H. Börm u.a. (Hrsg.): Monumentum et instrumentum inscriptum

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Titel
Monumentum et instrumentum inscriptum. Beschriftete Objekte aus Kaiserzeit und Spätantike als historische Zeugnisse. Festschrift für Peter Weiß zum 65. Geburtstag


Herausgeber
Börm, Henning; Erhardt, Norbert; Wiesehöfer, Josef
Erschienen
Stuttgart 2008: Franz Steiner Verlag
Anzahl Seiten
256 S.
Preis
€ 59,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Renate Lafer, Institut für Geschichte, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt

Festschriften spiegeln in ihren Beiträgen stets Forschung und Wirken des Geehrten selbst wider. So auch die vorliegende Ehrenpublikation zum 65. Geburtstag von Peter Weiß, Ordinarius für Alte Geschichte an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel von 1987 bis 2008. In sechzehn Beiträgen von Kollegen und Schülern kommen insbesondere die Forschungsschwerpunkte des Jubilars zur lateinischen und griechischen Epigraphik zur Geltung. Einige Inschriften werden hier erstmals publiziert, andere wiederum neu ediert oder reinterpretiert. Darüber hinaus fanden in diese Aufsatzsammlung entsprechend der umfassenden Forschungstätigkeit des Geehrten zahlreiche numismatische, archäologische und althistorische Beiträge Aufnahme. Nicht nur thematisch, sondern auch geographisch ist dabei eine umfangreiche Bandbreite erkennbar, wurde im vorliegenden Band doch die östliche Hälfte des Römischen Reiches ebenso berücksichtigt wie der lateinischsprachige Westen. Ein Schwerpunkt liegt aber auch hier analog zu den Studien von Weiß selbst im östlichen, kleinasiatischen Bereich.

Im ersten Beitrag befasst sich Christof Berns (S. 9-20) mit einem spätrepublikanischen Architekturfragment aus Tarragona, das von ihm als Teil eines Grabbaus gedeutet wird. Das bislang nur unzureichend interpretierte Fragment eines Dreiviertelkapitells korinthischer Ordnung, an dessen linker Seite ein Wandquader mit geringfügigen Resten einer bilingualen Inschrift (lateinisch und iberisch) anschließt, wird von Berns aufgrund der Fundsituation in funerären Zusammenhang gesetzt. Das Fragment stammt, so Berns, von einem Sockel, auf dem eine Aedicula gestanden haben könnte, und datiert in das 2./1. Jahrhundert v.Chr. Die Inschrift lässt sich nicht mehr rekonstruieren; deren Gestaltung als Bilingue dagegen könnte einen wichtigen Hinweis auf die Romanisierung des Setzers geben, der wohl der lokalen, iberischen Elite zuzuweisen ist. Das Stadion von Magnesia am Mäander ist Objekt des zweiten Beitrages (S. 21-30) von Orhan Bingöl. In groben Zügen werden die ersten Ergebnisse der in einer Kampagne im Jahre 2007 durchgeführten Ausgrabungen des bereits aus Plänen des 19. Jahrhunderts bekannten Theaters vorgestellt. Diese wurden nunmehr an den Tribünen vorgenommen, deren Sitzflächen mit Inschriften und deren Podiumswand mit Reliefs ausgestattet waren. An dieser Stelle wäre es schön gewesen, wenn die genannten Inschriften ein wenig beschrieben worden wären.

