Ehrregime: Akteure, Netzwerke und Praktiken lokaler Ehrungen im 19. und 20. Jahrhundert

Ehrregime: Akteure, Netzwerke und Praktiken lokaler Ehrungen im 19. und 20. Jahrhundert

Organisatoren
Dietmar von Reeken/Malte Thießen, Arbeitsstelle Regionale Geschichtskulturen, Institut für Geschichte, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Ort
Oldenburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
27.06.2014 - 28.06.2014
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Von
Lu Seegers, Forschungsstelle für Zeitgeschichte, Hamburg

Der Streit um die Ehrenbürgerschaften von und Straßennamen nach Paul von Hindenburg, der zurzeit in vielen Städten geführt wird, zeigt es: eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte von Ehrungen erscheint dringender denn je. Ziel der von Dietmar von Reeken und Malte Thießen organisierten Tagung war es, Akteure, Netzwerke, Aushandlungsprozesse und soziale Praktiken von Ehrungen für das 19. und 20. Jahrhundert in Deutschland und Europa zu untersuchen und die Begriffe „Ehrregime“ und „Ehrungen“ als Analysebegriffe für die Geschichts- und Kulturwissenschaften fruchtbar zu machen.

In ihrer Einführung umrissen DIETMAR VON REEKEN und MALTE THIESSEN (beide Oldenburg) am Beispiel des langjährigen Namensstreits um die Carl von Ossietzky Universität zwischen 1972 und 1991 vier Leitperspektiven der Tagung. Erstens verwiesen sie auf die zeitliche Dimension von Ehrungen, welche im 19. und 20. Jahrhundert quantitativ wie qualitativ eine größere Bedeutung erlangten. Zu untersuchen sei, auf welche Traditionsbestände Ehrungen zurückgreifen und inwieweit sie Ausdruck von „Basisprozessen“ der Moderne sind, die mit der Medialisierung Europas, der Erweiterung der politischen Öffentlichkeiten und einer sukzessiven „Demokratisierung“ einher gingen. Zweitens sei die die räumliche Perspektivierung von Ehrungen relevant. Denn erst vor Ort würden Prozesse des Ehrens konkret und im sozialen Kontext beschreibbar. Zugleich gelte es, regionale und städtische Ehrungen in internationaler Perspektive vergleichend in den Blick zu nehmen. Drittens betonten die Organisatoren der Tagung die Bedeutung konkreter Akteure, und ihrer Netzwerke für das „Ehre-Machen“. Unter „Ehrregime“ verstehen sie dementsprechend nicht die Durchsetzung von Ehrungen in einem Top-Down-Modell. Vielmehr gelte es mit dem Begriff die oft konfliktreichen Aushandlungsprozesse um Ehrungen in den Blick zu nehmen. Damit sei viertens eine praxeologische Perspektive verbunden. Nicht nur das fertige Resultat der Ehrung sei interessant, sondern vielmehr der komplexe Weg dorthin, die performative Inszenierung des oder der Geehrten und der weitere Umgang mit ihnen. Generell seien die Ehrungen nicht unabhängig von übergreifenden sozialen Ordnungsvorstellungen zu sehen, mit denen sich Praktiken des Ehrens veränderten und umgekehrt.

