C. Ehlers u.a. (Hrsg.): Die deutschen Königspfalzen

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Titel
Die deutschen Königspfalzen. Repertorium der Pfalzen, Königshöfe und übrigen Aufenthaltsorte der Könige im deutschen Reich des Mittelalters. Bd. 5.3: Bayerisch-Schwaben


Herausgeber
Ehlers, Caspar; Flachenecker, Helmut; Päffgen, Bernd; Schieffer, Rudolf
Erschienen
Göttingen 2016: Vandenhoeck & Ruprecht
Anzahl Seiten
XXXVIII, 286 S.
Preis
€ 130,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Doris Bulach, Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Regesta Imperii, Abt. Ludwig IV., München

Wer bei einem Repertorium zu Königspfalzen an eine trockene Aufzählung von Fakten denkt, irrt sich. Dieser neue Teilband zu Bayern (weitere Teilbände zu Altbayern und Franken sind in Bearbeitung) zeigt wieder einmal, wie durchdacht das Konzept der Reihe der deutschen Königspfalzen ist, und beweist, dass Handbücher gut lesbare, für einen breiten Kreis an Rezipienten offene Werke sein können.

Das 1956 ins Leben gerufene, mittlerweile am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt angesiedelte Vorhaben zur Erforschung der deutschen Königspfalzen hat es sich zur Aufgabe gemacht, Orte königlicher Herrschaftsausübung zu untersuchen.1 Getrennt wird dabei zwischen Regierungsstätten, die Eigentum der Krone waren, darunter Königshöfe, Reichsburgen und Reichsstädte (Schema A), und solchen, die zwar in der Herrschaftspraxis der Könige eine Rolle spielten, aber nicht zu Reichsgut gehörten (Schema B). Dabei werden alle Orte aufgenommen, in denen sich Könige bis zum Jahr 1198 mindestens einmal aufgehalten haben. Diese Stätten der Königsmacht werden dann aber bis Mitte des 13. Jahrhunderts detailliert, für die Zeit danach bis um 1500 summarisch behandelt. Auch für das Spätmittelalter erhält man so mehr oder weniger ausführliche Informationen, die zumindest die Aufzählung der Königsaufenthalte, oft aber auch solche zur Nennung der Orte in Königs- und Kaiserurkunden beinhalten. Der hier vorzustellende Band versammelt neben einer Einleitung von Thomas Zotz insgesamt acht von fünf Autoren verfasste Artikel zu Orten, an denen sich Könige im heutigen Bayerisch-Schwaben aufhielten.

Allen Artikeln sind die jeweiligen Ausschnitte von Mess- und Urmesstischblättern vorangestellt, bei Augsburg und Günzburg machen zusätzliche Karten die Topographie des Ortes in Spätantike und Spätmittelalter sichtbar. Neben einer Liste der frühen Nennungen jedes einzelnen Ortes, findet sich auch in diesem Werk der Reihe bei jedem Artikel eine historisch-geographische Einordnung, eine Zusammenfassung seiner Geschichte, immer unter Einbeziehung archäologischer und bauhistorischer Forschungen, Ausführungen zur Topographie der Pfalz, bzw. soweit erkennbar, zu den Örtlichkeiten der Königsaufenthalte sowie zum Verhältnis des Königtums zur Pfalz oder dem Ort.

