B. Schöpe: Der römische Kaiserhof in severischer Zeit

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Titel
Der römische Kaiserhof in severischer Zeit (193–235 n. Chr.).


Autor(en)
Schöpe, Björn
Reihe
Historia-Einzelschriften 231
Erschienen
Stuttgart 2014: Franz Steiner Verlag
Anzahl Seiten
401 S.
Preis
€ 72,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Erich Kettenhofen, Merzig

Die Arbeit Schöpes steht in der Tradition jüngerer, oft fächerübergreifender Studien, welche die Relevanz des Hofes als eines sozio-politischen Phänomens betonen.1 Insbesondere greift sie die Impulse auf, die der Betreuer der Dissertation, Aloys Winterling, in zahlreichen grundlegenden Beiträgen gegeben hat.2 Zwar gibt es zum Hof in der römischen Kaiserzeit eine stattliche Zahl an Arbeiten, dennoch wird mit der vorliegenden, die den severischen Hof untersucht, gleichwohl eine Forschungslücke geschlossen.3 Zugleich soll sie den Übergangscharakter der 42 Jahre der severischen Dynastie „anhand zentraler Aspekte des Hofes“ (S. 23) beleuchten.

Die Einleitung (S. 13–23) behandelt knapp die unterschiedliche Informationsdichte der Quellen für den behandelten Zeitraum. Prekär ist dies vor allem für die Regierung des letzten Severerkaisers, für den in der Historia Augusta mit 68 Kapiteln zwar die längste Vita innerhalb des Corpus vorliegt, doch um ihre historische Glaubwürdigkeit steht es nicht zum Besten. Für Morgenbegrüßungen und Gastmähler – die beiden Elemente des dritten Kapitels, das den Hof als Handlungskomplex behandelt – ist Schöpe oft einzig auf die spätantike Vita angewiesen; hier ist sein Vertrauen in die historische Zuverlässigkeit, vielleicht notgedrungen, trotz mancher vorgebrachten Reserven, meines Erachtens viel zu hoch.4

Im zweiten Kapitel (S. 25–35) beschreibt Schöpe die Forschungslage: Er kann zeigen, dass in den klassischen Arbeiten wie denjenigen von Theodor Mommsen, Ernst von Herzog und Otto Hirschfeld durchaus der ‚kaiserliche Hof und Haushalt‘ als Thema genannt, jedoch fast ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Verwaltung durch die römische Oberschicht behandelt wurde; erst in jüngerer Zeit werde er auch als soziales Gebilde gesehen. Allein an der Frage, wer unmittelbaren Zugang zum Herrscher hatte, wird die Relevanz der Fragestellung deutlich; Schöpe leitet mit dem Hinweis auf die zunehmend formalisierte Kommunikation schon auf das erste der vier großen Themen des übersichtlich gegliederten Buches über: ‚Der Hof als Handlungskomplex‘, ‚Der Hof als Gesellschaft‘, ‚Der Hof als Ort‘ sowie ‚Der Hof und seine Umwelt‘. Jedes der Kapitel enthält eine Zusammenfassung. Zuvor wird noch die Forschung zur severischen Epoche kurz gestreift (S. 30–33).5 Man kann beklagen, dass auch in repräsentativen Werken, ‚Klassikern‘ im guten Sinn des Wortes wie etwa in Fergus Millars ‚The Emperor in the Roman World‘, soziopolitische Fragen kaum beachtet werden.6 Der Kenntnisgewinn, den Schöpe bei der eingehenden Beleuchtung der informellen Strukturen („die für höfische Gebilde typisch sind“, S. 34) erreicht, ist daher – das sei schon vorweggenommen – beachtlich.

Im ersten Kapitel (S. 37–82) werden mit den Morgenbegrüßungen und den Gastmählern die beiden „zentralen Interaktionsphänomene am kaiserzeitlichen Hof“ (S. 81) beleuchtet, in denen die Nahbeziehung der Freunde des Kaisers mit diesem (als dem mächtigsten Aristokraten) besonders deutlich werde, ohne dabei den Wandel, der in der Zeit der Severer zu beobachten ist, zu vernachlässigen. Anschaulich wird dem Leser vor Augen geführt, wie sich der Kreis derer, die zum Kaiser in einem Nahverhältnis standen (bzw. sich eines solchen rühmen konnten), änderte. Schöpe betont, dass nicht mehr der soziale Rang entsprechend der traditionellen Rangfolge der ordines, sondern die persönliche Nähe die Zulassung zum Kaiser mehr und mehr bestimmte; aufschlussreich zu beobachten ist, wer bei den einzelnen Severerkaisern zu den engsten Vertrauten gehörte.7 Methodisch bedenklich ist es aber, wenn – sicher bedingt durch die Quellenlage – für die Regierung der beiden letzten Severer Schöpe sich derart stark auf die unzuverlässigen Viten der Historia Augusta stützt.8

