Cover
Titel
Geschichte der USA.


Autor(en)
Berg, Manfred
Reihe
Oldenbourg Grundriss der Geschichte 42
Erschienen
München 2013: Oldenbourg Verlag
Anzahl Seiten
XIV, 233 S.
Preis
€ 24,80
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Matthias Reiß, University of Exeter

Verglichen mit vielen anderen Ländern haben die Vereinigten Staaten von Amerika bekanntlich eine vergleichbar kurze Geschichte. Diese auf rund zweihundert Seiten zusammenzufassen, ist ungeachtet dessen ein ambitioniertes Unterfangen, vor allem, wenn man die Dynamik ihrer demographischen und geographischen Expansion seit der Unabhängigkeit sowie ihre politische, wirtschaftliche und militärische Bedeutung seit dem 20. Jahrhundert, dem „America Century“, in Betracht zieht. Gesellt sich dazu noch der Versuch, einen einführenden Überblick über die blühende und sehr umfangreiche Forschungslandschaft zur amerikanischen Geschichte zu liefern, wird das Projekt mehr als schwierig.

Der vorliegende Band, der in der Oldenbourg Reihe „Grundriss der Geschichte“ erschienen ist, versucht dies trotzdem. Wie alle Bände der Reihe ist die Darstellung in drei Teile gegliedert. Der erste Abschnitt gibt auf lediglich 97 Seiten einen chronologischen Überblick über die Geschichte der USA von der Kolonialzeit bis zum Jahr 2010. Im zweiten Teil werden auf 70 Seiten thematisch aufgegliedert „Grundprobleme und Tendenzen der Forschung“ besprochen. Korrespondierend dazu bietet der dritte Teil auf knapp 34 Seiten eine Auflistung der wichtigsten Quellen und Publikationen zu den im vorherigen Abschnitt angesprochenen Themen. Eine Zeittafel, eine Liste der US-Präsidenten sowie eine Statistik zur „Bevölkerung der USA nach Hautfarbe und ethnischer Herkunft, 1790–2010“ und drei Register runden das Buch ab.

Der Autor Manfred Berg ist Inhaber der Curt-Engelhorn-Stiftungsprofessur für Amerikanische Geschichte an der Universität Heidelberg. Um die Herausforderung zu verstehen, die der Oldenbourg Verlag seinem Autor gesetzt hat, muss man sich vor Augen halten, das Robert V. Reminis preisgekrönte „A Short History of the United States“ von 2009 immerhin 416 Seiten lang ist.1 Philip Jenkins „A History of the United States“, die in Palgraves „Essential Histories“ Serie erschienen ist, behandelt die Geschichte der USA seit der Kolonialzeit auf über 368 Seiten.2 Textbücher an amerikanischen Universitäten, die neuen Studenten und Studentinnen ein Grundlagenwissen über die Geschichte ihres Landes sowie die wichtigsten historiographischen Debatten vermitteln sollen, bringen es in der Regel auf bis zu tausend Seiten.

Das vorliegende Werk umfasst dagegen lediglich 233 Seiten. Warum die Herausgeber nach dem rund 600 Seiten umfassenden zweibändigen Werk von Willi Paul Adams (zuerst erschienen im Jahr 2000 als Band 28 und 29 der Serie „Grundriss der Geschichte“) nun beschlossen haben, ein wesentlich schmaleres Buch in Auftrag zu geben, bleibt unerläutert. Erfreulich ist jedoch, dass sie einen Autor gewinnen konnten, der ein ausgewiesener Kenner der Materie ist. Manfred Berg hat bereits den zweiten Band von Adams Darstellung aktualisiert und ergänzt, der 2012 in dritter Auflage erschienen ist. Damit verfügt die Reihe „Grundriss der Geschichte“ nun über eine zweibändige wie auch über eine einbändige Darstellung zur Geschichte der Vereinigten Staaten, die zudem noch auf einander aufbauen. Angesichts der geringen Platzes, der ihm zur Verfügung stand, schließt Berg nämlich ausdrücklich an Adams Vorgängerwerk an und stellt in dem hier besprochenen Band die Forschungstendenzen seit den 1990er-Jahren in den Vordergrund.3

