E.-M. Eibl; P. Heinicker (Hrsg.): Regesten Kaiser Friedrichs III.

Eibl, Elfie-Marita (Bearb.); Koller, Heinrich; Heinig, Paul-Joachim; Niederstätter, Alois (Hrsg.): Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440–1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet, hrsg. von Heinrich Koller, Paul-Joachim Heinig und Alois Niederstätter. Die Urkunden und Briefe aus dem historischen Staatsarchiv Königsberg im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin, aus den Staatsarchiven Gdansk, Torun, Riga sowie dem Stadtarchiv Tallinn (…). Wien 2010 : Böhlau Verlag, ISBN 978-3-205-78509-5 255 S.

Heinicker, Petra (Bearb.); Koller, Heinrich; Heinig, Paul-Joachim; Niederstätter, Alois (Hrsg.): Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440–1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet, hrsg. von Heinrich Koller, Paul-Joachim Heinig und Alois Niederstätter. Die Urkunden und Briefe aus den Kurmainzer Beständen des Staatsarchivs Würzburg sowie den Archiven und Bibliotheken in der Stadt Mainz. Wien 2010 : Böhlau Verlag, ISBN 978-3-205-78521-7 217 S.

Rezensiert für H-Soz-Kult von
Jörg Schwarz, Historisches Seminar, Ludwig-Maximilians-Universität München

Wieder einmal ist von zwei neuen Regesten-Bänden aus der Reihe der von Heinrich Koller, Paul-Joachim Heinig und Alois Niederstätter herausgegebenen Regesten Kaiser Friedrichs III. zu berichten, die tatsächlich nunmehr schon seit drei Jahrzehnten (seit 1982) zentrale Überlieferungsbestände des späten Mittelalters erschließen und unser Wissen vom konkreten Funktionieren der Herrschaft des Habsburgerkaisers auf eine neue Grundlage stellen. Der von Elfie-Marita Eibl erarbeitete Band über die Urkunden und Briefe Kaiser Friedrichs III. aus dem historischen Archiv Königsberg im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, aus den Staatsarchiven Gdansk, Toruń, Riga sowie dem Stadtarchiv Tallinn für die historischen Landschaften Preußen und Livland widmet sich dabei einem bislang nur äußerst unzureichend bearbeitetem Gebiet der Friedrich-Forschung: den Beziehungen des Kaisers zum Deutschordensstaat. Angesichts eines schwierigen, bis in die Anfänge des Deutschordensstaates im 13. Jahrhundert zurückreichenden Geflechts von unterschiedlichen rechtlichen Verhältnissen und ihren Überlappungen muss die Einleitung Eibls historische Grundlagenarbeit leisten. Die Ausführungen der Herausgeberin gehen dann auch über eine bloße Einführung in einen nachfolgend auszuwertenden Überlieferungsbestand weit hinaus und geraten zu einer wichtigen Abhandlung über die staatsrechtliche Stellung des Ordensstaates zu Kaiser und Reich. In der – von Eibl gut aufgearbeiteten – Forschung schwankt die Zuordnung des Deutschordensstaates zwischen den Polen „autonom“ und „Teilreich des Imperium Romanum“. Auch Lehnsexemtion freilich, so Eibl zu Recht, schloss nicht aus, dass sowohl Friedrich III. als auch die Hochmeister den Orden als ein Glied des Reiches ansahen. Wie zum Beweis dieser These beginnt der Regestenteil mit einem – wie es die Herausgeberin selbst nennt – „Paukenschlag“: Die erste regestierte Urkunde, die nur drei Monate nach der Wahl Friedrichs zum römisch-deutschen König 1440 ausgestellt wurde, ist eine Ladung des Hochmeisters auf den für Februar 1442 angesetzten Tag von Mainz, der die Kirchenfrage behandeln sollte. Klare Bekenntnisse zur Bindung des Ordens an das Reich, das Eingreifen Friedrichs in zahlreiche Rechtsstreitigkeiten, die kaiserliche Nicht-Akzeptanz der Appellation des Ordens an die römische Kurie, der (vor allem vor dem Hintergrund der Klage des Danziger Bürgers Eklinghoff vor dem kaiserlichen Kammergericht in den 1470er-Jahren deutlich werdende) unausgesetzte Jurisdiktionsanspruch des Kaisers über Westpreußen – das alles wird in dem vorliegenden Band mustergültig dokumentiert und für weitere Studien präpariert. Unter den von Eibl in der Einleitung separat behandelten Themen erscheint der Rigaer Erzbistumsstreit (1480–1483) für die zukünftige Erforschung der Beziehungen Friedrichs III. zum Deutschen Orden von besonderer Bedeutung. Der Streit stellt gleichsam die Kulmination eines „Dauerbrenners der innerlivländischen Geschichte des Spätmittelalters“1 dar: die Auseinandersetzung nämlich der verschiedenen Landesherren um die Vorrangstellung im Land und dabei vor allem die Rivalität zwischen dem Deutschen Orden auf der einen und den Prälaten von Riga und Dorpat, vor allem dem Erzbischof von Riga, auf der anderen Seite.2 Der Rigaer Erzbistumsstreit spitzt diesen Streit auf eine prägnante Weise zu und bereichert ihn durch zusätzliche, in dieser Form vorher nicht vorhandene Komponenten wie etwa das spezifische Verhältnis von Kaiser und Papst. Eine genaue, auf umfassende Weise nach den angewandten Strategien fragende Aufarbeitung des Streites steht nach wie vor aus, doch anhand der von Eibl zusammengestellten Dokumente und ihrer gelungenen Kommentierung kann er nunmehr präziser nachgezeichnet werden als zuvor.

