V. Babota: The Institution of the Hasmonean High Priesthood

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Titel
The Institution of the Hasmonean High Priesthood.


Autor(en)
Babota, Vasile
Reihe
Supplements to the Journal for the Study of Judaism 165
Erschienen
Anzahl Seiten
XVII, 347 S.
Preis
€ 123,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Benedikt Eckhardt, Exzellenzcluster „Religion und Politik“, Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Die Herrschaft der Hasmonäer in Judäa hat in der historischen Forschung zuletzt einige Beachtung erfahren.1 Dabei hat speziell die Entdeckung der Seleukideninschrift von Maresha (SEG 57,1838) aufs Neue für die Bedeutung des seleukidischen Reichskontextes bei der Herausbildung der hasmonäischen Herrschaft sensibilisiert. Die bereits im Dezember 2013 erschienene, vom Verlag aber auf 2014 datierte Dissertation von Vasile Babota lässt sich hier einordnen. Sie ergänzt darüber hinaus die vorliegenden Studien über das Hohepriestertum in nachexilischer Zeit2 um eine detaillierte Analyse der 150er- und 140er-Jahre v.Chr. In dieser Zeit entstand die für das Hasmonäerreich charakteristische Einheit von Hohepriestertum und höchster politischer wie militärischer Autorität.

Nach einer umfangreichen Vorstellung der Quellen (S. 9–34) beginnt die historische Darstellung mit einem Überblick über die unmittelbar vorhasmonäische Zeit ab 198 v.Chr. (S. 35–66). In rascher Folge werden Informationen zu Judäa in der frühen Seleukidenzeit präsentiert, die leider oft ungenau sind.3 Sehr viel besser und sorgfältiger gearbeitet sind die folgenden Kapitel zum Makkabäeraufstand (S. 67–88) und zum Konflikt zwischen Judas Makkabaios und Alkimos (S. 89–118). Babota optiert wohl mit Recht gegen die auf Angaben des Josephus fußende These, bereits Judas habe den Hohepriestertitel geführt, und fasst ihn stattdessen als von Nikanor eingesetzten Stellvertreter des Alkimos auf. Die umstrittene Frage nach der Herkunft der Hasmonäer behandelt – ohne eigene Akzente – erst das letzte Kapitel (S. 269–284) der ansonsten chronologisch aufgebauten Arbeit.

Im Zentrum der Studie steht die Karriere Jonathans, des ersten hasmonäischen Hohepriesters, eingesetzt von Alexander Balas 152 v.Chr. Ihr ist die Hälfte der historischen Darstellung gewidmet (S. 119–223). Das führt zu detaillierten Diskussionen altbekannter Fragen (Jonathan als „Frevelpriester“ der Qumranschriften; Authentizität der Seleukidenbriefe in 1Makk; Chronologie), die im Kontext durchaus nützlich sind, auch wenn sich in ihnen wenig Neues findet. Die „fundamental question“ (S. 151) der Arbeit ist hingegen in dieser Form (fast) neu:4 Wurde Jonathan eingesetzt „as a traditional biblical/Jewish or as a Hellenistic/Seleucid high priest?“ Der Unterschied besteht nach Babota vor allem in den militärischen Kompetenzen des Hohepriesters. Während die Torah Priestern den Kontakt mit Blut und Leichen verbietet, einen Feldzug also praktisch ausschließt, hätten „hellenistische“ Hohepriester regelmäßig auch militärische Befugnisse gehabt. Anhand genauer Beobachtungen des Ereignisverlaufs und einer Reihe von Beispielen aus verschiedenen hellenistischen Reichen versucht Babota zu zeigen, dass Jonathan ein archiereus im „hellenistisch-seleukidischen Sinne“, nicht aber im biblisch-jüdischen gewesen sei.

