A. E. Cooley (Hrsg.): Cambridge Manual of Latin Epigraphy

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Titel
The Cambridge Manual of Latin Epigraphy.


Herausgeber
Cooley, Alison E.
Erschienen
Anzahl Seiten
XXII, 532 S.
Preis
£ 27.99
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Oliver Schipp, Historisches Seminar, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz

Alison Cooley hat mit der zu besprechenden Monographie ein voluminöses Handbuch zur lateinischen Epigraphik vorgelegt. Sie ist eine ausgewiesene Kennerin der lateinischen Epigraphik und veröffentlichte bereits zahlreiche Publikationen zu diesem Teilbereich der Alten Geschichte, darunter eine kommentierte Ausgabe der ‚Königin der Inschriften‘, der Res Gestae des Augustus, und einen Band zu den Inschriften aus Pompeji.1

Außer der Qualifikation der Autorin ist bei einem solchen Werk die Ausstattung nicht ganz unerheblich, hängt von ihr doch Zugang und Handhabung ab. Daher vorab einige Bemerkungen: Das Handbuch ist mit 103 Bildern und 90 vollständigen Inschriften üppig ausgestattet. Die Bilder sind allesamt schwarz-weiß, wobei leider die Qualität vieler Abbildungen so schlecht ist, dass die Inschriften allenfalls zum Teil gelesen werden können. Sie illustrieren dann lediglich einen Inschriftentyp oder ergänzen die im Text erwähnte Inschrift (ähnlich wie in einem Ausstellungskatalog). Die Abkürzungen der verzeichneten Inschriften sind aufgelöst, der Inschriftentext ins Englische übersetzt; jede Inschrift wird zudem ausführlich besprochen. Die Listen der Abbildungen und der Inschriften am Anfang des Buches erleichtern das Auffinden eines bestimmten Zeugnisses. Zudem schließt ein Inschriftenverzeichnis und ein Generalindex den Band ab. Beigegeben sind ein Appendix der Konsularfasten von 298 v.Chr. bis 541 n.Chr. und ein zweiter, in dem die Kaisertitulatur der Herrscher von Augustus bis Justinian verzeichnet ist. Beide Appendices bieten eine sinnvolle Hilfe für die Arbeit mit den Quellen. Die diakritischen Zeichen des „Leidener Klammersystems“ werden ebenfalls im Text übersichtlich zusammengestellt (S. 352–355). Ein Verzeichnis der Inschriftenabkürzungen, wie es in anderen epigraphischen Einführungswerken und Handbüchern üblich ist, fehlt allerdings.2 Auch ein Literaturverzeichnis sucht man vergebens. Dies ist sehr schade, weil man daher die Literaturhinweise, die auf einer sehr breiten Rezeption der internationalen Forschung basieren, mühevoll in den Fußnoten suchen muss. Die Qualität der Bindung lässt ebenfalls sehr zu wünschen übrig, vor allem bei einem solchen Manual, das man häufiger zur Hand nehmen wird.

Das Handbuch ist in drei Kapitel untergliedert. Als erstes wird an einem regionalen Beispiel die Inschriftenkultur der Römer dargelegt. Cooley wählte hierzu die Bucht von Neapel, in der so ziemlich alle zivilen Inschriftenarten vertreten sind. Dabei soll zur Einführung die Nutzung von Inschriften im täglichen Gebrauch gezeigt werden. Die Bucht von Neapel bietet mit dem Wechsel von Städten und ländlichen Gegenden die geeigneten Voraussetzungen. Nicht zuletzt die zahlreichen Inschriften in den versunkenen Vesuvstädten sprechen für diese regionale Eingrenzung.

