Heidemann (Hrsg.): Regesten der Markgrafen von Brandenburg (1373–1415)

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Titel
Regesten der Markgrafen von Brandenburg aus dem Hause Luxemburg. Karl IV., Wenzel, Sigismund und Johann sowie deren Hauptmänner 1373–1415


Herausgeber
Heidemann, Franziska
Reihe
Studien zu den Luxemburgern und ihrer Zeit 13
Erschienen
Warendorf 2016: Fahlbusch Verlag
Anzahl Seiten
XVII, 386 S.
Preis
€ 72,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Jan Winkelmann, Herderschule Rendsburg

Mit den „Regesten der Markgrafen von Brandenburg aus dem Hause Luxemburg“ hat Franziska Heidemann jetzt den zweiten Teil ihrer Dissertation vorgelegt. In ihrem ersten Buch „Die Luxemburger in der Mark. Brandenburg unter Kaiser Karl IV. und Sigismund von Luxemburg (1373–1415)“1 hatte sie die Politik der Luxemburger Herrscher einer Analyse unterzogen. Der nachfolgende Regestenband versammelt passend zum Themenzuschnitt des Analyseteils die Urkunden Karls IV.2 in seiner Eigenschaft als Vormund seiner Söhne sowie die Urkunden Wenzels, Sigismunds und Johanns in ihrer Eigenschaft als Markgrafen von Brandenburg. Ferner fanden die Urkunden der Hauptmänner der Markgrafen Eingang in die Regesten. Beide Bände sind in der Reihe „Studien zu den Luxemburgern und ihrer Zeit“ im Fahlbusch Verlag erschienen und erweitern damit diese Reihe um eine spezifisch landesgeschichtlich-brandenburgische Perspektive. Zudem ermöglichen die Bände ein umfassendes Bild auf die Herrschergestalt Sigismunds von Luxemburg in jungen Jahren.

Ein Regestenband mit dynastischem Zuschnitt wurde in der brandenburgischen Landesgeschichtsforschung schon sehr lange nicht mehr vorgelegt. Der „Verein für Geschichte der Mark Brandenburg“ hatte sich im Jahre 1901 eine vollumfassende Urkundenbearbeitung und Kommentierung für die Markgrafen aus askanischen, wittelsbachischen und luxemburgischen Hause vorgenommen. Herrmann Krabbo (und in Nachfolge Georg Winter) besorgte damals die bis heute als „Klassiker“ geltenden Regesten der askanischen Markgrafen.3 Krabbo gab den Regesten ausführliche historische Erklärungen bei und diskutierte Jahres- oder Ortsangaben. In der jüngeren Zeit sind für Brandenburg vor allem durch Friedrich Beck umfassende und sehr hilfreiche Regestenarbeiten vorgenommen worden, die dem Provenienzprinzip folgten. Hervorzuheben ist dabei das Urkundeninventar des Brandenburgischen Landeshauptarchivs4 sowie die ausführlicheren Regestenarbeiten über die Kurmärkischen Stände.5 Ebenfalls erwähnenswert sind im jüngeren Zusammenhang die Regesten des Domstift Brandenburgs, welche in zwei Bänden durch Wolfgang Schössler publiziert wurden.6

Franziska Heidemanns Blick richtet sich nunmehr auf die Luxemburger in den wechselvollen Jahrzehnten zum Ende des 14. Jahrhunderts und des beginnenden 15. Jahrhunderts. Heidemann hat dabei nach eigenen Angaben von 566 Urkunden Vollregesten angefertigt, wobei 299 auf die Markgrafen entfielen und 273 von den Landeshauptmännern stammten. Dieses Verhältnis spiegelt dabei einmal mehr die besonderen, von ferne der Markgrafen geprägten Zustände der Mark Brandenburg zum Ende des 14. Jahrhunderts wider.7 In der Gestaltung der Regesten orientiert sich Heidemann an den Richtlinien für die Edition landesgeschichtlicher Quellen nach Heinemeyer.8 In der Kopfzeile werden Ort und Zeit angegeben, im Regestenteil finden sich Aussteller, Empfänger und der wesentliche Rechtsinhalt. Ferner werden alle in der Urkunde genannten Personen und Orte angegeben und das Regest mit der wörtlichen Zitierung von Actum und Datum abgeschlossen. Unter dem Regest werden Angaben zu bereits publizierten Drucken und Regesten der betreffenden Urkunde sowie zur Original- oder Kopialüberlieferung gemacht. Auch etwaige Siegelbeschreibungen und Kanzleivermerke sind verzeichnet; die Angabe der Archivsignatur erleichtert dem Interessierten das Auffinden des Originals. Im Gegensatz zu den Urkunden des Markgrafen wurde bei den Urkunden der Hauptleute auf eine Darstellung der archivalischen Überlieferung verzichtet.

