C. Goschler (Hrsg.): Die Entschädigung von NS-Zwangsarbeit

Goschler, Constantin (Hrsg.): Die Entschädigung von NS-Zwangsarbeit am Anfang des 21. Jahrhunderts. Bd. 1: Die Stiftung. Der Abschluss der deutschen Wiedergutmachung?. Göttingen 2012 : Wallstein Verlag, ISBN 978-3-8353-1085-8 328 S. € 59,90 (Gesamtwerk)

Goschler, Constantin (Hrsg.): Die Entschädigung von NS-Zwangsarbeit am Anfang des 21. Jahrhunderts. Bd. 2: Transnationale Opferanwaltschaft. Das Auszahlungsprogramm und die internationalen Organisationen. Göttingen 2012 : Wallstein Verlag, ISBN 978-3-8353-1085-8 260 S. € 59,90 (Gesamtwerk)

Goschler, Constantin (Hrsg.): Die Entschädigung von NS-Zwangsarbeit am Anfang des 21. Jahrhunderts. Bd. 3: Nationale Selbstbilder, Opferdiskurse und Verwaltungshandeln. Das Auszahlungsprogramm in Ostmitteleuropa. Göttingen 2012 : Wallstein Verlag, ISBN 978-3-8353-1085-8 246 S. € 59,90 (Gesamtwerk)

Goschler, Constantin (Hrsg.): Die Entschädigung von NS-Zwangsarbeit am Anfang des 21. Jahrhunderts. Bd. 4: Helden, Opfer, Ostarbeiter. Das Auszahlungsprogramm in der ehemaligen Sowjetunion. Göttingen 2012 : Wallstein Verlag, ISBN 978-3-8353-1085-8 309 S. € 59,90 (Gesamtwerk)

Rezensiert für H-Soz-Kult von
Regula Ludi, Historisches Seminar, Universität Zürich

Wer erinnert sich noch an die Aufregung, welche die Entschädigungskampagnen von Holocaust-Überlebenden und deren Sammelklagen vor amerikanischen Gerichten Ende des letzten Jahrhunderts in Europa verursacht haben? So rasch und unvermutet das Thema um die Mitte der 1990er-Jahre plötzlich aufflammte, so sang- und klanglos verschwand es mit der außergerichtlichen Beilegung der Sammelklagen wieder aus den Medien. Aus einem solchen Vergleich ging auch die im Sommer 2000 gegründete und mit 10 Milliarden DM dotierte Bundesstiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ) hervor. Sie ließ die Kontroverse um NS-Zwangsarbeit und Entschädigung in Deutschland rasch verstummen. Die anschließenden Auszahlungsprogramme fanden in der deutschen Öffentlichkeit kaum mehr Beachtung. Entsprechend neu und überraschend sind die Ergebnisse eines Forschungsprojekts unter der Leitung von Constantin Goschler, die in der vierbändigen Abschlusspublikation präsentiert werden. Die Projektgruppe hatte weitgehend unbeschränkten Aktenzugang und konnte ausgiebig von der Oral History Gebrauch machen; befragt wurden Experten ebenso wie Antragstellerinnen und Antragsteller. Dank dieser ausgezeichneten Forschungsbedingungen ist ein facettenreiches Bild des in seinen Dimensionen wohl einzigartigen Entschädigungsvorgangs entstanden. Rund 1,66 Millionen ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus insgesamt 98 Ländern erhielten finanzielle Leistungen von jeweils knapp 1.000 bis maximal 15.000 DM. Im Gegenzug mussten die Antragstellerinnen und Antragsteller eine Verzichtserklärung unterzeichnen, mit welcher sie die deutsche Wirtschaft vom Risiko weiterer Forderungen befreiten.

