Anthems and Songs as Symbols of collective Identity in comparative Perspective

Anthems and Songs as Symbols of collective Identity in comparative Perspective

Organisatoren
Carlos Collado Seidel; Die Forschergruppe Der baskische Nationalismus in vergleichender Perspektive; Universität des Baskenlandes in Vitoria-Gasteiz
Ort
Vitoria-Gasteiz
Land
Spain
Vom - Bis
22.05.2014 - 23.05.2014
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Von
Martin Baxmeyer, Romanisches Seminar, Universität Münster

Am 22. und 23. Mai 2014 luden Carlos Collado Seidel (Marburg/Leioa) und die Forschergruppe "Der baskische Nationalismus in vergleichender Perspektive" zu einer interdisziplinären Tagung über Hymnen und Lieder als Symbole kollektiver Identität in vergleichender Perspektive an die Universität des Baskenlandes in Vitoria-Gasteiz. Neben seinem ebenso originellen wie anregenden Thema und der offenen, kollegialen Diskussionsatmosphäre war eine der Stärken des Kongresses sicherlich seine Multiperspektivität der Beiträge: Vertreterinnen und Vertreter der Geschichts-, Musik- und Literaturwissenschaft, der Politologie und der Soziologie waren gekommen, um sich zum Thema auszutauschen.

In einem einleitenden Plenarvortrag lieferte MICHAEL E. GEISLER (Middlebury) gleichsam das theoretische Rüstzeug des Kongresses: Angelehnt an Überlegungen von Anthony D. Smith verstand er Staat und Nation als methodisch zu trennende Einheiten. Hymnen seien dazu da, diese symbolisch miteinander zu verschmelzen. Gleichzeitig fungierten Hymnen als Markierungen wichtiger Ereignisse der nationalen Geschichte. Ihre Bedeutung sei stets kontextabhängig und sie seien umkämpfte kulturelle und politische Zeichen. Emotionale Bindungen an nationale Symbole – wie etwa Hymnen – könnten niemals spontan erfolgen. Darüber hinaus sein sie Mittel zu überregionaler Kommunikation.

NICOLÁS RUIZ DESCAMPS (Vitoria) setzte sich in seinem Beitrag mit der Rolle der Musik im baskischen Nationalismus insbesondere zu Beginn des 20. Jahrhunderts auseinander. So sei schon der „Vater des baskischen Nationalismus“, Sabino Arana, Autor mehrerer nationalistischer Liedtexte gewesen, die absichtsvoll bereits existierende, populäre Melodien verwendeten oder etablierte Liedtexte umschrieben. Mit Hilfe von Liederbüchern, musikalischen Theateraufführungen und dergleichen habe die baskische nationalistische Partei PNV systematisch Musik zur Bildung eines nationalen Gemeinschaftsbewusstseins eingesetzt und nationale Symbole im kollektiven Gedächtnis zu verankern gesucht.

EGOITZ ALCARAZ (Vitoria) verdeutlichte die Unhaltbarkeit der Vorstellung einer „urwüchsigen“, homogenen baskischen Musikkultur. Gerade die populäre Musiktradition des Baskenlandes sei stets durch Migrationsbewegungen beeinflusst worden. Auf diese Weise seien konkurrierende Vorstellungen davon entstanden, was „baskisch“ sei, die sich (auch) musikalisch niederschlugen.

PEDRO ORDÓÑEZ ESLAVA (Paris) vertrat in seinem gemeinsam mit ANTONIA MARÍA MORA LUNA (Granada) erarbeiteten Beitrag die These, dass jede Hymne das Ergebnis einer kulturellen Repression sei: Heterogene musikalische Traditionen würden künstlich, künstlerisch und semantisch vereindeutigt um Herrschaft zu stabilisieren. Ebenso evident sei jedoch, dass sich derartige Homogenisierungen auch musikalisch unterlaufen ließen. Anhand von Beispielen konnte Ordóñez seine These schlüssig untermauern.

ALBERTO CARRILLO-LINARES (Sevilla) beschäftigte sich in seinem Beitrag mit den antifranquistischen Liedern des Spanischen Bürgerkriegs (1936-1939), die im Laufe der Jahre zu regelrechten Hymnen der antifaschistischen Linken geworden seien. Er hob ihren einheitsstiftenden Charakter ausdrücklich hervor und illustrierte diesen anhand der Lieder der Internationalen Brigaden.

