St. Mitchell u.a. (Hrsg.): The Greek and Latin Inscriptions of Ankara

Cover
Titel
The Greek and Latin Inscriptions of Ankara (Ancyra). Bd. 1: From Augustus to the End of the third Century AD


Herausgeber
Mitchell, Stephen; French, David
Reihe
Vestigia 62
Erschienen
München 2012: C.H. Beck Verlag
Anzahl Seiten
IX, 523 S., mit 296 Abbildungen
Preis
€ 118,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Renate Lafer, Abteilung Alte Geschichte, Altertumskunde und Archäologie, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt

Die Vorarbeiten für den vorliegenden Inschriftenkatalog gehen auf die 1970er-Jahre zurück, hätten die Inschriften von Ankara doch damals bereits als erster Band der Reihe „Regional Epigraphic Catalogues of Asia Minor“ (RECAM) veröffentlicht werden sollen. Erst Mitte der 1990er-Jahre wurde das Vorhaben wieder aufgegriffen: David French beschäftigte sich damals erneut mit den römischen, spätantiken und byzantinischen Inschriften Ankaras und publizierte das Ergebnis dann in einem Corpus.1 Unterdessen widmete sich auch Stephen Mitchell in den letzten Jahrzehnten in zahlreichen Studien der Geschichte und Archäologie Galatiens, deren Erkenntnisse nun in diesen neuen Katalog von 315 Inschriften in wesentlichem Maße einfließen konnten.2 Aufgenommen wurden die Denkmäler der ersten drei nachchristlichen Jahrhunderte; die inschriftlichen Dokumente aus spätantiker und byzantinischer Zeit werden voraussichtlich in einem gesonderten Band in nächster Zeit erscheinen.

Die beiden Autoren geben zunächst im ersten Kapitel einen Überblick zu verschiedenen Aspekten Ankaras von der augusteischen Zeit bis zur Regierung Aurelians. Darin werden unter anderem die Nennung Ankaras in literarischen Quellen besprochen, eine chronologische Übersicht der Inschriften gegeben sowie historische Hintergrundinformationen zur Provinz Galatien diskutiert. Eingegangen wird ebenfalls auf das Monumentum Ancyranum sowie auf Informationen zur Gesellschaftsstruktur Ankaras und Galatiens. Einblicke in das administrative und soziale Leben Ankaras bzw. Galatiens mit einem kurzen Ausblick auf militärische und sprachliche Aspekte schließen dieses Einleitungskapitel ab.

Das zweite Kapitel befasst sich mit der Forschungsgeschichte zur Stadt Ankara. In chronologischer Reihenfolge werden jene Gelehrte, die sich mit den epigraphischen Dokumenten Ankaras auseinander gesetzt haben, vorgestellt und ihr wissenschaftliches Wirken gewürdigt. Ausführliche bibliographische Hinweise schließen daran an. Die Beschreibung der katalogartig aufgelisteten Inschriften folgt einem detaillierten Schema: An erster Stelle stehen Herkunftsangaben, die insbesondere für die hier gesammelten Dokumente von großer Bedeutung sind, da sich die meisten Stücke nicht in situ befinden. Anschließend wird das Monument nach Gattung, Gesteinsart, aktuellem Zustand sowie sonstiger Charakteristika beschrieben. Bevor auf diverse Publikationen der Inschriften eingegangen wird, diskutieren Mitchell und French Maße der Steine und Hinweise auf Kopien anderer Bearbeiter, seien es Abklatsche, seien es unpublizierte Photographien. Für weitere wissenschaftliche Bearbeitungen besonders interessant ist die Nennung der Publikationen, welche in Primärpublikationen, in denen die Inschriften zum ersten Mal veröffentlicht wurden, und in Sekundärpublikationen, welche auf ersteren basieren, eingeteilt ist. Darin versuchen die Autoren, soweit es möglich ist, Abhängigkeiten der Sekundärpublikationen von den Erstveröffentlichungen aufzuzeigen. Schließlich werden die Texte mit Übersetzung dargeboten, einzig die res gestae Divi Augusti sind wohl aufgrund der bereits vorhandenen, zahlreichen Übersetzungen ausschließlich im Original zu lesen. Die Inschriften selbst sind in mehrere Kategorien eingeteilt, innerhalb derer sowohl lateinisch- wie auch griechischsprachige Dokumente aufgenommen wurden. Ein Datierungsversuch und Kommentare inhaltlicher Art schließen die jeweiligen Inschriftpräsentationen ab.

