: Mecklenburgischer Großgrundbesitz im Dritten Reich. Soziale Struktur, wirtschaftliche Stellung und politische Bedeutung. Köln 2000 : Böhlau Verlag, ISBN 3-412-04400-8 421 S. € 45,00

Niemann, Mario (Hrsg.): Mecklenburgische Gutsherren im 20. Jahrhundert. Erinnerungen und Biographien. Rostock 2000 : Ingo Koch Verlag, ISBN 3-935319-08-8 724 S. € 40,80

Rezensiert für H-Soz-Kult von
Jens Murken, Historisches Seminar, Universität Münster

Von der hoch- und spätmittelalterlichen Abgabengrundherrschaft über die frühneuzeitliche Grundherrschaft bis hin zur nahezu flächendeckenden Gutsherrschaft mit ihren Erscheinungen des Bauernlegens und der bis in das letzte Jahrhundert nachwirkenden Leibeigenschaft drückte der Großgrundbesitz Mecklenburg wirtschaftlich und sozial seinen Stempel auf. - Was aber geschah und wie reagierte all diese junkerliche Herrlichkeit, als 1933 mit den Nationalsozialisten eine betont modern auftretende und nach Ausweis ihres Parteiprogramms zudem antifeudale Bewegung in Deutschland die Macht übernahm und selbst einen umfassenden Herrschaftsanspruch formulierte? Diese Frage stellte sich wohl auch der Historiker Mario Niemann und gab die Antwort 1999 in seiner Rostocker Dissertation, die die Grundlage für den ersten der hier anzuzeigenden Bände darstellt.

In drei etwa gleich gewichteten Hauptkapiteln und einem kurzen Ausblick auf das Ende des privatwirtschaftlichen Großgrundbesitzes in Mecklenburg 1945 durch den Einmarsch der Roten Armee und der sich bald anschließenden kommunistischen Bodenreform strebt Niemann eine Synthese von wirtschafts- und sozialhistorischen Problemen und Phänomenen mit politischen Fragestellungen an (15).

Mit großer Liebe zum Detail - das gilt für das gesamte Buch - widmet sich Niemann im ersten Kapitel der sozialen Struktur des mecklenburgischen Großgrundbesitzes. Er erschließt sie über die Faktoren der Eigentumsverhältnisse, der Betriebsgrößenstruktur, der sozialen Stratifikation, über soziologische Daten wie Herkunft, Konfession und Alter, über Ausbildungswege und das Heiratsverhalten. Mit einer gediegenen Sozialdatenerhebung zielt Niemann auf eine differenziertere Beurteilung auch des wirtschaftlichen und politischen Stellenwerts des mecklenburgischen Großgrundbesitzes ab (22). Die sich im zweiten Kapitel anschließende Ermittlung zahlreicher Wirtschaftsdaten (zur Bodennutzung, Rentabilität, zum Arbeitskräfte?, Vieh? und Maschinenbestand) dient sodann der Klärung zweier Fragehinsichten. Einerseits geht es um die Auswirkungen der nationalsozialistischen Agrarpolitik auf die wirtschaftliche Struktur der mecklenburgischen Güter und Domänen, andererseits soll die Zeitgemäßheit der damaligen Methoden gutsherrlicher Wirtschaftsführung unvoreingenommen geprüft werden (116). Diese Herangehensweise stellt schließlich im dritten Kapitel auch für die Untersuchung der politischen Haltung der mecklenburgischen Großgrundbesitzer gegenüber dem Nationalsozialismus den Maßstab dar, soll die bisherigen undifferenzierten und teilweise auch politisch instrumentalisierten Auffassungen hinterfragen (236). Für den Übergang von der Weimarer Republik zum "Dritten Reich" (das in beiden mecklenburgischen Ländern durch eine Regierungsbeteiligung der NSDAP bereits 1932 präjudiziert werden konnte) ermittelt Niemann das Engagement der Gutsbesitzer und Pächter in verschiedenen Verbänden und Institutionen, wie der Herrengesellschaft, der Deutschen Adelsgenossenschaft, den landwirtschaftlichen und Gauorganisationen, den (para?)militärischen Verbänden und natürlich auch der NSDAP.