VIRGINIA LÓPEZ DE MATURANA und GUILLERMO MARÍN CASADO (beide Vitoria) verdeutlichten die Tatsache, dass Hymnen umkämpfte kulturelle und politische Zeichen seien, am Beispiel einer lokalhistorischen Untersuchung zu drei konkurrierenden Hymnen, die zur Zeit des frühen Franquismus in der Stadt Vitoria existierten: Hier bestanden sowohl Karlisten als auch die faschistische Partei Falange darauf, ihre jeweiligen Hymnen, „Oriamendi“ und „Cara al Sol“, gleichberechtigt neben der vom Regime festgelegten Hymne „Marcha Real“ bei offiziellen Anlässen zu Gehör bringen zu dürfen. Die Kontroverse nahm schließlich ein solches Ausmaß an, dass zeitweilig tatsächlich an hohen nationalen und lokalen Feiertagen alle drei Hymnen gespielt wurden.

Ähnlich erhellend war der musikwissenschaftliche Vortrag von DESIRÉE GARCÍA GIL (La Rioja) und CONSUELO PÉREZ COLODRERO (Madrid) über die Musikpolitik der Francodiktatur. Zwar habe das Regime ausschließlich das als „traditionell“ definiert, was seiner ideologischen Legitimierung diente, und auch der ideologisch begründete, zentralkastilische Exklusivismus sei nicht zu leugnen. Es war aber keineswegs so, dass die Falange oder ihre Frauenorganisation Sección Feminina Lieder in den Sprachen der nationalen Peripherie systematisch unterdrückte. Ganz im Gegenteil: teilweise förderte die Sección Feminina sogar die Verbreitung katalanischer und baskischer Lieder. So ergab sich die paradoxe Situation, dass bei Sport- und Jugendtreffen der Faschisten katalanische und baskische Lieder zu hören waren, während das Franco-Regime diese Sprachen gleichzeitig unterdrückte. In der anschließenden Diskussion wurden mögliche Gründe für diese überraschende Politik diskutiert.

LIDIA LÓPEZ GÓMEZ (Barcelona) beschäftigte sich in ihrem Beitrag mit der Inszenierung von Hymnen in der Filmproduktion während des Spanischen Bürgerkriegs. Hymnen, die in Filmen zu hören waren, dienten, so López, in erster Linie der Markierung politischer Zugehörigkeit. So hätte etwa die anarchosyndikalistische CNT fast ausschließlich die beiden zentralen Hymnen der anarchistischen Bewegung „Hijos del Pueblo“ und „¡A las Barricadas!“ zur musikalischen Untermalung verwendet.

FERRÁN ACHILÉS CARDONA präsentierte einen mit MARTA GARCÍA CARRIÓN (beide Valencia) erarbeiteten Beitrag, der sich mit dem „Himno Regional Valenciano“ beschäftigte, der „Regionalhymne“ der Stadt und Region Valencia. Der Beitrag konzentrierte sich vor allem auf deren (spanischen!) Text und verdeutlichte, wie sehr sich typische literarische Symbole regionaler Identität mit einer gesamtspanischen Perspektive vereinten. Deutlich wurde, dass es von entscheidender Bedeutung sei, wann und unter welchen spezifischen historischen Umständen ein Lied zur Hymne werden konnte.

Mit der Bedeutung regionaler Identitäten bei der Konstruktion nationaler Identität beschäftigte sich auch VICENT FLOR (Valencia). Er untersuchte ebenfalls die Hymne der Region Valencia, die, obwohl eindeutig eine regionale Hymne, mit dem Vers beginnt: „Para ofrendar nuevas glorias a España“ [‚Um Spanien neuen Ruhm zu schenken‘]. Während der Transition wurde die Hymne gegen den valenzianischen Nationalismus und dessen konkurrierende Hymne „Moixeranga“ eingesetzt. Im kulturellen Kampf um die unterschiedlichen Hymnen spiegelten sich daher auch divergierende Deutungen regionaler Identität.

