Cover
Titel
Pompeius.


Autor(en)
Southern, Pat
Erschienen
Essen 2006: Magnus-Verlag
Anzahl Seiten
271 S.
Preis
€ 12,95
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Joachim Losehand, Stuttgart

In der Reihe der historischen Gestalten, die im ersten vorchristlichen Jahrhundert zu den bedeutenden Köpfen der römischen Geschichte zählten und denen die britische Autorin Pat Southern aus Newcastle upon Tyne eine Biographie widmet, darf Cnaeus Pompeius Magnus nicht fehlen. Der Magnus-Verlag in Essen, der die Lebensbeschreibungen Southerns in deutscher Übersetzung publiziert, hat auch ihre Bücher zu (in alphabetischer Reihenfolge) Marcus Antonius, Augustus, Iulius Caesar und Kleopatra veröffentlicht, die damit einen Schwerpunkt im Verlagsprogramm „Frühzeit/Antike“ ausmachen. Die Publikation in deutscher Sprache ist die Übersetzung der mit „Pompey the Great“ überschriebenen englischen Originalausgabe von 2002.1 Angesichts der unabweisbaren Notwendigkeit, als (angehender) Wissenschaftler neben der eigenen Muttersprache wenigstens noch des Englischen hinreichend mächtig zu sein, stellt die deutsche Ausgabe keine inhaltliche Erweiterung oder einen Erkenntnisfortschritt gegenüber der rund drei Jahre älteren Originalausgabe dar, denn abgesehen von einer bibliografischen Erweiterung für die deutschsprachigen Leser/innen (S. 255-257) und einem Glossar (S. 258-265), das die englische Ausgabe nicht bietet, handelt es sich um die reine Übersetzung.

Das ist insofern misslich, als offensichtlich unbesehen Fehler Southerns übernommen wurden und die 2002 zugrunde gelegte Literatur nicht aktualisiert wurde; doch dazu später. Darum kann in gewisser Weise diese Besprechung also auch als Rezension der englischsprachigen Biografie gelten, die bei H-Soz-u-Kult nicht vorgestellt wurde. Die Biografie Southerns (in der Ausgabe von 2002 und also auch in der von 2005) gliedert sich in sieben Kapitel: „Sohn des Strabo“ (S. 7ff.), „Der junge Schlächter“ (S. 32ff.), „Consul und Imperator“ (S. 66ff.), „Schatten über dem Glanz“ (S. 110ff.), „Machtpoker“ (S. 136ff.), „Bürgerkrieg“ (S. 175ff.) und „Vermächtnis“ (S. 197ff.). Das Eingangskapitel („Sohn des Strabo“) führt in Pompeius’ Vorgeschichte und in seine Jugend ein, die er zu einem bedeutenden Teil an der Seite seines Vaters Pompeius Strabo verbracht hat; die Ereignisse dieser Zeit waren sicherlich prägend und müssen durchaus bei der Beurteilung der Person des Pompeius berücksichtigt werden. Dieses Kapitel umfasst die nur teilweise belegte Geschichte seiner Jugend bis zum Beginn der Diktatur Sullas, darin enthalten auch die berühmte Eigeninitiative des jungen Pompeius, der mit einer aus eigenen Mitteln finanzierten Truppe Sulla bei dessen Rückkehr aus Kleinasien nach Italien im Jahr 83 v.Chr. militärisch erfolgreich Beistand leistete. Bei einer ersten Begegnung zwischen dem erfahrenen Feldherrn und dem jungen Energiebündel kommt es zu einer ersten Ehrung des aduluscentulus privatus: Sulla nennt ihn in aller Öffentlichkeit imperator, mehr eine private Auszeichnung denn ein verbindlicher Titel (Plut. Pomp. 8,4).

Nicht unbedingt plausibel ist, dass Southern hier durch ein neues Kapitel („Der junge Schlächter“) eine Zäsur einleitet. Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Kampagnen gegen die noch verbliebenen Gegner Sullas in Süditalien bzw. Sizilien und Nordafrika (81), dem Feldzug gegen den mit eigenen Ambitionen ausgestatteten M. Aemilius Lepidus (cos. 78) in Etrurien (nach dem Tode Sullas; der sogenannte „Lepidus-Aufstand“ 78/77) und dem Krieg gegen den ehemaligen Marianer Quintus Sertorius (123-73) beschäftigt, der nach Ablauf seiner Prätur in Spanien (82) nach eigener Vorstellung eine Art „Exil-Senat“ mit Unterstützung der einheimischen Bevölkerung etabliert hatte. Der „Feldzug“ des siegreich aus Spanien zurückkehrenden Pompeius gegen die nach Norden ziehenden Reste des Spartakus-Aufstandes (71), sein erstes Konsulat (zusammen mit M. Crassus im Jahr 70), die fast vollständige Lösung des Seeräuber-Problems (67/66) und die Kämpfe gegen Mithridates von Pontus (3. Mithridatischer Krieg 66-63) sowie die parallele und sich anschließende Neuordnung des Ostens bis zu Pompeius' Rückkehr nach Italien im Jahr 62 werden dann im Kapitel „Consul und Imperator“ auf gerade einmal 43 Seiten abgehandelt.

