Cover
Titel
Die Zisterze Kaisheim und ihre Tochterklöster. Studien zur Organisation und zum Wirtschaften spätmittelalterlicher Frauenklöster mit einer Edition des Kaisheimer Rechnungsbuches


Autor(en)
Bruch, Julia
Reihe
Vita regularis, Editionen 5
Erschienen
Berlin 2013: LIT Verlag
Anzahl Seiten
XII, 675 S.
Preis
€ 69,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Christine Kleinjung, Historisches Seminar, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Bei dem vorliegenden Werk handelt es sich um eine Mannheimer Dissertation aus dem Jahr 2012. Die Arbeit widmet sich dem Rechnungsbuch aus dem Zisterzienserkloster Kaisheim aus dem 13. und 14. Jahrhundert (1288–1360). Darin befinden sich die Abrechnungen der Tochterklöster Kaisheims, die anlässlich von Visitationen überreicht worden sind. Zu den Tochterklöstern zählten zwei Männer- und sechs Frauenklöster. Julia Bruch widmet sich somit einem Zeugnis der pragmatischen Ordensschriftlichkeit, die in den letzten Jahren verstärkt in den Blickpunkt der Forschung gerückt ist.

Mit dem Kaisheimer Rechnungsbuch liegt eine wichtige Quelle vor, die bisher nicht in ausreichendem Maß gewürdigt worden ist. Bei zisterziensischen Frauenklöstern stehen Ordenszugehörigkeit und Wirtschaftsführung in engem Zusammenhang, da wirtschaftliche Solidität eine der Bedingungen für Aufnahme in den Orden war. Über die konkrete Wirtschafts- und Verwaltungspraxis in Frauenklöstern liegen uns aber zumeist keine Zeugnisse vor. Wenn überhaupt, dann haben wir pragmatische Zeugnisse aus dem klösterlichen Bereich zumeist aus dem Spätmittelalter vorliegen, seltener sind Rechnungsbücher aus der „Frühzeit“ der Ökonomisierung von der Wende des 13. zum 14. Jahrhundert. Die editorische Grundlage für wirtschaftsgeschichtliche Fragen ist oft ungenügend. In besonderem Maße ist hier eine Forschungslücke für Frauenklöster zu konstatieren. Die Ökonomie von Frauenklöstern ist (vor allem im deutschsprachigen Bereich) erst in Ansätzen erforscht, hier schließt Julia Bruch eine Lücke mit der Edition des Rechnungsbuchs und einer Auswertung. Die Bedeutung des Kaisheimer Rechnungsbuch liegt vor allem darin, dass es detaillierte Einblicke in die wirtschaftliche Organisation zisterziensischer Frauenklöster sowie in die Visitationspraxis der Vaterabtei Kaisheim gewährt.

Die Arbeit besteht aus vier Teilen (A–D). Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Edition des Rechnungsbuchs im Teil D (S. 423–655) und auf dem aufwendigen Anhang in Teil C (S. 208–420). Dieser enthält neben dem Quellen- und Literaturverzeichnis eine umfangreiche Dokumentation der überlieferten Äbtissinnennamen, der Namen von Konventualinnen und Konversen in Listenform mit Quellenbelegen sowie der urkundlichen Überlieferung zu Besitzveränderungen aus den sechs Frauenklöstern mit Kurzregesten.

Die inhaltliche Auseinandersetzung findet in Teil A und Teil B statt. In Teil A behandelt Julia Bruch die Grundlagen des Themenkomplexes „Wirtschaft und Visitation“. Teil B beginnt mit einer handbuchartigen Übersicht zu Kaisheim und den sechs Tochterklöstern, in der sich die wichtigsten Informationen zu Quellen- und Forschungslage, Gründung und Ordenszugehörigkeit sowie zur weiteren Entwicklung der Klöster finden. Das inhaltliche Kernstück der Arbeit sind die anschließenden Kapitel zur innerklösterlichen Organisation (besonders der Teil zu den wirtschaftlichen Ämtern) und die Analyse des Wirtschaftssektors der Klöster. Ein Register und eine englische Zusammenfassung beschließen den Band.

Julia Bruch kann auf Basis des Rechnungsbuches wertvolle Einblicke in die „materielle Welt“ der sechs zisterziensischen Frauenklöster Ende des 13. Jahrhunderts bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts geben sowie Relativierungen bisheriger Forschungsmeinungen in Bezug auf die soziale Zusammensetzung der Klöster und die Ordensbeziehungen vornehmen. Die Vaterabtei Kaisheim hat offensichtlich großen Wert auf die Visitation der Frauenklöster gelegt. Die Klöster gehörten zwar alle einer zisterziensischen Filiation an, unterschieden sich in ihrer wirtschaftlichen Organisation aber deutlich voneinander. Julia Bruch kann so auch für den Wirtschaftssektor zeigen, dass dem Ideal der zisterziensischen uniformitas in der Realität eine diversitas der Organisationsformen und der Ämterbesetzung gegenüberstand, die von flexiblen Anpassungen an die Gegebenheiten vor Ort und von individuellen wirtschaftlichen Umsetzungen einzelner Äbtissinnen gekennzeichnet war. Alle Klöster zeichneten sich durch eine gut strukturierte Verwaltung aus, die mit großem Aufwand betrieben wurde. Die Frauenklöster waren eigenständige und mit Bedacht geführte Wirtschaftsunternehmen.

Die Arbeit ist insgesamt durch einen nüchternen und deskriptiven Stil gekennzeichnet. Aufgrund der Anlage der Arbeit und dem vermutlich hohen Zeitaufwand für die Edition können weiterführende Erkenntnisse oft nur angedeutet und Differenzierungen vor allem hinsichtlich des Einflusses einzelner Kaisheimer Äbte oder Äbtissinnen der Frauenklöster nicht in vollem Umfang vorgenommen werden. Bezüge zur geistlichen Seite der cura monialium konnten nicht mehr berücksichtigt werden. Doch die wertvollen Ergebnisse zu dem bislang vernachlässigten Themenkomplex Frauenklöster und Wirtschaft können die Grundlage bilden für weitere Untersuchungen zur Wirtschaftsweise mittelalterlicher Frauenklöster und für weiterhin dringend nötige vergleichend angelegte Analysen, die die Bedeutung der Ordenszugehörigkeit von Frauenklöstern auch für Verwaltung, Schriftlichkeit und Wirtschaftsführung in den Blick nehmen.

Redaktion
Veröffentlicht am
Redaktionell betreut durch
Klassifikation
Region(en)
Mehr zum Buch
Inhalte und Rezensionen
Verfügbarkeit
Weitere Informationen
Sprache der Publikation
Sprache der Rezension