Einen gänzlich anderen Bereich bespricht Anthony R. Birley in seinem Aufsatz „Some Germanic Deities and their worshippers in the British Frontier Zone“ (S. 31-46). Darin diskutiert er einige unbekannte und rätselhafte germanische Gottheiten im römischen Britannien. Nach Birley sind etwa 30 germanische Namen zu erkennen, von denen einige hier näher besprochen werden. Die meisten der ihnen geweihten Altäre wurden von Angehörigen militärischer Einheiten gesetzt, was sich insofern leicht erklären lässt, als in Britannien sehr viele germanische Einheiten (Tungrier, Bataver, Friesen) stationiert waren. Genannt werden kann hier zum Beispiel eine stets im Dativ Plural als „Veteribus“ oder „Dibus veteribus“ angesprochene Gottheit, die nach Birley am ehesten mit dem altgermanischen Wort für „weiß“ oder „leuchtend“ in Verbindung zu bringen ist. Im folgenden Beitrag beschäftigt sich Henning Börm sodann mit einer von der althistorischen Forschung weitgehend stiefmütterlich behandelten Zeit, nämlich mit dem weströmischen Kaisertum nach 476 (S. 47-69). Er versucht in seiner Studie zu verdeutlichen, dass die Idee eines westlichen Kaisertums das Jahr 476 noch lange überdauert hat. Aufgrund der veränderten Strukturen, verursacht durch den Langobardeneinfall von 568 und dem Ende der oströmischen Herrschaft über den westlichen Reichsteil im Verlauf des 7. Jahrhunderts, konnte diese Idee allerdings nicht mehr verwirklicht werden.

Die nächsten Beiträge sind insbesondere für die Epigraphik von Interesse: Karlheinz Dietz bespricht zunächst eine griechische Inschrift für Caracalla und Iulia Domna aus Rom (S. 71-83). Er interpretiert darin eine bereits von Moretti allerdings nur unvollständig bearbeitete Inschrift (IG IV, 116-118, Nr. 1658) mit der Nennung des Kaisers Caracalla neu, die er nunmehr diesem und seiner Mutter zuweisen kann und in das Jahr 213 n.Chr. datiert. In weiterer Folge befassen sich Werner Eck und Andreas Pangerl mit dem administrativen Prozess bei der Ausstellung von Bürgerrechtskonstitutionen (S. 85-101). Sie besprechen in ihrem Aufsatz zwei neue fragmentierte, in das Jahr 119 datierende misenatische Flottendiplome und kommen dabei auf einige Besonderheiten zum Verfahren sowie zur Praxis der Ausstellung von Bürgerrechtskonstitutionen zu sprechen. So ist hier die Datierung auffällig, die bei einem der Diplome auf der Außen- und Innenseite nicht übereinstimmt. Die beiden Autoren bieten dazu zwei Interpretationsmöglichkeiten: Zum einen ließe sich als Ursache für diese zeitliche Diskrepanz eine Bearbeitungsverzögerung nennen, bei der die vom Kaiser bereits genehmigte Konstitution wohl einige Zeit liegen geblieben ist. Zum anderen ist dies möglicherweise auf einen Unachtsamkeitsfehler zurückzuführen. Während die Innenseiten schon verdrahtet und von Zeugen bestätigt waren, konnten entsprechende Korrekturen somit nur mehr auf den Außenseiten vorgenommen werden. Eck und Pangerl schließen daran noch eine weitere Beobachtung an: Vom zweiten besprochenen Diplom liegen entgegen der sonst üblichen Zahl fünf bis sechs Ausfertigungen vor. Dies könnte ihrer Meinung nach auf eine erhöhte Rekrutierung beim Eintritt in die Flotte zurück zu führen sein, womit auch eine größere Zahl von Diplomen ausgestellt worden wäre. Bei einer Rückrechnung der 26 Dienstjahre vom Ausstellungsjahr 119 kommen sie somit auf das Jahr 93 n.Chr., was möglicherweise mit den Dakerkriegen Domitians 92/93 an der mittleren und unteren Donau in Verbindung zu bringen ist. Ein Truppentransfer erfahrener Soldaten an diese Kampfzone könnte in diesem Fall eine erhöhte Rekrutierung notwendig gemacht haben.