Die genaue Beachtung der Terminologie ist bei einem solchen Vergleich wichtig; Babota nutzt aber mehrfach die Formulierung „(high) priest“, um einfache hiereis für Hohepriester auszugeben.5 Der terminologischen Unschärfe entspricht eine insgesamt wenig präzise Argumentation. Hauptproblem ist das Postulat eines „hellenistischen“ Hohepriestertums, das Babota als einheitliches Konzept behandelt. Tatsächlich aber müsste man zwei Argumentationslinien deutlich voneinander trennen:

Man kann einerseits behaupten, Jonathan sei von Alexander Balas zum archiereus nach seleukidischem Modell gemacht worden. Dann muss man ihn mit den bekannten seleukidischen archiereis vergleichen, über die wir etwas wissen. Diese waren zuständig für eine Vielzahl von Heiligtümern im ihnen zugewiesenen Bereich – für ihre finanzielle Ausbeutung, aber auch für die Organisation des dynastischen Kults. Alle waren eponyme Beamte ohne militärische Kompetenzen.6 Von hier aus ist Jonathans Position kaum zu erhellen, da keines der genannten Merkmale auf ihn zutrifft.

Man kann andererseits (wie S. 154f.) eine Parallele zu „Priesterfürsten“ etwa in Olbia oder anderen sogenannten Tempelstaaten herstellen, die offensichtlich neben der priesterlichen auch die höchste politische Autorität in dem von ihnen beherrschten Gebiet innehatten. Es gibt dann aber keinen Grund mehr, diese Form des Hohepriestertums als spezifisch hellenistisch oder gar seleukidisch zu bewerten. Mit den von Seleukidenkönigen eingesetzten Hohepriestern einer Satrapie haben diese Priesterfürsten nichts zu tun; ihre Autorität speiste sich aus indigenen Traditionen. Auffällig ist zudem, dass sich solche priesterlichen Machtbildungen – etwa auch in Chalkis – gerade im Kontext von Unabhängigkeitsbewegungen ab ca. 100 v.Chr. beobachten lassen. Die Parallelen zu den späteren Hasmonäern (Simon und Hyrkanos I.) liegen auf der Hand; der Befund indiziert aber gerade keine Orientierung am „hellenistisch-seleukidischen Modell“.

Babota unterscheidet zwischen diesen ganz verschiedenen Fällen nicht. Schwerer als der damit hinfällig gewordene Vergleich mit hellenistischen Hohepriestern wiegt – auch in Babotas Argumentation – die Beobachtung, dass judäische Hohepriester seit Jonathan militärische Befehlshaber waren, was mit den Regeln der Torah zumindest nicht leicht zu vereinbaren ist. Als Erklärung muss man aber nicht ein militärisches, „hellenistisch-seleukidisches Hohepriestertum“ konstruieren. Warum schließlich wurde Jonathan in einem separaten Ernennungsakt zum strategos? Babota meint, dass dies „strengthens the present argument that Jonathan was both appointed and acted as a Hellenistic archiereus“ (S. 177). Tatsächlich erlaubt die doppelte Ämtervergabe eine ganz gegenläufige Erklärung: Alexander Balas baute Jonathan zum teilweise autonom agierenden Oberbefehlshaber über Judäa auf; Jonathan argumentierte, er könne Autorität in Judäa nur dann erfolgreich ausüben, wenn er judäischer Hohepriester sei, was Alexander ihm gewährte – das heißt für den Seleukiden war der Hohepriestertitel Jonathans kein Element der seleukidischen Verwaltungshierarchie, sondern ein traditionelles Erfordernis für indigene Herrschaft in Judäa.7 Mit einem seleukidischen Militärpriestertum hatte das nichts zu tun. Es wäre dann auch zu fragen, ob es tatsächlich überraschend ist, dass in Judäa, wo seit Jahrhunderten Hohepriester die höchste religiöse und politische Autorität innehatten, der Kampf um die Unabhängigkeit vom Seleukidenreich zu einer Erweiterung des politischen Aufgabenbereichs durch militärische Kompetenzen führte. Es greift zu kurz, jede Abweichung von der Torah als „unjüdisch“ und daher „hellenistisch“ zu erklären. Babota berücksichtigt nicht, dass jede Zuweisung militärischer Kompetenzen innerhalb des Hasmonäerstaates eine Neuerung gewesen wäre, da diese seit der Rückkehr aus dem babylonischen Exil stets in der Hand von Repräsentanten unterschiedlicher Fremdherrschaften gelegen hatten.