In einem ersten Abschnitt werden die zivilen Inschriften vorgestellt, allen voran die Ehren- und Bauinschriften in den Städten. Ihnen ist gemein, dass sie im öffentlichen Raum aufgestellt wurden und der Repräsentation ihrer Auftraggeber dienten. Daneben werden die Ankündigungen von Gladiatorenkämpfen oder Wahlaufrufe gestellt, die auch für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Letzteres wird am Beispiel eines Aufrufs zur Wahl des Gn. Helvius Sabinus zum Ädilen aus der Stadt Pompeji verdeutlicht. Diese wie auch die anderen ausführlicher vorgestellten Inschriften werden gründlich und zuverlässig besprochen. Die Interpretation einer Ehreninschrift für die Augustales von Misenum etwa erstreckt sich über sechs Seiten (S. 24–29). Im Fließtext werden die Inschriftenbeispiele in den jeweiligen Kontext eingeordnet. Dieser kann an historischen, administrativen oder sozialen Kategorien sowie an der Inschriftengattung ausgerichtet sein. Weitere Gattungen werden unter den Überschriften ‚persönliche und ökonomische Inschriften‘ besprochen. Zu den persönlichen Inschriften zählen in erster Linie Grab- und Weihinschriften, aber auch die in den Vesuvstädten und deren Umgebung gefundenen Wachstäfelchen dokumentieren persönliche Botschaften. So erfährt der Leser aus den Schriftabdrücken im Holz von den Bankgeschäften der Sulpicier. Zum Abschluss dieses Kapitels werden Inschriften vorgestellt, die in Kunstwerken integriert sind, also Beschriftungen von Mosaiken und Graffiti sowie Künstlersignaturen.

Im doppelt so langen zweiten Kapitel wird die römische Inschriftenkultur vorgestellt. Die Inschriften werden hierzu kategorisiert, ihre soziale Funktion erklärt und anhand der Fallstudie von Tripolitanien geographische Besonderheiten besprochen. Besonders originell ist der abschließende Abschnitt mit der Überschrift „The life-cycle of inscriptions“. Die Darstellung des Lebenszyklus einer Inschrift von der Produktion und der Ausstattung über die Wahl der Sprache bis hin zur Sichtbarkeit und Aufstellung der Monumente findet man in dieser Form in vergleichbaren Werken nicht.

Den besonderen Wert dieses Handbuches (im Marketing würde man es Alleinstellungsmerkmal nennen) macht aber das dritte Kapitel aus. Hier wird die handwerkliche, technische Arbeit mit den Inschriftenkorpora ausführlich dargestellt. Dabei wird erörtert, wie man Inschriften findet, wie Inschriften zu lesen sind und wie fragmentierte Inschriftentexte zusammengesetzt und ergänzt werden. Die Scheu der Studienanfänger vor den großformatigen Bänden des CIL und dessen lateinisch verfassten, kryptisch anmutenden Kommentaren kann Cooley im Unterabschnitt „How to use CIL“ vielleicht nicht ganz nehmen, doch ihre Ausführungen können den Einstieg in die Beschäftigung mit der Standardedition der lateinischen Inschriften wesentlich erleichtern. Auch weitere in vergleichbaren Einführungen eher vernachlässigte Themen wie Ansicht und Aufnahme einer Inschrift, werden von Cooley behandelt. Hierbei werden neben einem instruktiven Beispiel für wissenschaftliches Fotografieren und Dokumentieren einer Inschrift auch Hinweise gegeben, wo man im Internet gezielt nach Inschriftenabbildungen suchen kann.3

Der Band bietet einen guten Zugang zur lateinischen Epigraphik. Immer wieder eingestreut sind Erklärungen zu technischen Fragen, wie etwa zur Herstellung von Schreibtäfelchen (S. 74). Solche Hilfsmittel, die bereits genannten Appendices und weitere Verzeichnisse, wie eine detaillierte Liste der CIL-Bände (S. 336–344), machen das Werk zu einem zuverlässigen, übersichtlichen und überaus nützlichen Handbuch. Darüber hinaus kann der Umgang mit antiken lateinischen Inschriften durch die Lektüre des Buches geschult werden. Die wesentlichen Arbeitstechniken des Epigraphikers und die Benutzung der einschlägigen Editionskorpora, insbesondere die Methoden zur Auswertung des epigraphischen Materials, werden geboten. Gerade auch für Einführungsveranstaltungen zur lateinischen Epigraphik an den Universitäten kann Cooleys Handbuch daher empfohlen werden.

Anmerkungen:
1 Alison E. Cooley / Melvin G. L. Cooley, Pompeii. A sourcebook, London 2004; Alison E. Cooley (Hrsg.), Res Gestae Divi Augusti. Text, Translation, and Commentary, Cambridge 2009.
2 Vgl. etwa Manfred G. Schmidt, Einführung in die lateinische Epigraphik, 2. Aufl., Darmstadt 2011, S. 122–129.
3 Vgl. <http://cil.bbaw.de/dateien/datenbank.php> (02.01.2013). Hier wäre vielleicht noch ein Link zur Objektdatenbank „Arachne“ des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) und des Archäologischen Instituts der Universität zu Köln (<http://arachne.uni-koeln.de/drupal>; 02.01.2013) zu ergänzen.

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