J. Langford: Maternal Megalomania

Cover
Titel
Maternal Megalomania. Julia Domna and the Imperial Politics of Motherhood


Autor(en)
Langford, Julie
Erschienen
Anzahl Seiten
XI, 203 S.
Preis
$55.00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Jürgen Lorenz, Historisches Seminar, Ludwig-Maximilians-Universität München

Seit vielen Jahrzehnten befasst sich die archäologische und althistorische Forschung mit den materiellen wie literarischen Quellen, die über das Leben der Julia Domna berichten.1 Julie Langford möchte sich insbesondere mit dem vermeintlichen politischen Einfluss der Kaiserin, ausgehend von der Rolle der Frau in der Gesellschaft der römischen Kaiserzeit, beschäftigen (S. 2). Des Weiteren analysiert sie die literarischen, archäologischen und numismatischen Quellen bezogen auf die Ehrungen, die Julia Domna zuteilwurden, unter der Fragestellung, wie diese der Stabilisierung und Inszenierung der Herrschaft des Septimius Severus und des Caracalla dienten. Sie analysiert hierbei differenziert die unterschiedlichen Bilder und Botschaften, die an die Adressaten der imperialen Propaganda transportiert wurden.

Das Buch ist in fünf Kapitel gegliedert, die wiederum in zahlreiche Unterkapitel unterteilt sind, in denen die einzelnen Aspekte des Untersuchungsgegenstandes analysiert werden. In einer mit vielen Fakten und Beobachtungen angereicherten Einführung (S. 1–22) erläutert Langford ihre methodische Herangehensweise: den Vergleich von ausgewählten literarischen und numismatischen Quellen. Als Intention der Untersuchung benennt Langford die Analyse der zielgruppenorientierten imperialen Propaganda und die Rolle Julia Domnas in ihr. Darüber hinaus gibt sie einen knappen Überblick zur Forschungsgeschichte (S. 4f.) sowie eine kritische Würdigung der literarischen Quellenlage. Überzeugend arbeitet Langford zudem heraus, dass schon seit der republikanischen Zeit die Kritik an der Frau eigentlich auf ihren Gatten zielte, in diesem Falle war also Septimius Severus als Adressat gemeint (S. 12). In drei kleinen Unterkapiteln zeichnet Langford die Rolle Julia Domnas innerhalb der dynastischen Propaganda der frühen Severerzeit unter Septimius Severus und Caracalla nach (S. 14–22).2 In den Jahren 193 bis 195 n.Chr. war Septimius Severus darum bemüht, den Senat von seiner Legitimität zu überzeugen, indem er sich als Rächer des Pertinax in dessen Nachfolge stellte.

Langford führt im Laufe ihrer Untersuchung immer wieder Beispiele aus der früheren Kaiserzeit an, in denen es um die Rolle der kaiserlichen Frauen wie etwa der Livia (S. 27) geht. Eine zentrale Figur für die severische Herrschaftsinszenierung war jedoch Marc Aurels Gattin Faustina minor, die den Titel mater castrorum verliehen bekam (S. 31f.). Im ersten Kapitel „Not Your Momma: Problematizing Julia Domna as the Mater Castrorum“ (S. 23–48) stellt Langford eine nachvollziehbare ideologische Verbindung zwischen Faustina minor und Julia Domna her, die ebenfalls diesen Titel erhielt. Der Titel der Julia Domna war jedoch nicht an die Angehörigen des Militärs gerichtet, wie Langford darlegt (S. 37). Vielmehr sind die Adressaten im zivilen Bereich des Senats oder des römischen Volkes zu suchen, denn Septimius Severus musste gerade zu Beginn seiner Herrschaft, als dieser Titel an Julia Domna verliehen wurde, die Senatoren von seiner Verbundenheit mit dem Militär überzeugen. Indem er seiner Frau diese außergewöhnliche Ehrung zukommen ließ, konnte er gleichsam eine familiäre Komponente in diese Inszenierung mit hinein nehmen. Denn wer sich gegen ihn wandte, verstieß gegen die familiäre pietas, die durch seine Gattin Julia Domna als mater castrorum repräsentiert wurde.

Im zweiten Kapitel „Romancing the Romans. Julia Domna and the Populus Romanus“ (S. 49–83) erörtert Langford, wie Septimius Severus sich beim römischen Volk als guten und fürsorglichen Kaiser darzustellen versuchte (S. 82–83). Julia Domna wurde im Rahmen dieser Inszenierung insofern mit eingebaut, als sie das fingierte dynastische Band zu den Antoninen stärken sollte. Die Wiederauflage einzelner Münztypen aus der antoninischen Zeit sowie insbesondere der bereits erwähnte Titel der mater castrorum trugen hierzu entscheidend bei. Am Ende des Kapitels listet Langford in einer nützlichen Tabelle die Ehreninschriften privater und öffentlicher Auftraggeber für Julia Domna auf (S. 80f.). Ferner lenkt Langford das Augenmerk des Lesers auf eine interessante und einzigartige Elfenbeinfigur, die im Grabmal der Vestalin Cossinia gefunden wurde und aller Wahrscheinlichkeit nach Julia Domna zeigt (S. 81f.).