Der Einführung eines hellenistischen Militärpriestertums in Judäa stellt Babota – hierin durchaus konventionell – eine antihasmonäische Opposition gegenüber. Er beruft sich dafür auf die üblichen Argumente (besonders die vermeintliche „Gewaltenteilung“ in den Qumranschriften), geht aber über sie darin hinaus, dass er nicht die gern genannten „frommen Juden“, sondern hellenisierte priesterliche Kreise als die wichtigsten Gegner der Hasmonäer auffasst. Über diese Gruppe – so es sie rund 25 Jahre nach der letztlich gescheiterten Umwandlung Jerusalems in eine Polis überhaupt noch gab – wissen wir indes überhaupt nichts. Babotas Argumente beruhen oft auf Spekulationen über vermeintlich auffällige Nuancen in der antiken Berichterstattung, die nicht immer nachvollziehbar sind.8 Positiv ist dagegen hervorzuheben, dass Babota sehr viel häufiger, als dies üblicherweise geschieht, die noch bis 140 v.Chr. bestehende seleukidische Besatzung Jerusalems in die Analysen einbezieht. Die Quellen sind hier zwar nicht eben informativ und fordern wiederum zu Spekulationen auf, doch in der Besatzung der Akra ist immerhin eine Personengruppe greifbar, die es tatsächlich gegeben hat und deren politische Positionen im seleukidischen Thronstreit und gegenüber den Hasmonäern komplex gewesen sein dürften.

Ein Personen- und ein Stellenindex beschließen den Band; ein Sachindex wäre ebenso nützlich gewesen wie eine sorgfältige Korrektur des oft unidiomatischen und nicht selten fehlerhaften englischen Textes.

Es bleibt ein zwiespältiges Bild. Die Konzentration auf einen eng begrenzten Zeitraum ermöglicht detaillierte Diskussionen, die auch da, wo sie nichts Neues bieten, als Synthesen älterer Debatten durchaus nützlich sein können. Es fehlt auch nicht an Detailbeobachtungen, die interessante neue Aspekte enthalten, über die man zumindest diskutieren kann (etwa S. 98–101 zur Rolle des Judas als diadochos des Alkimos oder die mehrfach – zum Beispiel S. 189–191 – aufgeworfene Frage, wie oft der Hohepriester in dieser Zeit tatsächlich im Tempel Rituale durchführen musste). Doch der Schluss, auf den hin das ganze Buch geschrieben ist, dass nämlich „Jonathan was appointed as archiereus by King Alexander I Balas in the Hellenistic/Seleucid sense rather, and not strictly in the biblical/Jewish tradition“ (S. 289), ist gleich mehrfach problematisch.