Nicht nur in ihrem Umfang war die Zwangsarbeitsentschädigung ein Novum. Mit ihrer Hinwendung zu den Opfern habe sie auch einen Paradigmenwechsel in der deutschen Wiedergutmachung vollzogen, hält Goschler einleitend fest. Mit dieser These steckt der Herausgeber gleichsam den Deutungsrahmen für den ersten Band ab, der sich auf die Auseinandersetzung um Zwangsarbeit und Entschädigung in der Bundesrepublik konzentriert. Bereits in den 1950er-Jahren entwickelte die westdeutsche Wirtschaft Immunisierungsstrategien, mit welchen sie in den folgenden Jahrzehnten zivilrechtliche Klagen von Geschädigten erfolgreich abzublocken vermochte, wie Henning Borggräfe zeigt. Doch erst die Restitutionskampagnen der 1990er-Jahre machten die ausgebliebene Entschädigung für NS-Zwangsarbeit zum internationalen Skandal und brachten erstmals auch die deutsche Wirtschaft an den Verhandlungstisch. Der ausgehandelte Vergleich resultierte in einem Amalgam von Verantwortungsübernahme, Verantwortungsabwehr und Konzessionen zum Schutz der Wirtschaft.

Um auf Firmen und Regierungen Druck auszuüben, setzten die Entschädigungskampagnen der 1990er-Jahre erstmals auch systematisch die internationale Öffentlichkeit als Ressource ein. Weniger mit diesen transnationalen Dimensionen als mit der innergesellschaftlichen Wirkung der medialen Debatte befasst sich der Beitrag von Janosch Steuwer. Als Sonde zur Erforschung der öffentlichen Meinung benutzt er spontane Zuschriften an die Bundesregierung, so genannte Bürgerbriefe. Freilich findet er in diesen Quellen wenig Anhaltspunkte für die oft gehörte Behauptung, die Zwangsarbeitsentschädigung habe einen Prozess der deutschen Selbstaufklärung initiiert. Stattdessen zeugten viele Bürgerbriefe von einem verklärten Bild der Vergangenheit. In der häufig anzutreffenden Analogie zwischen dem Schicksal ehemaliger Zwangsarbeiter/innen und eigenen Leiden erkennt Steuwer gleichsam den Resonanzboden für die mediale Beschäftigung mit dem Bombenkrieg und der Vertriebenenproblematik zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Folgt man seiner Argumentation, so hat die Debatte über die Zwangsarbeit „mit den Schlagworten Anerkennung und Entschädigung“ auch eine Form der „Opferkumpanei“ hervorgebracht, die deutsches Leid sagbar und mit dem Leiden ausländischer NS-Opfer vergleichbar machte (Bd. 1, S. 226). Auf den ersten Blick ist diese These bestechend. Bedenkt man, dass ähnliche Analogien schon in den 1950er-Jahren die Beschäftigung mit der Vertreibung der Deutschen und sowjetischen Kriegsverbrechen charakterisierten, mag man sich allerdings fragen, wie neuartig diese Form der „Opferkumpanei“ tatsächlich ist.

Inhaltlich schließen die folgenden Beiträge an den historischen Überblick von Henning Borggräfe an. Benno Nietzel behandelt ausführlich die Zusammensetzung, Organisationsstruktur und Arbeitsweise der Stiftung EVZ, die im Gesamtgefüge der deutschen Wiedergutmachung als „komplexe Gemengelage von Kontinuitäten und Neuheiten“ daherkomme (Bd. 1, S. 239). Er betrachtet die Zwangsarbeitsentschädigung vor allem in einem nationalgeschichtlichen Kontext, als das letzte große Kapitel der deutschen Wiedergutmachung. Freilich geraten dabei die vielschichtigen Wechselwirkungen, welche die Entschädigungskampagnen der 1990er-Jahre zu einem transnationalen Phänomen machten, allzu sehr in den Hintergrund. Dass diese auch für das Verständnis der Auszahlungsprogramme durchaus relevant wären, zeigen die sporadischen Hinweise auf die Parallelität bzw. Konkurrenz verschiedener Kompensationsprogramme in den nachfolgenden Beiträgen (österreichische Entschädigungszahlungen, Schweizer Bankenfonds, International Commission on Holocaust Era Insurance Claims [ICHEIC] et cetera).

