P. J. E. Davies: Architecture and Politics in Republican Rome

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Titel
Architecture and Politics in Republican Rome.


Autor(en)
Davies, Penelope J. E.
Erschienen
Anzahl Seiten
XII, 366 S.
Preis
$ 44,99
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Simon Lentzsch, Alte Geschichte, Historisches Institut, Universität zu Köln

Nach Auskunft Suetons, der etwa ein Jahrhundert nach dem Tod des Augustus eine Biographie über den ersten Princeps verfasste, habe sich dieser rühmen können, „die Stadt, die er als eine mit Ziegeln gebaute angetroffen habe, als eine marmorne“ zurückgelassen zu haben.1 Ohne Zweifel stellen die augusteischen Baumaßnahmen einen bedeutenden Einschnitt in der Stadtgeschichte Roms dar. Doch in dieser Zuspitzung ist die bei Sueton überlieferte Einschätzung übertrieben – weder bestand Rom zum Ende von Augustus‘ Herrschaft allein aus glänzenden Marmorblöcken, noch war es zuvor eine Ansammlung einfacher Ziegelbauten gewesen. Dass der Kaiser und sein Biograph es an prominenter Stelle für erwähnenswert hielten, auf die umfangreichen Bau- und Restaurierungsaktivitäten dieser Jahre hinzuweisen, bietet bereits einen Hinweis auf die Bedeutung dieser Maßnahmen für die Innenpolitik des Augustus, die in der Forschung auch intensiv untersucht worden ist.2 Der vorangegangenen Epoche der Republik wurde unter diesem Blickwinkel bislang relativ weniger Aufmerksamkeit gewidmet.3 Eben dieses Themas nimmt sich Penelope Davies in der vorliegenden Monographie an, um zu demonstrieren, inwiefern die architektonische Gestaltung Roms bereits in republikanischer Zeit eng mit dessen politischer Geschichte verbunden war. Aufzuzeigen, wie genau die „Matrix“ (S. 1) dieser Verbindung aussah, insbesondere wie sich politische Ziele und Strategien von Gruppen und einzelnen Akteuren sowie äußere Einflüsse und Rückbesinnung auf ältere Ideale jeweils in der architektonischen Entwicklung Roms über einen Zeitraum von einem halben Jahrtausend hinweg niedergeschlagen haben, ist das zentrale Thema des Buches.

Dieses komplexen Themas nimmt sich Davies in insgesamt sieben Kapiteln an, die auf eine kurze Einführung (S. 1–5) folgen und chronologisch angeordnet sind.4 Ein Verzeichnis von Endnoten (S. 276–318), ein recht umfangreiches Literaturverzeichnis (S. 319–350) sowie ein Index (S. 351–366), der die Suche nach Orts- und Personennamen sowie Sachbegriffen erlaubt, schließen den Band ab.

Innerhalb der einzelnen Kapitel hat Davies eine weitere systematische Unterteilung vorgenommen, indem sie drei Typen öffentlicher Bautätigkeiten in Rom unterscheidet. Hierbei handelt es sich um „Religious Buildings“, um Gebäude, die direkt aus Kriegsbeute finanziert wurden und bzw. oder mit besonders repräsentativen Beutestücken verziert waren („Spoils and the City“), sowie schließlich um Bauprojekte, die dem „Civic Development“ der Stadt dienten. Private Bauten, wie Wohnhäuser, Grabanlagen sowie kleinere Heiligtümer, bleiben außen vor, ebenso – weitgehend – solche, die jenseits der römischen Stadtgrenzen errichtet wurden. Dass diese Unterteilung durchaus nicht in jedem Fall eindeutig durchzuführen ist (nicht wenige Tempel etwa wurden aus Kriegsbeute finanziert), räumt Davies ein, verweist indes unter anderem auf die hierdurch gewonnene Übersichtlichkeit (S. 3). Da die Unterteilung innerhalb der einzelnen Abschnitte zudem nicht allzu dogmatisch, sondern mit offenem Blick für größere Zusammenhänge angelegt ist, und zudem tatsächlich auch den Vergleich verschiedener Entwicklungen erleichtert, erscheint Davies Gliederung vollkommen vertretbar.

Die einzelnen Kapitel beginnen mit einer Übersicht zur historischen Entwicklung in Hinsicht sowohl auf wichtige Ereignisse der Innen- als auch der Außenpolitik. Zusätzlich eröffnet jedes Kapitel mit einer Karte, die das städtische Siedlungsgebiet Roms und ein Verzeichnis aller im Text erwähnten Gebäude für die betreffende Epoche zeigt. Sämtliche Karten sind von hoher Qualität und gut lesbar. Generell verdient lobend hervorgehoben zu werden, dass weder Autorin noch Verlag in Hinsicht auf die Ausstattung mit Karten und Illustrationen gespart haben. Alle Kapitel enthalten zahlreiche Detailkarten, Grundrisse, Rekonstruktionszeichnungen sowie Fotos, die es erlauben, die im Text gebotenen Ausführungen direkt nachzuvollziehen. In dieser Fülle und Dichte finden sich diese Abbildungen recht selten versammelt, so dass bereits hierin für viele Nutzerinnen und Nutzer ein Mehrwert des Bandes liegen könnte. Keineswegs unüblich, doch mit den bekannten Nachteilen verbunden, ist die Entscheidung für Endnoten anstelle von Fußnoten.