In „Schatten über dem Glanz“ behandelt Southern einerseits die Ereignisse in Rom während der Abwesenheit Pompeius’, vornehmlich die Catilinarische Verschwörung und deren Niederschlagung während des Konsulats Ciceros im Jahr 63 sowie die Initiativen zu einer erneuten Landreform unter dem Tribunen Servius Rullus, die wohl eine Ansiedelung der aus dem Osten heimkehrenden Veteranen ermöglichen sollte. Deutlich wird dabei, dass Pompeius über die Vorgänge in der Hauptstadt zweifellos informiert war und über Mittelsmänner versuchte, seinen Einfluß auch während seiner Abwesenheit geltend zu machen, wenn auch mit nur geringem Erfolg. Trotz der Überschrift sieht das Kapitel den Helden des Buches im Zenit seines Erfolges: Pompeius triumphiert zum dritten Male, womit er „über drei Kontinente“ (S. 119) Triumphe feiern konnte, was bis dahin niemand geleistet hatte. Ebenfalls in diesem Kapitel behandelt wird das Konsulat Caesars (59) und das sogenannte „Erste Triumvirat“, also das Bündnis zwischen Caesar, Pompeius und Crassus (S. 122f.). Im Kapitel „Machtpoker“ faltet die Autorin die Zeit von 59 bis 49 vor dem geistigen Auge der Leser/innen auf, also vom Amtsantritt des tribunus plebis Clodius Pulcher am 10. Dezember 59 bis zu Caesars Überschreitung des Rubikon am 10. Januar 49. Auf knapp 40 Seiten fasst Southern diese ereignisreichen Jahre zusammen, so das Exil Ciceros, die Entsendung M. Catos nach Zypern, das imperium proconsulare für Pompeius zur Sicherung der Getreideversorgung, die Konferenz von Luca, das zweite und dritte Konsulat des Pompeius und die Verhandlungen über Caesars Absicht, sich in absentia um ein zweites Konsulat bewerben zu können. Das vorletzte Kapitel zeichnet den Bürgerkrieg bis zur entscheidenden Begegnung der Parteien in Pharsalos (9. August 48) nach und begleitet Cn. Pompeius noch auf seinem Weg über Amphipolis, Mytilene, Pamphylien und Zypern bis zur ägyptischen Küste bei Pelusion, wo er ein gewaltsames Ende findet (28. September 48). Abschließend würdigt und beleuchtet Southern kritisch in „Vermächtnis“ die verschiedenen – teilweise auch widersprüchlichen – Facetten des großen Feldherrn.

Ein so an Ereignissen reichhaltiges Leben wie das des Cnaeus Pompeius Magnus in einer der turbulentesten Epochen römischer Geschichte auf knapp 200 Seiten zusammenzufassen und zu gliedern, ist keine leichte Aufgabe. Die Gliederung des Stoffes durch die Autorin ist sicherlich diskussionswürdig; aus den Kapitelüberschriften, die zumeist recht reißerisch anmuten, lassen sich nicht immer oder nur für „Kenner“ Rückschlüsse auf die jeweils behandelten Abschnitte von Pompeius’ Biografie und der römischen Ereignisgeschichte ziehen. Die Überschrift „Consul und Imperator“ (3. Kapitel) ist etwas irreführend, da der junge Pompeius schon vor Erwerb seines unrühmlichen Beinamens adulescentulus carnifex von Sulla als imperator angesprochen und für die sizilische und afrikanische Expedition mit einem – wenngleich außerordentlichen und oder außerplanmäßigen – imperium pro praetore ausgestattet wurde (Plut. Pomp. 10,2).2 Natürlich wissen wir von zwei Akklamationen des Heeres: eine erste, von Pompeius abgelehnte nach der Schlacht gegen Cn. Domitius Ahenobarbus in Afrika (vgl. Plut. Pomp 12) und wenig später eine zweite in Utica nach erfolgreicher Beendigung des afrikanischen Feldzugs. Der Eindruck, den die Anrede Sullas auf den jungen Pompeius machte, muss aber sicherlich nachhaltiger und bedeutender gewesen sein.

