit dem Titel „Symbolische Konstruktionen der Stadt“. Es wurden SoziologInnen, StadtplanerInnen, HistorikerInnen, AnthropologInnen und KulturwissenschaftlerInnen eingeladen, sich interdisziplinär mit dem Thema auseinanderzusetzen. Organisiert wurde die Veranstaltung von Jenny Künkel, Anita Schlögl und Asta von Buch, die als Doktorandinnen im TGK am Center for Metropolitan Studies (CMS) an der TU Berlin forschen.

Das Eröffnungspanel, moderiert von Erik Ghenoiu (CMS), griff das Tagungsthema „Symbolic Constructions of the City“ von seiner theoretischen Seite auf. Der Soziologe Rob Shields (University of Alberta, Kanada) zeigte in seinem Vortrag zu „Place Myths – Place Images“, wie Orte durch Texte kodiert werden und diese Kodierung durch ständige Performanz ständig bestätigt wird. Das Image eines Ortes und die mit ihm verknüpften kollektiven Erinnerungen strukturieren daher die sozialen und politischen Gegebenheiten an diesem Ort.

Im Anschluss daran sprach Bernd Belina (Universität Potsdam) über die Dynamik, mit der „Gefährliche Orte” in Deutschland konstruiert und instrumentalisiert werden. Am Nachmittag griff Martina Löw (Technische Universität Darmstadt) mit ihrem Vortrag über „Globalization, Space and the Cultural Character of Cities“ das Thema noch einmal auf. Sie kam zu dem Schluss, dass Menschen zwar individualisierte, heterogene Räume schaffen (durch spacing und Synthese), Städte aber bereits über einen vorgeformten Habitus im Bourdieu’schen Sinne verfügten, der ihre Möglichkeiten mitbestimmt und vorstrukturiert. Löws These zog sich wie ein roter Faden durch die folgenden Diskussionen und wurde von vielen Rednern aufgegriffen.

Zuvor moderierte Nicole Münnich (TGK) das Panel zum Thema „Aneignung öffentlicher Räume“. Den Auftakt machte Jens Dangschat (Technische Universität Wien) mit der Frage nach „‚Place Making’ and ‚Spacing’ – Two At-Odds-Concepts for Appropriations of Public Space?“ Auch er kam mit Löw zu dem Schluss, dass Orte über einen Habitus verfügten, in den die Stadtplanung eingreife und den sie berücksichtigen solle. Sie müsse Orte mit offenen, flexiblen Strukturen schaffen, die von den AnwohnerInnen für ihre Bedürfnisse angepasst werden können.

Eine weitere Praxis-Studie lieferte Renate Ruhne (Technische Universität Darmstadt) in ihrem Vortrag über „The Spatio-Social Control of Prostitution as a Gender Issue“, in dem sie aufzeigte, wie Sperrgebiete seit dem 19. Jahrhundert die vorherrschenden Gender-Beziehungen spiegeln.

Nach der Kaffeepause widmete sich Ulrich Ufer (Universität Stuttgart) dem Thema „Public Space in 17th Century Amsterdam.“ Am Beispiel der damals drittgrößten Metropole Europas zeigte er auf, dass sich bereits lange vor den Salons des 18. Jahrhunderts in Europa öffentlicher Raum bildete. Der Habermas’schen Dichotomie öffentlich-privat fügte er eine dritte Sphäre bei, die sich seit dem 16. Jahrhundert in der Anonymität Amsterdamer Straßen fand und die einen neuen Kodex von Verhaltensformen generierte.

Magrete Fredriksen (Universität Bergen) sprach abschließend über „Transnational Space and Youth in Oslo“, ein Zwischenbericht aus ihrer Forschung über die Globalisierung von Biographien und Lebensweisen bei Immigranten und Austauschstudenten in Norwegen.

Am 2. Dezember moderierte Laura Frahm (TGK) das Panel zur „Fiktionalisierung der Stadt“. Regina Bittner (Stiftung Bauhaus Dessau) analysierte in ihrem Vortrag „Die Stadt ausstellen, die ausgestellte Stadt“ die symbolische Konstruktion post-sozialistischer Städte am Beispiel von Dresden und seiner wiederhergestellten „Canaletto-Silhouette“ und von Mostar mit seiner wieder aufgebauten Brücke.

Manuel Tironi (Universidad Politècnica de Catalunya, Barcelona) befand in seiner Präsentation „Going for Culture: The ‚Guggenheim Effect’, Bohemian Landscapes, and the Limits of Creativity“ am Beispiel Bilbaos, dass Stararchitektur und medial inszenierte Kulturpolitik auch die Entwicklung von kreativen Gruppen (Künstlern, Galeristen) vor Ort fördert.

Nach der Mittagspause führte Ignacio Farias (TGK) durch das Panel zur „Ideologisierung der Stadt“. Irmbert Schenk (Universität Bremen) zeigte in seinem Vortrag über „Futurismus, Großstadt- und Industriefilm. Zur Ambivalenz dokumentarischer Großstadtdarstellungen“, dass die stilistischen Mittel, die italienische Filmemacher während des Futurismus entwickelten, unverändert für die Propagandafilme der Mussolini-Zeit und ihre Technoästhetik weiterverwendet wurden. In diesen Filmen stünden Form und Inhalt daher in einem „janusköpfigen“ Verhältnis.

Ernst Seidl (Universität Tübingen) stieß ins gleiche Horn und kritisierte am Beispiel von Albert Speers Ost-West-Achse in Berlin, dass „Raumtypen der Stadt als Ausdruck der ‚Ideologisierung’ der Metropole’ gesehen würden. Bestimmte Grundformen der Raumgestaltung dienten vielmehr als Speicher des kollektiven Gedächtnisses; der Topos „Achse“ verbinde ideale Referenzwerte und gesellschaftliche Mythen und dürfe nicht lediglich als Symbol für autokratische oder absolutistische Herrschaft interpretiert werden. Milena Yakimova (Universität Sofia) präsentierte die komplexe Bildung städtischer Identität im Sofia der Zwischenkriegszeit.

In der von Florian Urban (CMS) geleiteten Abschlussdiskussion hinterfragte Ernst Seidl den viel genutzten Habitus-Begriff und schlug „Wirkung“ als mehr Passivität beinhaltende Alternative vor. Rob Shields bezweifelte gleich den Nutzen des Begriffs „Stadt“ als solchen, da es doch um Lebensprozesse ginge.

Das größtenteils englischsprachige Symposium ermöglichte eine intensive Diskussion. Das war nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass hauptsächlich Fachleute ins Publikum geladen wurden. Die Veranstaltung zeigte deutlich, dass Städte nicht nur als physische Orte gedacht werden dürfen, sondern mehr denn je als Kristallisation von Bildern, Mythen, und Vorstellungen, die sich zunehmend auf reale städtische Strukturen auswirken.

www.metropolitanstudies.de