Unter der Maßgabe beinahe historistischer Objektivität stellen sich die Ergebnisse der Arbeit unspektakulär und im Lichte des Forschungsstandes nicht überraschend dar. Die Siedlungspolitik der Nationalsozialisten war nicht gegen den Großgrundbesitz gerichtet (42), auch in der Betriebsgrößenstruktur gab es im Untersuchungszeitraum wenig Veränderungen (54). Die bürgerlichen Gutsherren etablierten sich weiter und dominierten zunehmend die Schicht der Großgrundbesitzer (68), was auch ein Grund für den Wandel vieler Großbetriebe von der Rentenquelle zum Kapitalbetrieb gewesen sein mag (41). Der Trend zur Eigenbewirtschaftung der Güter ging einher mit einer deutlichen Professionalisierung jener um und nach der Jahrhundertwende geborenen Gutsbesitzer (100f.). Landwirtschaftliche Kompetenz und ein ebensolcher "Stallgeruch" waren bei Adligen, aber auch bei Bürgerlichen ein maßgebliches Kriterium für eine standesbewußte Verheiratung (112). Traditionelle Rückständigkeit und die Agrarkrise Ende der zwanziger Jahre mit ihrem fortgesetzten Kapitalmangel hielten Mecklenburg trotz zunehmender Motorisierung und Technisierung weiterhin auf einem national wie international vergleichsweise niedrigen landtechnischen Niveau (197). Der Nahrungsmittelbedarf konnte dennoch gesichert werden, zumal der Bestand an Schweinen - Nahrungskonkurrenten für den Menschen - zurückgefahren wurde (134, 173). Die Grenze optimaler Schafhaltung war zwar erreicht worden, aber dafür läßt sich die "rassemäßige Vereinheitlichung" (170) des Rindviehbestandes einmal als ein Erfolg derartiger, die Reinheit des Blutes betreffender Bemühungen bezeichnen. Insgesamt stellte sich die Wirtschaftslage als von Hof zu Hof verschieden dar. Aber trotz etlicher Verkäufe konnte durch die Fortführung der "Osthilfe" und die sich für die Gutsbesitzer positiv auswirkende NS-Agrarpolitik allmählich eine Halbierung der Betriebsschulden erreicht werden, wenngleich sich Schuldenabtrag und der gleichzeitige Trend zur Anhäufung von Vermögen konträr gegenüber standen (213). War das mecklenburgische Gut als Landsitz oder Jagdgut für Industrielle ohnehin ein attraktives Anlageobjekt, so sollte sich die Agrarkrise als günstige Gelegenheit zum Landerwerb erweisen (214). Zehn Prozent aller mecklenburgischen Güter befanden sich schließlich im Besitz von Industriellen aus ganz Deutschland und anderen Teilen der Welt (215). In dieser Gruppe der Gutsbesitzer fand die NSDAP vielfach ihre eifrigsten Förderer (234). Im allgemeinen hingegen reihten sich die Großgrundbesitzer mit dem großen Rest des deutschen Volkes in die Masse politisch unauffälliger Mitläufer ein; sie mehrheitlich als Machtstützen der NSDAP zu bezeichnen, ginge, so Niemann, fehl (284). "Nur" etwa ein Viertel aller mecklenburgischen Großgrundbesitzer ist im Laufe der Zeit NSDAP-Mitglied geworden, ein Drittel davon vor 1933 (275). Dennoch trugen etliche Großgrundbesitzer die NS-Agrarpolitik als Funktionäre mit, beispielsweise im Gauwirtschaftsapparat aber auch als Landwirt in den Kriegsgebieten (301). Politisch befürwortete das Gros der Gutsbesitzer den "starken" Staat, sogar die Militärdiktatur, solange nur das Weimarer System und der Kommunismus wirkungsvoll bekämpft würden (283). Die deutsch-national und monarchistisch eingestellten Gutsbesitzer trafen sich in der "Herrengesellschaft Mecklenburg", die auch der NSDAP eine Agitationsplattform bot, alsbald aber gewisse Klientelkonflikte mit den Nazis austrug, so dass sich die Mehrzahl der Herren auf ihre Güter zurückzog und politisch keine Rolle mehr spielte (249). Naturgemäß den Edelleuten vorbehalten, war etwa die Hälfte der adligen Gutsbesitzer Mecklenburgs Mitglied in der reichsweit auftretenden "Deutschen Adelsgenossenschaft" (DAG), deren völkisch-nationale Ausrichtung in Nord? und Ostdeutschland eine stärkere Affinität zur Politik der NSDAP bewirkte. Aufgrund eines eindeutigen Bekenntnisses zu Hitler fiel die DAG 1934 nicht unter das allgemeine Verbot monarchistischer Verbände (255). Auch in den Landgemeinden konnten sich die Gutsbesitzer ihre starke, einstmals ständisch begründete gesellschaftliche Position bewahren, vielfach auch weiterhin als Bürgermeister (330). Der nationalsozialistische Staat war jedoch nicht an der politischen Kompetenz und Macht des Großgrundbesitzes interessiert, sondern nur an seiner wirtschaftlichen Potenz. So sieht Niemann in der Besitzstandswahrung auch ein weiteres leitendes Motiv vieler Gutsbesitzer, sich im NS-Staat zu engagieren (275). Dieser übte einen hohen Assimilationsdruck aus, insbesondere auf die Pächter staatlicher Domänen, die bei unbotmäßigem Verhalten umgehend mit wirtschaftlichen Repressalien zu rechnen hatten. Opposition und aktiver Widerstand gegen das NS-Regime waren dementsprechend selten und blieben auch hier - Niemann stellt einige Beispiele vor (331ff.) - die Ausnahme.

