Cover
Titel
Hennings HIWI-Test. 175 Fragen und Antworten rund um die Historischen Hilfswissenschaften


Autor(en)
Henning, Eckart
Erschienen
Berlin 2009: BibSpider
Anzahl Seiten
136 S.
Preis
€ 21,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Harald Müller, Historisches Institut, RWTH Aachen

Der schmale Band ist ein Repetitorium der Historischen Hilfswissenschaften, jener Fächergruppe also, die häufig die unverzichtbare Erkenntnisgrundlage jeglicher Quelleninterpretation des Historikers ist – ganz gleich ob diesem handschriftlich fremde Texte, Bedeutung tragende Siegel, komplex gestaltete Urkunden oder vergrabene Münzen vorliegen. Vom 18. Jahrhundert an wurden diese vielfältigen Spezialdisziplinen unter dem Titel Historische Hilfswissenschaften gebündelt, später gern auch als sogenannte Grundwissenschaften in den Kanon der Geschichtswissenschaften eingeordnet. Die jüngere Hochschulpolitik hat sich des Faches in gewohnt gründlicher Weise angenommen, so dass zurzeit die Historischen Hilfswissenschaften an deutschen Universitäten nur noch in Koppelungen an geschichtswissenschaftliche Lehrstühle – meist des Mittelalters – beziehungsweise mit medienwissenschaftlicher Erweiterung existieren. Eckart Henning, der aus Jahrzehnten hilfswissenschaftlicher Berufserfahrung schöpft, macht im Vorwort Fachkollegen, Studenten, aber auch Benutzer von Archiven, Bibliotheken und Museen als Adressaten seines Buches aus. Ihnen will er ein Nachschlagewerk zu Trainingszwecken, zur Vorbereitung auf Prüfungen und gleichsam einen „kleinen Katechismus der Historischen Hilfswissenschaften“ (S. 8) an die Hand geben.

Nach einem Vorspann über die Historischen Hilfswissenschaften als Gesamtheit werden folgende Disziplinen in alphabetischer Reihenfolge behandelt: Aktenkunde, Autografenkunde, Chronologie, Diplomatik, Genealogie, Heraldik, Münz- und Medaillenkunde, Paläografie, Ordenskunde (Phaleristik), Siegelkunde, Titulaturenkunde, Fahnen- und Flaggenkunde. Zehn Thesen zu den Gemeinsamkeiten der Historischen Hilfswissenschaften sowie ein Verzeichnis der einschlägigen Publikationen des Verfassers beschließen den Band. Ein Register gibt es nicht. Die Auswahl der behandelten Disziplinen zeigt die Handschrift des Autors. Sehr gut hätte man sich statt der Ordenskunde oder der Titulaturenkunde Abschnitte über historische Kartografie oder Insignienkunde vorstellen können, auch die Epigrafik hätte sich sinnvoll in den Kanon eingefügt. Was zur Hilfswissenschaft des Historikers wird, bestimmen letztlich jeweils die Quellen und die an diese gerichteten Fragen!

Von Fragen wimmelt das Buch. 175 Fragen und Antworten sollen den Leser testen, trainieren oder informieren. Pro Disziplin werden zwischen 12 und 15 Fragen aufgeworfen und jeweils auf der Rückseite beantwortet. Die Titulaturenkunde zeigt dabei mit 15 Aufgaben dasselbe Fragepotenzial wie die Paläografie als „Klassiker“ und sogar mehr als die Diplomatik (13). Die Ordenskunde (15) überbietet die Chronologie, der mit zwölf Fragen genauso viel Aufmerksamkeit zuteil wird wie der Fahnenkunde. Über solche Gewichtungen zu streiten, ist müßig, doch stutzt zumindest der Hochschullehrer angesichts der unterschiedlichen Bedeutung einzelner Teildisziplinen im Rahmen der Studentenausbildung. In der Qualität zeigt das hilfswissenschaftliche Frage- und Antwortspiel gewisse Unregelmäßigkeiten. Selbstverständlich ist es nicht immer möglich, teils weit greifende Fragen in wenigen Sätzen präzise zu beantworten, und gröbere Schnitzer sind dem Rezensenten beim Durchblättern nicht aufgefallen. Eine Ausnahme bildet die Sektion Chronologie. Man mag streiten, ob sich die Zählung nach Christi Geburt bereits in der Karolingerzeit flächendeckend durchgesetzt hat, die Indiktion gehört jedenfalls definitiv nicht in den Bereich der Tageszählung (S. 39f.). Der Papst der Kalenderreform von 1582 war Gregor XIII., und es wurde damals keineswegs eingeführt, dass „alle 400 Jahre ein Schaltjahr erfolgen“ solle (S. 42). Vielmehr wurde zur Sicherung der künftigen Synchronität von Kalender und Astronomie festgelegt, dass weiterhin jedes vierte Jahr ein Schaltjahr erfolgen, in einem Zeitraum von 400 Jahren aber drei Schalttage ausfallen sollten. Dazu legte man fest, dass in den Jahren, die durch 100, nicht aber durch 400 teilbar sind, der Schalttag entfällt. Die Jahre 1700, 1800 und 1900 waren daher keine Schaltjahre, wohl aber 1600 und 2000. Solche Versehen wecken den Verdacht, dass die einzelnen Disziplinen zwar vom Umfang gleichgestellt, nicht aber mit derselben Sorgfalt bearbeitet wurden.

Es bleibt die Frage nach der Verwendbarkeit des Bandes. Zur Vorbereitung auf eine Prüfung taugt der Fragenkatalog prinzipiell, doch wird man eine passend geschnittene Vorlesung über die Historischen Hilfswissenschaften bestenfalls beim Verfasser selbst finden können. Für Veranstaltungen mit einem höheren Spezialisierungsgrad zielen die Fragen gerade in den klassischen Teilfächern indes zu sehr auf die Grundlagen. Als handliche Hilfe für Benutzer von Archiven, Bibliotheken und Museen schließlich wäre ein alphabetisch gestaltetes Glossar wohl besser geeignet. So steht Hennings instruktiver HiWi-Test ein wenig verloren und Anschluss suchend in der weiten Landschaft der hilfswissenschaftlichen Fachliteratur, was nicht zuletzt am Buchkonzept liegt. Statt des luftig gesetzten Bändchens hätte sich der klassische Umdruck für Vorlesungsteilnehmer oder noch eher eine digitale Bereitstellung im Internet angeboten. Sie wäre für die Nutzer leichter zugänglich und deutlich preiswerter. Obendrein hätte man den Fragenkatalog fortschreiben und offensichtliche Fehler im Text leicht beheben können.

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