Die verschiedenen Einzelthemen und Forschungsfragen, die Davies in den jeweiligen Kapiteln behandelt, sind in der Summe zu umfangreich, als dass im hier gebotenen Rahmen alle behandelt werden könnten. Daher sollen die Ansätze und Themen des Buches im Folgenden vor allem anhand der ersten von Davies Kategorien, des Bereiches der „religiösen Gebäude“, vorgestellt werden.

Im archäologischen Befund zum frühen Rom sind Tempel sicher die herausragenden Gebäude der Zeit, da sie schon von den Königen für die Betonung ihres sozialen Status genutzt worden waren. Doch auch das Ende der Monarchie und der Beginn der Republik könnten sich hier widerspiegeln. So sind für die Wende vom sechsten zum fünften Jahrhundert an mehreren Stellen in Rom die Zerstörung und der Wiederaufbau von religiösen Bauten zu verzeichnen. Hinzu kommen die Errichtung zwei großer Tempelbauten an zentraler Stelle der Siedlung, nämlich den Tempel für Iupiter Optimus Maximus auf dem Kapitol und den für Saturn in der südwestlichen Ecke des Forums. Eine Reihe von Tempelweihungen zeige zudem den äußeren Einfluss auf die römische Religion in Form neuer Kulte.

Die Bedeutung von Heiligtümern in der Baugeschichte Roms blieb auch in den folgenden Generationen bestehen. So hätten etwa die Jahrzehnte vom Ende des Latinerkrieges bis zum Beginn des Zweiten Punischen Krieges einen „boom in sacred building“ gesehen (S. 42). Dabei habe sich nicht nur der Kreis der Individuen erweitert, die Tempel gelobten, sondern auch Stil und Bauweisen seien vielfältiger geworden. Zudem scheinen einige etablierte Familien der Nobilität eine besondere Beziehung zu bestimmten Gottheiten reklamiert zu haben, die sie durch Tempel ehrten und damit sicher auch die Kontinuität ihres sozialen Status betonten. Wem eine solche Tradition fehlte, konnte sich für Weihungen für andere Gottheiten entscheiden, die der Erinnerung an herausragende Verdienste Einzelner vor allem im Krieg dienten.

Für die Jahre 218–133 konstatiert Davies Spannungen zwischen besonders erfolgreichen Magistraten und deren Standesgenossen, sowie zwischen solchen Akteuren, die sich für einen stärkeren Einfluss griechischer Kultur auf vielen Ebenen öffneten, und solchen, die dem eine betonte Hinwendung zu althergebrachten römischen und italischen Formen entgegensetzten. Diese widersprechenden Entwicklungen hätten sich vor allem in der sakralen Architektur niedergeschlagen. Zum einen sei hier eine nunmehr noch deutlichere Orientierung an Bautypen und -formen vorzufinden, die besonders für die hellenistischen Königsreiche im Osten des Mittelmeerraumes typisch gewesen sei. Bedeutend für diese Entwicklung war auch die umfangreichere Verwendung von weißem Marmor als Baustoff, die wiederum erst durch reiche Kriegsbeute aus dem östlichen Mittelmeerraum möglich wurde. Zum anderen versuchte der Senat seine Autorität durch die Restauration und den Umbau zentraler und etablierter Tempel, die auch bei öffentlichen Verfahren wie Wahlen von Bedeutung waren, zu unterstreichen. Mindestens ebenso folgenreich war zudem die Entwicklung des betonartigen opus caementicium, die einer bautechnischen Revolution gleichkam, da sie es ermöglichte, große Bauten relativ günstig und in kurzer Zeit, auch mit wenig erfahrenen Arbeitskräften zu errichten. Gerade für Magistrate, die nur wenige Monate Zeit hatten, um eigene Bauprojekte umzusetzen, eröffnete dies ganz neue Spielräume.

In den Jahren 133–90 seien religiöse Gebäude zunehmend dazu eingesetzt worden, um bestimmte politische Ansichten und Strategien zu unterstreichen. So konnte die Restauration älterer Tempel sowie die Erbauung neuer Heiligtümer für Gottheiten, die in Rom traditionell verehrt wurden, als politisches Statement im Sinne einer konservativen Gesinnung angesehen werden. Auffällig sei zudem, wie sehr sich in der Errichtung derartiger Bauten bereits ein Kampf um den öffentlichen Raum offenbare. Hinsichtlich der von Bürgerkrieg und Sullas gewaltsamer Neuordnung der Gesellschaft geprägten Jahre 89–70 erkennt Davies eine weiter verstärkte Nutzung gerade sakraler Bauten zur Betonung und Rechtfertigung der eigenen Position in innenpolitischen Auseinandersetzungen. Durch die Übernahme der Renovierung und Instandsetzung älterer Tempel konnten einzelne Akteure ihre Sorge um die res publica und ihre eigene Rolle als Verteidiger und Bewahrer der republikanischen Ordnung gegen Umstürzler und Demagogen hervorheben.

