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Titel
Pompeius. Der Feldherr Roms. Eine Biographie


Autor(en)
Christ, Karl
Erschienen
München 2004: C.H. Beck Verlag
Anzahl Seiten
246 S.
Preis
€ 19,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Klaus-Peter Johne, Institut für Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin

Der emeritierte Marburger Althistoriker Karl Christ gehört seit Jahrzehnten zu den renommiertesten Kennern der römischen Geschichte. Nach seinen Werken über Caesar 1994 und Sulla 2002 legt er nun die Biografie des Cn. Pompeius Magnus vor und schließt damit seine eindrucksvolle Trilogie über die Protagonisten der von schweren inneren Krisen gezeichneten Epoche der späten römischen Republik ab. Das Buch ist in 15 Kapitel gegliedert. Am Beginn steht eine knappe Skizze der machtpolitischen Veränderungen im Mittelmeerraum seit den Punischen Kriegen und deren Auswirkungen auf die Wirtschaft und Gesellschaft Roms. Das zweite Kapitel ist dem Vater, Cn. Pompeius Strabo, gewidmet. Als Konsul des Jahres 89 v.Chr. war er einer der wichtigsten Feldherren im Bundesgenossenkrieg. Die Familie war plebejischer Herkunft und ist erst relativ spät in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts v.Chr. in die Senatorenschicht aufgestiegen. Der im Jahre 106 v.Chr. geborene Gnaeus diente in der Armee des Vaters und ist von ihm nachhaltig geprägt worden, wie der Verfasser mehrmals hervorhebt.

Die beherrschende politische Gestalt der 80er-Jahre war Sulla, er steht im Mittelpunkt von Kapitel 3. Unter ihm gelang Pompeius der Sprung in die große Politik. Er entschied sich im Bürgerkrieg für ihn und stellte, erst 23-jährig, aus Klienten seiner Familie in der Landschaft Picenum, aus Veteranen seines Vaters und weiteren Freiwilligen eine eigene Legion auf, mit der er in das Kriegsgeschehen eingriff. Sein Verhalten widersprach allen bisherigen Normen und ist nur durch die Verhältnisse der krisengeschüttelten Republik zu erklären. Erstmals konnte Pompeius seine organisatorischen Fähigkeiten, die ihm auch in der Folgezeit auszeichneten, unter Beweis stellen. Sulla legalisierte die Stellung seines Anhängers durch die Verleihung des proprätorischen Imperiums. Bald danach erzwang Pompeius, gestützt auf seine Heeresgefolgschaft, die Anerkennung des Beinamens Magnus, der "Große", und die Zuerkennung eines Triumphes, ohne Senator oder Inhaber einer Magistratur zu sein. Dieser politische Aufstieg erinnert selbst in Details an den des späteren Augustus in den Jahren 44 und 43.

"Feldherr des Senats" lautet die Überschrift des folgenden Kapitels, das die Zeit von 78 bis 71 zum Inhalt hat. Im Mittelpunkt steht darin der Krieg gegen Q. Sertorius in Spanien. Obwohl Pompeius in diesen Auseinandersetzungen auch Niederlagen hinnehmen musste, reichten die Erfolge für einen zweiten Triumph und die Wahl zum Konsul des Jahres 70. Erst mit dem Konsulat war seine bis zu diesem Zeitpunkt immer noch umstrittene Position gesichert (Kapitel 5). Im höchsten Amt der Republik zeigten sich die Grenzen seiner Fähigkeiten. Der erfolgreiche Feldherr war kein ebenso guter Politiker. Um den Seeräuberkrieg der Jahr 67 und 66 geht es im sechsten Kapitel. Die von Kreta und der Südküste Kleinasiens ausgehende Piraterie hatte durch den Niedergang der hellenistischen Mächte bedrohliche Ausmaße erreicht. Nach mehreren erfolglosen Aktionen erhielt Pompeius das umfassendste Heereskommando, das die Republik bisher vergeben hatte. Nahezu die gesamte römische Streitmacht zu Wasser und zu Lande wurde ihm unterstellt. Mit ihr konnte der Feldherr in kurzer Zeit Roms Seeherrschaft im Mittelmeer zurückgewinnen. Pompeius erwies sich erneut als souveräner Organisator, Stratege und Taktiker, mit 40 Jahren hatte sein Ruhm den Höhepunkt erreicht.

