Diplomatische Praxis und Zeremoniell in Europa und dem Mittleren Osten in der Frühen Neuzeit

Diplomatische Praxis und Zeremoniell in Europa und dem Mittleren Osten in der Frühen Neuzeit

Organisatoren
Jan Paul Niederkorn; Ralph Kauz; Giorgio Rota; Historische Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften; Institut für Iranistik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Ort
Wien
Land
Austria
Vom - Bis
28.11.2005 - 29.11.2005
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Von
Matthias Köhler, Universität Münster, Leibniz-Projekt für Vormoderne Verfahren

Ein neues Interesse an der diplomatischen Praxis und ihrem Zeremoniell eint Disziplinen mit weit entferntem Gegenstandsbereich, wie die Frühneuzeitgeschichte und die Iranistik – wenn die Ausgangslage auch deutlich unterschiedlich ist. In der Geschichtswissenschaft wird von der Neueren Kulturgeschichte der Anspruch erhoben, die bereits von der herkömmlichen Politikgeschichte untersuchte Diplomatie aus ihrer Perspektive in einem völlig neuen Licht erscheinen zu lassen. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei dem von den Beteiligten außerordentlich ernst genommenen symbolischen Handeln der Diplomaten, das von der Forschung bislang zumeist als unnütze Zeremonie ignoriert wurde. Diesen Ansatz stellten die Organisatoren in ihren einleitenden Statements, unter Berufung insbesondere auf Barbara Stollberg-Rilinger, in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. 1

Für den iranisch-persischen Kulturraum hat die traditionelle Geschichtsschreibung mit dem Ziel nationaler Identitäts- und Sinnstiftung – anders als in Europa – dazu geführt, dass die Beziehungen zwischen Herrschaftsträgern in unterschiedlichen Räumen von der Forschung völlig ignoriert wurden. Darüber hinaus ist die Überlieferungslage weit weniger dicht und der Quellenbestand weit weniger erschlossen als in Europa. Dafür bietet sich die Möglichkeit, das Feld relativ unvorbelastet neu zu entdecken und dabei eigene Ansätze zu erproben. In dieser Situation besteht für beide Fächer die Möglichkeit, methodisch von den Ideen des Anderen zu lernen. Zudem gibt es auch eine Überschneidung im Gegenstandsbereich, wenn die diplomatischen Kontakte zwischen dem europäischen und dem asiatischen Kulturraum in den Blick genommen werden.

Es sprachen also durchaus gewichtige Gründe dafür, eine Tagung über „Diplomatische Praxis und Zeremoniell in Europa und dem Mittleren Osten in der Frühen Neuzeit“ auszurichten, wie es die Historische Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und das Institut für Iranistik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften unter Federführung von Jan Paul Niederkorn, Ralph Kauz und Giorgio Rota am 28. und 29. November 2005 in Wien taten. Nicht in allen Vorträgen konnte allerdings der Anspruch, mittels neuartiger Perspektiven neue Erkenntnisse zu erarbeiten, wirklich eingelöst werden. Zudem erreichte die interdisziplinäre Diskussion nicht die wünschenswerte Intensität. So wurde die Anregung des Iranisten Fragner an die Historiker, anhand seines Vortrages die „Durchläufigkeit von Elias’ Modell“ der höfischen Gesellschaft zu diskutieren, mit Schweigen quittiert – die mittlerweile überaus kritische Diskussion unter Historikern über die Machtfunktionalität des Hofzeremoniells im Besonderen und die Zivilisationstheorie im Allgemeinen wurde nicht aufgegriffen. Die insgesamt große Breite der vorgetragenen Ansätze trug sicher das ihrige zu den Kommunikationsproblemen bei, zumal auch die Sektionen nicht thematisch gegliedert waren.

Allerdings sind die erwähnten Probleme im Rahmen der interdisziplinären Kooperation auf einem noch weitgehend neuen oder gerade erneuerten Forschungsfeld sicherlich zu einem gewissen Grade unvermeidlich. Und es bleibt zu hoffen, dass sich viele zunächst fremd anmutende Anregungen nachträglich für die eigene Arbeit als produktiv erweisen.