Das umfangreichste Kapitel des Buches stellt ‚Der Hof als Gesellschaft‘ (S. 83–217) dar, unterteilt in ‚Die Freunde des Kaisers‘ (S. 83–176) sowie ‚Die Frauen‘ (S. 177–217). Schöpe will untersuchen, „welche Personenkreise von den Kaisern als Freunde angesehen wurden und welche Folgen diese Auswahl auf den Umgang mit ihren Freunden und der Oberschicht als ganzer hatte“ (S. 84f.). Er stützt sich hier auf die Unterscheidung in drei Kategorien, die sein Lehrer Winterling vorgenommen hat, wobei die erste die engen Vertrauten umfasste, die täglichen Umgang mit dem Kaiser pflegten und in den Quellen familiares genannt werden (S. 90), wobei diese persönliche Nähe zum Kaiser nicht notwendigerweise auf den sozialen Rang des familiaris hinweist, was vor allem für die amici des jungen Kaisers Elagabal galt. Einige dieser familiares werden in den antiken Quellen gar als amicissimi (entsprechend griechisch phíltatoi) bezeichnet. Schöpe weist andererseits auf die seit Hadrian zu beobachtende Aristokratisierung des Machtzentrums hin, so dass die Nähe zum Kaiser „bis zu einem bestimmten Grad weitgehend mit sozialem Rang zusammenfiel“ (S. 172); das dürfte vor allem für die Regierungszeit des letzten Severerkaisers gegolten haben. Schöpe zeichnet hier ein kenntnisreiches Bild der Kommunikationsformen der (in die drei Kategorien Winterlings eingeteilten) ‚Freunde‘ der Kaiser mit diesen, wobei ihm überzeugende Rekonstruktionen von Laufbahnen wie etwa derjenigen des P. Valerius Comazon gelingen (S. 151f., 200f. u. 205f.).

Mit Recht spricht Schöpe von der eigentümlichen Faszination der ‚Syrerinnen‘ am römischen Kaiserhof (S. 177). Seine Darstellung rückt viele Klischees zurecht: Die Rolle, vor allem die Domnas auf der repräsentativen Ebene, wird zu Recht betont. Ihre Einflussnahme auf die kaiserliche Politik sei hingegen schwer auszumachen. Netzwerke, falls denn solche geschaffen worden seien, bleiben unerkannt. Die erweiterten Titulaturen Domnas und später Mamaeas reflektieren keineswegs eine reale Machtzunahme. In der Zeit des Kaisers Elagabal muss von unklaren Machtverhältnissen ausgegangen werden (vgl. S. 197), ebenso unter der Regierung des Severus Alexander bis zu Maesas Tod. Die Rolle Mamaeas als Kaiserinmutter war dominant, wiewohl gerade sie aus Akzeptanzgründen aristokratische Gremien einbezog. Ich kann – auch im Blick auf meine 1979 publizierte Dissertation – Schöpe in seinem Urteil nur beipflichten, dass Bewertungen der syrischen Augustae als der eigentlichen Lenkerinnen des Reichs wenig tauglich sind.

Den ‚Hof als Ort‘ beschreibt Schöpe im fünften Kapitel (S. 218–268), in das persönliche Erkundungen des Verfassers wie auch aktuelle Ergebnisse der Bauforschung aus dem Kreis des Projekts ‚Palast und Stadt im severischen Rom (193–235 n.Chr.)‘ miteinfließen. Der Raum für die ‚zentralen Interaktionsphänomene‘, aber auch für die Rechtsprechung werden sorgfältig anhand des archäologischen Baubefundes beschrieben; viele Fragen zum Palast in Rom lassen sich jedoch bis jetzt nicht befriedigend klären.9 Relevant für den kaiserlichen Hof sind auch die neuen Parkanlagen (horti Spei veteris sowie horti Lamiani), die im Anschluss behandelt werden, sodann die Villen in Italien, wohin sich der Kaiser mit einer geringen Zahl an Vertrauten zurückziehen konnte, ohne dass in der Sicht Schöpes von festen Residenzen gesprochen werden kann. In seiner Sicht mussten hier die ‚zentralen Interaktionsformen‘ flexibler gehandhabt werden (vgl. S. 265–267), aber auch hier musste Recht gesprochen und mussten Anfragen aus dem Imperium beantwortet werden.