Für die Umsetzung der Auszahlungsprogramme ernannte die Stiftung EVZ diverse Partnerorganisationen. In Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion waren das die so genannten Versöhnungsstiftungen, die für die Verteilung der deutschen Zahlungen in den 1990er-Jahren zuständig waren. Jüdische Verfolgte außerhalb dieser Region fielen in die Zuständigkeit der Jewish Claims Conference (JCC), und die International Organization for Migration (IOM) kümmerte sich um den „Rest der Welt“. Während letztere Organisation im Bereich der Entschädigung völlig unerfahren war, blickte die JCC auf eine fast 50-jährige Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden zurück. Doch die Restitutionskampagnen stellten die JCC auch vor neuartige Herausforderungen, wie Benno Nietzel und Patrice G. Poutrus im zweiten Band ausführen. Die eingespielte Routine im Kontakt mit den deutschen Behörden ließ sich nicht bruchlos fortsetzen. Zudem sah sich die JCC als Anwältin der Verfolgten durch neue Akteure aus Osteuropa in eine Konkurrenzsituation versetzt und provozierte mit dem Versuch, jüdische Verfolgte klar von anderen Opfergruppen abzugrenzen, erheblichen Widerspruch. In der Entschädigungspraxis rückten diese Gegensätze indessen rasch in den Hintergrund und machten einer erstaunlich reibungslosen Kooperation Platz.

Für die IOM dagegen war die Ausschüttung von Leistungen an Angehörige der Kategorie „Rest der Welt“ ein Auftrag, der außerhalb ihres hergebrachten Tätigkeitsfeldes lag. Gestützt auf neue Datenverarbeitungstechniken entwickelte die Organisation ein eigenes Verfahren, das sich stark von der Einzelfallgerechtigkeit anderer Verteilprogramme abhob, wie Paul Erker erläutert. Darüber hinaus war die IOM aber auch für Opfergruppen zuständig, die sich in einer besonders schwierigen Lage befanden, beispielsweise für Überlebende von medizinischen Experimenten oder für rumänische Roma. Entsprechend hoch war der Anteil der abgelehnten Gesuche, der mit 72 Prozent aller Anträge weit über dem Durchschnitt lag. Diese hohe Ablehnungsrate ist laut Erker nicht allein mit Verfahrensschwierigkeiten zu begründen – etwa bei der Glaubhaftmachung der erlittenen Verfolgung –, sondern reflektiert auch die restriktive Auslegung der rechtlichen Kategorien durch die deutschen Behörden. Das zeigt exemplarisch das Beispiel der italienischen Militärinternierten, denen das Bundesfinanzministerium gestützt auf eine bizarre juristische Argumentation jegliches Anrecht auf Zahlungen absprach.

Einen pointiert kritischen Beitrag widmet der Medizinhistoriker Paul Weindling der Entschädigung für „sonstige Personenschäden“. Diese „Residualkategorie“ sei in erster Linie zur Abwehr von Sammelklagen gegen die deutsche Pharmaindustrie geschaffen worden. Sie umfasste deshalb so unterschiedliche Verfolgungstatbestände wie Menschenversuche, medizinische Gewalt und Kindesmisshandlungen. Doch gerade für diese Kategorien sei die Entschädigung wegen der mangelhaften historischen Aufarbeitung besonders unbefriedigend ausgefallen. Überlebende sahen sich oftmals in unmögliche Beweissituationen versetzt; die „restriktive Kategorisierung“ (Bd. 2, S. 208) der Opfer resultierte in Leistungen, die in keinem Verhältnis zu den hohen Gesundheitskosten standen und von den Opfern daher oft als Beleidigung empfunden wurden. Nicht von ungefähr spricht Weindling in diesem Kontext deshalb von einem „ungleichen und ungerechten Tauschhandel“, indem er dem symbolischen Charakter der Zahlungen die realen Implikationen der Verzichtserklärung – Immunität für deutsche Firmen – gegenüberstellt (Bd. 2, S. 221). In eine ähnliche Richtung geht die Argumentation der Soziologin und Psychoanalytikerin Ilka Quindeau. Insbesondere bestreitet sie, dass die Wiedergutmachung für Überlebende eine symbolische Anerkennung bedeute. Narrative Interviews zeigten vielmehr, dass Entschädigungsverfahren den Betroffenen eine psychisch paradoxe Situation zumuteten, da die Opfer selbst den Nachweis für ihre Anerkennung erbringen müssten (Bd. 2, S. 253).