Diesen Einführungen folgen chronologisch geordnet ausführliche Zitate aus Quellen bzw. Urkundenregesten, die das Handeln der Herrscher vor Ort belegen, wobei auch die Orte des königlichen Itinerars festgehalten werden, an denen sich der Herrscher zuvor und danach aufhielt. Alle Stellen werden durch Quellennachweise belegt und sind teils durch zusätzliche, weiterführende Informationen angereichert. Anschließend werden diese bzw. zusätzliche Quellen thematisch gebündelt, um zu ausgewählten Themen Auskünfte zu ermöglichen: darunter zu nichtköniglichen Aufenthalten mit Reichsbelang, zu Königserhebungen, Versammlungen und Empfängen aller Arten vor Ort, Aufenthalten von Königen an kirchlichen oder weltlichen Festtagen sowie Beschreibungen der örtlich relevanten Kirchen, verbunden mit Nachrichten zu königlichen Stiftungen oder Begräbnissen. Diesem Teil schließen sich Texte zu Besitz, Servitien und Aufgaben der Orte sowie ihres späteren Schicksals und eine Zusammenfassung zur Bedeutung der Pfalz bzw. des Ortes sowie ihre Einordnung in überregionale Kontexte an. Abgerundet wird jeder Artikel durch eine Bibliographie mit Quellen, Literatur, Karten und Bildern. Am Ende des Bandes ermöglicht es das durch Katharina Kemmer erstellte Register nach Personen und Orte zu suchen. Diese klare und übersichtliche Struktur mit Texten und Quellenbelegen macht es einem breiten Publikum möglich, einen raschen Zugriff auf die Geschichte der Orte, auf Basis der neuesten Forschung, zu erhalten.

Die im Band alphabetisch angeordneten Ortsartikel seien hier nun zusammen mit ihren Autoren kurz umrissen, wobei zuerst die als Pfalzen bezeichneten Orte (Schema A), anschließend die übrigen (Schema B) behandelt werden.

Für Donauwörth (Schema A), das im königlichen Itinerar der Staufer (aber nur für sie) eine große Rolle spielte, weist Thomas M. Krüger als Aufenthaltsorte der Könige die Burg Mangoldstein, die Stadtanlage selbst sowie das vor dieser gelegene Benediktinerkloster Heilig-Kreuz nach, wobei es bei diesem Pfalzort nicht möglich ist, eine Abgrenzung von Königsgut, staufischem Hausgut oder schwäbischem Herzogsgut zu ziehen.

Für Hohenaltheim kann Wilfried Sponsel einen Königsaufenthalt im Jahr 919 nachweisen, als dort im Beisein und auf Einberufung König Konrads I. eine bischöfliche Synode tagte. Vor Ort befand sich ein Fronhof mit Eigenkirche, der wohl auf altes Reichsgut zurückzuführen ist.

Memmingen, für das zwei staufische Könisaufenthalte belegt werden können, war zwar Königsgut, aber ein Königshof, so stellt Rolf Kießling heraus, kann hier entgegen der älteren Forschung nicht nachgewiesen werden. Unter den Staufern wurde Memmingen zu einem ihrer herrschaftlichen Zentren ausgebaut, was sich auch in den zahlreichen Ordensansiedlungen spiegelt. In nachstaufischer Zeit spielte die Stadt vor allem als Reichsstadt für die spätmittelalterlichen Herrscher, aber auch als deren Aufenthaltsort eine bedeutende Rolle.

Mering war im Hochmittelalter nur einmal, mit Heinrich II. im Jahr 1021, Schauplatz eines Königsaufenthalts, erst Maximilian I. beehrte den Ort fast 500 Jahre später als zweiter König wieder. Zwar lässt sich anhand von Chroniken ein Königshof für Mering belegen, dessen Lage ist aber umstritten, wie Christof Paulus konstatiert und für ihn vier mögliche Standorte herausarbeitet.

