K. Matijević: Zeugnisse im Norden Obergermaniens

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Titel
Römische und frühchristliche Zeugnisse im Norden Obergermaniens. Epigraphische Studien zu unterer Mosel und östlicher Eifel


Autor(en)
Matijević, Krešimir
Reihe
Pharos 27
Erschienen
Anzahl Seiten
485 S.
Preis
€ 54,80
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Renate Lafer, Institut für Geschichte, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Online-Datenbanken zu epigraphischen Denkmälern ins Leben gerufen, womit gezielte inhaltliche oder regionale Suchabfragen wesentlich erleichtert wurden. Die Inschriften sind darin meist nur spärlich bis gar nicht kommentiert und in der Regel ohne Fundzusammenhänge aufgelistet; sie verfolgen vor allem das Ziel, dem Leser Basisinformationen für eine weitere Bearbeitung der Objekte zu geben. Einerseits bringen derartige Online-Publikationen aufgrund ihrer ausgefeilten Such- und Abfragemöglichkeiten mitunter eine Ersparnis an Zeit- und Arbeitsaufwand mit sich, andererseits fehlen darin jedoch die ebenfalls wichtigen Hinweise auf Fundzusammenhänge, forschungsgeschichtliche Details oder text- und übersetzungskritische Ansätze. Aus diesem Grunde kommt man bei der Aufarbeitung epigraphischer Dokumente wohl meist nicht umhin, ebenfalls Inschriftencorpora oder einschlägige, regional ausgerichtete Inschriftenpublikationen zu Rate zu ziehen. Gerade neueren Publikationen mit aktuellen Daten zu den jeweiligen Dokumenten kommt hierbei eine große Bedeutung zu.

Mit der vorliegenden Studie versucht Krešimir Matijević einer solchen Zielstellung gerecht zu werden: Er stellt epigraphische, zum geringen Teil auch anepigraphische Denkmäler des nördlichen Obergermanien mit ausführlichen Beschreibungen sowie text- und literaturkritischen Kommentaren vor. Hervorgegangen ist diese Publikation aus Vorarbeiten zum Ergänzungsband des CIL XIII, 2 (Ober- und Niedergermanien), als dessen Projektmitarbeiter der Verfasser bereits langjährige Erfahrungen wie auch Material zu diesen beiden Provinzen sammeln konnte. Zusammengestellt sind in der vorliegenden Monographie die Inschriften aus dem nördlichen, linksrheinischen Obergermanien, also die Denkmäler aus den Steinbruchgebieten der östlichen Eifel (Brohltal und Pellenz), des Vinxtbaches, aus Mayen und Umgebung sowie aus Kobern-Gondorf.

Der Hauptteil des Buches ist in vier große Unterabschnitte geteilt, welche den erwähnten Regionen der Germania superior gewidmet sind. Einer historisch-geographischen Einleitung in die entsprechenden Fundplätze folgt jeweils der Inschriftenkatalog mit abschließender Gesamtauswertung. Ein Abbildungs- sowie Literaturverzeichnis, eine Konkordanz und Indices, nach Göttern, Namen, Quellen und topographischen Gegebenheiten geordnet, stehen am Ende der Studie.

Der erste Abschnitt ist den Steinbruchinschriften der östlichen Eifel gewidmet. Die hier gefundenen epigraphischen Dokumente sind im Wesentlichen – bis auf zwei tabulae ansatae zur Markierung von Abbauzonen militärischer Einheiten – recht einfach gehaltene Weihinschriften von Heeresabordnungen für bestimmte Gottheiten. Bei der zusammenfassenden Auswertung der Funde kommt der Verfasser zum Ergebnis, dass eine derartige Präferenz für Weihungen wohl auf die Dankbarkeit der Soldaten für heil überstandene Steinbrucharbeiten zurück zu führen sei. Grabinschriften sind dagegen in diesem Gebiet wohl keine gesetzt worden, da die Angehörigen der entsprechenden militärischen Einheiten es offenkundig bevorzugten, an einem anderen Ort bestattet zu werden. Hinsichtlich der Datierung ergibt sich ebenfalls ein interessantes Ergebnis: Der Steinabbau vom Brohltal ist wohl nicht, wie bisher angenommen, bereits mit dem beginnenden 2. Jahrhundert durch den Abbau in Kruft abgelöst worden; die Datierung einiger Inschriften in das späte 2. oder möglicherweise sogar noch 3. Jahrhundert spricht dagegen (S. 192f.). In diesem Zusammenhang wäre meines Erachtens die Zusammenarbeit mit Geologen zur Untersuchung der Tuffsteindenkmäler der Umgebung ein lohnendes Projekt. Möglicherweise könnte auf diese Weise eine nähere zeitliche Eingrenzung für die beiden Abbaugebiete gefunden werden. Die Auswertung des religiösen Weiheverhaltens ist wenig überraschend, wurden doch vom Militär häufig Iuppiter Optimus Maximus und hier im Speziellen mit Rücksicht auf die Steinbrucharbeiten Hercules Saxanus oder die Göttin des Handwerkes, Minerva, angerufen.