Bei allem Fleiß in der Datenerhebung hat sich die Arbeit vor allem methodischen Anfragen zu stellen. Zunächst hätte es angesichts des gewählten Untersuchungsgegenstandes und ?zeitraumes einer Darlegung des Erkenntnisinteresses bedurft. Die Spezifika mecklenburgischer Geschichte, insbesondere seines feudalistischen Überhangs bis ins 20. Jahrhundert, werden ebensowenig explizit vorgestellt, wie auch die gesellschaftsgeschichtlich problematische Engführung der Studie auf die Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft nicht begründet wird. Ginge es wirklich um die Erforschung der Auswirkungen der NS-Politik auf den sozialen Status der den Klassenprivilegien nachhängenden und in ständischen Kategorien sozialisierten Gutsherren sowie um die Folgen der NS-Agrarpolitik für die ja auch nicht losgelöst von den modernen Marktverhältnissen agierenden Gutswirtschaftsunternehmer, so hätte auf die in der Arbeit ausführlich erfolgte Sozial- und Wirtschaftsdatenerhebung eine Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik in ihren verschiedenen Phasen, ihren organisatorischen Ausformungen ("Reichsnährstand") und ihren ideologischen Elementen ("Neuadel aus Blut und Boden") folgen müssen. Um die sich hierbei ergebenden Konfliktlinien aufzuzeigen, hätte es auch einer sorgfältigeren und vor allem während der Arbeit kontinuierlich beizubehaltenden Differenzierung des Analyseobjektes "Großgrundbesitz" bedurft. Zu häufig wird mit Rückgriff auf den 100 Hektar-Grenzwert, den die Statistik des Deutschen Reiches zur Unterscheidung von Großbauernhöfen und Gutsbetrieben vorgibt, der Einfachheit halber in einen "Topf" geworfen, was so nie zusammen gehörte - die Besonderheiten der adligen wie der bürgerlichen Großgrundbesitzer, der Pächter staatlicher Domänen oder der von Pfarrländereien, der Gutsaristokraten auf 5000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche mit Landarbeitern und Schnittern sowie der Bauern im Familienbetrieb mit 100 Hektar werden nicht fortgesetzt systematisch unterschieden. So werden die Unterschiede im Großgrundbesitz nicht deutlich konturiert und mitunter - aufgrund fehlender Quellen und Belege - auch argumentativ vermengt.