‚Der Hof und seine Umwelt‘ ist das sechste und letzte thematische Kapitel überschrieben (S. 269–344). Schöpe beschreibt die Rolle des Hofes im Verhältnis zu den traditionellen republikanischen (wenn auch ihrer Macht entleerten) Strukturen und die in der Zeit der Severer eingetretenen Veränderungen. Ein besonderes Augenmerk richtet er dabei auf die höchsten, außerhalb der traditionellen Magistraturen stehenden Ämter, das des Stadtpräfekten und das des Prätorianerpräfekten. Ein weiteres Themenfeld bildet die engste Umgebung des Herrschers, seine Ratgeber und das consilium, wo Vertraute des Kaisers sich mit den hohen Magistratsträgern zusammenfanden. Schöpe zeigt auf, wie die Trennlinien zwischen höfischer und traditioneller Hierarchie in dem Untersuchungszeitraum verschwimmen, wie zunehmend Höflinge in die traditionellen Strukturen eingebunden werden, aber auch senatorische und ritterliche Karrieren sich in immer stärkerem Maße verschränken, am deutlichsten greifbar bei Personen wie Plautianus, dem als praefectus praetorio senatorischer Rang verliehen wurde und der im Jahr 203 gar ein ordentliches Konsulat bekleidete, seine höfischen Funktionen aber weiter ausüben konnte. Der gesamte Abschnitt kann durchaus als eine Sozialgeschichte aus der Perspektive des Hofes der Severerzeit gelesen werden.

In Verwaltung und Organisation trafen ebenfalls Mitglieder des Hofes mit den Vertretern der traditionellen Strukturen zusammen, so in den kaiserlichen consilia, über die Schöpe lediglich sagen kann, dass sie nicht organisatorisch verfestigt waren und sich spezielle (etwa mit der Rechtsprechung beauftragte) consilia nicht nachweisen lassen. Eine Senatskommission als Beratergremium für Severus Alexander, die Mamaea zur Akzeptanzsicherung der Herrschaft ihres Sohnes veranlasst haben kann (vgl. S. 328), mag aber durchaus plausibel sein. Die ‚Aristokratisierung‘ des Hofes führte dazu, dass die Ressortleiter dem Stand der Ritter angehörten, so dass die besonders engen Vertrauten sich aus dem Kreis der Freigelassenen und Eunuchen rekrutierten (wiewohl hier auch literarische Polemik gegenüber Kaisern wie Caracalla und Elagabal eine Rolle spielen mag).

Mit einer Zusammenfassung (S. 345–359) endet das Buch, das in knappen Zügen die Zeit der Severer unter besonderer Berücksichtigung des kaiserlichen Hofes beschreibt. Man kann Schöpe zustimmen, dass die Gesellschaftsordnung in dieser Zeit sich nicht grundlegend geändert habe, dass aber die äußeren Umstände eine Änderung der Herrschaftsausübung bedingten: Zugleich wagt er einen Ausblick auf die noch zu schreibende Geschichte des Hofes in der Zeit der sogenannten Soldatenkaiser.

Schöpe weist zu Recht mehrmals auf das jugendliche Alter des letzten Severerkaisers hin, der „zumindest in der Frühzeit seiner Herrschaft nur als Marionette seiner Mutter und bestimmter Personen angesehen“ werden konnte (S. 165; vgl. auch S. 328 u. 349), doch wird das jugendliche Alter bei dem nur unwesentlich älteren Kaiser Elagabal nicht berücksichtigt, denn auch bei einem 14- oder 15-jährigen Kaiser ist zu fragen, wer die Entscheidungsträger bei Hof waren, wenn es etwa heißt: „Auch Elagabal besetzte wichtige Posten im Reich zunächst mit eigenen Vertrauten, suspekte Senatoren, vor allem aber Ritter ließ er hinrichten oder rief sie zu sich“ (S. 347; vgl. auch S. 141–147).

