H.-G. Nesselrath (Hrsg.): Der Philosoph und sein Bild: Dion

Cover
Titel
Der Philosoph und sein Bild: Dion von Prusa. Eingeleitet, ediert, übersetzt und mit interpretierenden Essays versehen von Eugenio Amato, Sotera Fornaro, Barbara E. Borg, Renate Burri, Johannes Hahn, Ilaria Ramelli und Jacques Schamp


Herausgeber
Nesselrath, Heinz-Günther
Reihe
Scripta Antiquitatis Posterioris ad Ethicam Religionemque pertinentia 13
Erschienen
Tübingen 2009: Mohr Siebeck
Anzahl Seiten
XI, 317 S.
Preis
€ 29,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Jorit Wintjes, Institut für Geschichte, Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Der von Heinz-Günther Nesselrath herausgegebene 13. Band der Reihe Sapere versammelt Text, Übersetzung und Einzeluntersuchungen zu fünf Reden des Dion von Prusa (orr. 54, 55, 70, 71 u. 72). Das Buch ist in drei Hauptteile gegliedert: zunächst ist den Reden eine umfangreiche Einführung vorangestellt, an die sich dann die eigentlichen Texte mit ihren Übersetzungen anschließen. Der dritte Teil besteht schließlich aus einer Reihe einzelner Essays, die wichtige Einzelaspekte der ausgewählten Reden in den Blick nehmen.

Die umfangreiche Einführung (S. 3–69) von Eugenio Amato und Sotera Fornaro ist in vier Teile gegliedert. Zunächst bietet Fornaro einen ausführlichen inhaltlichen Überblick, der besonders den Argumentationsgang der einzelnen Reden hervorhebt; sehr hilfreich sind dabei die Übersichten zum Aufbau der jeweiligen Reden (S. 7f., 11f., 14, 16f. u. 19f.). Im anschließenden zweiten Teil diskutiert Amato für jede einzelne Rede ausführlich die Frage nach der Gattungszugehörigkeit, ehe er im dritten Teil Datierung und Ort des Vortrags näher in den Blick nimmt. Dabei datiert er orr. 70 und 71 in die Zeit nach dem Tod Neros während der Regierung Vespasians, orr. 54 und 72 in die Zeit nach der Rückkehr des Dion aus seinem Exil, während or. 55 unbestimmbar bleibt. Im vierten Teil widmet sich Amato zunächst der handschriftlichen Überlieferung, dann der Frage nach der ursprünglichen Anordnung der Reden sowie der Rezeption in Antike, Mittelalter und Neuzeit. Hieran schließt sich ein Überblick zu wichtigen Editionen sowie Übersetzungen der vorliegenden Reden an, ehe Amato im letzten Abschnitt des vierten Teils der Einleitung auf den von ihm der Übersetzung zugrunde gelegten Text zu sprechen kommt; bei diesem, so Amato, handele es sich nicht um eine vollständige Neuedition, sondern um einen Lesetext, der auf den Kollationen früherer Editoren beruht. Die Anmerkungen zu Text und Übersetzung offenbaren dann aber den tatsächlich sehr beachtlichen Umfang der textkritischen Arbeit; so haben von insgesamt 249 Anmerkungen 94 zum Teil umfangreich erörterte Fragen der Textgestaltung zum Inhalt.

An die Einleitung schließt der von Amato erstellte Text samt deutscher Übersetzung (S. 72–109) an. Auf diesen folgen umfangreiche Anmerkungen (S. 110–159), die mittels Fußnoten in den deutschen Text eingebunden sind; die einzelnen Anmerkungen werden dabei ihren jeweiligen Verfassern Amato, Fornaro und Nesselrath zugeordnet. Neben den bereits erwähnten Fragen der Textgestaltung findet sich eine Vielzahl von Bemerkungen zu inhaltlichen Problemen. Der Fußnotenapparat erweist sich so insgesamt als höchst brauchbarer Kommentar zu den vorgelegten Texten. Als kleiner, formaler Kritikpunkt sei an dieser Stelle erwähnt, dass durch die Verknüpfung der Kommentarnotizen mit Fußnoten in der deutschen Übersetzung eine Benutzung des Anmerkungsapparates als Kommentar etwas erschwert wird; hier wäre eine direkte Zuordnung zu einzelnen Textstellen möglicherweise sinnvoller gewesen.

An den ersten Hauptteil schließen sich die fünf Essays an (S. 163–282), die Einzelaspekten besonderer Bedeutung gewidmet sind. Zunächst setzt sich Fornaro mit der Frage nach der äußeren Erscheinung des Philosophen im Werk Dions sowie dessen Selbstdarstellung auseinander. Im anschließenden Essay vergleicht Ilaria Ramelli dann das rhetorische Werk Dions mit den Schriften des Paulus und stellt Ähnlichkeiten insbesondere im Bereich der rhetorischen Ausgestaltung fest. Der mit insgesamt 15 Abbildungen illustrierte Essay von Barbara E. Borg geht der Frage nach, ob sich eine Wertschätzung der Philosophie in Portraits und vergleichbaren bildlichen Darstellungen der römischen Kaiserzeit nachweisen lässt. Die Verfasserin kommt dabei zu einem negativen, gerade deswegen aber sehr aufschlussreichen Ergebnis: Zwar finden sich in den untersuchten Bildzeugnissen allgemeine Hinweise auf die Bildung des Dargestellten, eine weitere Ausdifferenzierung lässt sich jedoch nicht nachweisen; antiken Bildhauern – und damit natürlich ihren Auftraggebern – lag offenbar mehr an der Darstellung von Allgemeinbildung denn an der von Spezialistentum. Der folgende Essay von Johannes Hahn setzt sich eingehender mit dem Auftreten und der Sichtbarkeit von Philosophen in der Gesellschaft der frühen Kaiserzeit auseinander; dabei greift er zum Teil deutlich über Dion hinaus. Im abschließenden Essay widmet sich Jacques Schuster schließlich der Rezeptionsgeschichte des Dion von Prusa und schlägt dabei einen weiten Bogen von seinen Zeitgenossen bis in die spätbyzantinische Epoche. Ein Quellen- und Literaturverzeichnis sowie Indices runden die Monographie ab.

Insgesamt haben die Autoren ein äußerst nützliches Buch vorgelegt, das die fünf Reden des Dion von Prusa sowohl durch den beigegebenen Kommentar als auch durch die angefügten Essays mustergültig erschließt und für die künftige Auseinandersetzung mit den behandelten Texten grundlegend sein wird.

Redaktion
Veröffentlicht am
Beiträger
Redaktionell betreut durch
Klassifikation
Mehr zum Buch
Inhalte und Rezensionen
Verfügbarkeit
Weitere Informationen
Sprache der Publikation
Sprache der Rezension