C. Uebach: Die Ratgeber Friedrich Barbarossas

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Titel
Die Ratgeber Friedrich Barbarossas (1152-1167).


Autor(en)
Uebach, Christian
Erschienen
Anzahl Seiten
301 S.
Preis
€ 29,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Christian Hillen, Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln

Nach einer ganzen Reihe von Veröffentlichungen zu Hofbesuchern verschiedener deutscher Könige des Mittelalters ist nun mit der Düsseldorfer Dissertation von Christian Uebach ein weiteres Werk erschienen, das den begrifflich wie inhaltlich nicht immer leicht zu fassenden ‚Hof‘ eines Herrschers zum Thema hat.

Einerseits knüpft Uebach da an, wo Alheydis Plassmann 1 mit ihrer Untersuchung über die Struktur des Hofes Barbarossas aufgehört hat, indem er sich nämlich ebenfalls Barbarossa und seiner personellen Umgebung widmet, aber neben den deutschen Hofbesuchern auch die italienischen berücksichtigt. Andererseits möchte er methodisch über den „quantitativen“ Ansatz Plassmanns und auch der anderen Autoren von Hofuntersuchungen, den er als „unzulänglich“ (S. 13) charakterisiert, hinaus gehen. Dies macht er schon gleich im Titel klar: Seine Untersuchung hat sich nicht den Hof sondern den Ratgeberkreis Barbarossas zum Ziel gesetzt.
Es gelingt Uebach auf diesem Wege durchaus, den Kreis der Personen, von denen sich Barbarossa beraten ließ, detailliert zu beschreiben und in gewissem Umfang auch so etwas wie Aufgabenfelder der einzelnen Ratgeber herauszudestillieren, wenn dies auch in einigen Fällen etwas bemüht wirkt.

Er überzeugt aber dadurch, dass er – wenn man so will – Mikrostudien der einzelnen Personen, die er als Ratgeber des Kaisers identifiziert hat, betreibt. Jede einzelne Person wird in ihrem Verhältnis zu Barbarossa beschrieben; dabei greift der Autor auf Quellen zurück, die entweder noch nicht in dem Ausmaß (historiografische Quellen) bzw. noch nicht in der Art (Urkunden in Bezug auf Gunsterweisungen) ausgewertet wurden (S. 24). Damit kehrt er das Verhältnis der bisherigen Hofanalysen gewissermaßen um: Weniger die Aufenthalte, ihre Anzahl und Dauer, stehen im Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit, sondern vielmehr der Kontext der Hofbesuche. So kann Uebach den Kreis der kaiserlichen Ratgeber für die Jahre 1152 bis 1167 rekonstruieren, und er kann vor allem einen Generationswechsel innerhalb der Ratgebergruppe herausarbeiten, der mit einem Politikwechsel in Bezug auf Barbarossas Verhalten gegenüber den italienischen Kommunen und der päpstlichen Kurie einherging. Waren in der ersten Phase, die nach Uebachs Analyse zwischen 1152 und 1156 anzusetzen ist, der Erzbischof von Köln, die Bischöfe von Havelberg, Bamberg, Konstanz, Abt Wibald von Stablo und Corvey, die Herzöge von Zähringen und Sachsen, Welf VI., Graf Ulrich von Lenzburg, Markgraf Wilhelm von Montferrat, Graf Guido von Biandrate, die Kanzleimitarbeiter Arnold von Selenhofen, Heinrich von Würzburg, Albert von Sponheim sowie Markward II. von Grumbach noch tonangebend im Ratgeberkreis, so ist für die Zeit danach eine andere Zusammensetzung zu erkennen. Zwischen 1156 und 1167 finden sich die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Ravenna in der näheren Umgebung des Kaisers. Dazu die Bischöfe von Bamberg, Verden und Prag, Abt Wibald, die Herzöge Heinrich von Sachsen und Bayern sowie Welf VI., die Grafen bzw. Pfalzgrafen von Wittelsbach, Lenzburg und Pfullendorf, die beiden italienischen Vertrauten, die Kanzleimitarbeiter Christian von Buch, Heinrich von Würzburg und Heribert, Markward III. von Grumbach sowie schließlich Kaiserin Beatrix.

Hier zeigt sich der Vorteil einer solchen Vorgehensweise gegenüber einer rein quantitativen, wenngleich Uebach immer wieder gerne auf diese Vorarbeiten zurückgreift, um seine Argumente zu untermauern. Es zeigen sich aber auch die Grenzen. Funktioniert diese sehr intensive Art der Untersuchung bei einem begrenzten Kreis von „Ratgebern“ oder „Vertrauten“ sehr gut und führt zu interessanten Ergebnissen, so kann sie dennoch die Struktur eines Hofes, zu dem auch andere Personen als die „Vertrauten“ gehören nicht abbilden. Aus zweierlei Gründen ist die Methode Uebachs nicht unbedingt auf den ganzen, den Herrscher umgebenden Personenkreis – oder vielmehr die Personenkreise – anwendbar: Zum einen ist sie sehr aufwendig und zeitintensiv. Dies mag wohl auch der Grund sein, warum er seine Untersuchung nicht auf den gesamten Zeitraum von Barbarossas Herrschaft ausgedehnt hat. Es wären in Bezug auf den Umbruch von 1180 sicher spannende Ergebnisse zu erwarten gewesen. Zum anderen ist über weniger ‚prominente‘ Hofbesucher auch weniger zu erfahren, weil die Quellen sich über sie ausschweigen. Eine solch dichte Beschreibung des Kontextes ist für die Mehrzahl der am Hof Anwesenden daher schlichtweg nicht möglich.

Den Ratgeberkreis Barbarossas für die Jahre 1152-1167 hat Uebach beispielhaft herausgearbeitet, den Hof, zu dem auch die Personen zu zählen sind, die in England ‚household‘ genannt werden, bekommt er nicht in den Griff. Das wäre nicht weiter tragisch – schließlich ist dies nicht sein Erkenntnisziel. Die terminologische und vor allem inhaltliche Trennung zwischen Ratgeberkreis, Hof und ‚household‘ ist jedoch leider manchmal etwas zu unpräzise. Die Ergebnisse Uebachs – Generationswechsel im Ratgebergremium, einhergehend mit Politikwechsel des Kaisers – berührt dies jedoch nicht.

Anmerkung:
1 Alheydis Plassmann, Die Struktur des Hofes unter Friedrich Barbarossa nach den deutschen Zeugen seiner Urkunden, Hannover 1998.

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