Die nächste Studie von Wolfgang Günther und Norbert Ehrhardt befasst sich mit einer neuen Ehreninschrift für Cn. Vergilius Capito (S. 103-116). Hier wird der Versuch unternommen, anhand zahlreicher Inschriften und Papyri den cursus honorum des aus Milet stammenden Cn. Vergilius Capito zu rekonstruieren. Ist er in schon bekannten Inschriften als Oberpriester und Vorsitzender des Koinon von Asia für den Kult des Caligula sowie als procurator der Provinz Asia und sogar als praefectus Aegypti bekannt, so lässt sich ihm nunmehr aufgrund eines Neufundes eine weitere Funktion zuweisen: Er wird darin eparchos epi Romes genannt, eine Bezeichnung, die hier erstmals belegt ist und den beiden Autoren zufolge möglicherweise dem praefectus vigilum entspricht.

Ebenfalls mit Papyri bzw. Inschriften befassen sich die nächsten beiden Beiträge von Rudolf Haensch (S. 117-126) und Helmut Halfmann (S. 127-134). Haensch versucht in seinem Aufsatz zu zeigen, dass bei den Gerichtsprotokollen in Ägypten und den übrigen, östlichen Gebieten der ptolemäischen und der römischen Zeit von einer Kontinuität der weiterhin bis zum Ende des 3. Jahrhunderts n.Chr. in griechischer Sprache verfassten Dokumente auszugehen ist. Halfmann bespricht sodann einige Inschriften mit der Nennung von Mitgliedern der senatorischen gens der Catilii des 2./3. Jahrhunderts n.Chr., von der ein Korrespondenzpartner Plinius’ des Jüngeren bekannt ist und für die sich sogar eine entfernte Verwandtschaft mit den Kaisern Mark Aurel und Severus Alexander konstatieren lässt. „Hadrianic diplomas for the Italian fleets“ nennt Paul Holder seinen Beitrag für den Jubilar (S. 135-156). Er vergleicht darin Layout und Wortabfolge der immerhin 14 auf uns gekommenen Diplome aus hadrianischer Zeit und stellt dabei zum einen die bereits im Artikel von Eck und Pangerl besprochene, gelegentliche Diskrepanz in der Datierung auf den Innen- und Außenseiten der Diplome fest. Weiterhin konstatiert er einige Unterschiede zwischen den Diplomen der misenatischen und der ravennatischen Flotte, welche sowohl Layout als auch Inhalt betreffen. Dies veranlasst Holder zur Frage, ob die zwei Flotten möglicherweise unterschiedlich behandelt worden seien.

Um Inschriften und Reliefs geht es dann wieder in den nächsten beiden Aufsätzen von Stephen Mitchell (S. 157-175) und Joachim Raeder (S. 177-186). Stephen Mitchell befasst sich mit Votivmonumenten aus dem südwestlichen Kleinasien. Er interpretiert darin drei Steine religiösen Inhaltes aus den Landschaften Lykien, Cibyratis und Pisidien neu, die sich heute im Museum von Burdur befinden. Neben einem Altar mit Inschrift und Reliefdarstellung des Dionysos handelt es sich dabei um eine Weihung an den phrygischen, wohl als Fruchtbarkeitsgott zu identifizierenden Gott Angdisis (Agdistis) sowie um einige Stelen mit der Darstellung von Dioskurengestalten, die in christlicher Zeit neu interpretiert wurden. Den beiden berittenen Figuren wurden nunmehr in christlicher Symbolik Trompeten in die Hände gegeben. Joachim Raeder wiederum beschäftigt sich mit einem Sarkophagfragment aus Sinope, das als schönes Beispiel für die traditionellen Wertvorstellungen und Normen des Frauenbildes in der römischen Antike betrachtet werden kann. In der darauf befindlichen bilingualen, lateinisch-griechischen Inschrift rühmt der Veteran P. Aelius Pompeius seine Gattin mit den üblichen, recht stereotyp klingenden Lobesworten einer keuschen, integren Ehefrau; sie wird zudem auch auf einem Relief links der Inschrift in dazu passender matronenhafter Gestalt dargestellt.