Die Gestaltung des Buches ist vorzüglich; lateinische und griechische Texte sind oft mit deutscher Übersetzung versehen, die zahlreichen griechischen Texte sind fast fehlerfrei wiedergegeben.10 Allein die durchgehende Heranziehung der Quellen in der Originalsprache ist selbst bei Dissertationen heute leider keine Selbstverständlichkeit mehr. Die Bibliographie (S. 360–383) enthält unter ‚Literarische Quellen‘ lediglich die benutzten deutschen Übersetzungen sowie eine beeindruckende Anzahl an ‚Forschungsliteratur‘. Sie ist sehr gründlich ausgearbeitet, allerdings fehlen mehr als 20 benutzte Titel: Als Beispiel nenne ich nur die mehrmals verwendeten Titel Honoré 1981 (= Emperors and Lawyers, London, zitiert: S. 181, Anm. 515; S. 194, Anm. 583; S. 331, Anm. 296) und Chastagnol 1992 (= Le sénat romain à l’époque impériale, Paris, zitiert: S. 299, Anm. 131; S. 302, Anm. 142 u. 145; S. 303, Anm. 150; S. 329, Anm. 281; S. 333, Anm. 303). ‚Die politische Bedeutung der Religion von Emesa‘ (S. 381) ist kein Buchtitel von Alfred von Domaszewski, sondern ein Aufsatz, der zuerst im Archiv für Religionswissenschaft (11, 1908, S. 223–239) erschien und dann in die Aufsatzsammlung ‚Abhandlungen zur römischen Religion‘ (Leipzig 1909, S. 197–216) aufgenommen wurde. Die Monographie von Eric R. Varner (S. 381) wird in zweifacher, unterschiedlicher Form zitiert (richtig: Leiden 2004). Beigegeben ist dem Buch ein Stellenregister (S. 388–397) sowie ein Personenregister (S. 398–401), die – soweit Stichproben ergaben – von bewundernswerter Gründlichkeit sind. Ein Stemma der severischen Familie fehlt.

Die Arbeit ist in gut lesbarem Deutsch geschrieben, gelegentliche Orthographiefehler wie auch einige sachliche Fehler11, chronologische Ungenauigkeiten und problematische Datierungen12 können den guten Gesamteindruck nicht mindern. Schöpe hat jedenfalls eine gründliche, aus den Quellen erarbeitete Erstlingsarbeit vorgelegt, die zweifellos große Anerkennung verdient.

