L. Richter (Hrsg.): Briefwechsel Bohuslav Balbín und Christian Weise

Titel
Der Briefwechsel zwischen Bohuslav Balbín und Christian Weise (1678–1688). Lateinisch-deutsche Ausgabe. Herausgegeben, eingeleitet und kommentiert von Ludwig Richter. Übersetzt von Günther Rautenstrauch


Herausgeber
Richter, Ludwig
Reihe
Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa 38, Quellen, Band 2
Erschienen
Stuttgart 2010: Franz Steiner Verlag
Anzahl Seiten
339 S.
Preis
€ 168,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Ernst Eichler, Leipzig †

Erstmals wird in dieser Edition der für die Geschichte der ostmitteleuropäischen Kulturbeziehungen aufschlussreiche Briefwechsel zwischen dem tschechischen Historiker und Jesuiten Bohuslav Balbín (1621-1688) und dem protestantischen deutschen Schriftsteller und Pädagogen Christian Weise (1642-1708) aus den Jahren 1678-1688 veröffentlicht. Der Literaturwissenschaftler Ludwig Richter war durch seine Forschungstätigkeit, früher tätig im Kreis der Historiker um Eduard Winter in Berlin, für eine solche Aufgabe bestens gerüstet. In Leipzig fand er über Jahre am Geisteswissenschaftlichen Zentrum für Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas (GWZO) für die Realisierung seines Editionsplans die besten Voraussetzungen, unterstützt durch Günther Rautenstrauch, der die Übersetzungen aus den lateinischen Originalen lieferte. Bisher war nur aus wenigen früher publizierten Briefen bekannt, welche wissenschaftlichen Themen die beiden Gelehrten behandelten. Nunmehr kann man dies in den vorgelegten Texten, die mit reichen Anmerkungen zu Personen, Publikationen und verschiedenen Angelegenheiten versehen sind, gezielt thematisieren. Neben ihrer wissenschaftshistorischen Relevanz – beide Gelehrte haben eine wichtige Rolle in Geschichte und Philologie gespielt – sind die Dokumente auch als Beiträge zur sächsisch-böhmischen Beziehungsgeschichte zu betrachten.

Die außerordentlich gut konzipierte Edition Richters gliedert sich in eine ausführliche, über 60 Seiten lange Einleitung, die ihrerseits in verschiedene, nicht näher bezeichnete Themenbereiche zerfällt, die Abschnitte zu bestimmten Phasen des Lebens und Wirkens der beiden Korrespondenten behandeln. Zusammengefasst werden jene Themen, die in den Briefen eine besondere Rolle spielten, wobei dem Dialog mit dem Herausgeber der Leipziger „Acta Eruditorum“ Otto Mencke besondere Bedeutung zukommt. Balbín war sehr interessiert daran, dass Werke zur böhmischen Geschichte, vor allem seine eigenen mehrbändigen „Miscellanea Historica Regni Bohemiae“ rezensiert wurden, damit sie international besser bekannt würden. An dieser Verbreitung beteiligten sich die Rezensenten selbst, wie auch Weise, der weitere Besprechungen vermittelte, so zum Beispiel die des Jenaer Historikers Caspar Sagittarius. Letzterer interessierte sich lebhaft für Balbíns historische Forschungen, wie aus seinem Briefwechsel mit Weise hervorgeht, und er benutzte dessen Werke, vor allem die „Miscellanea“. Weise stellte zudem auch die Kontakte zu dem Nürnberger Gelehrten Jakob Wilhelm Imhoff her, der mit Balbín bei genealogischen Forschungen zusammenarbeitete.

Im Ganzen bietet der Briefwechsel einen willkommenen Einblick in eine Gelehrtenfreundschaft, die für die gemeinsame Geschichte von Sachsen und Böhmen einen hohen Erkenntniszuwachs bedeutete. Sorgfältig im lateinischen Original und in deutscher Übersetzung präsentiert, versehen mit tiefschürfenden Erläuterungen in zahlreichen Fußnoten bietet er zugleich vielfältige Anregungen für weitere Forschungen. Über konfessionelle Schranken hinweg wirft die Edition Licht auf eine beachtenswerte deutsch-tschechische Zusammenarbeit im 17. Jahrhundert vor allem zwischen Sachsen und Thüringen einerseits sowie Böhmen und Mähren andererseits. Geschichte im Allgemeinen, aber auch Genealogie und Rhetorik waren die Themen, die in den Briefen ihren Niederschlag fanden. Mithin gelangt dem Leser ein wertvolles – und mit Blick auf den Preis auch teures – Zeugnis der Kooperation und des akademischen Austausches aus einer Zeit lange vor der Epoche der Aufklärung in die Hände.

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