Dem Bezwinger der Piraten traute man auch die siegreiche Beendigung der sich seit dem Jahre 89 mit kurzen Unterbrechungen hinziehenden Mithridatischen Kriege zu. Das siebente Kapitel ist diesem Thema und der Neuordnung des Ostens gewidmet. Die Erfolge über die Könige Mithridates VI. von Pontos und Tigranes von Armenien 66 und 65 ließen Pompeius zum bedeutendsten Heerführer seiner Zeit werden. Mit einem Vorstoß bis kurz vor das Kaspische Meer gelangte er an die Grenzen der bekannten Oikoumene und fühlte sich als ein neuer Alexander. Da die von ihm vorgenommene Neugestaltung der Provinzen und Klientelreiche im Nahen Osten ohne die Mitwirkung des Senats erfolgte, waren Konflikte vorprogrammiert. Eine unmittelbare Folge des Dritten Mithridatischen Krieges war der im achten Kapitel erörterte Aufenthalt in Syrien und Judaea. Im Jahre 64 verwandelte Pompeius den Rest des einstmals bis nach Zentralasien und Indien reichenden Seleukidenreiches in die Provinz Syria, im folgenden Jahr eroberte er Jerusalem und gliederte den jüdischen Staat in das Römische Reich ein. Er gehörte zu den ersten Politikern, die in imperialen Dimensionen dachten und für die Rom und Italien nicht mehr allein entscheidend waren.

Die Rückkehr des so erfolgreichen Feldherren führte zu innenpolitischen Problemen, die den Inhalt des neunten Kapitels bilden. Als er 62 wieder den Boden der Apenninenhalbinsel betrat, bestand die Furcht, er könne einen neuen Marsch auf Rom antreten und die Leitung des Staates übernehmen. Politisch korrekt und betont loyal entließ er jedoch sein Heer und stand ohne Druckmittel da, als ihm der Senat die Anerkennung seiner Verfügungen im Osten und die Versorgung der Veteranen verweigerte. Pompeius feierte zwar an seinem 45. Geburtstag seinen dritten Triumph, geriet aber politisch rasch in die Isolation. Die Kurzsichtigkeit der Senatsmehrheit trieb ihn an die Seite Caesars. Das im 10. Kapitel behandelte so genannte "Erste Triumvirat" des Jahres 60 wurde zum Wendepunkt für Pompeius wie für Caesar und markiert darüber hinaus den Beginn des Untergangs der Republik. Der um einige Jahre jüngere Caesar hatte sich bisher an die Regeln der Aristokratenrepublik gehalten und einen normalen cursus honorum durchlaufen, fortan sollte er jedoch alle Regeln sprengen. Pompeius dagegen verstieß am Beginn seiner Laufbahn gegen die Normen, scheute jedoch nach seinem Konsulat den letzten Schritt zu persönlicher Machtbildung. Mit dem "Triumvirat" vereinigten sich der populare Politiker Caesar, der ehemalige Sullaner Pompeius und dessen Konsulatskollege Crassus zu einem Machtkartell, um die künftige Politik zu bestimmen. Pompeius' Anliegen, die der Senat ihm verweigert hatte, konnte Caesar in seinem Konsulat 59 durchsetzen.