Anmerkungen:
1 Vgl. nur die Monographien von Edward Dąbrowa, The Hasmoneans and Their State. A Study in History, Ideology, and the Institutions, Krakau 2010; Eyal Regev, The Hasmoneans. Ideology, Archaeology, Identity, Göttingen 2013; Chris Seeman, Rome and Judea in Transition. Hasmonean Relations with the Roman Republic and the Evolution of the High Priesthood, New York 2013.
2 Deborah W. Rooke, Zadok’s Heirs. The Role and Development of the High Priesthood in Ancient Israel, Oxford 2000; James VanderKam, From Joshua to Caiaphas. High Priests after the Exile, Minneapolis 2004; Maria Brutti, The Development of the High Priesthood during the Pre-Hasmonean Period. History, Ideology, Theology, Leiden 2006.
3 Der Beiname des Antiochos III. war nicht Theos, sondern Megas (S. 36). Antiochia am Orontes lässt sich um 200 v.Chr. schwerlich als „die Hauptstadt“ des Seleukidenreichs bezeichnen (S. 36f.). Die Existenz und Funktion von Toparchien ist umstritten (S. 37; Babota folgt hier Bengtson, ohne auf die neuere Literatur einzugehen). Die Eignung von spät überlieferten Fragmenten von peri-basileias-Literatur (hier Diotogenes) zur Rekonstruktion hellenistischer Königsideologie ist oft und mit Recht bestritten worden (S. 39). Ptolemaios, Sohn des Thraseas ist als strategos kai archiereus eine Ausnahme von der seleukidischen Regel, diese Ämter eben nicht miteinander zu kombinieren, kann also keineswegs als paradigmatischer Fall aufgefasst werden (S. 40; vgl. Helmut Müller, Der hellenistische Archiereus, in: Chiron 30 [2000], S. 537f.). Ethnos war kein juristischer Status und wird im Brief des Antiochos III. klar territorial gebraucht (12,141: „aus Judäa und den anderen Ethne“!), meint also nicht alle Juden im Seleukidenreich, wie auch die patrioi nomoi (12,142) kaum konkret auf die Torah und halakhische Regeln Bezug nehmen (S. 43). In der umstrittenen Frage der von Jason mit Erlaubnis des Antiochos IV. erstellten Liste von „Antiochenern in Jerusalem“ geht Babota auf Bickermans politeuma-These zurück, ohne indes die neueren Debatten und epigraphisches Vergleichsmaterial zu berücksichtigen (S. 50–52).
4 Fast, da sie (was Babota nicht erwähnt) bereits von Hans Zucker, Studien zur jüdischen Selbstverwaltung im Altertum, Berlin 1936, S. 43 angedeutet, von Étienne Nodet, La crise maccabéenne. Historiographie juive et traditions bibliques, Paris 2005, S. 243 beiläufig (und meines Erachtens falsch) beantwortet und in Benedikt Eckhardt, Ethnos und Herrschaft. Politische Figurationen judäischer Identität von Antiochos III. bis Herodes I., Berlin 2013, S. 174–184 ausführlicher behandelt worden ist.
5 Etwa S. 156 zu SEG 46,1519; S. 158 zu Athen. 5,211a–b, wo das Problem sehr deutlich wird: Diogenes bittet Alexander Balas bei einem Gelage am Hof um das Recht, Purpur und Gold mit einem Symbol der Arete tragen zu dürfen, um als Priester der Tugend zu erscheinen; Babota schließt daraus: „This is evidence of the Hellenistic/Seleucid high priestly dress“.
6 Die Ausnahme ist der vormals ptolemäische archiereus kai strategos Ptolemaios um 200 v.Chr.; vgl. Anm. 3.
7 Vgl. – von Babota nicht berücksichtigt – Julia Wilker, Von Aufstandsführern zur lokalen Elite. Der Aufstieg der Makkabäer, in: Boris Dreyer / Peter Franz Mittag (Hrsg.), Lokale Eliten und hellenistische Könige. Zwischen Kooperation und Konfrontation, Berlin 2011, S. 244: „Parallel zu dieser faktischen und offiziellen Anerkennung der Makkabäer als jüdischer Führung wurden Jonathan und Simon dem seleukidischen Herrschaftsverständnis entsprechend als meridarchai und strategoi sowie als Freunde des Königs auch Mitglieder der Funktionselite des Reiches.“
8 Beispielhaft sei hier nur die Rekonstruktion einer priesterlichen Opposition gegen Simon genannt (S. 264). Dieser wurde von seinem Schwiegersohn Ptolemaios ermordet, der sodann „gegen Jerusalem und den Tempelberg“ zog (1Makk 16,20), jedoch von der „Menge“ (Josephus ant. Iud. 13,229) vertrieben wurde. Babota schließt aus der separaten Nennung des Tempelbergs und der Nichterwähnung eines spezifisch priesterlichen Widerstands auf eine Kooperation des Ptolemaios mit Teilen der jerusalemitischen Priesterschaft. Das ist nicht nur eine gewagte Deutung der Quellenaussagen, sondern auch ein unnötiges Konstrukt, da die Unterstützung des Ptolemaios durch Antiochos VII. die Ereignisse hinreichend erklärt.

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