S. Swain: Themistius, Julian, and Greek Political Theory under Rome

Cover
Titel
Themistius, Julian, and Greek Political Theory under Rome. Texts, Translations, and Studies of Four Key Works


Autor(en)
Swain, Simon
Erschienen
Anzahl Seiten
VI, 224 S.
Preis
£60.00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Raphael Brendel, Historisches Seminar, Ludwig-Maximilians-Universität München

Mit dem zu besprechenden Buch publiziert Simon Swain eine zweisprachige Textausgabe von vier Schriften zur politischen Theorie vor allem aus der Spätantike, die in einer neuen Übersetzung – teils der ersten in englischer Sprache – mit stellenweise überarbeitetem Text und mit umfangreichen Einleitungen herausgegeben werden. Da zwei der vier behandelten Texte nur einem kleinen Kreis von Spezialisten bekannt sein dürften, sollen zuerst die einzelnen Autoren und Werke kurz vorgestellt werden: Der erste Text in Swains Ausgabe ist der Brief an Himerios des Sopater von Apamea. Über diesen bislang kaum behandelten Autor ist nur wenig bekannt. Er war wohl Sohn des gleichnamigen Iamblichos-Schülers, der während der Alleinherrschaft Konstantins einer Verschwörung zum Opfer fiel, und zudem ein Verwandter des Libanios. Sopater hatte einen Bruder namens Himerios, den Adressaten seines Briefes, der spätestens 357 starb, und einen Sohn namens Iamblichos. Sopater selbst war spätestens im Jahr 365 nicht mehr am Leben. Sein Brief wurde wohl in den 340er- oder den 350er-Jahren verfasst und ist nur in den Exzerpten des Johannes Stobaeus erhalten. In diesem Werk gibt Sopater seinem Bruder Himerios Ratschläge zur Ausübung seiner Statthalterschaft.

Sowohl Adressat als auch Empfänger des zweiten Textes, Themistios’ Brief an Julian, sind hinreichend bekannt. Im Gegensatz zum Antwortschreiben Julians an den Sophisten ist dieser Brief aber nur in späteren arabischen Übersetzungen erhalten und sein Adressat ist nicht unumstritten – so wird in der Forschung auch Theodosius I. angenommen; Swain spricht sich allerdings für Julian aus. Nach Ausführungen über die Beschaffenheit des Menschen und die Organisation des menschlichen Zusammenlebens äußert sich Themistios in diesem Brief über die Eigenschaften und Aufgaben eines guten Herrschers. Der dritte Text der Sammlung, Julians bereits erwähnter Antwortbrief an Themistios, ist in der Forschung bereits vielfach erörtert worden und gut bekannt, er muss daher hier nicht ausführlicher vorgestellt werden. Die Überlieferungslage dieses Briefes ist verglichen mit den anderen, von Swain behandelten Schriften am wenigsten problematisch, da er weder nur in Exzerpten noch lediglich in einer späteren Übersetzung, sondern vollständig und im griechischen Original erhalten ist. Umstritten bleibt allerdings die Abfassungszeit des Schreibens; diskutiert wird, ob Julian als Caesar oder erst als Augustus auf den Brief des Themistios antwortete (355/56 oder 361). Swain spricht sich für eine Frühdatierung aus.

An vierter Stelle steht in Swains Edition (Pseudo-)Aristoteles’ Brief an Alexander, der ebenfalls nur in einer späteren arabischen Übersetzung erhalten ist. Die Schrift gibt vor, kurz nach 331 v.Chr. von Aristoteles an Alexander den Großen gerichtet zu sein, ist aber kein aristotelisches Werk. Die tatsächliche Abfassungszeit kann nicht mit Sicherheit bestimmt werden, doch deuten mehrere Indizien auf die Hohe Kaiserzeit, vorzugsweise die Epoche der Severer, hin. (Pseudo-)Aristoteles handelt hierin etwa über die Frage, wann ein Herrscher besonders notwendig ist und welche Eigenschaften dieser aufweisen muss.

Swains Buch ist übersichtlich gegliedert: Nach einer Einführung (S. 1–9) folgen als erster Teil die „Studies“ zu den vier Texten. Im Fall von Sopater (S. 13–21), Themistios (S. 22–41) und dem nur als „Appendix“ angefügten (Pseudo-)Aristoteles (S. 108–122) handelt es sich um Überblicksdarstellungen zu den jeweiligen Autoren und Werken, die auf wenig Raum klar die entscheidenden Probleme und Fragestellungen der Texte darlegen. Zu Themistios’ Brief folgt zudem ergänzend ein Anhang zu den Überlieferungsproblemen der zwei erhaltenen Fassungen der arabischen Übersetzung (S. 42–52). Das umfangreichste Kapitel widmet sich Julians Brief an Themistios (S. 53–91), Swain bietet hier eine detaillierte und sorgfältige Studie zu den gegenseitigen Beziehungen zwischen Julian und Themistios sowie zur Juliankritik des Themistios nach dem Tod des Kaisers. In diesem Abschnitt bemüht sich Swain auch um die Identifikation nicht namentlich benannter Kaiser in verschiedenen Reden des Themistios; so meint er etwa, dass Themistios in or. 34,14 Valens erwähnt. Im „Epilogue“ (S. 92–107) führt er weiteres Vergleichsmaterial (Gregor von Nazianz, Synesios) an, um einige Charakteristika des politischen Schrifttums der Spätantike zu verdeutlichen.