Neben manchen Ungenauigkeiten, bzw. unnötig allgemeinen Formulierungen und Angaben 3 finden die Leser/innen auch einen doppelten „Schnitzer“. Auf Seite 8 heißt es: „,Tote reden nicht‘, hatte Achillas gemeint“ und auf Seite 195: „,Tote beißen nicht‘, sagte Achillas“. Diese Diskrepanz nicht entdeckt und verbessert zu haben, muss sowohl den englischen wie den deutschen Lektor/innen zur Last gelegt werden. Das (bei Plut. Pomp. 77,7) nicht Achillas, sondern Theodotos von Chios „Tote beißen nicht“ sagt, fällt nur den Leser/innen auf, die die Quellen kennen. Ebenfalls nicht korrekt ist die gleich zu Beginn des ersten Kapitels (S. 7) geschilderte „dramatische Szene“: „Am 28. September des Jahres 48 v. Chr. verließ ein kleines Boot den Hafen von Alexandria, um zu einer römischen Galeere zu gelangen, die aus dem nahen Pelusium gekommen war [...] Die vorgebliche Aufgabe der Insassen war es, den römischen Feldherren [Pompeius] zu empfangen, der sich an Bord des gerade eingelaufenen Schiffes befand.“ Der junge König Ptolemaios befand sich Ende September in der Festung Pelusium, und an dieser Küste fand Pompeius nach Übereinstimmung aller Quellen sein Ende. Bei Lukan finden wir zwar eine Nachricht, Pompeius sei zunächst gegen Alexandria gesegelt, aber er schreibt auch, Pompeius habe wenden lassen und am Nildelta entlang nach Osten mit Ziel Pelusion bzw. dem Kasion-Vorgebirge gedreht (bell. civ. 8,463-464). Pelusium erwähnt Southern sonst im Folgenden mit keinem Satz.

Der wissenschaftliche Apparat des Buches entspricht nicht unbedingt den gängigen Standards, Anmerkungen werden nur kumulativ gegeben, Zitate oder Paraphrasen aus der Sekundärliteratur nicht unmittelbar belegt; man muss sie sich aus der Anmerkung zu einem größeren Abschnitt heraussuchen. Die Bibliografie stellt nur einen repräsentativen Querschnitt dar und ist auch nicht auf dem aktuellen Stand – wie im Fall der für den angloamerikanischen Raum wichtigen Pompeiusbiografie von Seager, deren zweite Auflage 2002 „zugunsten“ der Erstauflage von 1979 unterschlagen wird.

Da mit der Übersetzung der Publikation Southerns nun eine weitere Pompeiusbiografie in deutscher Sprache nach der von Gelzer4, Baltrusch (eine Doppelbiografie) 5 und Christ vorliegt6, muss sie sich an diesen Vorgängern messen lassen: Auch wenn der Pompeiusbiograf Karl Christ in der Verlagswerbung für Gelzers neuaufgelegte Pompeiusbiografie diese nach wie vor für „die fundierteste und quellenmäßig am dichtesten belegte wissenschaftliche Pompeiusbiografie in deutscher Sprache“ hält, der Maßstab für den deutschen Raum also seit einigen Jahrzehnten hoch hängt, muss man doch zugeben, dass die von Southern vorgelegte Biographie aus wissenschaftlicher Sicht – auch im Vergleich zu den Werken angloamerikanischer Provenienz – im Rahmen ihrer Möglichkeiten durchaus gelungen ist.

Anmerkungen:
1 Southern, Pat, Pompey the Great, Stroud 2002.
2 Zur Diskussion um die imperia des Pompeius: Girardet, K. M., Imperia und provinciae des Pompeius 82 bis 48 v. Chr., Chiron 31 (2001), S. 153-209.
3 So etwa zum "peculatus"-Prozeß von 83, in dem sich Pompeius zwar vor einem Gericht wegen Unterschlagung von Kriegsbeute verantworten musste – allerdings war sein verstorbener Vater Strabo der Angeklagte (Plut. Pomp. 4,1): S. 22f.; Weiteres z.B. hinsichtlich der Datierung des ersten Triumphes: S. 47.
4 Gelzer, Matthias, Pompeius. Lebensbild eines Römers, Stuttgart 2005.
5 Vgl. Losehand, Joachim, Rezension zu Ernst Baltrusch, Caesar und Pompeius, Darmstadt 2004, in: H-Soz-u-Kult, 23.08.2005 <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2005-3-112>.
6 Christ, Karl, Pompeius. Der Feldherr Roms, München 2004. Rezensiert von Klaus-Peter Johne in H-Soz-u-Kult, 26.09.2005 <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2005-3-184>.

Redaktion
Veröffentlicht am
Redaktionell betreut durch
Klassifikation
Mehr zum Buch
Inhalte und Rezensionen
Verfügbarkeit
Weitere Informationen
Sprache der Publikation
Sprache der Rezension