Für Augsburg (Schema B) lässt sich zwar kein königlicher Besitz, ebenso wenig wie für die folgenden hier behandelten Orte, nachweisen. Dennoch steht dieser Bischofssitz im Zentrum des Bandes und der Region, was die Länge des Artikels (S. 1–164) ebenso wie die Herrscheraufenthalte insgesamt betrifft. Beginnend mit Karl dem Großen hielten sich hier durchgehend bis zu Maximilian I. Könige und Kaiser auf, um Urkunden auszustellen, gegen fremde Heere zu kämpfen oder eigene zu sammeln, Hoftage abzuhalten, kirchliche Feste zu feiern, zu stiften oder zu begraben, um nur einige der herrschaftlichen Handlungen zu nennen. Die Fülle an Quellen, Forschungen und Informationen zu diesen Vorgängen und zur Entwicklung des Ortes selbst sowie seiner Einordnung in überregionale Zusammenhänge zu bündeln, gelingt dem Autor Christof Paulus auf herausragende Weise. Zurückhaltend, aber klar wird die Forschung eingeordnet, bewertet, Widersprüche werden verdeutlicht und es wird brillant zusammengefasst. So werden beispielsweise kurz und prägnant alle bisher in der älteren Forschung angenommenen königlichen Aufenthaltsorte herausgearbeitet. Die Frage, ob sich vor Ort eine Königspfalz befand oder nicht, muss jedoch für Augsburg weiterhin offenbleiben, Reichsgut lässt sich hier bis zum 12. Jahrhundert nicht nachweisen.

Für Günzburg ist, so Wolfgang Wüst, die Ausstellung einer Urkunde durch Heinrich IV. 1065 belegt. Dass Günzburg zum Königsgut gehörte, ist jedoch ein historisches Konstrukt, ohne Quellenbasis, wie Wüst konzise herausarbeitet. Spätere Herrscher suchten den Ort jedoch, anders als Wüst annimmt (S. 204), ebenfalls auf: König Maximilian urkundete hier 1504.2

Holzkirchen zeichnet sich durch zwei Aufenthalte König Ludwigs des Kindes aus. Danach kam kein Herrscher mehr dorthin, was, so Wilfried Sponsel, vor allem an der ungünstigen Lage zwischen dem Wirtschaftsdreieck der Städte Nördlingen, Oettingen und Wemding lag.

In Zusmarshausen hielt sich im früheren Mittelalter nur König Arnulf einmal auf und stellte eine Urkunde aus. Ähnlich wie in Günzburg konstruierte die ältere Forschung auch hier einen Königshof, der sich jedoch in keiner Quelle wiederfindet, so Wolfgang Wüst. Erst bei späteren Herrschern taucht der Ort wieder in Königs- und Kaiserurkunden auf, bei Ludwig IV. und Karl IV. Wie die Regesta Imperii zeigen, urkundete aber auch König Maximilian I. hier noch zweimal im November 1502.3

Mit diesen Artikeln zu den acht Orten, an denen Könige und Kaiser in Bayerisch-Schwaben wirkten, ist ein Nachschlagewerk entstanden, das durch die einheitliche Struktur der Texte, den klaren Aufbau und die prägnante Zusammenfassung der älteren und neueren Forschung für einen großen Kreis von MediävistInnen, aber auch NeuzeitforscherInnen von großem Nutzen ist und auch von Nachbardisziplinen wie Ortsnamenforschung, Kunstgeschichte, Archäologie, Geographie oder Heimatforschung gewinnbringend herangezogen werden kann.

Anmerkungen:
1http://www.koenigspfalzen.mpg.de/ (07.09.2017).
2 Regesta Imperii XIV,4,1 Nr. 18762, online: http://www.regesta-imperii.de/id/1504-05-13_1_0_14_4_0_3039_18762 (07.09.2017); ebd., Nr. 18954, online: http://www.regesta-imperii.de/id/1504-07-14_2_0_14_4_0_3231_18954 (07.09.2017). In den Urkunden Sigismunds wird Günzburg zumindest erwähnt, ebenso bei Friedrich III.
3 Regesta Imperii XIV,4,1 Nr. 17083, online: http://www.regesta-imperii.de/id/1502-11-22_1_0_14_4_0_1320_17083 (07.09.2017); ebd., Nr. 17091, online: http://www.regesta-imperii.de/id/1502-11-26_1_0_14_4_0_1328_17091 (07.09.2017).