Das erste Panel vereinte drei Vorträge unter dem Titel „Heldenfiguren“. INGE MARSZOLEK (Bremen) analysierte die Ehrungen des Bremers Günther Freiherr von Hünefeld in Bremen und in den USA, der 1928 mit einem Deutschen und einem Irländer den ersten Nordatlantikflug von Europa nach Amerika bestritten hatte. An den Ehrungen war Hünefeld als „Propagandachef“ des Norddeutschen Lloyd in Bremen selbst maßgeblich beteiligt. In Bezug auf den Ehr-Diskurs um Hünefeld arbeitete Inge Marszolek für die Weimarer Republik vor allem die Mischung von nationalistischen Versatzstücken, Heldenmythen und völkerverbindenden Elementen heraus. Während des Nationalsozialismus wurden hingegen der „hansische Geist“ sowie Mannesmut und Kühnheit der Flieger betont. In der Bundesrepublik wiederum standen in Anbetracht des kontaminierten Felds der soldatischen Ehre die Restitution der Luftfahrt und die wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA im Vordergrund. YVONNE ROBEL (Bremen) stellte den ambivalenten Umgang Hamburgs mit dem in der Hansestadt gebürtigen Ernst Thälmann, der wohl wichtigsten politischen Symbolfigur der DDR, dar. Zwar wurde 1946 zunächst eine Straße in St. Pauli nach ihm benannt, doch wurde sein Name im Zeichen des Kalten Krieges 1956 bereits wieder aus der städtischen Topographie getilgt. 1969 konnte die wiederzugelassene DKP in Anbetracht einer neuartigen Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit eine Thälmann-Gedenkstätte in Hamburg eröffnen. Jahrelang kontrovers diskutiert wurde der Vorschlag, eine Ehrenplakette für Thälmann am Hamburger Rathaus anbringen zu lassen. Dabei argumentierten Befürworter wie etwa Klaus von Dohnanyi vor allem mit dem Begriff der Erinnerung. Es sollte an eine historische Figur erinnert werden, aus deren politischen Fehlern gelernt werden könne. Der Erinnerungsbegriff ermöglichte Ende der 2000er-Jahre schließlich die Integration Thälmanns in die Imagepolitik der Hansestadt, die sich Weltoffenheit und Toleranz auf ihre Fahnen schrieb. Die Thälmann-Ehrungen, so Robels Fazit, ließen sich nicht nur im Kontext weltpolitischer Zäsuren, sondern auch als Ausdruck kommunaler Deutungshoheiten der beteiligten Akteure inklusive der städtischen Medien lesen. CHRISTOPH RASS (Osnabrück) beschäftigte sich mit dem Aufstieg und Fall des Ehrregimes um Gerhard Graf von Schwerin als „guten General“ von Aachen. In den Nachkriegsjahren etablierte sich, forciert durch diverse Akteure und schließlich von Schwerin selbst aktiv unterstützt, ein Narrativ, das ihn als „Retter“ Aachens stilisierte, da er im September 1944 versucht habe, die Stadt kampflos der US-Armee zu übergeben. Aus dem öffentlichen Gedächtnis getilgt werden sollte hingegen, dass Schwerin durch sein ungeschicktes Verhalten die Schlacht um Aachen erst eingeleitet und überdies die von ihm befehligte 116. Panzerdivision zwei Jugendliche wegen angeblicher Plünderungen exekutiert hatte. Kritische Stimmen wurden in den 1970er-Jahren zwar laut, doch erst im Jahr 2007 kam es zu einer Neubewertung der Ereignisse in der Öffentlichkeit. Das Beispiel verweise, so Rass, auf die langen Konstituierungs- und Dekonstruktionsprozesse von Ehrungen, wobei besonders die Agency des Geehrten selbst zu beachten sei.

Das zweite Panel war dem Feld akademischer Ehrungen und damit vor allem dem wissenschaftlich-universitären Milieu gewidmet. JÖRG SEIFERT (Hamburg) analysierte die Geschichte des Fritz-Schumacher-Preises, der seit 1950 in unterschiedlichen Konstellationen für besondere Leistungen in Architektur, Städtebau, Ingenieurwesen und Landschaftsplanung vergeben wird. Schumacher hatte in Hamburg ab 1909 als Leiter des Hochbauwesens und von 1923 bis 1933 als Oberbaudirektor gewirkt. Er stand für eine moderate Moderne und die Bejahung der reformierten Großstadt. Seifert arbeitete vor allem die zeitweise parallele kontroverse Vergabepraxis des Preises heraus. Der Fritz-Schumacher-Preis wurde bis 1955 von der Universität Hamburg und ab 1960 durch die Universität Hannover gestiftet, während es ab 1961 zudem einen Staatspreis der Freien und Hansestadt Hamburg gab. KERSTIN THIELER (Göttingen) befasste sich in ihrem Beitrag mit den jüdischen Physikern Max Born und James Franck – beide Wissenschaftler von Weltrang –, denen 1953 die Ehrenbürgerwürde der Stadt Göttingen verliehen wurde, nachdem sie 1933 aus dem universitären Betrieb entlassen und ihre Doktortitel aberkannt worden waren. Thieler vertrat die These, dass sich die Stadt Göttingen mit dieser Ehrung gleichsam selbst feierte und zugleich eine Wiedergutmachung versuchte, ohne die Entehrungen aus der NS-Zeit offiziell zurückzunehmen. LENA-ELISA FREITAG (Göttingen) richtete den Blick ebenfalls auf Göttingen, indem sie die Ehrungspraxis der Universität in der Zeit des Nationalsozialismus erörterte. Seit Beginn der 1920er-Jahre erhielten hier finanzielle und politische Unterstützer wissenschaftlicher Forschung einen Ehrenbürgertitel. Freitag zeigte, wie ab 1934 das Reichsministerium für Erziehung, Wissenschaft und Volksbildung auf entsprechende Vergaben Einfluss nehmen zu suchte. Allerdings hätten sich die Universitäten einen gewissen Eigensinn und damit die partielle Aufrechterhaltung ihres Ehrregimes bewahren können, einerseits begünstigt durch eine Vielzahl von Erlassen, die Vorgaben verwässerten, andererseits durch erst nachträgliche Meldungen an das Ministerium.