"Zwischen Caesar und dem Senat" ist das elfte Kapitel überschrieben. Wenn auch der Einfluss Caesars stetig größer wurde, so besaß Pompeius doch weiterhin eine starke Position. Im Jahre 57 übertrug man ihm eine fünfjährige Vollmacht zur Regelung der Getreideversorgung Roms, nach einem zweiten Konsulat 55 erhielt er ein ebenso langes Imperium über die beiden spanischen Provinzen, im Jahre 52 war er zum dritten Male Konsul, dieses Mal ohne Kollegen. Ein weiterer Aspekt ließe sich hinzufügen: Der Feldherrenruhm des Pompeius muss seine Triumviratskollegen so sehr beeindruckt haben, dass sie alles daran setzten, vergleichbare Lorbeeren zu erringen, Caesar ab 58 gegen die Gallier mit, Crassus ab 54 gegen die Parther ohne Erfolg. Der Tod des letzteren und Pompeius' verfassungskonformes Verhalten als alleiniger Konsul führten zu einem Abrücken von Caesar und zu einer Annäherung an den Senat. Im zwölften Kapitel geht es um den Ausbruch des Bürgerkrieges, zu dem die Konfrontation zwischen dem Eroberer Galliens und der Senatsmehrheit führte. Nach einigem Schwanken übernahm Pompeius das Kommando über die dem Senat unterstehenden Truppen, versäumte jedoch die erforderlichen Kriegsvorbereitungen. Kapitel 13 widmet sich dann dem Bürgerkrieg der Jahre 49 und 48. In ihm konnte sich Pompeius trotz bedeutender organisatorischer Leistungen wie der Evakuierung Italiens nicht gegenüber Caesar behaupten, wobei permanente Querelen mit dem Senat und den anderen Kommandeuren eine gewichtige Rolle spielten. Gerade in der Schlussphase seines Lebens wird deutlich, dass in der Gestalt des Pompeius die Widersprüchlichkeit der Zeit klarer zutage tritt als bei Caesar. Nachdem er bei Dyrrhachion an der Adria am 17. Juli noch einmal einen Sieg errungen hatte, unterlag Pompeius in der Entscheidungsschlacht von Pharsalos in Thessalien am 9. August 48. Auf der Flucht vor dem Sieger wurde er am 28. September ermordet.

Wie alle seine Biografien beschließt Christ auch diese mit einem höchst informativen Überblick zur Rezeptionsgeschichte; das sie behandelnde Kapitel 14 trägt die Überschrift "Wirkung". In der Antike steht dem zwiespältigen Pompeiusbild der Zeitgenossen Cicero und Caesar eine bedingt positive Sicht bei Livius, Valerius Maximus, Velleius Paterculus, Lucan und Plutarch gegenüber. Diese Tendenz setzt sich in die Neuzeit fort. Einflussreich blieb die harsche Kritik von Theodor Mommsen, bei der Pompeius mit Caesar verglichen wird, der eben nicht nur ein großer Militär, sondern auch ein begabter Politiker und Schriftsteller gewesen ist. Die gewichtigste Gegenposition bezog Eduard Meyer, der in Pompeius den ersten Princeps und bewussten Vorläufer des Augustus sehen wollte und eine gewisse Rechtfertigung vornahm. Die eigene Wertung des Verfassers wird im abschließenden Kapitel 15 "Persönlichkeit, Familie und Imperium" geboten. Christ sieht in ihm eine typische Bürgerkriegsexistenz mit der Besonderheit, dass er sich weder mit der Parteirichtung der Optimaten noch mit der der Popularen identifizieren konnte. Er gehörte zu den Feldherren, die dank langfristiger Imperien zu bedeutender Machtstellung aufstiegen, da die anstehenden imperialen Aufgaben nach den Regeln von Annuität und Kollegialität nicht mehr zu bewältigen waren. Trotz außerordentlicher Position blieb er stets um eine staatsrechtlich fundierte Stellung bemüht, er erstrebte die eines legalen imperator. Die Strukturprobleme der späten Republik sieht Christ in Pompeius geradezu personifiziert.

Pompeius' Persönlichkeit, die eines umstrittenen "Großen", lange im Schatten Sullas, zuletzt in dem Caesars, hat in diesem Werk eine umfassende und wohl abgewogene Würdigung gefunden. Das Buch ist für einen breiten Leserkreis geschrieben, es zeichnet sich, wie andere Arbeiten Christs, durch einen sehr guten Stil aus. Eine Reihe übersetzter Quellenzitate, sechs Abbildungen und vier Karten dienen ebenso der Auflockerung und Information wie Zeittafel, Bibliografie, Stammtafel und Register.

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