Die ersten Vorträge stellten grundlegende Probleme und theoretische Ansätze der Forschung zu Diplomatie und Zeremoniell vor. Leopold Auer beschäftigte sich in seinem Vortrag mit dem Zeremoniell am Kaiserhof, stellte die zwischen verschiedenen Ämtern aufgeteilte Organisation vor und führte in die nicht zuletzt aufgrund der Zersplitterung der Zuständigkeiten komplizierte Überlieferungslage ein. Daraufhin beschrieb er die wichtigsten zeremoniellen Akte und die zentralen Kategorien, nach denen im Zeremoniell eine Hierarchisierung durch Zuordnung von Raum zu Personen vorgenommen wurde. Schließlich schilderte er einige prominente Konflikte um zeremoniellen Rang und stellte fest, dass das diplomatische Zeremoniell am Kaiserhof besonders resistent gegen Anpassungen an die sich wandelnden Machtverhältnisse in Europa gewesen sei, eine These, die im Vergleich mit anderen Höfen zweifellos berechtigt ist. Dennoch ließe sich das Problem der Beharrungskraft zeremonieller Ansprüche vielleicht klarer fassen, wenn man von vornherein deutlich machte, dass zeremonielle Akte nur deshalb Sinn haben, weil sie nicht einfach militärische Machtverhältnisse abbilden. Das im Zeremoniell manifestierte symbolische Kapital sozialer Geltung ist eine andere Ressource als das von kurzfristigen Konjunkturen abhängige Potenzial militärischer Macht und eben darum versuchen die Akteure, Kapital von einer in eine andere Form zu transformieren.

Im folgenden Vortrag schilderte Bert G. Fragner die bereits erwähnten Probleme der Forschung zur Diplomatie im iranisch-persischen Kulturraum. Anschließend befasste er sich mit der zeitgenössisch intensiv reflektierten Problematik von Siegelungsvarianten und Anredeformen in der brieflichen Kommunikation zwischen Herrschern in Zentralasien bis zum 19. Jahrhundert. Das zentrale Problem war, in den traditionellen Formen schriftlicher Kommunikation durch den Herrscher Raum für die Anerkennung fremder Herrschaftsansprüche zu schaffen.

Andre Krischer stellte anschließend seine auf den eingangs zitierten Anregungen beruhende kulturgeschichtliche Herangehensweise zur Erforschung des diplomatischen Zeremoniells ausführlicher dar. Er begriff Zeremoniell als eine Praxis der Hervorbringung von Bedeutungen, die den Problemen der „europäischen Fürstengesellschaft“ entsprach. Die besonderen Bedingungen einer Präsenzkultur und die fehlende Ausdifferenzierung von politischen Strukturen und sozialen Rollen der Herrschaftsträger führten dazu, dass sich diese Gesellschaft aus fundamental ungleichen Akteuren zusammensetzte. Die völkerrechtliche Repräsentationstheorie reflektierte diese Verhältnisse, indem sie Souveränität stets als sozialen Geltungsanspruch begriff. Die konfligierenden Geltungsansprüche der Akteure wurden in der symbolischen Praxis des Zeremoniells ausgehandelt, manifestiert und durch ihre Dokumentation in Gesandtschaftsberichten in einem gewissen Maße verstetigt.

Einen völlig anderen Ansatz zur Erforschung frühneuzeitlicher diplomatischer Quellen verfolgen Peter Burschel und Pervin Tongay, die ihre Projekte im Rahmen der Berliner DFG-Forschergruppe „Selbstzeugnisse in transkultureller Perspektive“ vorstellten. Ziel des Projektes ist es, das vermeintlich enge Verhältnis von Individualität und Selbstthematisierung zu hinterfragen, indem die Rolle sozialer Beziehungen für die formulierten Personenkonzepte erforscht wird, so dass deren nichtindividualistische Komponenten erkennbar werden. Zu diesem Zweck möchte Burschel die Berichte habsburgischer Diplomaten in Konstantinopel untersuchen, die mit häufigen Widersprüchen von Fremd- und Selbstwahrnehmung in Ritualen konfrontiert waren. Ziel ist herauszufinden, wie sie dieses Problem in ihrer Selbstthematisierung umsetzten. Tongay befasst sich in enger Kooperation mit Burschel mit den osmanisch-spanischen Beziehungen im 16. Jahrhundert.

