Th. Mommsen: Römisches Staatsrecht

Cover
Titel
Römisches Staatsrecht. 3 Bde. Mit einem Vorwort von Kai Brodersen und einer Einführung von Stefan Rebenich


Autor(en)
Mommsen, Theodor
Reihe
Handbuch der Römischen Alterthümer, Band I–III
Erschienen
Anzahl Seiten
CIII, 3215 S.
Preis
€ 149,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Sven Günther, Institute for the History of Ancient Civilizations (IHAC), Northeast Normal University, Changchun, Volksrepublik China

Den Koloss, den Mommsens „Römisches Staatsrecht“ immer noch darstellt, hat die Wissenschaftliche Buchgesellschaft nun – gemeinsam mit den anderen Bänden des „Handbuchs der Römischen Alterthümer“1 – reprographisch nachgedruckt. Ob des Einflusses wie des Widerspruchs, den Mommsens Systematisierung der römischen Staatsordnung unter rechtlichen Aspekten und mit legalistischen Kategorien zeitigte, ist dies erfreulich, wäre aber keine Besprechung wert, da die wesentlichen Leistungen, aber auch zur Orthodoxie verführenden rechtsdogmatischen Strukturen des Mommsenschen Werkes kritisch offengelegt sind, wenn auch noch offene Flanken, etwa bei der Auslotung der Einwirkung zeitgenössischer Diskurse und Erfahrungen sowie der Arbeitsweise des Nestors der Altertumswissenschaften, bestehen mögen.

Hervorzuheben ist jedoch, dass der Nachdruck kontextualisiert wird, indem Kai Brodersen die Geschichte des „Handbuchs der römischen Alterthümer“ und Stefan Rebenich, einer der besten Kenner Mommsens, wesentliche Entwicklungsschritte des „Staatsrechts“ aufrollen (S. V–XX). Brodersen veranschaulicht dabei durch biographische Skizzen der Hauptbeteiligten am „Handbuch“ (Salomon Hirzel, Wilhelm Adolf Becker, Joachim Marquardt, Theodor Mommsen und spätere Bearbeiter), wie stark Verleger und Gelehrte im akademischen, aber auch schulischen Umfeld in dieser Aufbruchsepoche zusammenwirkten und auch familiär verbunden waren: Mommsen war mit Maria Auguste, der Tochter des Verlegers Karl August Reimer, verheiratet, dessen Schwager Salomon Hirzel nicht nur das „Handbuch“ verlegte, sondern auch Mommsens Nobelpreiswerk, seine „Römische Geschichte“, mitbetreute.2 Weiterführend wären hier noch die anderen, späteren „Großprojekte“ wie „Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft“ oder das „Handbuch der Altertumswissenschaft“ zu nennen, die ohne enge, vertrauensvolle und langlebige Kooperationen nicht hätten verwirklicht werden können.

Rebenich arbeitet präzise die Entstehungsumstände des „Staatsrechts“ heraus, in dem sich juristische Ausbildung, historisch-politische Situation, Selbstbewusstsein, aber auch Eitelkeit und verdikthafte Sprachgewalt Mommsens beispielhaft spiegeln. Besonders aufschlussreich ist, dass Rebenich weder einen stärker historisch orientierten Ersatz für das fast rein rechtssystematische Konstrukt noch eine reine Historisierung in Form eines Ad acta-Legens befürwortet. Dies werde den aktuellen Forschungsansätzen wie dem Erbe Mommsens nicht gerecht. Vielmehr habe das „Staatsrecht“ als Ausgangspunkt für das Entdecken und Schreiben einer rechtlichen wie politischen Kultur in Republik und Kaiserzeit zu gelten. Wie diese Integration des „Staatsrechts“ in die Forschungswelle zur politischen Kultur, die jüngst auch die Rechtswissenschaften erfasst hat3, allerdings konkret aussehen kann, muss sich erst noch erweisen. Hilfreich dürfte dabei sein, Mommsens „Monolith“ nicht nur bewundernd oder abschätzig zu betrachten, sondern tatsächlich auch zu lesen!

Anmerkungen:
1 Siehe WGB Bücher, Alte Geschichte, Handbuch der römischen Alterthümer, https://www.wbg-wissenverbindet.de/11528/Handbuch-der-roemischen-Alterthuemer (07.05.2018).
2 Vgl. dazu Frank Bernstein, Die „Weidmänner“ und Theodor Mommsens leidenschaftliche Römische Geschichte, in: Monika Estermann / Ute Schneider (Hrsg.), Wissenschaftsverlage zwischen Professionalisierung und Popularisierung, Wiesbaden 2007, S. 35–45.
3 Vgl. unter anderem Paul J. Du Plessis / Clifford Ando / Kaius Tuori (Hrsg.), The Oxford Handbook of Roman Law and Society, Oxford 2016. Siehe die Besprechung des Rezensenten in: H-Soz-Kult, 20.11.2017, www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-27419 (11.05.2018).

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