Cover
Titel
Karl der Große.


Autor(en)
Hartmann, Wilfried
Reihe
Kohlhammer Urban Taschenbücher 643
Erschienen
Stuttgart 2010: Kohlhammer Verlag
Anzahl Seiten
333 S.
Preis
€ 19,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Brigitte Kasten, Lehrstuhl für Geschichte des Mittelalters, Universität des Saarlandes

Die neue Biografie über Karl den Großen enthält auf rund 60 Seiten einen knappen und zugleich konzisen Überblick über Herkunft, Werdegang und Lebensführung Karls des Großen. In verlässlicher und nüchterner Art und Weise werden gesicherte Forschungsergebnisse übernommen und auf spekulative Hypothesen hingewiesen.

Nach diesem chronologisch-biografischen Teil folgt als eigentlicher Schwerpunkt der Studie in mehreren systematisch angelegten Themen-Kapiteln die Darstellung und analytische Betrachtung der militärischen Expansion des Frankenreiches unter Karl dem Großen, der Regierungs- und Verwaltungsstruktur des Reiches und des Wirtschaftslebens um 800. Während das letztgenannte Kapitel – zum Teil wegen der vergleichsweise dünnen Quellenbasis – recht dürr ausfällt, glänzt die anschließende Darbietung über die Kirche, das Mönchtum, die kirchliche Gesetzgebung und das Verhältnis Karls des Großen zu den Päpsten, ferner über Bildung und Wissenschaft besonders hell. Hier schöpft der Autor so sehr aus dem Vollen seiner Forschungsschwerpunkte und vermittelt diese so anschaulich durch einen quellengesättigten narrativen Stil, dass sowohl der Spezialist als auch der interessierte Laie mit Gewinn und Vergnügen die Lektüre genießen kann. Dabei wird an keiner Stelle die Hauptfigur, Karl der Große, aus dem Blick verloren, doch wird diese in das personale Umfeld der vielen Helfershelfer und Berater eingeordnet. Der Anteil der herrscherlichen Direktive und das Wirken der angelsächsischen, schottischen, langobardischen, gotischen und fränkischen Theologen und Wissenschaftler, der Bischöfe und Mönche werden ausgewogen gegeneinander abgegrenzt. Die großartige Leistung der karolingischen Renaissance – eine Begrifflichkeit, die vom Autor nach kritischer Reflexion beibehalten wird – erscheint auf diese Weise wieder klar als Gemeinschaftswerk von Herrscher, Amtsträgern und Beratern.

Die letzten Kapitel gelten der Wiederbelebung des Westkaisertums durch die Kaiserkrönung Karls des Großen, dessen auswärtigen Kontakten und politischen Aktionen, seiner Nachfolgeregelung und seinem Nachleben. Wie bei dieser Reihe erfreulicherweise üblich runden der Anmerkungsteil, das Quellen- und Literaturverzeichnis und das Personenregister die Darstellung ab und helfen bei der Erschließung eines vertiefenden Zugangs zur Person und zur Zeit Karls des Großen. Hilfreich sind darüber hinaus die Hinweise auf die wichtigsten Forschungskontroversen.

Nach den Biografien von Roger Collins (1998), Matthias Becher (1999), Jean Favier (1999), Max Kerner (1999), Dieter Hägermann (2000 und 2003), Alessandro Barbero (2000) und Rosamond McKitterick (2008)1 liegt hiermit innerhalb von zwölf Jahren die neunte Beschreibung von Leben und Werk Karls des Großen vor. Wenn der Autor sich eingangs fragt, ob dies sinnvoll gewesen ist, so kann dies ganz und gar bejaht und somit seine positive Einschätzung geteilt werden. Alle Biografien sind in ihrer Annäherung an die Person des bedeutenden Herrschers (und auch in ihrem Umfang) höchst verschieden, und jede hat ihre Berechtigung.

Anmerkung:
1 Roger Collins, Charlemagne, Toronto 1998; Matthias Becher, Karl der Große, München 1999; Jean Favier, Charlemagne, Paris 1999; Max Kerner, Karl der Große. Entschleierung eines Mythos, Köln 2000; Dieter Hägermann, Karl der Große. Herrscher des Abendlandes, Berlin 2000 und München 2003; Alessandro Barbero, Carlo Magno. Un padre dell’Europa, 5. Auflage, Rom 2008; Rosamond McKitterick, Karl der Große, Darmstadt 2008.

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