Betrachtet man Entschädigung nicht nur als Verfahren, sondern auch als Diskurs, so fällt dieses Fazit vermutlich ambivalenter aus. Das zumindest legen die im dritten und vierten Band versammelten Beiträge zum Auszahlungsprogramm in Osteuropa und in der ehemaligen Sowjetunion nahe. Mit unterschiedlichen Akzenten situieren sie die Entschädigung in einem vergangenheitspolitischen Kontext, der von einer Pluralisierung der Erinnerungskollektive gekennzeichnet war. Durch die Dezentrierung der heroischen Meistererzählungen wurden zuvor verdrängte Erfahrungen erstmals kommunizierbar. Wie Stephanie Zloch am Beispiel Tschechiens veranschaulicht, konfrontierten die Entschädigungskampagnen dortige hegemoniale Deutungen der Vergangenheit mit westlichen Erinnerungspraktiken. Antragsverfahren boten ehemals Verfolgten Anreize zur „neuen identitären Selbstbeschreibung“, während die korrelierende Erweiterung des historischen Wissens individuelle Erinnerungen mit Glaubwürdigkeit ausstattete (Bd. 3, S. 73).

In Polen hingegen sei die Entschädigung für Zwangsarbeit vor allem vor dem Hintergrund der anhaltenden deutschen Verweigerungshaltung zu verstehen, schreibt Michael G. Esch. Nach deutscher Interpretation wären rund drei Viertel der polnischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter durch das Raster gefallen, weil sie in der Landwirtschaft zum Einsatz gekommen waren. Nur dank einer großzügigen Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen durch die polnische Versöhnungsstiftung kamen sie dennoch in den Genuss von minimalen finanziellen Leistungen. Freilich konnte sich Polen damit auch außenpolitisch als Nation der Opfer profilieren. Im Endeffekt führte das laut Esch zu einem Bedeutungswandel der Entschädigung von „einem vergangenheits- und identitätspolitischen zu einem sozialen und humanitären Projekt“ (Bd. 3, S. 152). Die Ergebnisse der erfahrungsgeschichtlichen Untersuchung von Piotr Filipkowski untermauern dieses Fazit. Viele ehemalige Verfolgte hätten die empfangenen Leistungen als Almosen empfunden. Zugleich verhalf das Entschädigungsprogramm den früheren Zwangsarbeitern aber auch zu einer kollektiven Identität und förderte die Vergesellschaftung von marginalisierten alten Menschen. Analoge Effekte beschreibt Eva Zdařilová in ihrem Beitrag zur Entschädigung von Roma in Tschechien. Gerade für stigmatisierte Gruppen bedeutete die öffentliche Aufmerksamkeit für ihr Kriegsschicksal eine neuartige Erfahrung, die viele als symbolische Genugtuung beschrieben.

Die im vierten Band versammelten Kapitel von Julia Landau und Tanja Penter zum Auszahlungsprogramm in den ehemals sowjetischen Staaten bestechen durch ihre methodisch gelungene Integration von verschiedenen Forschungsperspektiven und die historische Verortung der Zwangsarbeitsentschädigung in komplexen gesellschaftlichen und politischen Transformationsprozessen. In der ganzen Sowjetunion waren die überlebenden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter nach dem Zweiten Weltkrieg einem allgemeinen Kollaborationsverdacht ausgesetzt. Sie mussten bei ihrer Rückkehr Filtrationsverfahren durchlaufen, die vor allem eine einschüchternde Funktion hatten. Das änderte sich erst mit der Pluralisierung des Gedenkens seit der Perestrojka. In der Ukraine ersetzte die Kategorie des „Häftlings“ sukzessive die Leitfigur des „Kämpfers“. Dieser Wandel bot Raum für die Artikulation von Forderungen, die sich auf zuvor tabuisierte Erfahrungen bezogen. Erfahrungsgeschichtlich vertieft wird Landaus Beitrag zur Ukraine durch die mikrohistorische Studie von Dmytro Tytarenko zu Reaktionen der Bevölkerung im Donezk-Gebiet.