Der erste Kongresstag wurde abgeschlossen mit einer Podiumsdiskussion, an der LUDGER MEES (Vitoria), WALTHER L. BERNECKER (Erlangen), JOSEP M. SOLÉ (Barcelona), und CARLOS COLLADO SEIDEL teilnahmen. Bernecker vertrat die These, dass ein erster „Zyklus des Nationalismus“ 1945 zu Ende gegangen sei und man sich demnach in einem zweiten befinde. Im Gegensatz zu Geisler sah Bernecker den Staat als Hauptakteur jeglicher Form von Nationalisierung. In Abgrenzung zu Thesen Eric Hobsbawms insistierte er darauf, dass Staaten in einem Prozess der Nationalisierung Zeichen, Symbole usw. nutzten, die bereits existierten. Carlos Collado Seidel vertrat die These, der Text einer Hymne spiele nach ihrer Etablierung für ihr politisches und kulturelles Wirken keine Rolle mehr, was Wiederspruch hervorrief. Ludger Mees etwa vermutete, die spanische Hymne habe keinen Text, weil sich kaum einer finden lassen würde, der die Wünsche sämtlicher regionalen Identitäten erfüllen könne. Er skizzierte eine Reihe von Fragen, die künftige Forschungen leiten könnten: Etwa die nach den Emotionen, die eine Hymne wecke oder wecken wolle. Um solches zu erforschen, komme man am Hymnentext ganz einfach nicht vorbei. In der anschließenden Plenardiskussion wurde unter anderem kontrovers diskutiert, inwiefern es überhaupt möglich sei, die tatsächliche Identifikation einer Bevölkerung mit ihrer Hymne wissenschaftlich zu erfassen. Eine produktive Konturierung der grundsätzlichen Schwierigkeiten und Möglichkeiten künftiger Forschungen gelang trotz stark divergierender Meinungen allemal.

Den zweiten Kongresstag begann M. J. GRANT mit einem Vortrag über die Kontroverse, welche Hymne ein unabhängiges Schottland haben solle. Grant skizzierte die Geschichte des schottischen Nationalismus und verdeutlichte die überragende Rolle des schottischen „Nationaldichters“ Robert Burns. Es seien patriotische Lieder gewesen, die die (brüchige) nationale Einheit Großbritanniens (mit) geschaffen hätten. Es sei daher keineswegs verwunderlich, dass nun auch in Schottland intensiv über eine künftige Hymne nachgedacht werde. Besonders aufschlussreich war ihre Darstellung, welche Lieder aus welchen Gründen für eine künftige schottische Nationalhymne in Betracht genommen würden und wie ein solcher „Auswahlprozess“ ablaufe. In der Diskussion wurde die Frage aufgeworfen, wie demokratisch dieser sein könne.

HARALD FLOR (Bonn) widmete sich in seinem Beitrag dem Verhältnis von Sport und Nationalhymnen. Der Grund für die Inszenierung nationaler Symbole bei großen Sportereignissen sei einfach zu verstehen: Sport mache Spaß. Also mache auch Nation, so die intendierte Aussage, in gewisser Weise Spaß. Die Vereinigung vieler Menschen im Stadion diene als Möglichkeit, die „Einheit der Nation“ erfahrbar zu machen. Sein material- und kenntnisreicher Vortrag gehörte zu den originellsten Beiträgen des Kongresses.

Der Beitrag von DANIEL MORAT (Berlin) bot die Möglichkeit zu diskutieren, ob jedes Lied zur Hymne werden könne. Morat beschäftigte sich mit dem alten Berliner Gassenhauer „Das ist die Berliner Luft“ und stellte die Frage, ob dieses Lied als eine Art inoffizielle Stadt-Hymne gewertet werden könne. Morat konnte überzeugend darlegen, dass dies, trotz aller Instrumentalisierungsversuche durch wechselnde Regime, tatsächlich bis heute der Fall zu sein scheint.

MARTIN BAXMEYER (Münster) beschäftigte sich mit der erklärungsbedürftigen Tatsache, dass die anarchistische Bewegung Spaniens zwei politische Hymnen besitzt: „Hijos del Pueblo“ und „¡A las Barricadas!“. Er skizzierte die Entstehungsgeschichte der beiden Lieder und verdeutlichte, wie sehr beide Hymnen eigentlich als Markierungen signifikanter Veränderungen in der kulturellen und politischen Praxis der anarchistischen Bewegung seit dem Ende des 19. Jahrhunderts angesehen werden können.

AMAIA LAMIKIZ richtete ihren Blick auf die Rolle patriotischer Lieder während der sogenannten baskischen kulturellen Renaissance der 1960er–Jahre. Lamikiz vertrat überzeugend die These, dass es eher der Kontext als die Lieder selbst seien, die ihre politische Bedeutung durch Gesang und Inszenierung definierten. So seien beispielsweise während der 1960er–Jahre zahlreiche Musikfestivals ins Leben gerufen worden, die, von der Staatsgewalt misstrauisch beäugt, selbst „harmlosen“ Liedern eine neue, politisch subversive Bedeutung verliehen hätten.