Thematisch ist der Inschriftenkatalog in vierzehn Teile untergliedert: Der erste beinhaltet jene epigraphischen Dokumente, welche am Tempel des Augustus angebracht waren. Das Hauptaugenmerk gilt dabei der „Königin der Inschriften“, den res gestae Divi Augusti. Die übrigen, vom Tempel stammenden Inschriften wurden vor allem priesterlichen Funktionsträgern gewidmet. Der zweite Abschnitt befasst sich hierauf mit Weihungen und diversen Akklamationen für verschiedene Kaiser. Der Hierarchie entsprechend folgen Texte, die Provinzgouverneure und Verwaltungspersonal nennen. Der fünfte Bereich ist Angehörigen der Aristokratie gewidmet, die vor allem auf provinzieller Ebene tätig waren und meist Priesterfunktionen bekleideten. Davon getrennt behandeln Mitchell und French im nächsten Abschnitt Dokumente, in denen Senatoren und Ritter Erwähnung finden. Die lokale Führungsschicht wird im siebenten Unterkapitel genannt. Daran schließen der Bereich der Spiele und Festivitäten sowie im nächsten Abschnitt Militaria an. Die letzten fünf Untergliederungen wurden nach anderen, thematisch breiter gefassten Einteilungskriterien zusammengefasst: Ein Abschnitt gilt religiösen Dedikationen, einer lateinischen Grabinschriften und ein kurzer Abschnitt bilingualen Epitaphen. Es folgen griechische Grabdokumente, welche auf lateinischen Formeln basieren, und schließlich griechischen Epitaphe allgemeiner Art.

Die Studie von Mitchell und French zeichnet sich durch einen klaren, logischen Gesichtspunkten folgenden Aufbau aus. Die nach historischen wie philologischen Aspekten aufgebaute Einleitung führt den Leser zunächst in die Thematik ein, indem die Grundlagen für den nachfolgenden Katalogteil vorgestellt werden. Dieser folgt dann sowohl in der Untergliederung als auch innerhalb der Inschriftenpräsentation einer gut nachvollziehbaren Strukturierung; lediglich für die letzten fünf Bereiche wären meines Erachtens weniger Untergliederungen notwendig gewesen. Die Ausführungen zu den Inschriften werden durch schöne Photographien oder Abklatsche auch optisch ansprechend gestaltet. Die Kommentare zu den Texten sind nicht allzu überfrachtet, sondern beschränken sich auf das Wesentliche, sodass nur Begriffe, die einer Erklärung bedürfen, hier auch wirklich erläutert werden. Schließlich ist die vorliegende Zusammenstellung auch deshalb zu würdigen, insofern viele Inschriften aufgenommen wurden, die heute nicht mehr vor Ort oder verschollen sind. Kritik ließe sich lediglich bei der Auflösung der lateinischen Inschriften anbringen: Bis auf schadhafte Textstellen, welche dem allgemeinen usus entsprechend mit eckigen Klammern gekennzeichnet wurden, sind in den Originaltexten alle Abkürzungen schlichtweg mit einem Punkt versehen und nur weniger gängige Abkürzungen im Anschluss an die lateinischen Texte mit dem Klammersystem aufgelöst. Der Gebrauch des vollständigen Klammersystems im Textbereich wäre hier optisch und funktional schöner gewesen.

Anmerkungen:
1 David H. French, Roman, Late Roman and Byzantine Inscriptions of Ancyra, Ankara 2003.
2 Vgl. vor allem Stephen Mitchell, Anatolia. Land, Men, and Gods in Asia Minor, 2 Bde., Oxford 1993.

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