Das dritte Panel „Milieus und Praktiken“ eröffnete DANIEL SCHMIDT (Gelsenkirchen) mit einem Vortrag über das bürgerliche Ehrregime in Gelsenkirchen zwischen 1875 und 1928. Schmidt zeichnete nach, wie es lokalen „Ruhrbaronen“, abgesichert durch das Drei-Klassen-Wahlrecht und begünstigt durch einen rasanten Stadtwerdungsprozess, gelang, sich in Form von Denkmälern, Benennungen von Straßen und öffentlichen Denkmälern in das Gedächtnis der Stadt einzuschreiben. Mit der Abschaffung des Drei-Klassen-Wahlrechts hätten allerdings Konflikte um Ehrungen im öffentlichen Raum eine neuartige Dynamik gewonnen, zumal sich die Mehrheitsbevölkerung der katholischen Arbeiterschaft nur sehr bedingt mit den Ehrsymbolen identifizieren konnte. Dennoch habe die Beharrungskraft des bürgerlich-industriellen Milieus bis in die Zeit des Nationalsozialismus angehalten. MARCUS WEIDNER (Münster) zeigte am Beispiel der Provinz Westfalen die extensive Um- und Neubenennungspraxis von Straßen im Nationalsozialismus auf. Da die NS-Ideologie innerhalb eines abgesteckten Rahmens einen erheblichen Variantenreichtum auch in punkto Straßennamen zugelassen habe, hätten sich verschiedene Instanzen entsprechend ihrer hierarchischen, räumlichen und thematischen Interessen aus dieser „unklaren Verfügungsmasse“ bedienen können. Auf diese Weise sei die Bezeichnungspraxis, so Weidner, zwar schrittweise auf die Politik des NS-Regimes ausgerichtet worden, allerdings sei sie letztlich von den örtlichen Instanzen mit Inhalten gefüllt worden. Einen deutlich anderen Fokus nahm der Vortrag von ULF MORGENSTERN (Friedrichsruh) und CHRISTIAN WACHTER (Göttingen) ein. Sie referierten über Wandlungen des Bismarck-Mythos seit 1870 und stellten das Online-Projekt „Bismarckierung“ der Otto-von-Bismarck-Stiftung vor. Es dient dazu, die weltweit nach Bismarck benannten Denkmäler oder Einrichtungen über Einträge in einen Kartendienst sichtbar zu machen.

In seinem öffentlichen Abendvortrag reflektierte WINFRIED SPEITKAMP (Kassel) über den Begriff der Ehre und seine verschiedenen zeitlichen und raumbezogenen Zuschreibungen und Bedeutungen, indem er Ehrungen in Deutschland, Europa und in Afrika beleuchtete. Grundsätzlich gehe es bei Ehrungen um das Bedürfnis von Menschen, sozialen Gruppen und Institutionen, einerseits Menschen „auf den Sockel zu stellen“, andererseits aber auch Ehrungen zurückzunehmen, wenn sich soziale und politische Ordnungsvorstellungen änderten. Ehrungen stellten Erinnerungen mit höchster Dignität dar, die Orientierungssicherheit geben sollen und zugleich immer wieder neu verhandelt würden.