Als archivalische Grundlagen dienten Heidemann zunächst die einschlägigen Archive in Berlin und Brandenburg. Durch die Berücksichtigung der räumlich wie inhaltlich naheliegenden Archive in angrenzenden Territorien wie Mecklenburg und der Abteilungen Magdeburg und Wernigerode des Landesarchivs Sachsen-Anhalt konnte Heidemann eine größere Vollständigkeit erreichen als der Codex von Riedel.9 Die Archivlage in Brünn und Prag wurde durch Heidemann anhand moderner Forschungsliteratur (S. XI) erschlossen; inwiefern diese in den 1960er-Jahren entstandenen Inventare vollumfassend sind, wäre noch zu prüfen. Schließlich wurde auch auf die Regesta-Imperii-Datenbank zurückgegriffen.

Heidemanns Regesten schieben sich in ihrer Anwendbarkeit zwischen den Codex von Riedel und die Urkundeninventare Becks. Riedel wird durch die verfeinerten Editionsmethoden und die Präzision der Überlieferungsgeschichte überholt. Die zum Beispiel für Riedel durchaus typische Quellenangabe „Nach dem Originale“ findet bei Heidemann selbstredend keinen Platz, sondern wird sinnvoll mit Angabe der originalen Überlieferung aufgelöst. Becks Urkundeninventare hingegen, welche bewusst nur knappste Angaben zum Inhalt der Urkunden liefern, werden nun durch Heidemanns Vollregest ergänzt. Neben der ausführlichen Zusammenfassung des Urkundeninhaltes finden sich im Gegensatz zu Becks Urkundeninventaren auch Angaben zu Zeugen oder die ausstellenden Kanzleimitarbeiter. Ferner gilt zu berücksichtigen, dass sich Beck auf die Archivlage im Brandenburgischen Landeshauptarchiv beschränkte.

Die spezifische Leistung eines solchen Regestenwerkes besteht darin, dass dieses Ungereimtheiten und Ungenauigkeiten bei Riedel auflöst und durch die Übersetzung in modernes Deutsch den Zugang zu den Urkunden für Laien wie für die Forschung erleichtert. Mit dem Vollregest von Heidemann mag ein Besuch im Archiv nicht mehr erforderlich sein. Heidemanns Regesten spiegeln dabei auch die aktuelle Bestandssichtung wider; so finden sich bei ihr Urkunden, die bei Riedel noch keinen Eingang gefunden hatten.

Als Fazit mag gelten: Für die brandenburgische Landesgeschichtsforschung bleibt Riedel mit seinen 41 Bänden für jeden Forscher unumgänglich.10 Mit Heidemanns Arbeit geht aber einer der „selten realisierten Wunschträume“11 von der Erstellung informativer Regesten für das Haus Luxemburg in Erfüllung. Zu vernachlässigen ist deshalb die Tatsache, dass Heidemann nicht mit ebenjener erläuternden und einordenden Ausführlichkeit vorgehen konnte, wie es das Regestenwerk Krabbos vorgemacht hat.

Anmerkungen:
1 Vgl. Jan Winkelmann: Rezension zu: Heidemann, Franziska: Die Luxemburger in der Mark. Brandenburg unter Kaiser Karl IV. und Sigismund von Luxemburg (1373–415). Warendorf 2014, in: H-Soz-Kult, 17.02.2016, http://hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-23480 (18.11.2016).
2 Dazu jetzt auch Jan Richter/ Peter Knüvener / Kurt Winkler (Hrsg.), Karl IV. – ein Kaiser in Brandenburg, Berlin 2016.
3 Vgl. Hermann Krabbo, Georg Winter (Bearb.), Regesten der Markgrafen von Brandenburg aus askanischem Hause, Leipzig 1910–1955.
4 Vgl. Friedrich Beck, Urkundeninventar des Brandenburgischen Landeshauptarchivs. Kurmark, 2 Teile, Berlin 2001–2002.
5 Vgl. Friedrich Beck (Bearb.), Regesten der Kurmärkischen Stände (Rep. 23 A) des Brandenburgischen Landeshauptarchivs, Frankfurt am Main 2006.
6 Vgl. Wolfgang Schößler (Bearb.), Regesten der Urkunden und Aufzeichnungen im Domstiftsarchiv Brandenburg, Teil 1: 948–1487, Weimar 1998.
7 Vgl. Jan Winkelmann, Die Mark Brandenburg des 14. Jahrhunderts. Markgräfliche Herrschaft zwischen räumlicher „Ferne“ und politischer „Krise“, Berlin 2011.
8 Vgl. Walter Heinemeyer (Hrsg.), Richtlinien für die Edition landesgeschichtlicher Quellen, Marburg 2002.
9 Vgl. Adolph Friedrich Riedel (Bearb.), Codex Diplomaticus Brandenburgensis. Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellenschriften für die Geschichte der Mark Brandenburg und ihre Regenten, 41 Bde., Berlin 1838–69.
10 Vgl. Klaus Neitmann, Adolf Friedrich Riedel, Der Codex diplomaticus Brandenburgensis und der Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. Aufgabenstellung, Organisationsformen und Antriebskräfte der brandenburgischen Landesgeschichtsforschung 1830 bis 1848, in: Bärbel Holtz (Hrsg.), Krise, Reformen und Kultur, Preußen vor und nach der Katastrophe von 1806, Berlin 2010, S. 249–298.
11 Beck, Urkundeninventar, Teil 1, S. XIII.

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