Manfred Berg meistert die ihm gestellte Aufgabe in beeindruckender Weise. Die wesentlichen Entwicklungen und Wendepunkte der amerikanischen Geschichte werden im ersten Teil kurz und präzise dargestellt. Der zweite Teil bietet einen ebenso konzisen Einstieg in die wichtigsten Tendenzen und Debatten der Forschung, wobei besonders erfreulich ist, dass die in älteren Werken oft vorhandene Fixierung auf deutsch-amerikanische Themen fehlt. Neuere Forschungsschwerpunkte, wie zum Beispiel die Umweltgeschichte oder die Geschichte der Sexualität sowie Themen wie Verbrechen und Gewalt, finden angemessen Berücksichtigung. Der Stil ist durchgehend nüchtern und ausgewogen und gleitet lediglich einmal ins Blumige ab, wenn konstatiert wird, das im „Wilden Westen“ das „Faustrecht regierte, das Schießeisen locker saß und mit Viehdieben kurzer Prozess gemacht wurde“ (S. 157). Die Bibliographie ist umfangreich und auf dem neuesten Stand und listet neben den wichtigsten Werken, die seit den 1990er-Jahren in den jeweiligen Feldern veröffentlicht wurden, auch die gängigsten Datenbanken und Online-Quellen, gedruckte Quellensammlungen, Nachschlagewerke und Fachzeitschriften auf.

Die dem Autor abverlangte sprachliche Verdichtung von Sachverhalten führt jedoch unvermeidlicherweise zu gelegentlichen Ungenauigkeiten. So wird zum Beispiel Charles Lindbergh „im Mai 1927 der erste Direktflug über den Atlantik“ attestiert (S. 61), obwohl dieser bereits acht Jahre vorher von John Alcock und Arthur Whitten Brown durchgeführt wurde.

Die Darstellung von Franklin D. Roosevelts „court-packing“ Plan 1937 als „politische Niederlage“ (S. 64) trifft nur eingeschränkt zu, da die vom Präsidenten beabsichtigte Einschüchterung des erzkonservativen Obersten Gerichtshofes erreicht wurde. Die Konfrontation mit dem Präsidenten, der gerade erst mit einer überwältigenden Mehrheit in seinem Amt bestätigt worden war, trug dazu bei, dass das neunköpfige Gericht im Fall „West Coast Hotel v. Parrish“ die entscheidende Kehrtwendung in seiner Rechtsprechung vollzog („the switch in time that saved nine“). Die anschließende Entscheidung von Justice Van Devanter, sich in den Ruhestand versetzen zu lassen, leitete zudem eine dauerhafte Kräfteverschiebung am Obersten Gericht ein.
Der Befehl von Präsident Truman zum Einsatz der Atombombe gegen Japan muss vor dem Hintergrund seiner Entscheidung gesehen werden, die Garantie für den japanischen Kaiser aus dem Potsdamer Ultimatum zu streichen, nur um den Fortbestand der Monarchie nach dem Abwurf der Bomben zu gewähren. Dies lässt sich nur bedingt mit der These vereinbaren, Trumans Ziel sei es gewesen, „Japan schnell zum Frieden zu zwingen und den US-Truppen weiteren Blutzoll zu ersparen“ (S. 67).

Die drei oben aufgeführten Beispiele sollen jedoch nicht als Kritik verstanden werden, sondern als Hinweise darauf, was das hier besprochene Buch leisten kann und will. Der Band richtet sich vor allem an Leser, die über wenig oder keine Kenntnis der amerikanischen Geschichte verfügen. Ihnen bietet das Buch eine schnelle und sehr gut lesbare Einführung in die gängige Periodisierung und thematische Auffächerung des Faches. Leser, die bereits tiefer mit einzelnen Themen oder Feldern vertraut sind, werden den breiten historiographischen Überblick sowie die aktuelle Bibliographie ebenfalls nützlich finden. Manfred Berg hat die sehr schwierige Aufgabe, die ihm der Verlag gestellt hat, in überzeugender Weise gelöst.

Anmerkungen:
1 Robert V. Remini, A Short History of the United States: From the Arrival of Native American Tribes to the Obama Presidency, New York 2008.
2 Philip Jenkins, A History of the United States, Palgrave Essential Histories, 4. Aufl., Basingstoke 2012.
3 Willi Paul Adams, Die USA vor 1900, 2. Aufl., München 2009; und ders., Die USA im 20. Jahrhundert, 2. Aufl., aktualisiert und um einen Nachtrag zur Bibliographie ergänzt von Manfred Berg, München 2007, 3. Aufl. München 2012.

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