Im vierten Panel standen Ehrungen in internationaler Perspektive im Vordergrund. ANTOINE MANDRET-DEGEILH (Paris) analysierte die Entwicklung städtischer Ehrungsrituale in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Westdeutschland und Frankreich am Beispiel der Städte Göttingen, Nizza und Bobigny. Nachdem Städte lange Zeit – mit Ausnahme von Ehrenbürgerschaften – vor allem zentralstaatliche Medaillen und Siegel verliehen hätten, habe sich nach dem Zweiten Weltkrieg diese Praxis geändert. So hätten in Frankreich wie in Deutschland die Städte nach 1945 verstärkt eigene Ehrsymbole entwickelt. Zudem sei es zu einer Demokratisierung städtischer Ehrregime und einer Diversifizierung der Geehrten gekommen: Nicht mehr nur Angehörige von Eliten aus Politik, Wissenschaft und Verwaltung wurden in diesem Prozess geehrt, sondern zunehmend auch lokale Akteure aus den Bereichen Sport und Kultur – gewissermaßen als Kennzeichen der Zivilgesellschaft. BÁLINT VARGA (Budapest) referierte über die Denkmalspolitik in Ungarn im Spannungsfeld von Nationalstaat, lokalen Gedächtnissen und konkurrierenden Nationsbildungen am Ende des 19. Jahrhunderts. In Anbetracht der partikularen Identitäten der Bevölkerung habe die ungarische Regierung die Tausendjahrfeier der magyarischen Landnahme im Jahr 1896 genutzt, um Denkmäler und Gedenksäulen in mehreren Städten des Landes zu errichten. Sie sollten den ungarischen Staat sowie die magyarische Herrschaft über die ethnischen Minderheiten symbolisieren. Anhand von lokalen Debatten in Munkács (heute Ukraine), Preßburg und Kronstadt zeigte Varga, wie die örtlichen Interessen und Gedächtniskulturen dabei ignoriert wurden und die Städte dem nationalstaatlichen Gedächtnis zum Teil eigene Denkmäler zu lokalen Persönlichkeiten entgegen setzten. SUSANNE LANG (Berlin) wiederum richtete den Blick auf Irland und das Nelson-Denkmal in Dublin. Ausgehend von der Sprengung des Denkmals durch Bombenleger im Jahr 1966 referierte sie die vielschichtige Wahrnehmungsgeschichte des im Jahr 1808 eingeweihten Denkmals. Zwar sei das Denkmal zunächst auf Betreiben der Dubliner Stadtverwaltung errichtet worden, doch spätestens mit dem Osteraufstand des Jahres 1916 ließ seine positive Perzeption nach. Zum einen sei fortan die Monumentalität des Denkmals im Stadtzentrum zunehmend als unästhetisch und verkehrsbehindernd kritisiert worden. Zum anderen wurden nunmehr Denkmäler für irische Persönlichkeiten, wie etwa Irlands „ungekrönten König“ Charles Stewart Parnell in unmittelbarer Nähe errichtet – allerdings sei die Formensprache des Empires dabei beibehalten worden. Last but not least beschäftigte sich MARKUS WURZER (Graz) mit der bis heute anhaltenden Verehrung des Bergführers Sepp Innerkofler in Südtirol. Sein Tod an der Dolomitenfront im Jahr 1915 sei sowohl „von oben“ als auch „von unten“ propagandistisch ausgeschlachtet worden, um ihn als soldatisches Vorbild zu inszenieren. Wurzer zeigte, wie das Ehrregime um Innerkofler nach der italienischen Besetzung Südtirols nach Österreich transferiert wurde. Im Nationalsozialismus wurde die Verehrung Innerkoflers insbesondere nach der Besetzung Südtirols 1943 gepflegt. In den 1950er-Jahren etablierte sich ein neues Ehrregime: seither sind es vor allem Alpen- und Schützenvereine, die ihn vor allem als Bergsteiger ehren.

Das fünfte und letzte Panel mit dem Titel „Konfessionelle Ehrungen“ wurde von HANSJÖRG BUSS (Kiel) eröffnet. Ausgangspunkt seines Vortrags war, dass in fast jeder Lübecker Kirchengemeinde nach dem Ersten Weltkrieg ein Ehrenmal, Gedenkstein oder Gedenktafel errichtet wurde. Die lutherische Landeskirche der Hansestadt und ihre Pastoren seien fester Bestandteil des dominierenden bürgerlich-rechtsnationalen Ehrregimes gewesen. Andere Akteure, wie der Expressionist Ludwig Gies, dessen Kruzifix im Jahr 1921 für wenige Wochen im Lübecker Dom hing, seien hingegen skandalisiert worden. Im Beitrag von NINA FEHRLEN-WEISS (Tübingen) stand hingegen das Gedenken an den katholischen Feldherren Tilly in Altötting im Mittelpunkt, der hier 1632 beigesetzt wurde. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts sei über seine Person im lokalen und regionalen Kontext äußerst kontrovers diskutiert worden. Seine Verehrer huldigten ihm als moralisch integeren Katholiken und entwickelten Denkmalpläne zu seiner Person als Gegenentwurf zu der 1906 gegründeten protestantischen Gustav-Adolf-Gedenkstätte in Lützen. Gegner befürchteten eine Profanisierung des Wallfahrtortes Altötting und sahen in dem geplanten Denkmal eine Gefahr für die Ökumene. Das im Jahr 2005 errichtete Denkmal und damit die öffentlich sichtbare Ehrung Tillys, so Fehrlen-Weiss, sei bis heute in der Stadt umkämpft.

