S. Autsch (Hg.): Der Krieg als Reise

Titel
Der Krieg als Reise. Der Erste Weltkrieg - Innenansichten


Herausgeber
Autsch, Sabine
Erschienen
Anzahl Seiten
219 S.
Preis
€ 19,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Reinhold Zilch, Arbeitsstelle "Protokolle des Preußischen Staatsministeriums 1817-1934/38", Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

Die hier vorzustellende Publikation ist aus einem Seminar von Studenten im Magisterstudiengang bzw. im Lehramtsstudium für Geschichte an der Universität Gesamthochschule Siegen 1998/99 sowie einer damit in Zusammenhang stehenden Sonderausstellung des Museums Wilnsdorf von Oktober bis Dezember 1998 hervorgegangen. Dokumentiert werden die theoretische Basis der Ausstellungskonzeption, die wissenschaftliche Aufbereitung des Quellenmaterials, wissenschaftliche Vorträge im Rahmen der Ausstellung sowie die museumsdidaktische Gestaltung der Exposition. Das Gesamtprojekt ordnet sich dabei in die seit einiger Zeit in der Weltkriegsforschung stärker vertretene mentalitätsgeschichtliche Sichtweise ein, in die Suche nach Denkmustern und Erinnerungstrukturen unter einem "dominierend subjektorientierten Ansatz" (Autsch, S. 7). Ziel ist es, von den in ihrer Gesamtheit unfaßbaren Kriegsgreuel "Innenansichten" zu gewinnen, um "Krieg" darstellbar und rational sowie emotional erfaßbar zu machen. Dabei wurde die nicht seltene zeitgenössische Betrachtungsweise vom "Krieg als Reise" als tragendes Topos und didaktisch-methodisches Prinzip gewählt.

Das Siegerland bzw. Wilnsdorf in Form der dortigen Museumsbestände bzw. privater Leihgaben aus dem Umland und neu erschlossener, v. a. schriftlicher Quellen bilden dabei den regionalen Bezug bzw. Ausgangs- und Endpunkt der "Kriegsreise". Dieses Material vor allem in Form zahlreicher, leider nur schwarz-weißer Abbildungen einer breiteren wissenschaftlichen Öffentlichkeit erschlossen zu haben, ist ein Verdienst des Bandes und seiner Autoren. Zusammen mit Fotos von der Ausstellung selbst machen sie dem Leser einen Rundgang gut nachvollziehbar.

Ganz im Sinne moderner Museumsdidaktik wurde für die Ausstellung auf hohe Anschaulichkeit Wert gelegt. In Verbindung mit der verstärkt medialen und kulturwissenschaftlichen Sicht auf den Weltkrieg sowie der Idee der "Kriegsreise" überwiegen als Bildquellen Kriegspostkarten und private Fotos. Dieses ganz spezifische Material macht auch den Hauptbestandteil der Illustrationen des Bandes aus. Da sich aber nun die meisten Autoren entweder genötigt sahen, die Sicht als "Kriegsreise" oder den Quellenwert von Photographien bzw. Filmaufnahmen zu begründen, sind viele Beiträge stark theorielastig und wiederholen einzelne Argumentationen. Das führt soweit, daß sogar eine der typischen Kitsch-Kriegspostkarten doppelt publiziert wird (S. 67 u. S. 98).

Der Band wird abgerundet mit einer Konzeption zu einer Schul-Unterrichtsreihe zum Thema "Erster Weltkrieg - Innenansichten", die interessierten Pädagogen gutes Material für eine Jugendliche ansprechende Stundengestaltung gibt. Dabei sollten aber die synchronoptischen "Ausgewählten Daten zu Vorgeschichte und Verlauf des Ersten Weltkrieges" (S. 163 - 178) kritisch benutzt werden. Eine hier zu findende Kennzeichnung von Alfred von Tirpitz als preußischen Marineminister (S. 164) wirkt ebenso befremdlich wie die Feststellung unter dem 31. Mai 1916: "In der Schlacht am Skagerrak werden große Teile der deutschen Flotte durch britische Kräfte vernichtet". Vor allem aber durch die Tatsache, daß unter der Rubrik "Innenpolitik" (neben "Internationale Politik" und "Kriegerische Handlungen") für die Zeit ab 1899 bis Mitte 1914 allein die Bildung der Entente Cordiale am 8. April 1904 vermerkt wird und dann erst wieder unter dem 27. Januar 1916 die Gründung der Spartakus-Gruppe, wird hier ein sehr verzerrtes Bild des deutschen Weges in den Weltkrieg gezeichnet.

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