P. Feldbauer u.a. (Hrsg.): Venedig 800 - 1600

Cover
Titel
Venedig 800 - 1600. Die Serenissima als Weltmacht


Herausgeber
Feldbauer, Peter; Liedl, Gottfried; Morrissey, John
Reihe
Expansion – Interaktion – Akkulturation. Historische Skizzen zur Europäisierung Europas und der Welt 18
Erschienen
Anzahl Seiten
272 S.
Preis
€ 17,80
Rezensiert für 'Connections' und H-Soz-Kult von:
Irmgard Fees, Ludwig-Maximilians-Universität München

Dieser kompakte, einen deutlichen wirtschaftsgeschichtlichen Schwerpunkt aufweisende Überblick über die Geschichte Venedigs erweckt Bewunderung durch seinen inhaltlichen Zuschnitt und seine souveräne Auswertung der Literatur; zudem ist er noch kurzweilig und unterhaltsam zu lesen. Beides hat sich offenbar beim interessierten Publikum herumgesprochen, denn das Bändchen von 2010 ist bereits die dritte Fassung des Werks, die innerhalb weniger Jahre vorgelegt wurde (Feldbauer / Morrissey, Venedig 800–1600: Wasservögel als Weltmacht, 2002; Feldbauer / Morrissey, Weltmacht mit Ruder und Segel: Geschichte der Republik Venedig 800–1600, 2004), jedesmal in einer inhaltlich leicht erweiterten und durch Einarbeitung der neuesten Literatur aktualisierten Form. Bewunderung erweckt der Band, weil er auf engstem Raum einen kompetenten Überblick über mehr als 800 Jahre venezianischer Geschichte bietet, und dies nie unter einseitig auf Venedig konzentriertem Blickwinkel, sondern indem die venezianische Geschichte eingebettet wird in die Geschichte des Mittelmeerhandels und des europäischen Fernhandels dieser Zeit allgemein, die die Autoren als „vormodernes Weltsystem“ (S. 78ff.), als „protoglobalisierte Welt“ (S. 83) charakterisieren. So werden mit Amalfi, Pisa und Genua nicht nur die Konkurrenten Venedigs im Mittelmeer in eigenen Kapiteln behandelt, ebenso wie die „Kolonien“ in vorkolonialer Zeit, Kreta und Zypern, und die Stützpunkte im Schwarzmeergebiet, sondern der Mittelmeerraum wird „zwischen Flandern und Fernost“ verortet. Die venezianische „Innenpolitik“ bzw. die politische Entwicklung und Geschichte der Stadt handeln die Autoren im Vergleich dazu eher knapp, vielleicht ein wenig zu knapp ab. Bewunderung erweckt neben dem inhaltlichen Zugriff auch die kompetente Erfassung und Auswertung der nahezu unübersehbar gewordenen Literatur zu Venedig; neben den klassischen Grundlagenwerken sind neueste, in Kongressbänden und Zeitschriftenartikeln publizierte Erkenntnisse eingearbeitet. Ein zusätzlicher Korrekturgang hätte dem Literaturverzeichnis allerdings nicht geschadet (Autorennamen Härtel, Puncuh, Tucci etwa); auf manchen Titel, wie die im Internet verfügbare Hauptseminarsarbeit zur ottonischen Politik (S. 260), hätte man verzichten können, und manche Position wäre zu relativieren. So erscheint, um nur ein Beispiel zu nennen, der Vierte Kreuzzug mehrfach zu einseitig als „unglaublicher Schachzug“ Venedigs (S. 37, ähnlich S. 95, S. 99). Der essayistische Stil, der einerseits die Lektüre unterhaltsam und den Text leicht konsumierbar macht, gerät in einigen Kapiteln mit stakkatohaften, verbfreien Sätzen allzu sehr in die Nähe der Werbesprache. Zudem sind die zahlreichen global players und newcomer gewöhnungsbedürftig, die sich in der vielfach betonten longue durée des Mittelmeeres zwischen rollbacks, spin offs und land locked powers tummeln; besonders häufig tun sie dies, so scheint es, im Kapitel „Die Welt des Mittelmeeres“. Das kann jedoch der grundsätzlichen Freude der Rezensentin an diesem empfehlenswerten Bändchen keinen Abbruch tun. Nur ein ernster Einwand zum Schluss: dass Rivus altus „niedriger Fluss“ heißt, wie auf S. 16 behauptet, trifft nun wirklich nicht zu!

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Diese Rezension entstand im Rahmen des Fachforums 'Connections'. http://www.connections.clio-online.net/
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