Nicht minder erhellend war der Vortrag von PATRICK ESER (Kassel), der sich mit den Spottliedern auf den Tod der „grauen Eminenz“ der Franco-Diktatur, Admiral Carrero Blanco beschäftigte. Carrero Blanco war am 20. Dezember 1973 einem Anschlag der baskischen Terrororganisation ETA zum Opfer gefallen, bei dem eine Bombenexplosion sein Auto über einen ganzen Häuserblock schleuderte. Das Lied „Voló, voló, Carrero voló“ [ „Er flog, er flog, Carrero, er flog!“] sei in der Folge zur Hymne der anti-franquistischen Jugend geworden. Eser verdeutlichte überzeugend auch kulturellen Konsequenzen gewaltsamen Widerstands: Jeder Angriff auf Vertreter eines verhassten Regimes, so Eser, sei auch ein Angriff auf dessen Repräsentation im kulturellen Sinne. So hätten die Spottlieder, die sich nach dem Anschlag rasch verbreiteten und sogar auf baskischen Dorffesten gesungen wurden, absichtsvoll Anleihen bei der katholischen Liturgie gemacht, um das nationalkatholische Regime weiter zu reizen.

DANIELE CONVERSI (London/Leioa) schließlich behandelte in seinem Beitrag den Wandel zweier wichtiger musikalischer Traditionen in Italien und Spanien von Zeichen lokaler zu solchen nationalen und schließlich internationaler Identität: Sowohl der Canzone Neapolitana als auch der Flamenco. Beide seien in Regionen entstanden, die als eher rückschrittlich wahrgenommen worden seien, in denen jedoch eine starke Erinnerung an bessere Zeiten, häufig gepaart mit politischer Unabhängigkeit, wach geblieben sei.

Das spanischsprachige Panel begann mit einem Beitrag von JESÚS FERRER CAYÓN über die „L’Inno delle Nazioni“ von Giuseppe Verdi und Arrigo Boito, die 1862 Italien während der Weltausstellung in London repräsentieren sollte. Das Lied sei mit großem Erfolg am Geburtstag der englischen Königin aufgeführt worden. Sein Erfolg rühre offenbar daher, dass das Lied auch Anleihen bei „God save the Queen“ gemacht habe, um sich vor England als dem Mutterland der Freiheit zu verneigen.

Auch MARIE-ANGÈLE OROBON (Paris) beschäftigte sich mit internationalen Berührungen unterschiedlicher Nationalhymnen; in ihrem Falle mit der Präsenz und (Be)Deutung der „Marseillaise“ in Spanien. So sei die französische Hymne zu Beginn des 20. Jahrhunderts (vor allem) nach der Ausrufung der II. Republik für spanische Republikaner fast so etwas wie ihre eigene politische Hymne gewesen. Der Beitrag stellte die unterschiedlichen Deutungen der „Marseillaise“ in Spanien von 1840 bis zur II. Republik dar und erörterte die Frage, warum ein französisches Revolutionslied in den 19830er–Jahren in Spanien populärer werden konnte als der „Himno de Riego“.

CARLOS COLLADO SEIDEL beschäftigte sich mit der Frage, warum trotz sich grundlegend verändernden soziokulturellen Rahmenbedingungen der häufig kritisierte Text der „Marseillaise“ unabänderlich geblieben sei. Ähnliches gelte für andere Nationalhymnen, die zunächst Kriegslieder gewesen seien. Eine diachrone Analyse ihrer Texte lege nahe, diese, ähnlich wie die Musik oder die Nationalflagge, als abstrakte Symbole zu begreifen. Ihre Deutung passe sich den jeweiligen Zeitumständen an, ohne dass der (eigentliche) Inhalt des Textes dabei hinderlich sei.

JUAN MANUEL GONZÁLEZ SAEZ zeichnete in seinem Beitrag die Polemik nach, die sich 1974 entwickelte, als Mitarbeiter der Dirección de Cultura Popular eine Popversion der Hymne der Falange genehmigten. Diese kulturelle Offenheit ging konservativen Vertretern des Regimes entschieden zu weit. Anhand dieser Kontroverse illustrierte González Saez die Schwierigkeiten des Franco-Regimes, sich angesichts einer im Aufbruch befindlichen Gesellschaft neu zu positionieren.