Im dritten Kapitel „Mater Senatus, Mater Patriae. Julia Domna as Senatorial Savior“ (S. 84–112) erörtert Langford zunächst die politischen Maßnahmen des Septimius Severus, die dieser zu Beginn seiner Herrschaft durchführte, um ein Gemeinschaftsgefühl in der römischen Gesellschaft zu evozieren, wodurch er seine Regierung nach innen zu stabilisieren versuchte (S. 84f.). Ferner werden Veränderungen in der kaiserlichen Administration thematisiert, hier spricht Langford beispielsweise die stärkere Heranziehung von Angehörigen des Ritterstandes in der Verwaltung an. Es folgen Ausführungen zur Situation des Senats zu Beginn der Herrschaft des Septimius Severus sowie zu dessen Maßnahmen gegenüber den Senatoren (S. 93–104). Auf Basis einiger ausgewählter numismatischer Zeugnisse arbeitet Langford heraus, dass sich Septimius Severus in seiner dynastischen Legitimation an antoninische Vorbilder wie Antoninus Pius und Marcus Aurelius anlehnte (S. 104–107).

Julia Domna war dabei für die imperiale Inszenierung der Etablierung der Dynastie des Septimius Severus überaus wichtig. Ihre Bedeutung wurde gerade nach dem Tode des Septimius Severus noch größer, denn nur ihr traute man zu, das rivalisierende Brüderpaar Caracalla und Geta vor allzu dramatischen Folgen ihres gegeneinander gerichteten Verhaltens zu bewahren (S. 111). Während der Herrschaft ihres Sohnes Caracalla erhielt Julia Domna eine neue Frisur in der bildlichen Darstellung, und auf den Münzen erschien eine veränderte Titulatur mit den Zusätzen pia und felix.

Langfords Buch wird durch drei Anhänge abgeschlossen: Der erste bietet eine tabellarische Zusammenstellung von Münzhortfunden des 3. Jahrhunderts n.Chr. mit severischen Münzen, die von Clare Rowan angefertigt wurde (S. 125–129). Es folgt eine statistische Aufführung von Münzen der Julia Domna, die in Hortfunden im mediterranen Raum enthalten sind (S. 130–133). Der dritte Anhang liefert schließlich eine knappe Analyse epigraphischer Zeugnisse zur Datierung der Titel mater senatus und mater patriae (S. 134–136). Langford spricht sich im Gegensatz zu Wolfgang Kuhoff für eine Datierung nach dem Tode des Septimius Severus zwischen Februar und Dezember 211 n.Chr. aus.3

Langford arbeitet in ihrer Studie differenziert und klar die zielgruppenorientierte Kommunikation des Septimius Severus mit den Senatoren, den Angehörigen des Militärs sowie der plebs urbana heraus. Die Untersuchung ist ferner nah an den Quellen angelegt, wobei Inschriften und Münzen, insbesondere die statistische Auswertung von Hortfunden, den meisten Raum einnehmen. Langfords Untersuchung betrachtet exemplarisch die Funktionsweise und die Bedeutung der Kommunikation zwischen dem Kaiser und bedeutenden Gruppen seiner Untertanen, insbesondere unter der Fragestellung der Rolle der Gattin des Kaisers. Gleichsam kristallisiert sich die Genese einer maternalen Ideologie heraus; ein Punkt, der sicher die größte Stärke der Untersuchung darstellt und der Langfords dichte und stringente Analyse des überlieferten Materials über Julia Domna zu einem überzeugenden Gesamtbild zusammenführt.

Anmerkungen:
1 Zu den Portraits der Julia Domna vgl. Renate Schlüter, Die Bildnisse der Iulia Domna, Münster 1977. Die neueste Biographie Julia Domnas legte Barbara Levick, Julia Domna, Syrian Empress, London 2007 vor.
2 Vgl. auch Susann Sowers Lusnia, Julia Domna’s Coinage and Severan Dynastic Propaganda, in: Latomus 54 (1995), S. 119–140, hier S. 121–123.
3 Vgl. Wolfgang Kuhoff, Iulia Aug. Mater Aug. N. et Castrorum et Senatus et Patriae, in: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 97 (1993), S. 259–271, hier S. 266.

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