Der zweite Teil „Texts and translations“ bietet zweisprachige Ausgaben der vier Texte. Bei den beiden griechischen Schriften von Sopater und Julian wurde lediglich der Text der als grundlegend angesehenen Edition abgedruckt und der textkritische Apparat auf wenige Abweichungen zu anderen Editionen beschränkt. Die arabischen Texte von Themistios und (Pseudo-)Aristoteles, bei denen Swain den Anspruch einer Edition erhebt (S. 6f.), weisen dagegen einen umfangreicheren textkritischen Apparat sowie kurze Einleitungen zur handschriftlichen Überlieferung auf. Einen Kommentar im eigentlichen Sinne liefert Swain dagegen nicht; die wenigen den Texten beigefügten Anmerkungen dienen bei den griechischen Schriften hauptsächlich der Identifikation von Zitaten, zu (Pseudo-)Aristoteles gibt Swain Hinweise auf die Überlieferungslage und zu Themistios Übersetzungen von Varianten der Parallelüberlieferung. Swains Übersetzungen sind – wie auch die Einführungen und Studien – insgesamt gut lesbar und sprachlich ansprechend.1 Die Bibliographie (S. 208–218) zeichnet sich durch eine ausgewogene Zusammenstellung aus, in der die meisten wichtigen Werke berücksichtigt sind und auf unnötigen Ballast verzichtet wurde. Die eine oder andere Fehlstelle wäre allerdings noch zu vermeiden gewesen.2

Swains Buch ist schon alleine deshalb von Bedeutung, da es mit Sopater von Apamea und (Pseudo-)Aristoteles zwei wenig bekannte und oft unbeachtete Texte gut zugänglich macht und diesen daher hoffentlich nun die nötige Aufmerksamkeit der Forschung gewährleistet. Es wäre allerdings verkehrt, Swains Verdienste nur darauf reduzieren wollen, da auch seine Studien zu Julian und Themistios einen lesenswerten und qualitätsvollen Beitrag zu diesem Thema liefern. Insgesamt handelt es sich um eine gewinnbringende Ergänzung zum Feld der politischen Theorie in der Spätantike.

Anmerkungen:
1 Angesichts der fehlenden Sprachkenntnisse des Rezensenten ist allerdings eine zuverlässige Aussage über die Qualität der Übersetzungen aus dem Arabischen – von den entsprechenden Editionen ganz zu schweigen – nicht möglich.
2 Zu ergänzen wäre noch: Ugo Criscuolo, Sull’epistola di Giuliano imperatore al filosofo Temistio, in: Koinonia 7 (1983), S. 89–111; Christopher P. Jones, Themistius after the death of Julian, in: Historia 59 (2010), S. 501–506 (zur Juliankritik in späteren Reden); Fritz Felgentreu, Von der Kunst, strategisch zu loben: Themistios zur Frage religiöser Toleranz nach dem Scheitern Julians, in: Hyperboreus 16/17 (2010/11), S. 195–206; Lieve van Hoof / Peter van Nuffelen, Pseudo-Themistius, pros basilea: A false attribution, in: Byzantion 81 (2011), S. 412–423 (wohl aus justinianischer Zeit); John W. Watt, Julian’s Letter to Themistius – and Themistius’ response?, in: Nicholas Baker-Brian / Shaun Tougher (Hrsg.), Emperor and author. The writings of Julian the Apostate, Swansea 2012, S. 91–103; John W. Watt, Themistius and Julian: Their association in Syriac and Arabic tradition, in: Alberto J. Quiroga Puertas (Hrsg.), The purpose of rhetoric in late antiquity, Tübingen 2013, S. 161–176. Zumindest der letztgenannte Aufsatz dürfte zu spät erschienen sein, um noch berücksichtigt zu werden. Die Julianbiographie von Joseph Bidez wäre zuerst nach der (von Bidez selbst) ergänzten deutschen Übersetzung von 1940, nicht nur nach der französischen Ausgabe von 1930 (S. 209) zu zitieren gewesen. Für den Text von Julians Brief an Themistios sei noch verwiesen auf Carlo Prato, Note al testo dell’epistola a Temistio di Giuliano imperatore, in: Sileno 11 (1985), S. 169–176 und Augusto Guida, Giuliano, A Temistio e Contro Heraclio cinico: Note di lettura, in: Prometheus 17 (1991), S. 132–136.

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