MARÍA DEL MAR LARRAZA MICHELTORENE und FRANCISCO JAVIER CASPISTEGUI (Navarra) stellten Entstehungsgeschichte, Virulenz und Bedeutung eines Marschliedes als Festtagsritual in Pamplona dar, das 1914 von Ignacio Baleztena als musikalisches Identitätszeichen geschaffen worden war. Der Beitrag verdeutlichte die hohe Bedeutung dieses Rituals, aber auch die konfligierenden Identitätskonzepte, die hierbei immer wieder kollidierten, bis das Ritual 1991 schließlich verboten wurde.

XABIER ZABALTZA (Leioa) beschäftigte sich mit dem 1853 erstmals öffentlich vorgeführten Lied „Gernikako Arbola“, das sofort einen bemerkenswerten Erfolg erlebte. Das Lied, jahrelang als heimliche baskische Nationalhymne angesehen, sei keine nationalistische Hymne sondern ein Loblied auf den Internationalismus und den Pazifismus. Seine ungebrochene Wirkungsmacht liege paradoxerweise darin, dass es nie offiziell zur Hymne erhoben worden sei.

JOSUNE ALBISU BARANDIARAN (Vitoria) zeigte die vielfältige Rezeption des populären Liedes „Txoria txori“ des zeitgenössischen Sängers und Liedermachers Mikel Laboa auf und reflektierte über den Stellenwert, den die Komposition zwischenzeitlich im kollektiven baskischen Bewusstsein erreicht hat.

ARITZA SÁENZ DEL CASTILLO (Vitoria) wandte sich in seinem Beitrag dem sogenannten Rock Radical Vasco zu. Er konzentrierte sich vor allem auf die respektlose, ikonoklastische Auseinandersetzung mit den dominierenden Konzepten der baskischen und spanischen Nation, der Umdeutung ihrer Symbole und der zum Teil aggressiven Abgrenzung, die er anhand von Musikbeispielen vorführen konnte.

DAVID MOTA ZURDO (Vitoria) beschloss das Panel mit einer Analyse der Texte der baskischen Punk-Band Eskorbuto. Der Punk sei erst während der Transition nach Spanien gekommen und seine radikalste Ausprägung habe er auf den Bühnen des Baskenlandes erfahren. Mota Zurdo verstand Lieder wie „Ratas de Vizcaya“ als Zeitdokumente, mit deren Hilfe man sich der gesellschaftlichen Realität (zumindest) Vizcayas während der 1980er–Jahre des vergangenen Jahrhunderts nähern könne.

CARLOS COLLADO SEIDEL und MICHAEL E. GEISLER beendeten den Kongress, indem sie seine wesentlichen Ergebnisse zusammenfassten und Fragen formulierten, die die künftige Forschungen zum Thema orientieren könnten. Sie sollen im Folgenden knapp aufgeführt werden:
1) Gibt es eine internationale Grammatik für Nationalhymnen?
2) Kann es eine allgemeine Theorie nationaler Symbole geben?
3) Wenn das gemeinsame Singen nicht länger eine gängige kulturelle Praxis ist, was bleibt dann von den Nationalhymnen?
4) Wäre es in einer demokratischen Gesellschaft möglich, einen Mehrheitsentscheid über eine Hymne zu erhalten?

Einigkeit bestand weitgehend darüber, dass bei jeder vergleichenden Analyse nationale und partikulare Kontexte zu beachten seien, gerade wenn man nach internationalen Gemeinsamkeiten suche. Auch wurde darauf hingewiesen, dass der Gender-Aspekt nationaler Symbole in den bisherigen Diskussionen zu kurz gekommen sei. Ein multinationales Forschungsprojekt zur Bedeutung von Hymnen als Symbole kollektiver Identität wurde angedacht.

Konferenzübersicht:

Begrüßung: Santiago de Pablo (UPV/EHU Vitoria)

Keynote: Michael E. Geisler (Middlebury): A Song and a Prayer? National Anthems and the Toolbox of „Secular Religion”

Sektion 1: Gestación
Leitung: Leyre Arrieta (Deusto)

Nicolás Ruiz Descamps: Música y nacionalismo vasco a principios del siglo XX.

Egoitz Alcaraz (UPV/EHU Vitoria): La música de nuestros padres o los padres de nuestra música.

Pedro Ordóñez Eslava (FMSH Paris), Antonia María Mora Luna (Granada / Paris-IV): Del Cara al Sol y otros himnos nacionales. Música y palabras para adiestrar conciencias.

Alberto Carrillo-Linares (Sevilla): Acordes antifranquistas e identidad colectiva.

