O. Hekster u.a. (Hrsg.): Constantijn de Grote

Cover
Titel
Constantijn de Grote. Traditie en verandering


Herausgeber
Hekster, Olivier; Jansen, Corjo
Erschienen
Nijmegen 2012: Vantilt
Anzahl Seiten
207 S.
Preis
€ 16,95
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Raphael Brendel, Historisches Seminar, Ludwig-Maximilians-Universität München

War Kaiser Konstantin ein umstürzlerischer Revolutionär, der die Grundfesten des Reiches mit seinen Neuerungen erschütterte, ein weitblickender Visionär, der die Zeichen seiner Zeit erkannte oder ein insgesamt konservativer Herrscher, dessen wenige Innovationen als typisch römisch anzusehen sind? Mit diesen drei Extrempunkten – vertreten von seinen Gegnern, seinen Anhängern und Teilen der neueren Forschung – lassen sich die wichtigsten Positionen zum Neuerungscharakter der Herrschaft Konstantins abstecken; einer Frage, der in dem nachfolgend besprochenen Sammelband zu Konstantin nachgegangen wird. In der Einleitung (S. 21–31) geben die beiden Herausgeber Olivier Hekster und Corjo Jansen einen Überblick zur Ereignisgeschichte der konstantinischen Zeit, in dem auch kurz die Münzreform abgehandelt wird. Das „Edikt von Mailand“ dürfte hier allerdings überbewertet worden sein (S. 26f.).1

Olivier Hekster untersucht sodann die Kontinuität in der kaiserlichen Politik unter Konstantin (S. 33–47). Da sich im Konstantinsbogen und in der Hinwendung zum christlichen Gott gleichermaßen Tradition und Erneuerung fänden, sieht er beide Momente als gegeben an. Die Überschätzung des innovativen Charakters seiner Herrschaft in der Forschung sei durch Konstantins Distanzierung von seinen Vorgängern und in der Betonung der Christenpolitik bedingt. Corjo Jansen und Rick Verhagen behandeln die Gesetzgebung Konstantins (S. 48–66). Sie konstatieren den Versuch des inhaltlichen Anschlusses an das klassische Recht und wirtschaftlich-fiskalische Beweggründe als hauptsächliche Motivation seiner Gesetzgebung. Trotz christlichen Einflusses im Eherecht sei dies nicht der zentrale Faktor, so dass keine Verchristlichung der Rechtssetzung stattgefunden habe.

Der Aufsatz von Peter Nissen zu Konstantin und dem Christentum (S. 67–79) diskutiert nicht – wie dies zu erwarten wäre – die religiöse Entwicklung des Kaisers und seine Christenpolitik, sondern die Darstellung des Verhältnisses Konstantins zum Christentum in neuzeitlichen theologischen und historischen Forschungen. Sible de Blaauws Ausführungen zu Konstantin als Kirchenbauer (S. 80–96), die sich stark auf die problematische Quellenbasis des Eusebios und des Liber pontificalis stützen, kommen zu dem Schluss, dass Konstantin eine bewusste Kirchenbaupolitik betrieben habe; die in dieser Zeit feststellbaren architektonischen Innovationen seien auf kaiserliche Einflussnahme zurückzuführen. Ähnlich stellt Eric Moormann, der das Thema ‚Konstantin und die Künste‘ analysiert (S. 97–116), einen deutlichen Einfluss des Kaisers auf die Stadtentwicklung Roms fest.

Vincent Hunink betrachtet das Verhältnis Konstantins zur Literatur (S. 117–133). Er geht davon aus, dass die Regierung des Kaisers der Literatur, insbesondere der Dichtung, neue Impulse gab. Hunink untersucht dazu Laktanz, die Dichtung des spanischen Priesters Iuvencus und Eusebios, wohingegen die lateinischen Panegyrici ebenso wie die Studie von Martin Hose zu diesem Thema unbeachtet bleiben.2

In seinem stark aus der (nicht immer zuverlässigen) byzantinischen Überlieferung gearbeiteten Beitrag diskutiert Paul Stephenson die Monumentalisierung Konstantinopels (S. 134–155), insbesondere an den Beispielen des Hippodrom und des Konstantinsforum. In ihrem Schlusswort (S. 156–160) fassen die Herausgeber das Ergebnis des Bandes nochmals zusammen: Konstantins Regierungszeit war keine Revolution, sondern eine kreativ gesteuerte Evolution. Als Anhang bietet Vincent Hunink eine holländische Übersetzung des frühchristlichen Gedichtes eines anonymen gallischen Dichters aus der Zeit zwischen 317 und 323 (S. 161–171). Es folgen die am Schluss gebündelten Anmerkungen (S. 173–189) und Bibliographien (S. 190–203) zu den einzelnen Kapiteln.

Zusammengefasst handelt es sich um einen interessanten, reich bebilderten und gut lesbaren Band, der einen schnellen Überblick zu weniger beachteten Aspekten Konstantins bietet, der jedoch wohl aufgrund der Tatsache, dass sämtliche Beiträge in holländischer Sprache verfasst worden sind, weniger Leser als manche weniger originelle Publikation zu Konstantin in geläufigeren Sprachen finden wird.3

Anmerkungen:
1 Dazu der wichtige Aufsatz von Otto Seeck, Das sogenannte Edikt von Mailand, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 12 (1891), S. 381–386. Ausdrücklich bestätigt zuletzt von Timothy D. Barnes, Constantine, Chichester 2011, S. 93–97.
2 Zu den Panegyrici und Konstantin vgl. Barnes, Constantine, S. 181–184. Martin Hose, Konstantin und die Literatur, in: Gymnasium 114 (2007), S. 535–558. Auch der oft als zeitgenössisch angesehene (oder zumindest auf zeitgenössische Quellen zurückgehende) Anonymus Valesianus hätte hier berücksichtigt werden können.
3 Zwei Detailkorrekturen: Kaiser Septimius Severus regierte nicht 192–205 (so S. 102), sondern 193–211; dass der Historiker Herodian Senator gewesen sei (so S. 123), wird für gewöhnlich nicht angenommen. Es existiert bereits eine kurze Rezension des Sammelbandes von Robert Duthoy auf der Website der Vlaamse Vereniging voor Leraren geschiedenis en Cultuurwetenschappen <http://www.vvlg.be/nl/recensies/klassieke_oudheid/rome/%29425%28/constantijn_en_zijn_tijd-1796.html> (25.03.2013).

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