Am deutlichsten auf die von Krischer ausgeführten Konzepte berief sich eine Reihe von Vorträgen zur zeremoniellen Praxis europäischer Diplomaten an europäischen Höfen. Jan Paul Niederkorn präsentierte das Zeremoniell der Einzüge und Antrittsaudienzen der venezianischen Botschafter am Kaiserhof, wobei er den Zusammenhang von Zeremoniell und Rang in den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellte. Die Gefährdung des Ranges der Republik Venedig ab Mitte des 17. Jahrhunderts machte eine genaue Beachtung des zeremoniellen „Tractaments“ insbesondere beim Einzug der Diplomaten unumgänglich. Im Laufe des 18. Jahrhunderts kam es zu einer weitgehenden Standardisierung der Abläufe, die es erlaubte, im Erfolgsfall einfach die Durchführung des „üblichen“ Zeremoniells zu vermelden. Ende des 18. Jahrhunderts verzichteten die venezianischen wie die meisten anderen Botschafter schließlich völlig auf aufwändige Einzüge.

Elisabeth Garms-Cornides widmete sich in ihrem ausgesprochen aufschlussreichen Vortrag der Rolle des Nuntius am Kaiserhof zwischen Diplomatie, Zeremoniell und Liturgie. Sie zeigte, wie die Nuntien in Wien seit Anfang des 17. Jahrhunderts – insbesondere Carlo Carafa sen. – ihre liturgische Position am Hof geschickt ausbauen konnten, bis sie praktisch als Hofbischof fungierten. Die neuen und bald fixierten liturgischen Vorrechte waren zugleich Möglichkeiten zeremonieller Selbstdarstellung und auch privilegierten Zugangs zum Herrscher. Nicht zuletzt Zeremonialstreitigkeiten und der generelle Rückgang großer zeremonieller und liturgischer Akte führten umgekehrt im Laufe des 18. Jahrhunderts dazu, dass der Nuntius allmählich aus seiner besonderen liturgischen Position herausgedrängt wurde. Die Festschreibung der protokollarischen Vorrangstellung des Nuntius 1815 gewährte ihm schließlich nur noch eine „bloße“ Ehrenstellung ohne liturgische und politische Bedeutung. Der Papst wurde gerade durch die besondere Stellung seiner Diplomaten unter den Völkerrechtssubjekten an den Rand gedrängt.

Iskra Schwarcz widmete sich in ihrem Vortrag dem Zeremoniell der kaiserlichen Gesandten am Moskauer Hof im späten 17. Jahrhundert, das gerade für die Zaren aufgrund ihrer umstrittenen Ansprüche auf Integration in die Gesellschaft der europäischen Potentaten besonders wichtig war. So konnten zeremonielle Zugeständnisse 1684 den Erfolg einer kaiserlichen Mission am Zarenhof sichern. Großen Raum widmete Schwarcz der Rolle von Geschenken im russischen Gesandtschaftswesen, wobei sich ein hoher Grad von Anpassung an den jeweiligen Partner erkennen lässt, je nach dem ob es sich etwa um Habsburger oder Safawiden handelte.

Dem Zusammenhang zwischen Raumgestaltung und Zeremoniell widmeten sich die Vorträge von Herbert Karner und Gérard Sabatier. Karner kam aufgrund der Analyse von Gesandtschaftsberichten zu dem Ergebnis, zeremoniell-technischen Wert hätten nur die Anordnung der Personen im Raum, die Regelung des Zugangs sowie allenfalls die Kleidung der beteiligten Personen besessen. Die Raumausstattung dagegen werde in den Berichten ignoriert.

