G. Mahlberg u.a. (Hrsg.): English Republicanism

Cover
Titel
European Contexts for English Republicanism.


Herausgeber
Mahlberg, Gaby; Wiemann, Dirk
Reihe
Politics and Culture in Europe, 1650–1750
Erschienen
Farnham 2013: Ashgate
Anzahl Seiten
273 S.
Preis
€ 80,47
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Nina Schweisthal, Fachbereich III – Geschichte, Universität Trier

„Books are no absolutely dead things, but doe contain a potencie of life in them […] they are as lively, and as vigorously productive, as those fabulous Dragons teeth; and being sown up and down, may chance to spring up armed men.“ (S. 1)

Ausgehend von dieser der Einleitung vorangestellten Eloge aus John Miltons Areopagitica (1644) untersucht der von Gaby Mahlberg (Northumbria University) und Dirk Wiemann (Universität Potsdam) herausgegebene Sammelband den englischen Republikanismus-Gedanken in einem weiter gespannten, kontinentaleuropäischen Kontext. Anlässlich einer interdisziplinär ausgerichteten, internationalen Konferenz zum Thema „English Republican Ideas and Networks in Seventeenth- and Eighteenth-Century Europe“ an der Universität Potsdam (2011) entstanden, sucht das Buch neue Perspektiven auf die Erforschung des frühneuzeitlichen English Republicanism zu eröffnen.

In dreizehn Beiträgen soll dargelegt werden, inwiefern die in England entwickelten Republikanismus-Konzepte nicht nur von klassischen, sondern auch von zeitgenössischen Autoren aus ganz Europa (z.B. Hugo Grotius, Christoph Besold, Pieter de la Court, Benedictus Spinoza) geprägt wurden, und schließlich welche längerfristigen Spuren diese Ideen auf dem Kontinent hinterlassen haben: „Far from being an exclusively transatlantic affair, as much of the established scholarship suggests, English republican thought left its legacy on the European Continent, finding its way into wider debates about the rights and wrongs of the English Civil War and the nature of government, while later translations of English republican works also influenced the key thinkers of the French Revolution and the liberals of the nineteenth century.“ (Zusammenfassung Buchdeckel)

In diesem Sinne geht es um die mannigfaltigen Lesarten, Bearbeitungen und Übersetzungen republikanischer Werke von aus England stammenden Autoren wie James Harrington, Marchamont Nedham oder Algernon Sidney innerhalb Europas, besonders in Frankreich, Italien, den Niederlanden und dem Heiligen Römischen Reich. Damit verbunden sind folglich nicht nur Fragen nach der Rezeption eben solcher Schriften, sondern auch nach ihrer Distribution sowie den kontinentalen Verbindungen von (englischen) Republikanern.

Der erste Teil des Bandes widmet sich in sieben Einzelbeiträgen dem Bereich „English Republicanism and Continental Thought in the 1650s“. Zu Beginn steht Blair Wordens Beitrag „Liberty for Export“, in dem der Republikanismus im England der Frühen Neuzeit eingehender beleuchtet wird, um sodann den English Republicanism im europäischen Kontext betrachten zu können. Es schließen sich Untersuchungen zu den literarischen Verarbeitungen des Königsmordes an Karl I. in England und dem Alten Reich (Dirk Wiemann), dem Einfluss kontinentaleuropäischer Autoren, ihrer Werke und Ideen auf Marchamont Nedham und James Harrington (Rachel Foxley, Marco Barducci, Mark Somos) sowie dem Wirken oder aber Nichtwirken von aus England kommenden Republikanismus-Konzeptionen in den Vereinigten Niederlanden (Arthur Weststeijn, Hans W. Blom) an.

Teil zwei der Aufsatzsammlung befasst sich mit dem erst vor wenigen Jahren von Thérèse-Marie Jallais in der Bibliothèque Universitaire de Poitiers entdeckten Wansleben Manuskript (1665) – einem von dem deutschen Orientalisten Johann Michael Wansleben (1635–1679) im italienischen Livorno erstellten Digest der Hauptwerke Harringtons. In drei Artikeln (Gaby Mahlberg, Stefano Villani, Thérèse-Marie Jallais) werden der Entstehungskontext des Manuskriptes und – damit eng verbunden – die sozialen Kontakte Wanslebens, dessen Harrington-Rezeption sowie schließlich „ideologische Affinitäten“ (Jallais) zwischen Harrington’schem Republikanismus und diversen Formen des Katholizismus primär in Frankreich und Italien näher betrachtet.

Der letzte Abschnitt konzentriert sich auf die Frage nach einer nachwirkenden englisch-republikanischen Tradition in Europa. Zu diesem Zweck umspannen die einzelnen Beiträge die kontinentaleuropäische Rezeption und Wirkung des English Republicanism vornehmlich im revolutionären Frankreich des 18. Jahrhunderts (Rachel Hammersley, Pierre Lurbe) und im Preußen des 19. Jahrhunderts (Iwan-Michelangelo D’Aprile). Anhand ausgewählter Werke bekannter Verfasser – wie zum Beispiel dem Baron de Montesquieu, Abbé Mably, Pierre Auguste Samson und Friedrich Buchholz – wird dargelegt, ob und inwiefern englisch-republikanische Texte bzw. deren Übersetzungen nicht nur rezipiert, sondern auch adaptiert und transformiert, das heißt an die spezifischen kontinentaleuropäischen Kontexte angepasst wurden.

Zusammenfassend betrachtet liefert der Sammelband besonders durch die ihm zugrundeliegende Interdisziplinarität eine große Bandbreite an neuartigen Zugängen zum englischen Republikanismus-Gedanken. Nicht zuletzt dadurch vermag dessen Vielseitigkeit oder besser Mehrdeutigkeit dargelegt und aufgezeigt zu werden: Es handelt sich – wie von John G. A. Pocock konstatiert – beim Republikanismus um „a language, not a programme“ (S. 4). Gemeinsamer, konstitutiver Befund der dreizehn Teilstudien ist schließlich – quasi als Gegengewicht zu der seit Jahrzehnten etablierten Erforschung einer englisch-republikanischen Tradition jenseits des Atlantiks – die Nachwirkung englisch-republikanischer Ideen und Verbindungen auf dem bzw. zum europäischen Kontinent.

Nichtsdestoweniger muss festgehalten werden, dass trotz der sowohl thematisch als auch räumlich-zeitlich wie theoretisch-methodisch äußerst unterschiedlich gearteten Einzelbeiträge der Sammelband als Ganzes gesehen keine vollständige, allumfassende Untersuchung des frühneuzeitlichen English Republicanism in seinem reziproken Zusammenspiel mit dem Kontinent bieten kann. Zu diesem Ergebnis gelangen gleicherweise die beiden Herausgeber: „Spanning the period from the regicide in 1649 to the French Revolution and beyond, and island-hopping from Italy and France to the Netherlands and Prussia, this volume can but be contiguous: it cannot claim to offer a comprehensive map of readings, misreadings and rewritings of English republican impulses in seventeenth- and eighteenth-century Europe. Instead, it exemplarily traces a selected number of nodal points in a much vaster and denser transnational network of rewritings, and looks forward to more research to contribute to the reconstruction of this largely unaccounted dimension of early modern English republicanism.“ (S. 9)

In der Tat liefert der Sammelband neue Impulse, Ansätze und Knotenpunkte, von denen aus weiterführende Untersuchungen der „European Contexts for English Republicanism“ vorgenommen werden können. Der fruchtbare Mehrwert des Werkes besteht gerade darin, dieses vor allem interdisziplinäre Forschungspotential dargelegt und exemplarisch angestoßen zu haben.

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