Einen interessanten Beitrag liefert Stefan Rebenich, der sich mit einem besonderen Aspekt der Bestattung, nämlich mit „Garten, Gräber und Gedächtnis. Villenkultur und Bestattungspraxis in der römischen Kaiserzeit“ befasst (S. 187-201). Er versucht darin zu zeigen, dass exklusive Garten- und Parkanlagen der aristokratischen Villen die Bestattungspraxis der ausgehenden Republik und frühen Kaiserzeit beeinflussten. Nach der Beschreibung der Villen und Villengärten sowie ihrer Ausstattung bespricht er die Grabgärten selbst, für welche er einige Inschriften bzw. in Marmor eingeschnittene Grundrisspläne analysiert. Die Anlagen wurden, wie sich anhand der Grundrisse zeigt, genauestens durchgeplant, indem neben Baum- und Strauchbepflanzungen Pavillons, Terrassen, Zisternen, Teiche sowie Brunnen in Nachahmung der Villengärten angelegt wurden. Sie gehörten, wie inschriftlich belegt ist, großteils reichen Freigelassenen, die damit ihren sozialen Aufstieg betonen und ebenfalls ihren Reichtum zur Schau stellen konnten. Rebenich zeigt mit seinem Artikel überdies, dass diese Anlagen nicht so sehr, wie bisher angenommen wurde, von den Jenseitsvorstellungen und dem Totenkult beeinflusst waren, sondern vielmehr Villengärten en miniature waren, welche als Mittel zur Selbstdarstellung gerade von Vertretern aufsteigender Klassen angelegt wurden.

Wieder in den östlichen Bereich führen der Aufsatz von Brigitte Freyer-Schauenburg (S. 203-215) und ein von Ursula Weber gemeinsam mit Josef Wiesehöfer verfasster Beitrag zur Geschichte des frühen Sasanidenreiches (S. 217-225). Freyer-Schauenburg berichtet von einem fragmentierten Grabrelief eines frumentarius aus Samos, der sowohl inschriftlich als auch in Reliefform auf dem Stein zu sehen ist. Weber und Wiesehöfer diskutieren die zeitliche Abfolge des Aufstandes des Ormies gegen seinen Bruder, den regierenden Sasanidenherrscher Wahram II., der bereits in den 280er-Jahren begann, sodann auch im Panegyricus auf Kaiser Maximian aus dem Jahre 291 erwähnt wird und schließlich mit dem dabei erfolgten Tode des Ormies zu einem Regierungswechsel führte. Der letzte Artikel schließlich ist „Hadrians Beitrag zur Munizipalisierung der Africa Proconsularis“ (S. 227-245) gewidmet und stammt von Michael Zahrnt. Er versucht darin zu zeigen, dass es zusätzlich zu den bisher bekannten Erhebungen von Städten zu Munizipien und Kolonien unter Hadrian in der Africa Proconsularis noch etliche weitere Hinweise auf derartige Prozesse gibt. Nach der Analyse zahlreicher Inschriften kommt er überdies zum Ergebnis, dass sich die Gründungen und Erhebungen unter diesem Kaiser nicht, wie bislang großteils angenommen, nur auf die Gebiete, in denen der römische Einfluss bereits tief verwurzelt war, beschränkte. Für die späteren Provinzen Numidia und Tripolitana, für die bisher ebenfalls keine Munizipalisierungsprozesse festgestellt wurden, kann Zahrnt zum Beispiel Diana Veteranorum, Oea oder Sabratha nennen. Obgleich manches von Zahrnt Vorgestellte noch einiger Untersuchungen bedarf, wird damit ein wichtiger Ausgangspunkt für weitere Forschungen auf diesem Gebiet geschaffen.

Zusammenfassend lässt sich die Festschrift als Auswahl zahlreicher, großteils interessanter, überwiegend auf Quellenstudien basierender Beiträge charakterisieren. In einigen von ihnen werden Inschriften und sonstige Steinfragmente erstmals vorgestellt, wenngleich die Aussagekraft der Dokumente manches Mal sehr beschränkt ist. Als sehr positiv zu bewerten ist die geographisch wie auch thematisch weite Streuung der Artikel, die wichtige Impulse für eine weitere Beschäftigung mit den hier angesprochenen Themen geben können.

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