Gérard Sabatier untersuchte ein ähnliches Problem, aber aus der Perspektive des empfangenden Hofes und nutzte als paradigmatischen Fall seiner Interpretation außergewöhnliche Gesandtschaften wie die außereuropäischer Potentaten, nicht wie Karner reguläre Gesandtschaften von Reichsfürsten; dementsprechend kam er zu etwas abweichenden Ergebnissen. Er untersuchte Gesandtenempfänge in Versailles und die gezielte Gestaltung des Schlosses für diese Anlässe. Zwar wurde nicht erwartet, dass das Bildprogramm von den Gesandten im Rahmen der Antrittsaudienz im Detail verstanden wurde – auch wenn die Bilder etwa den siamesischen Gesandten gezielt erklärt wurden. Aber die gesamte Gestaltung des Empfanges inklusive der architektonischen und bildlichen Prachtentfaltung war Teil einer genau kalkulierten Strategie der Manifestation der Macht Ludwigs XIV. vor den Augen der Gesandten.

Dorothee Linnemann befasste sich in ihrem Vortrag mit der Visualisierung des Gesandtschaftswesens im 17. Jahrhundert. Am Beispiel bildlicher Darstellung von Friedensschlüssen stellte sie ihr Dissertationsprojekt vor, das Bilder nicht als Illustration benutzen, sondern einerseits als Quelle für Kultur und Geschichte der diplomatischen Beziehungen ernst nehmen will, andererseits die Rolle der Bilder selbst im Rahmen der zeitgenössischen politischen Kommunikation klären möchte. Für die Darstellung der Friedensschlüsse ließ sich entgegen bisherigen Ergebnissen etwa Johannes Burkhardts feststellen, dass die Rede von einer Wende zum „politischen Realismus“ der Wiedergabe von Mächtepolitik ab 1648 zu differenzieren ist. Erst um die Wende zum 18. Jahrhundert verschiebt sich die Darstellung von der Repräsentation der Potentaten durch Abbildung und damit Verstetigung zeremonieller Akte hin zur Legitimation des Friedens durch die Darstellung persönlich unkenntlicher Diplomaten während der Verhandlungen.

Eine Reihe von Vorträgen beschäftigte sich mit der Rolle europäischer Gesandter an islamischen bzw. islamischer Gesandter an europäischen Höfen. Sie boten damit eine Vergleichsperspektive zur innereuropäischen Diplomatie und versuchten einen Brückenschlag zwischen Frühneuzeitgeschichte und Iranistik. Ernst Petrisch und Maria Pia Pedani schilderten das komplizierte Zeremoniell, dem sich europäische Gesandte in Konstantinopel unterwerfen mussten. Probleme ergaben sich nicht nur daraus, dass der Sultan die europäischen Herrscher lange Zeit nicht als ebenbürtig anerkannte, sondern auch aus zahlreichen Missverständnissen. So war etwa die Rechtsfigur der repräsentativen Rolle des Gesandten als Stellvertreter seines Herren im Osmanischen Reich unbekannt – was sich deutlich in der Behandlung der Gesandten niederschlug.

Giorgio Rota widmete sich dem Empfang safawidischer Gesandter in Venedig. So unregelmäßig wie die Gesandtschaften und der Status der Gesandten war auch ihre Behandlung, die in erster Linie für die venezianische Selbstdarstellung vor einem europäischen Publikum genutzt werden konnte.

Wie Europäer ihre eigenen Missionen nach Persien einordneten, arbeitete Dejanirah Couto anhand der Instruktionen der ersten portugiesischen Gesandtschaften an den safawidischen Hof im frühen 16. Jahrhundert heraus. Die Gesandten sollten Verhandlungen führen und Informationen über lokale Verhältnisse sammeln. Ausführliche Verhaltensmaßregeln schrieben den Diplomaten ausdrücklich ein maßvolles Auftreten vor.