Die Dreiteilung in Soziales, Wirtschaft und Politik erreicht nicht die angestrebte Synthese, beruft sich aber auch gar nicht erst auf die denkbaren sozial?, gesellschafts- oder kulturgeschichtlichen Ansätze. Auch eine weniger theoretische Untersuchung der Mentalitätsgeschichte des Landes und seiner Großagrarier hätte eine sinnvolle Einlassung sein können. Dass hierbei sogleich auch die Kirche - ob als Grundbesitzer, Verpächter und vor allem gesellschaftliche Instanz - so gut wie keine Beachtung erfährt (Quellen aus dem Landeskirchlichen Archiv, die auch für den profanen Teil der Arbeit hätten genutzt werden können, wurden überhaupt nicht eingesehen!), ist hingegen eine ärgerliche Unterlassung.

Überhaupt stellt auch der Umgang mit der uneinheitlichen Quellenbasis - und ihre Kompensation mit reichlich Zeitzeugenaussagen - eine weitere nicht offensiv angegangene und souverän gemeisterte Herausforderung dar. Nähere Erläuterungen zur Arbeit der aktenbildenden Stellen (für Mecklenburg vor allem die Landwirtschaftsministerien vor und nach 1945) hätten dem Leser die Interpretationen der Quellen und den Quellenwert besser vor Augen führen können. Auch unterlässt es Niemann, der durchaus an frappierenden Stellen auf die Subjektivität von Augenzeugenberichten hinweist (z.B. 145), die Problematik der Oral History im allgemeinen sowie die Bedingungen und Konstellationen seiner eigenen 16 geführten Zeitzeugeninterviews zu erläutern und damit intersubjektiv nachvollziehbar zu gestalten. So werden die Zeitzeugenaussagen zu reinen Belegerzählungen, die der Arbeit immer dann die Argumente und Beispiele liefern, wo sie sich aus den eingesehenen Archivalien nicht erschließen lassen. Mehr noch aber tritt Niemann regelmäßig seine professionelle Kompetenz an die Zeitzeugen ab, wenn er ihren mündlichen und schriftlichen Äußerungen die Wertung der historischen Sachverhalte überlässt (z.B. 95, 119, 209) oder die zeitgenössischen Selbstbeschreibungen als Analyseersatz verwendet (z.B. 301). Zu den bereits angedeuteten Problemen in der konzeptionellen Anlage des Bandes sowie einigen Ausstattungsdefiziten (angesichts zahlloser biographischer Skizzen hätte dem Buch ein Personenregister sowie eine Übersicht mit Kurzbiogrammen der Zeitzeugen gut getan) gesellen sich weitere innere Unzulänglichkeiten. Den knappen Einleitungen zu den einzelnen Kapiteln fehlt es an einer gründlichen oder zumindest pointierten Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Forschungsstand, sei es allgemein zum Nationalsozialismus oder spezieller zu verschiedenen Fragen der modernen Agrargeschichte, wie sie unter anderen von Heinz Reif oder auch Niemanns "Doktormutter" Ilona Buchsteiner im Blick auf die Modernisierung der Großagrarwirtschaft und ?gesellschaft wichtige Impulse erhalten hat. Dementsprechend unergiebig gestalten sich die knappen Zusammenfassungen, die meist jedes Unterkapitel beschließen, ohne das vorher Geschilderte thesenhaft zu bündeln. So ergibt es sich, dass die von Niemann formulierten Erkenntnisse wie beiläufig den Text durchziehen, ohne dass ihre methodische und argumentative Herleitung Deutungsmacht zu beanspruchen sucht. Es ließe sich trefflich diskutieren über die "auch auf die Großbetriebe bauende[] und ihnen entgegenkommende[] Agrarpolitik" (213) der Nationalsozialisten, über den "gewissen Wohlstand", den die "mit ihrem Leben auf den Gütern und Domänen zufrieden[en]" mecklenburgischen Landarbeiter in den dreißiger und vierziger Jahren erlangten (355), über die "in den meisten Fällen anständig[e]" "Behandlung der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter" (ebd.) oder über die "in ihrer Mehrheit Distanz zum Dritten Reich wahr[enden]" Großgrundbesitzer (322), denen aber "eine erstaunliche Bewahrung von politischem Einfluß" (300) gelang. - Dass man sich von etlichen Urteilen und Vorurteilen über den Großgrundbesitz zu verabschieden hat, legt die kleinteilige Arbeit von Niemann nahe. Sie ist in ihrer empirischen Annäherung an den Untersuchungsgegenstand um Differenzierung bemüht und legt zumindest die Grundlage für ein ausgewogenes historisches Sachurteil.