Der von Petra Heinicker bearbeitete Band erfasst die Urkunden und Briefe Friedrichs III. aus den Kurmainzer Beständen des Staatsarchivs Würzburg sowie aus den Archiven und Bibliotheken der Stadt Mainz (Stadtarchiv, Stadtbibliothek sowie Dom- und Diözesanarchiv des Bistums Mainz). Der Band beginnt seine Dokumentation mit der Bestätigung Erzbischof Dietrichs von Mainz und dessen Stift aufgrund seiner „wale und kure“ zum römischen König gegenüber den Kurfürsten erwachsenen Verpflichtungen vom 17. Mai 1440; er schließt ab mit der Gewährung der Einrichtung zweier Jahrmärkte in dem zum Mainzer Stift gehörenden Dorf Königshofen an der Tauber vom 27. Februar 1492. Wie Heinicker zu Recht hervorhebt, bietet das von ihr erarbeitete Regestenheft den umfassendsten Einblick in das politische Wirken Friedrichs III. im Kurmainzer Raum. Dennoch kann er diesen Raum nicht vollständig abbilden. „Mainz“ betreffende Urkunden finden sich bekanntlich nicht nur in den hier untersuchten, sondern auch in Archiven anderer Regionen – ein Umstand, der zum einen der besonderen geografischen Beschaffenheit des Mainzer Erzstifts, vor allem aber auf die räumliche Verteilung der Kurmainzer schriftlichen Überlieferung sowie durch politische Veränderungen nach dem Ende des Mainzer Kurstaates im frühen 19. Jahrhundert zurückzuführen ist. Wer in Zukunft über „Friedrich III. und Mainz“ arbeitet, muss also neben dem jetzt vorliegenden Band auf andere, zum Teil schon seit längerer Zeit vorliegende Regestenhefte der Reihe zurückgreifen. Dennoch erhält er hier gleichsam einen Schlüssel für den Grund der Verteilung. Inhaltlich besitzt das Heft Heinickers einen besonderen Schwerpunkt in den politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen dem Kaiser und dem Mainzer Erzbischof, der als geistlicher und weltlicher Herrscher des Mainzer Erzbistums und -stifts, als Reichserzkanzler, Kurfürst und Vorsteher des Kurkollegs Rollen zu erfüllen hatte, die ihn einerseits an der Seite des Kaisers und als dessen Partner, ihn andererseits aber mehr als einmal auch in Konkurrenz- oder Konfliktsituationen mit diesem zeigen. Aus reichsgeschichtlicher Sicht von ganz besonderem Interesse ist zum einen die Dokumentation über die bekannte Mainzer Stiftsfehde zwischen Diether von Isenburg und Adolf von Nassau (1461–1463) sowie die Beleuchtung der ‚klassischen‘ Konfliktfelder des Mainzer Erzbischofs mit der Stadt sowie vor allem mit dem Pfalzgrafen als einem der wichtigsten unmittelbaren Anrainer. Beziehungen des Kaisers ins Reich und Binnenstrukturen des kaiserlichen Hofes verschränken sich, wenn es um die Übernahme der ‚römischen Kanzlei‘ durch den Mainzer Kurfürsten in den Jahren 1471–1475 geht, eine wichtige Epoche in der Geschichte der kaiserlichen Kanzlei, durch die die Jahre der Verpachtung dieser Behörde in der Ära Friedrichs abgeschlossen wurden. Wertvoll sind die zahlreichen, zumeist in Form von Anmerkungen beigebebenen Erläuterungen von historischen Kontexten und handelnden Figuren, die den Band auch demjenigen nahebringen, der sich mit der Zeit Friedrichs III. noch nicht auf eine vertiefte Weise beschäftigt hat.

Beide Bände werden durch ausführliche Quellen- und Literaturverzeichnisse sowie durch Orts- und Personenregister erschlossen, die im praktischen Umgang mit den Friedrich-Regesten willkommen sind. Einen besonderen Hinweis verdient die gründliche und auch inhaltlich weiterführende Beschreibung der äußeren Urkundenmerkmale in dem Band von Elfie-Marita Eibl.

Anmerkungen:
1 Klaus Neitmann, Um die Einheit Livlands. Der Griff des Ordenshochmeisters Bernd von der Borch nach dem Erzstift Riga, in: Hans Rothe (Hrsg.), Deutsche im Nordosten Europas, Köln 1991, S. 109–137.
2 Jörg Schwarz, Zwischen Kaiser und Papst. Der Rigaer Erzbistumsstreit 1480–1483, in: Zeitschrift für historische Forschung 34 (2007), S. 373–401.

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