Cover
Titel
Das Byzantinische Reich.


Autor(en)
Grünbart, Michael
Reihe
Geschichte kompakt
Erschienen
Anzahl Seiten
VIII, 152 S.
Preis
€ 14,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Florian Sonntag, Historisches Institut, Universität Stuttgart

Michael Grünbart bietet im vorliegenden Buch aus der Reihe „Geschichte kompakt“ eine Einführung in die Geschichte des byzantinischen Reiches. Besonders auffällig an diesem Werk ist seine Gliederung: Das Buch ist in 14 Kapitel gegliedert, wobei jedes Kapitel einem „Herrscherhaus“ bzw. einer „Dynastie“ (S. 1) gewidmet ist. Von jeder Dynastie werden wiederum alle Kaiser separat beschrieben. Grünbart verspricht sich von dieser Einteilung, dass „die Kontinuität des Kaisertums klarer wird“ (ebd.), und weicht deshalb von einer fast schon traditionellen Einteilung der byzantinischen Geschichte in eine frühbyzantinische, eine mittelbyzantinische und eine spätbyzantinische Epoche ab.

Grünbart lässt sein Werk mit der Regierungszeit Konstantins des Großen (306–337) beginnen, wobei der „Beginn“ der byzantinischen Geschichte von einigen Forschern auch später angesetzt wird.1 Hingegen herrscht über das „Ende“ weitestgehend Konsens: Im Allgemeinen (so auch Grünbart) betrachtet man die Eroberung von Konstantinopel durch Mehmed den Eroberer im Jahre 1453 als Schlussakt der byzantinischen Geschichte, spätestens jedoch den Fall von Trapezunt 1461, da nun „alle eigenständigen byzantinischen Territorien verschwunden waren“ (S. 142). Beschlossen wird das Buch durch ein hilfreiches Glossar (S. 143f.), ein kurzes Quellen- und Literaturverzeichnis (S. 144–146) sowie ein ausführliches Register (S. 146–152).

Der Leser wird nun sehr kenntnisreich und informativ durch die Geschichte von Byzanz geführt, wobei es Grünbart gut gelingt, „die Kontinuität des byzantinischen Kaisertums“ (S. 1) zu verdeutlichen. So zeigt der Autor auf, wie das byzantinische Reich gewachsen ist, zeigt aber auch mit welchen Problemen und Krisen das Reich zu kämpfen hatte, welche es aber stets bewältigen konnte. Das byzantinische Kaisertum blieb bestehen, auch während der großen Krise des 7. Jahrhunderts aufgrund der islamischen Expansion, während der Kriege gegen Awaren oder Bulgaren, selbst als Konstantinopel im Zuge des vierten Kreuzzuges durch die Kreuzfahrer mit tatkräftiger Unterstützung der Venezianer erobert wurde. Der Kaiser wich für knapp 60 Jahre nach Nikaia aus.2 Einem dieser Exilkaiser, nämlich Michael VIII. Palaiologos, gelang sogar die Rückeroberung der früheren Hauptstadt, wobei der vierte Kreuzzug „endgültig das Ende der oströmischen Großmacht markierte“ (S. 113). Byzanz war von da an nur noch eine Regionalmacht, größtenteils auf das Gebiet von Konstantinopel beschränkt. Das Reich blieb trotzdem noch für nahezu zwei weitere Jahrhunderte bestehen. Erst im besagten Jahr 1453 fiel Konstantinopel und mit der Stadt der letzte Kaiser und somit auch das byzantinische Kaisertum. Trotz der Fokussierung auf das byzantinische Kaisertum und die politischen Entwicklungen des byzantinischen Reiches werden dem Leser gelegentlich zusätzliche Informationen vermittelt, so wird beispielsweise kurz auf die Bibliothek des Photios (S. 71), den Berg Athos (S. 76), aber auch auf die vielen religiösen Konflikte innerhalb von Byzanz sowie zwischen Rom und Konstantinopel eingegangen.