Ralf Kauz behandelte innerasiatische Probleme an der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert in seinem Vortrag über„Diplomatisches Ritual unter den Timuriden“. Besonders ging es ihm um die Vermittlung von Diplomatie mit den Weltherrschaftsansprüchen des Dynastiegründers Timur. Diese standen zwar offenbar einem Empfang von Gesandten anderer Großmächte nicht entgegen, wohl aber der Ausbildung eines geregelten Gesandtschaftswesens – im Konfliktfall war die äußerste Konsequenz die Hinrichtung der Gesandten und damit der Abbruch der Kontakte. Erst unter Timurs Nachfolger kam es zu einer Verstetigung der Diplomatie.

Die Ebene offizieller diplomatischer Kontakte auf höchster Ebene verließen zwei weitere Vorträge. Auch Gisela Procházka-Eisl und Claudia Römer befassten sich mit habsburgisch-osmanischen Beziehungen, allerdings am Beispiel der Beglerbege von Buda, der osmanischen Provinzverwalter in Ungarn. Sie schilderten ihre ordnende Aufgabe in Grenzangelegenheiten und ihre Stellung als Vermittler zwischen Wien und Konstantinopel. Wenig überraschend allerdings die Schlussfolgerung, Zeremoniell sei auch hier durchaus vorhanden, aber eben nicht der Alltag gewesen, sind doch zeremonielle Akte gerade durch ihre Außeralltäglichkeit definiert.

Roman Siebertz beschäftigte sich mit Pieter van den Brocke als Vertreter der Niederländischen Ostindiengesellschaft in Asien im 17. Jahrhundert. Er beschrieb sein Handeln im Spannungsfeld der Rollen eines Kaufmannes und Diplomaten, wobei in der Diskussion die Frage offen blieb, ob mit dieser Unterscheidung nicht anachronistische Kategorien an den Gegenstand herangetragen werden.

Einen Ansatz, der etwas aus dem übrigen Programm der Tagung herausfiel, verfolgte Andreas Kaplony, der einen Teil eines Forschungsprojektes zu Reiseberichten des 10. bis 14. Jahrhunderts im persischen Raum in interkultureller Perspektive präsentierte und sich mit dem Zusammenhang von Reisen, Reiseberichten und Raum befasste. Für die Ebene der Texte stellte er fest, dass Geographen eine zweidimensionale Landschaft, übersät von Orten mit unterschiedlicher Tiefe, auf einen linearen Text reduzierten, wohingegen Reiseberichte Geschichten mit nur einer Dimension, erweitert durch Untergeschichten, erzählten. Konsequenzen haben die im Text beschriebenen Reisen wiederum im Raum: Gesandte reisen zwischen Machtzentren und verschieben dabei Machtverhältnisse durch ihre bloße Anwesenheit sowie ihr Handeln.

Die Gesamtbilanz der Tagung fällt gemischt aus. Es zeigte sich, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, den Gegenstandsbereich von Diplomatie und Zeremoniell auf neue Weise zu erschließen und dass bereits einige interessante Ergebnisse zu vermelden sind. Wenn in Bezug auf die Diskussion zwischen den Vertretern verschiedener Ansätze noch Raum für Verbesserungen blieb, hat die Tagung doch immerhin ein Forum für einen ersten Informationsaustausch geschaffen und viel Wissen über unterschiedliche diplomatische und zeremonielle Praktiken zusammengetragen. Einige Vorträge ließen leider keine klare Zielsetzung und theoretische Positionierung erkennen. Wenn man dem polemischen Vorwurf entgehen will, nur eine Geschichte der Sorbets und Gamaschenknöpfe zu schreiben, kann etwa die Erforschung symbolischen Handelns nicht um ihrer selbst willen erfolgen, sondern muss sich an dem Anspruch messen lassen, neues Licht auf altbekannte Phänomene zu werfen, muss über eine bloße Beschreibung hinaus Sinn und Funktionen der Abläufe zu erschließen suchen. Auf dem Weg dorthin sind allerdings auf der Tagung wichtige Schritte getan worden, die auf zukünftige Ergebnisse gespannt machen.

Anmerkung:
1 Die neue Schule der französischen Diplomatiegeschichte um Lucien Bély, die eher Strukturen und Alltag der Diplomatie untersucht, blieb an dieser Stelle unerwähnt.