Gleichermaßen Grundlage wie Nebenertrag der Niemannschen Dissertation stellt der voluminöse, von ihm herausgegebene und eingeleitete Sammelband "Mecklenburgische Gutsherren im 20. Jahrhundert" dar. Das Buch vereint etwa 50 Erinnerungsberichte ehemaliger Gutsherren, aber auch ?frauen und ?kinder, die auf Nachfrage Niemanns angefertigt worden sind, sowie zwei zeitgenössische Aufzeichnungen und zwei biographische Skizzen über begüterte Industrielle. Der vom Verlag ansprechend ausgestattete und mit zahlreichen Fotos aus Privatbesitz versehene Band beabsichtigte zuvörderst, die prosopographische Lücke im herkömmlichen Quellenmaterial für Niemanns Monographie zu schließen. Letztlich fand sich die Hälfte des von Niemann angeprochenen Personenkreises dazu bereit, als Zeitzeuge einen Beitrag zu liefern. Obwohl man im Autorenverzeichnis (719) nur wenige Informationen über die Beiträger erhält, läßt sich anhand der Jahrgänge (27 x 1906-1924; 27 x 1925-1942) erkennen, daß die Zeitzeugen nicht durchgängig eine direkte Augenzeugenschaft für die Jahre der noch aktiven Gutsherrschaft ihrer Familien in Mecklenburg, also bis zur Durchführung der Bodenreform in den frühen Nachkriegsjahren, beanspruchen können. So versammelt das Buch mehrfach auch tradierte Familienerinnerungen, die bis in das Mittelalter und die Frühe Neuzeit zurückreichen (z.B. 195, 397, 541). Schwerpunkt aller - natur? bzw. autorengemäß heterogenen - Berichte stellt aber der Zeitraum zwischen etwa 1925 und 1945 dar, den die Zeitzeugen anhand eines Fragenkataloges schildern, der die Themenkomplexe Soziales, Wirtschaftsdaten, Politische Haltung, Bodenreform sowie Leben im Westen berührt. Dass aber gleichzeitig die Erfahrungen der Nachwendezeit mit ihren Auseinandersetzungen um Rückübertragung und Entschädigung sowie den Problemen eines neuerlichen Erwerbs bzw. einer Neupachtung mit reflektiert werden konnten, die Geschichte des Großgrundbesitzes sich nach den einschneidenden und langwierigen Strukturveränderungen der DDR-Zeit insofern - nicht ganz wider Erwarten ("Die Kontakte zu den Menschen aus den beiden Dörfern sind nie abgerissen und haben sich Ende der 70er Jahre immer mehr vertieft." [329]) - nicht als abgeschlossenes Sammelgebiet für Archivare und Historiker präsentiert, gehört zu den Vorzügen dieses für ein Zeitzeugenprojekt groß angelegten Bandes. Auch wenn es vor allem aufgrund der unerfreulichen juristischen Streitigkeiten und schwierigen Rechtsfindung im heutigen Deutschland vielfach noch nicht zu einer Versöhnung der Gutsherren mit ihrer durchbrochenen Geschichte gekommen ist, so dokumentiert dieser Band ausschnittweise auch die Chancen und Versuche eines wirtschaftlichen und sozialen Neuanfangs im Lande (105). Hierzu auch die andere Seite zu hören, die Stimme jener Alt? und Neu?Mecklenburger, die auch zwischen 1945 und 1990 dort gelebt und gearbeitet haben, und sich seit der Wende auch mit einem weitgehend verdrängten Aspekt ihrer Geschichte konfrontiert sehen, wäre sicherlich eine sinnvolle Erweiterung dieses Projektes, das dann - insofern man die Erfahrungen und Erinnerungen von LPG-Angehörigen und ?abwicklern vom Traktoristen bis zum "Roten Junker" einbezöge - nicht mehr nur von den "Gutsherren" handeln müßte, sondern allgemein vom Großgrundbesitz, der ja heute noch für das Antlitz Mecklenburgs charakteristisch erscheint. - Und Niemann könnte sich weiterhin um diesen wichtigen Bereich der Geschichte Mecklenburgs verdient machen.

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