Während die wenigen Weihinschriften und -altäre vom Vinxtbach ebenfalls als inhaltlich nicht sehr ergiebig bezeichnet werden können, sind die Denkmäler aus Mayen und Umgebung und jene aus Kobern-Gondorf inhaltlich und optisch wieder ansprechender. Der Basaltabbau in der Umgebung von Mayen und die wirtschaftliche Prosperität in diesem Gebiet, in dem auch viele villae rusticae errichtet wurden, brachten es mit sich, dass die Denkmäler mit einem größeren finanziellen Aufwand gestaltet wurden. Leider lässt sich die Datierung einiger Dokumente durch Matijević nicht recht nachvollziehen, zuweilen bleiben seine Interpretationen unklar.1 Interessant sind sodann auch die Inschriften aus dem letzten Untersuchungsgebiet Kobern-Gondorf, zumal Matijević hier neben vielen christlichen Inschriften auch verschollene Dokumente oder Neufunde vorstellen kann.

Zusammenfassend lässt sich der vorliegende Inschriftenkatalog für das nördliche Obergermanien als gelungene epigraphische Regionalstudie mit teilweise interessanten Auswertungsergebnissen beschreiben. Neben gut lesbaren photographischen Aufnahmen bzw. Umzeichnungen der Denkmäler zeichnet sich die Studie vor allem durch ihre Aktualität aus, bietet doch der detaillierte kritische Anmerkungs- und Literaturapparat zu den einzelnen Denkmälern jeweils den neuesten Forschungsstand. Bei der Datierung der Objekte kann man sich allerdings einige Male des Eindrucks nicht erwehren, dass Inschriften ohne genaue Datierungskriterien vom Verfasser automatisch in die Zeit der größten Inschriftenverbreitung im 2. und 3. Jahrhundert datiert wurden. Um – wie es so oft bei der Datierung von Inschriften ohne Datierungshinweise geschieht – einen Zirkelschluss zu vermeiden, wäre es daher besser gewesen, in solchen Fällen anzudeuten, dass eine derartige chronologische Einordnung lediglich möglich, aber nicht zwingend ist. Ebenfalls dürfte der Begriff titulus von Matijević mitunter nicht wortgerecht gebraucht sein, wird doch etwa auch ein reliefierter Altar für die Nymphae (S. 239, Kat. Nr. 3) als solcher bezeichnet.

Anmerkung:
1 Vgl. beispielsweise S. 258f., Kat. Nr. 67: Hier ist von einem M[ar?]cius Iu[cu]ndus und seiner Gattin Bi[ctor?]ia Rest[it]uta die Rede, deren Namen laut Matijević unter anderem darauf hindeuten, dass man hier von einer wohlhabenden einheimischen Familie ausgehen könne. S. 259f., Kat. Nr. 68: Hier stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien sich ein Fragment mit sieben Buchstabenresten in das 2./3. Jahrhundert datieren lässt. S. 282, Kat. Nr. 74: Laut Verfasser datieren Weihinschriften für Gottheiten mit vorangestelltem deus/dea in die zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts, häufiger allerdings in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts. Eine Begründung fehlt allerdings. S. 282f., Kat. Nr. 75: Weshalb handelt es sich hier um eine Weihinschrift, da nur drei unsicher zu lesende Buchstaben auf diesem Fragment ersichtlich sind? Auch diese Inschrift wird wieder in das 2./3. Jahrhundert datiert. Auch S. 283f., Kat. Nr. 76 scheint aufgrund des allgemeinen Usus von Matijević automatisch in diese Zeit gesetzt zu sein.

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