Sektion 2: Socialización
Leitung: Coro Rubio Pobes (UPV/EHU Vitoria)

Virginia López de Maturana (UPV/EHU Vitoria), Guillermo Marín Casado (UPV/EHU Vitoria): Tres himnos para un régimen. La lucha simbólica entre carlismo y Falange en Vitoria durante el primer franquismo (1937-1945).

Desirée García Gil (UCM Madrid), Consuelo Pérez Colodrero (La Rioja): «Margaritas y Flechas, cantad por la unidad entre los hombres y entre las tierras de España». Una aproximación al Cancionero de la Sección Femenina del Frente de Juventudes de F.E.T. y de las J.O.N.S. (1943).

Lidia López (UAB Barcelona): La utilización propagandística de los himnos en el cine de la guerra civil española.

Vicent Flor (València): „Ofrendar nuevas glorias a España”. El himno regional valenciano y la construcción de la identidad valenciana hegemónica.

Ferran Archilés Cardona (València), Marta García Carrión (València): Ofrendar glorias a España. El Himno Regional Valenciano y las pugnas por la identidad.

Podiumsdiskussion: ¿Misión imposible? La gestación de himnos nacionales en regímenes democráticos. España y el País Vasco en perspectiva comparada.
Leitung: Jesús Casquete (UPV/EHU Leioa)

Teilnehmer: Ludger Mees (UPV/EHU Leioa), Walther L. Bernecker (Erlangen-Nürnberg), Josep M. Solé (UAB Barcelona), Carlos Collado Seidel (Marburg / UPV/EHU Leioa)

Sektion 3: Emergence / Establishment
Leitung: Santiago de Pablo (UPV/EHU Vitoria)

M. J. Grant: „But we can still rise now / And be the nation again”? Group song and national identity in Scotland and the (former?) United Kingdom.

Harald Flohr (Bonn): The role of sports regarding national anthems: the inclusive nature of Rugby as an example.

Daniel Morat (FU Berlín): From Hit-Song to City Anthem: „Das ist die Berliner Luft” as Symbol of Collective Urban Identity in 20th Century Berlin.

Sektion 4: Persistence / Change
Leitung: Ludger Mees (UPV/EHU Leioa)

Martin Baxmeyer (Münster): ¡A las barricadas, hijos del pueblo! Two Libertarian Hymns as Concretion of the heterogeneous Revolutionary Cultural Utopia of Spanish Anarchism.

Amaia Lamikiz : Singing through the path to modernization: the role of Basque ‘patriotic songs’ during the cultural revival of the 1960s.

Patrick Eser (Kassel): „Voló, voló, Carrero voló. Meaning, function and change of a ritual of radical Basque nationalism”

Daniele Conversi (LSE London / UPV/EHU Leioa): Flamenco and Canzone Napoletana: From regionalism to unitarism, from national identity to internationalization

Sektion 5: Persistencia y mutaciones
Leitung: José Luis de la Granja (UPV/EHU Leioa)

Jesús Ferrer Cayón: Una Cantata para una Exposición: L’ Inno delle Nazioni de Giuseppe Verdi/Arrigo Boito.

Marie-Angèle Orobon (Paris 3): Ecos de La Marsellesa en España.

Carlos Collado Seidel (Marburg / UPV/EHU Leioa): Consideraciones acerca del significado simbólico de la letra de himnos.

Juan Manuel González Sáez: El Cara al sol „pop”, la canción imposible (1974).

Sektion 6: Conflictividad
Leitung: Jesús Casquete (UPV/EHU Leioa)

Leyre Arrieta (Deusto): ¿Cuál es el himno de los vascos?: El nacionalismo vasco su simbología musical.

María del Mar Larraza Micheltorena (Navarra), Francisco Javier Caspistegui (Navarra): Himnos e identidad navarra.

Xabier Zabaltza (UPV/EHU Leioa): Gernikako Arbola, un himno huérfano.

Josune Albisu Barandiaran (UPV/EHU Leioa): Kanta baten istorio amaigabea: Txoria Txori.

Aritza Sáenz del Castillo (UPV/EHU Vitoria): ¡Odio a mi patria! El Rock Radical Vasco y la irreverencia hacia la nación.

David Mota Zurdo (UPV/EHU Vitoria): „¿Fuimos ratas en Bizkaia?”. Identidad y crítica sociopolítica en las canciones de Eskorbuto (1983-1988)

Kommentar/Schlussdiskussion:

Carlos Collado Seidel (Marburg / UPV/EHU Leioa), Michael Geisler (Middlebury): Perspectives in the research of anthems and songs as collective symbols


Redaktion
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