Das weitgehende Ausbleiben von Bauaktivitäten in Hinsicht auf Tempel oder sonstige religiöse Bauten spiegele die wiederum gewandelten Verhältnisse der Jahre 69–55 wider. So versprachen sich Angehörige der Elite wohl kaum noch etwas davon, sich mit der Restauration von traditionsreichen Sakralbauten als Hüter der althergebrachten Ordnung und Bräuche profilieren zu können. Die großangelegten Bauprojekte des Pompeius (vor allem sein Theaterkomplex auf dem Marsfeld) enthielten indes auch Tempel, die wiederum durch die Auswahl der Gottheiten, für die diese bestimmt waren, auf die militärischen Erfolge ihres Erbauers verwiesen. Im folgenden Jahrzehnt (54–44) ragten besonders die Tempelbauten heraus, die Caesar selbst errichten ließ oder die ihm der Senat stiftete und mit denen Caesar seine Verbindung zum Göttlichen in qualitativ neuartiger Weise unterstrich und in Anspruch nahm, über andere Angehörige der Elite herauszuragen. Indem er auch die Restauration älterer Tempel förderte, empfahl er sich als neuer Bewahrer der religiös-politischen Ordnung und damit als Retter, wenn nicht neuer Gründer des Gemeinwesens – was wiederum auf die oben erwähnte (Bau-)Politik des ersten Princeps vorausweist.

In ganz ähnlicher Weise zeigt Davies auch in den beiden anderen Abschnitten der jeweiligen Kapitel, also denen zu „Spoils and the City“ und „Civic Development“ auf, wie eng sich Aspekte der innen- wie außenpolitischen Geschichte Roms mit der architektonischen Entwicklung der Stadt in Verbindung bringen lassen. Manches dürfte einer informierten Leserschaft dabei durchaus bekannt vorkommen.5 Davies Beobachtungen hierzu stellen gleichwohl eine willkommene Ergänzung und Erweiterung dar, die zudem den Vorzug hat, eine Fülle von Material auf engem Raum zu versammeln.

Es liegt fast schon in der Natur der Sache, dass angesichts der Menge an Einzelproblemen, die Davies in ihrem Buch behandelt, sich nicht jede Leserin bzw. jeder Leser allen hier präsentierten Deutungen anschließen wollen wird. Diese sind indes durchgehend wohl durchdacht und berücksichtigen dabei Arbeiten verschiedener altertumswissenschaftlicher Teildisziplinen ebenso wie die gesamte Bandbreite der internationalen Forschung. Sowohl als Gesamtwerk, das in kontinuierlicher Lektüre ein aufschlussreiches und anschauliches Bild der Verschränkung von Politik und Architektur in der Stadtgeschichte Roms entwirft, als auch als Nachschlagewerk zu einzelnen Bauprojekten und –komplexen bietet Davies Studie für an der Geschichte Roms in der republikanischen Epoche Interessierte damit einen hilfreichen wie instruktiven Band.

Anmerkungen:
1 Suet. Aug. 28,3.
2 Siehe nur Paul Zanker, Augustus und die Macht der Bilder, München 1987 (u.ö.); Karl Galinsky, Augustan Culture. An Interpretive Introduction, Princeton 1996, S. 141–224.
3 Siehe aber (jeweils mit weiteren Nachweisen) John Patterson, The City of Rome, in: Nathan Rosenstein / Robert Morstein-Marx (Hrsg.), A Companion to the Roman Republic, Malden 2006, S. 345–364; ders., The City of Rome revisited. From Mid-Republic to Mid-Empire, in: Journal of Roman Studies 100 (2010), S. 210–232.
4 Im Einzelnen bietet der Band die folgenden Kapitel: „A Republic Takes Shape: ca. 509–338“ (S. 6–38), „An Age of Individualism: ca. 337–218 (S. 39–74), „A State of Fear, and New Horizons: ca. 217–134” (S. 75–146), „Turmoil and Tension: ca. 133–90” (S. 147–182), „Civil War and Aftermath: ca. 89–70 (S. 183–214), „Pompey, Caesar and Rivals: ca. 69–55” (S. 215–244), „Caesar, Pompey, and Rivals: ca. 54–44 (S. 245–275).
5 So wurden die Folgen der verstärkten Einfuhr von griechischer Beutekunst für die politische Kultur Roms, insbesondere sichtbar in öffentlichen Repräsentationsbauten, gerade in den letzten Jahren mehrfach intensiv untersucht. Siehe etwa André Walther, Beutekunst als Gegenstand zeitgenössischer Diskurse im Rom des 3. und 2. Jahrhunderts v. Chr., in Sabine Frommel / Gernot Kamecke (Hrsg.), Les sciences humaines et leurs langages. Artifices et adoptions, Rome 2011, S. 73–88; ders., M. Fulvius Nobilior. Politik und Kultur in der Zeit der Mittleren Republik, Heidelberg 2016 (jeweils mit weiteren Nachweisen).

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