Die Gliederung bringt jedoch auch einige Probleme mit sich. So hatte der Verfasser dieser Rezension zeitweise den Eindruck, dass er eine Fülle aneinander gereihter Lexikonartikel lesen würde, da auf circa 140 Seiten ein Kaiser nach dem nächsten folgt und der Leser mit Informationen überhäuft wird. Somit kommt durch all die Kontinuität leider wenig Spannung auf, so dass das Buch durch die Konzeption recht eintönig wirkt. Dem Rezensenten erschien das byzantinische Reich zeitweise als „eine tausend Jahre währende Abfolge von Kaisern und Schlachten“3, bei der die kulturellen Eigenschaften des Reiches wenig berücksichtigt werden. Außerdem sind manche Passagen so kurz gehalten, dass man den Mehrwert dieser Abschnitte wirklich in Frage stellen muss. So ist beispielsweise das Kapitel über „Nikephoros und seine Dynastie“ nur dreieinhalb Seiten lang (S. 60–64), der Abschnitt über Kaiser Konstantin VIII. (S. 82) beträgt gerade einmal viereinhalb Zeilen. Dies ist leider kein Einzelfall. Nicht selten werden auf einer Doppelseite zwei Kaiser beschrieben. Das wiederum wirft zum einen die Frage auf, ob man die Kontinuität des byzantinischen Kaisertums nicht auch hätte anders aufzeigen können als durch eine Kurzbeschreibung jedes einzelnen Kaisers, und zum anderen, was ein in byzantinischer Geschichte unerfahrener Leser mit den wenigen Informationen über diese Kaiser anfangen soll.

Insgesamt betrachtet bietet Grünbart ein sehr informatives, aber auch sehr trockenes Buch über das byzantinische Reich. Ein Anfänger auf dem Gebiet der byzantinischen Geschichte sollte aufgrund der genannten Probleme aber vorab auf eine andere Einführung zurückgreifen.4 Wer mit der byzantinischen Geschichte jedoch bereits etwas vertraut ist, dem wird dieses Buch gute Dienste erweisen, da es sich aufgrund der gewählten Konzeption bestens als ein Nachschlagewerk eignet.

Anmerkungen:
1 Dies geht auf Georgije Ostrogorski, Geschichte des byzantinischen Staates. Sonderaus., München 1965, zurück. Andere Darstellungen zum byzantinischen Reich beginnen erst im 6. Jahrhundert. Vgl. Peter Schreiner, Byzanz 565–1453. 3. völlig überarb. Aufl., München 2008 (1. Aufl. 1986). Diese Periodisierung wird von Ralph-Johannes Lilie (Rez. Peter Schreiner, Byzanz 565–1453. 3. völlig überarb. Aufl., München 2008 (1. Aufl. 1986), in: Byzantinische Zeitschrift 101 (2008), S. 851–853) entschieden zurückgewiesen. Dazu Mischa Meier, Ostrom – Byzanz, Spätantike – Mittelalter, in: Millennium 9 (2012), S. 187–253.
2 Sicherlich gab es während des so genannten lateinischen Kaiserreiches (1204–1261) auch noch andere byzantinische Gebiete, wie das Königreich von Trapezunt oder das Despotat Epiros, welche mit Nikaia um die „Legitimation und Nachfolge des byzantinischen Kaisertums stritten. Das Kaiserreich von Nikaia setzte sich letztendlich auf Basis der diplomatischen, militärischen und wirtschaftlichen Erfolge durch“ (S. 119).
3 Judith Herrin, Byzanz. Die erstaunliche Geschichte eines mittelalterlichen Imperiums, Ditzingen 2013, S. 291.
4 Eine kurze und kompakte Einführung bieten Ralph-Johannes Lilie, Byzanz. Geschichte des oströmischen Reiches. 5. durchges. Aufl., München 2010 (1. Aufl. 1995), und Ders., Einführung in die byzantinische Geschichte, Stuttgart 2007. Ebenfalls lesenwert, da besonders informativ, ist Peter Schreiner, Byzanz 565–1453. 3. völlig überarb. Aufl., München 2008 (1. Aufl. 1986). Hervorragend geschrieben und sehr anregend ist das Buch von Judith Herrin, Byzanz. Die erstaunliche Geschichte eines mittelalterlichen Imperiums, Ditzingen 2013. Vgl. Michael Grünbart: Rezension zu: Herrin, Judith: Byzanz. Die erstaunliche Geschichte eines mittelalterlichen Imperiums. Ditzingen 2013, in: H-Soz-u-Kult, 22.05.2013, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2013-2-131> (27.08.2014).

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