Anmerkungen:
1 Aus einer Vielzahl von Arbeiten erwähne ich nur: Jan Tavernier, Der Achämenidenhof weiter untersucht, in: Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes 103 (2013), S. 365–380.
2 Vgl. die 14 Beiträge Winterlings, die in der Bibliographie auf S. 382 aufgelistet sind.
3 Vgl. S. 15 (auch zur gängigen Definition von ‚Hof‘).
4 Vgl. etwa S. 51. Ich verweise auf die Kommentierung der Übersetzung von Ernst Hohl durch Alfons Rösger und Elke Merten: Historia Augusta. Römische Herrschergestalten, Bd. 1, Zürich 1976, S. 485–532 und die kommentierte Budé-Ausgabe Cécile Bertrand-Dagenbach / Agnès Molinier Arbo (Hrsg.), Histoire Auguste, Bd. III. 2: Vie d’Alexandre Sévère, Paris 2014. Ein historischer Kommentar zu dieser Vita ist ein dringendes Forschungsdesiderat.
5 Die Monographie von Martijn Icks (The Crimes of Elagabalus, London 2011) ist bereits berücksichtigt; zur Bauforschung werden auch Arbeiten aus jüngster Zeit herangezogen, bis zu einer im Druck befindlichen von Natascha Sojc (vgl. S. 379).
6 Vgl. die Kritik an Fergus Millars, The Emperor in the Roman World (31 BC – AD 337), London 1977, auf S. 34.
7 Es ist beachtenswert, dass Schöpe für seine Behauptung, unter Elagabal sei es „mehrfach zu einer Stellenbesetzung hoher Funktionärsposten auf Betreiben der Großmutter auch gegen den Willen des Kaisers kam“ (S. 77), keinen Quellenbeleg anführt.
8 Vgl. etwa S. 54 den Beleg SHA AS 31,1 für die Verschiebung der salutatio auf den späteren Nachmittag; vgl. auch S. 50 mit Anm. 59. Viele der Quellenbelege will Schöpe „sinnvoll vor dem Hintergrund der severischen Situation“ heranziehen (S. 296, Anm. 114). Es finden sich aber auch abweichende Urteile zur Glaubwürdigkeit von Notizen aus der Historia Augusta, vgl. etwa S. 96, Anm. 67 zu SHA S 13,1–7.
9 Die Bedeutung für den Historiker wird deutlich, wenn er nach der Unterteilung des Palastes in der Zeit des Bruderzwistes zwischen Caracalla und Geta sowie der Spannungen zwischen Elagabal und seinem Vetter Severus Alexander fragt.
10 Die von Hohl in seiner Textausgabe der Scriptores Historiae Augustae getilgten Buchstaben sind weggelassen, die von Hohl hinzugefügten nicht eigens kenntlich gemacht. S. 171, Anm. 488 muss es praeberet (statt praebueret; Hohl: pr<a>eb[u]ere<t>) heißen, S. 155, Anm. 408 saltatorem (statt saltorem). S. 226, Anm. 43: richtig ist systratiōtōn (statt systraiōtōn). Die Schreibung hēpatikē (statt hypatikē) auf S. 300 ist mir allerdings schwer verständlich.
11 Nach der Ernennung des Diadumenianus zum Augustus (nicht zum Caesar, wie S. 58, Anm. 95 zu lesen ist; vgl. Dio 79,34,2) übernahm Macrinus die Kosten einer Speisung. S. 78, Anm. 202 ist Alex. 41,4 korrekt (statt 41,1), Anm. 204 ist Alex. 44,1 korrekt (statt 41,1). Die S. 97, Anm. 74 zitierten Textstellen beziehen sich auf die Rückkehr des Septimius Severus nach dem Sieg über Albinus, nicht auf das erstmalige Betreten der Kurie durch den „neuen Herrscher“. Plautian erhielt nach SHA S 6,10 den Auftrag, die Kinder Nigers in seine Gewalt zu bringen (ad occupandos Nigri liberos); der Text sagt nicht, dass er sie „als Geiseln nahm“ (so S. 101). Es war nicht Iulia Domna, die die „großzügige Behandlung“ des Macrinus nutzte (so S. 135) und „in kürzester Zeit mit ihrem jungen Großneffen Elagabal einen Gegenkaiser aufstellte“, sondern nach Herodian 5,3–4 und dem ihm folgenden Verfasser der SHA OM 9 Iulia Maesa, die ihrem Enkel den Kaiserthron verschaffte (ob dies historisch korrekt ist, braucht hier nicht diskutiert zu werden). Mit dem „späteren Kaiser Gordian“ (S. 147) ist Gordian II. gemeint; unrichtig auch die Quellenangabe Anm. 377, wo SHA Gord. 18,4 richtig wäre (nicht Heliog. 18,4). Bei Gannys und seinem Verhältnis zu Iulia Soaemias darf tropon tina (= gewissermaßen) in Cass. Dio-Xiph. 80,6,2 nicht unterschlagen werden (vgl. S. 148): Er ist nicht der Ehemann der Soaemias; richtig hingegen S. 203: Soaemias’ Geliebter (nach S. 182, Anm. 519 „scheint“ er – fälschlich – „sogar Iulia Maesas Liebhaber geworden zu sein“). Seinen Tod überliefert Cass. Dio-Xiph. 80,6,1, nicht jedoch Herodian (so S. 264, Anm. 238), der Gannys nicht erwähnt. Den Reichtum der Iulia Maesa kennt nur Herodian und wiederum der Vitenschreiber (SHA OM 9,5), nicht jedoch Cassius Dio, wie es die Angabe S. 185, Anm. 538 suggeriert, ein treffliches Beispiel, wie stark das „Gemälde Herodians“ von der Thronrevolte vom 16. Mai 218 bis heute nachwirkt (vgl. auch S. 197).
12 So regierte Macrinus nicht nur (so S. 22, Anm. 36) „wenige Monate“. Zwischen Sejan und Plautian, deren Machtfülle Schöpe vergleicht, lagen mehr als nur „hundert Jahre“ (so S. 101). Cassius Dio bekleidete sein zweites ordentliches Konsulat im Jahr 229, nicht 223 (so S. 289, Anm. 84; richtig hingegen S. 163). Die Frage, wann Caracalla Rom endgültig verlassen hat, ist auch für das Thema des Hofes als Handlungskomplex (so S. 37) von nicht geringer Relevanz, wenn Schöpe Recht hätte, dass Caracalla „kurz nach Getas Tod im Frühjahr 212 nach Norden aufbrach und nicht mehr nach Rom zurückkehren sollte“ (S. 45; vgl. auch S. 244f.); anders hingegen S. 291, wo er 213 Rom in Richtung Gallien verlässt. Nochmals anders urteilt die communis opinio (vgl. nur Dietmar Kienast, Römische Kaisertabelle, 2. Aufl., Darmstadt 1996, S. 162 sowie Brian Campbell, The Severan Dynasty, in: Cambridge Ancient History, Bd. 12. Second Edition, Cambridge 2005, S. 1–27, hier S. 18, die für 214 plädieren). Meines Erachtens hat Caracalla sein drittes Konsulat in Rom angetreten (anders S. 291) und ist erst im Laufe des Frühjahrs 208 mit seiner Familie nach Britannien aufgebrochen. Auch der Tod Getas wird entgegen der heutigen communis opinio erst in den Februar 212 (so S. 45) datiert, vgl. u.a. Kienast, Kaisertabelle, S. 166.

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