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Titel
Staat und Schulden. Öffentliche Finanzen in Deutschland seit dem 18. Jahrhundert


Autor(en)
Ullmann, Hans-Peter
Erschienen
Göttingen 2009: Vandenhoeck & Ruprecht
Anzahl Seiten
254 S.
Preis
€ 42,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Marc Buggeln, Institut für Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin

Hans-Peter Ullmann kann spätestens seit der Veröffentlichung seines fast tausendseitigen Monumentalwerks über die öffentlichen Schulden in Bayern und Baden 1780 bis 1820 zu den führenden Kennern der deutschen Finanzgeschichte gezählt werden.1 Einem breiteren Publikum ist Ullmann in dieser Hinsicht vermutlich erst durch sein 2005 im Beck Verlag veröffentlichtes Taschenbuch bekannt geworden, in welchem er die Geschichte des deutschen Steuerstaates vom 18. bis zum 20. Jahrhundert auf knapp 200 Seiten zusammenfasst. Diese gut geschriebene und überzeugend argumentierende Studie schloss eine bis dahin gravierende Lücke und wird ohne Zweifel auf lange Sicht das unentbehrliche Standardwerk zur deutschen Finanzgeschichte bleiben.2

Bei dem hier anzuzeigenden Werk handelt es sich nicht um eine weitere Monographie des Autors, sondern bis auf eine Ausnahme um eine Sammlung bereits publizierter Aufsätze, die aus Anlass von Ullmanns sechzigstem Geburtstag von Hartmut Berghoff und Till van Rahden herausgegeben wurde. Abgedruckt sind fünfzehn Aufsätze, welche die Zeit vom 18. bis zum 20. Jahrhundert umfassen. Ihnen vorangestellt ist eine kurze Einleitung der Herausgeber, die unter anderem die Begründung für die Gliederung des Buches in vier Abschnitte (I. Konzepte, II. Krisen und Reformen, III. Haushalte und Institutionen und IV. Akteure) enthält.

Leider krankt das Buch an den Problemen vieler Aufsatzsammlungen eines einzelnen Autors: Es enthält erhebliche Redundanzen. Hinzu kommt, dass Ullmann die in den Aufsätzen behandelten Gegenstände in konziser und sehr viel besser zusammenhängender Form in "Der deutsche Steuerstaat" behandelt hat. Hinsichtlich der deutschen Finanzgeschichte im 20. Jahrhundert enthält der Band kaum einen Mehrwert. Erwähnenswert scheint hier immerhin, dass Ullmann in einem nur für diesen Band veröffentlichten Beitrag der Public-Choice-Theorie einen größeren Nutzwert zuerkennt als in seiner Gesamtdarstellung, wobei er aber selbst Einwände gegenüber dem Verhaltensmodell der Theorie geltend macht. Diese erscheinen ihm hier jedoch vernachlässigenswert gegenüber dem Vorteil, dass mit ihr diffizile Prozesse konsequent auf politische Entscheidungen zurückgeführt werden können (S. 46).

Für das 18. und 19. Jahrhundert wird das Bild in einigen Details gegenüber dem "deutschen Steuerstaat" empirisch erweitert. Hervorzuheben ist hier besonders der letzte Beitrag des Bandes, in welchem das Verhältnis zwischen Staat und Steuerzahlern im deutschen Kaiserreich untersucht wird. Ullmann verweist zu Recht darauf, dass die Bürgertumsforschung sich bisher wenig um die Rolle der Bürger als Steuerzahler gekümmert hat, und damit einen wichtigen Aspekt im Verhältnis von Bürgern zum Staat übersieht. Dementsprechend könnte eine Untersuchung dieser Vorstellungen wichtige Anregungen für eine Sozial- und Kulturgeschichte des Kaiserreichs geben. Allerdings verbleibt Ullmann in seiner Analyse weitgehend auf der Ebene der vom Staat verlangten Steuern und der Konflikte um die jeweilige Abgabenhöhe zwischen Junkern auf der einen, Handel und Industrie auf der anderen Seite. Die Einstellung einzelner Bürger zum Steuersystem bleibt hingegen weitgehend unerforscht.

Zusammenfassend kann allen an der deutschen Finanzgeschichte interessierten Lesern nur dringend Ullmanns Taschenbuch in der Beck'schen Reihe empfohlen werden, das historische Zusammenhänge besser zu entfalten vermag als die hier besprochene Aufsatzsammlung und zudem weit kostengünstiger ist. Letztere wird hingegen eher für auch an Detailfragen der deutschen Finanzgeschichte des 18. und 19. Jahrhunderts Interessierte eine sinnvolle Ergänzung darstellen.

Anmerkungen:
1 Hans-Peter Ullmann, Staatsschulden und Reformpolitik. Die Entstehung moderner öffentlicher Schulden in Bayern und Baden 1780-1820, 2 Bde., Göttingen 1986.
2 Hans-Peter Ullmann, Der deutsche Steuerstaat. Geschichte der öffentlichen Finanzen, München 2005. Vgl. dazu auch die Rezension von Mark Spoerer, in: sehepunkte 6 (2006), Nr. 1, <http://www.sehepunkte.de/2006/01/8322.html> (09.03.2010).

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