Die wohl überraschendsten Resultate präsentiert Tanja Penter in ihrem anregenden Kapitel zu Belarus. Aus Sicht der Stiftung EVZ erwies sich die Zusammenarbeit mit der belarussischen Versöhnungsstiftung als besonders unkompliziert – ganz im Gegensatz zur Kooperation mit den weit demokratischeren Partnerorganisationen in Russland und der Ukraine. Die Autorin führt dies nicht zuletzt auf den Umstand zurück, dass die belarussische Versöhnungsstiftung ganz der sowjetischen Tradition verhaftet war und nach starr hierarchischen Prinzipien funktionierte. Das hielt die Stiftung freilich nicht davon ab, im Interesse der Opfer durchaus eigenständig zu agieren und auch eine Pluralisierung der Gedenkkultur zu fördern. Dennoch sei nicht von der Hand zu weisen, dass die Entschädigung in Belarus zur Konsolidierung der politischen Verhältnisse beigetragen habe. Die Lukašenka-Regierung wusste die Zwangsarbeiterentschädigung nicht nur als internationales „Vorzeigeprojekt“ zu nutzen, sondern setzte die Mittel zugleich zur Sanierung des maroden Sozialsystems ein, um sich der Loyalität der staatstragenden Kriegsgeneration zu versichern (Bd. 4, S. 139).

Wesentlich konflikthafter verlief der Auszahlungsprozess in Russland, wo besonders die Zuständigkeit der russischen Versöhnungsstiftung für Verfolgte in Lettland und Litauen anhaltende Auseinandersetzungen mit sich brachte – ganz im Gegensatz zur Entschädigung von Antragstellenden aus Estland, die über die belarussische Stiftung abgewickelt wurde. Zudem zeigte die russische Regierung nur geringes Interesse an der Zwangsarbeitsentschädigung beziehungsweise versuchte diese in ihre Großmachtsansprüche einzuspannen. Auch hat die russische Erinnerungskultur unter Putin eine neue Phase der Disziplinierung erfahren. Das staatliche Deutungsmonopol manifestiert sich vor allem darin, dass der Sieg im Zweiten Weltkrieg wiederum die wichtigste nationale Referenz bildet. Dadurch sei die Zwangsarbeitsentschädigung zum Spielfeld konkurrierender Machtansprüche geworden.

Die Entscheidung, die Geschichte des Auszahlungsprogramms anhand von Einzelfallstudien aufzurollen, hat sich aus der organisatorischen Logik der Stiftung EVZ gleichsam aufdrängt. Aufs Ganze betrachtet, lässt die Präsentation der Forschungsergebnisse aber eine gewisse Systematik vermissen. Denn erst in der Gesamtschau werden zahlreiche Parallelen und Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen Vorgängen erkennbar, die fast überall mit Entschädigungsprozessen in Verbindung standen – etwa die Konstitution neuer Identitäten, neue Formen der Vergesellschaftung oder die Pluralisierung des historischen Erinnerns. Angesichts dieser engen, auch transnationalen Verflechtung von gesellschaftlichen Umbrüchen und finanzieller Entschädigung ist der Verzicht auf eine abschließende Synthese und Interpretation dieser Ergebnisse doch zu bedauern. Ungeachtet dessen bietet das vierbändige Werk eine reichhaltige und gerade auch für die osteuropäische Geschichte wichtige Dokumentation zur Entschädigung als transnationaler und sozialer Praxis.1

Anmerkung:
1 Einige weiterführende Überlegungen zur Entschädigungspraxis und zum Kontext globaler Menschenrechtspolitik gab es bei der Bochumer Abschlusskonferenz des Projekts im Mai 2012; siehe dazu den Bericht von Hanne Leßau und Dorna Hatamlooy-Sadabady, 16.10.2012: <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=4412> (24.3.2013).

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