In einer abschließenden Sektion fassten NIKOLAUS BUSCHMANN (Oldenburg), STEPHAN SCHOLZ (Oldenburg) und WINFRIED SPEITKAMP (Kassel) ihre Beobachtungen der Tagung zusammen. Vor diesem Hintergrund kreiste die Abschlussdiskussion um die Beziehung der Begriffe Ehre und Erinnerung. Dabei ging es um die Frage, wo die Trennlinie zwischen Ehrung und Erinnerung zu ziehen sei und ob der Begriff der Anerkennung anstelle des zeitgenössischen Ehrbegriffs als analytisches Konzept sinnvoll sei. Einigkeit bestand indessen über die Notwendigkeit, diskursanalytische und praxeologische Ansätze zu verbinden. Insgesamt zeigte die Tagung, dass die Untersuchung der Geschichte des Ehre-Machens einschlägig für die Gesellschafts-, Politik- und Wissensgeschichte des 20. Jahrhunderts ist. Ehre gebührte in diesem Fall also eindeutig den beiden Organisatoren der Tagung.

Konferenzübersicht:

Begrüßung und Einführung:
Dietmar von Reeken / Malte Thießen (Oldenburg)

Panel 1: Heldenfiguren

Inge Marszolek (Bremen), Freiherr von Hünefeld und der erste Nordatlantikflug von Europa nach Amerika: Aushandlungen über Vaterland, Ehre und Modernität in Bremen 1928 – 1998

Yvonne Robel (Bremen), Ernst Thälmann zur Ehre: Öffentliche Deutungskämpfe in Hamburg

Christoph Rass (Osnabrück), Die Stadt und der gute General. Aufstieg und Fall eines Helden

Panel 2: Akademische Ehrungen

Jörg Seifert (Hamburg), Hamburg – Hannover – Hamburg: Die Vergabe des Fritz-Schumacher-Preises seit 1950

Kerstin Thieler (Göttingen), Der lange Weg zur Briefmarke: Max Born und James Franck zwischen politischer Stellungnahme und vergangenheitspolitischen Ehrbezeugungen

Lena-Elisa Freitag (Göttingen), Akademische Ehrvorstellungen und Wissenschaftspolitik. Ehrungen an der Universität Göttingen im Nationalsozialismus

Panel 3:Milieus und Praktiken

Daniel Schmidt (Gelsenkirchen), Industrielle Herrlichkeit. Bürgerliches Ehrregime in Gelsenkirchen 1875-1928

Marcus Weidner (Münster), „Wir beantragen…unverzüglich umzubenennen.“ Die Straßenbenennungspraxis in Westfalen und Lippe im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit

Ulf Morgenstern (Friedrichsruh) / Christian Wachter (Göttingen), Online-Projekt „Bismarckierung“ der Otto-von-Bismarck-Stiftung

Abendvortrag:
Winfried Speitkamp (Kassel), Verlorene Ehre. Ehrungen im politischen Streit um Vergangenheit und Gegenwart

Panel 4: Internationale Perspektiven

Antoine Mandret-Degeilh (Paris), Regieren durch Rituale. Die Entwicklung städtischer Ehrungsrituale in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland und Frankreich

Bàlint Varga (Budapest), Symbolische Politik im Spannungsfeld von Nationalstaat, lokalen Gedächtnissen und konkurrierender Nationsbildungen in Ungarn am Ende des 19. Jahrhunderts

Susanne Lang (Berlin), Wenn die Ehre endet. Das Nelson-Denkmal in Dublin und seine Wahrnehmung

Markus Wurzer (Graz), Die Südtiroler Sepp-Innerkofler-Verehrung unter italienischer Herrschaft: Akteure, Praktiken und Funktionen

Panel 5: Konfessionelle Ehrungen

Hansjörg Buss (Kiel), „Den Dahingeschiedenen zum Gedächtnis. Den Lebenden zur Mahnung in Treue zum Vaterland, es den Heimgegangenen gleichzutun.“ Kirchliches Erinnern und Gedenken an den „großen Krieg“ am Beispiel der Lübecker Landeskirche (1918-1933)

Nina Fehrlen-Weiss (Tübingen), „O Tilly, leicht hast Du es nicht, zu der Ehre zu kommen, die Dir schon lange gebührt!“ Der steinige Weg zum Denkmal für einen katholischen Kriegshelden in Altötting

Tagungsbeobachtungen und Abschlussdiskussion
Nikolaus Buschmann / Stephan Scholz (beide Oldenburg) / Winfried Speitkamp (Kassel)