T. Huthwelker: Tod und Grablege der Pfalzgrafen bei Rhein

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Titel
Tod und Grablege der Pfalzgrafen bei Rhein im Spätmittelalter (1327-1508).


Autor(en)
Huthwelker, Thorsten
Reihe
Heidelberger Veröffentlichungen zur Landesgeschichte und Landeskunde 14
Erschienen
Anzahl Seiten
IV, 324 S.
Preis
€ 36,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Oliver Auge, Historisches Seminar, Universität Kiel

Sterben, Tod, Begräbnis und Memoria bei weltlichen und geistlichen Herrschern und Fürsten bilden ein Thema, das die Geschichtsforschung schon seit längerem in fruchtbarer Weise umtreibt und nach wie vor gewinnbringend beschäftigt. So fand jüngst erst am Alfried-Krupp-Wissenschaftskolleg in Greifswald unter Beteiligung zahlreicher Fachgelehrter aus nah und fern eine von Karl-Heinz Spieß organisierte Tagung mit dem Titel „Death at Court“ statt.1 Ebenso ist an anregende Untersuchungen wie die von Cornell Babendererde, Helga Czerny oder Carola Fey, die gewissermaßen noch druckfrisch sind2, zu erinnern. In diesem allgemeinen Forschungskontext bewegt sich die hier zu besprechende Arbeit von Thorsten Huthwelker, die sich, ausgehend von den in den Kulturwissenschaften etablierten Schlüsselbegriffen der Memoria und der Repräsentation, „Tod und Grablege bei den Pfalzgrafen bei Rhein im Spätmittelalter“ widmet. Die Arbeit entstand bei Bernd Schneidmüller und wurde im Wintersemester 2008/09 von der Philosophischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg als Dissertation angenommen. Für die erfreulich zeitnahe Drucklegung wurde die Untersuchung nur geringfügig überarbeitet, wie man im Vorwort (S. 1) erfährt.

Nach Vorwort und Inhaltsverzeichnis (S. 3) setzt der Autor mit einer knappen Einleitung (A) ein, in der er sein Thema umreißt, die Forschungssituation anspricht und auch die im Falle der Pfalzgrafen bei Rhein sehr diffizile Quellenüberlieferung berührt (S. 5–9). Darauf folgt ein sogenannter Systematischer Teil (B), in dem Huthwelker die immer wieder im Verlauf der Arbeit begegnenden Grundbegriffe Memoria und Repräsentation, Stiftungsverhalten, Testamente, Sterben, Begräbnis und Begängnis sowie Grablege und Grabmal auf informative Art und Weise in ihrer Forschungsgenese und ihrem momentanen allgemeinen Forschungsstand skizziert (S. 11–35). An dieses Kapitel schließt sich ein umfänglicher Darstellender Teil (C) an. Hier legt der Verfasser jeweils nach dem mehr oder minder festen und stets von einer Zusammenfassung abgeschlossenen, aus Teil B hergeleiteten Schema „Biografische Skizze“, „Stiftungsverhalten“, „Testamente“, „Sterben“, „Begräbnis und Begängnis“ sowie „Grablege und Grabmal“ der einzelnen Pfalzgrafen Adolf (1300–1327), Rudolf II. (1306–1353), Ruprecht I. (1309–1390), Ruprecht II. (1325–1398), Ruprecht III. alias König Ruprecht I. (1352–1410), Ludwig III. (1378–1436), Ludwig IV. (1424–1449), Friedrich I. (1425–1476) und zu guter Letzt Philipp (1448–1508) katalogartig nacheinander dar (S. 37–180). In einem Vergleichenden Teil (D) führt Huthwelker darauf seine so gewonnenen Einzelbeobachtungen zu den verschiedenen Aspekten seines Untersuchungsschemas zusammen (S. 181–243). Eine wiederum nur kurze Schlussbetrachtung (E) steht am Ende der Untersuchung (S. 245–249), die im eigentlichen Sinne durch einen Anhang, bestehend aus der Edition relevanter Quellen und elf Abbildungen (sechs Grabplatten bzw. Grabmäler der Pfalzgrafen, vier Kirchengrundrisse, ein Merianstich und eine Karte der Pfalzgrafschaft im Jahr 1329) sowie aus zwei im Inhaltsverzeichnis nicht ausgewiesenen Stammtafeln (S. 251–278), ein Quellen- und Literaturverzeichnis (S. 279–312), ein nach Orten und Personen aufgeschlüsseltes Register (S. 313–323) und ein auch nicht im Inhaltsverzeichnis auftauchendes Abbildungsverzeichnis (S. 324) beschlossen wird.

Der Darstellungsteil ist insgesamt sorgfältig redigiert. Umso bedauerlicher ist es, dass gerade der Schlusssatz der Arbeit (S. 249: „der aber weiterführende Studien sein muss“) sprachlich verpatzt ist. Der Anhang überzeugt von der redaktionellen Seite weniger. Schon im Inhaltsverzeichnis erscheint „Anhang“ auf der falschen Überschriftenebene angelegt; dem Leser wird nicht verständlich, was eigentlich alles zum Anhang gehören soll. Die zur Veranschaulichung wertvollen Stammtafeln fallen so jedenfalls, wie schon angedeutet, im Inhaltsverzeichnis ganz unter den Tisch. Das leider manchmal unsauber zitierende (zum Beispiel S. 286: falsch zitierte Reihe „Residenz[en]forschung“; S. 289: nicht zitierte Reihe „Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte“ bei Helga Czerny, s. hier Anm. 2) Literaturverzeichnis ist eigentlich ein Quellen- und Literaturverzeichnis, wobei bei ersterem wiederum die wirklich stiefmütterliche Zitation gerade der ungedruckten Quellen (S. 280f.) überrascht.

Soviel zu den nur kleineren, geradezu beckmesserischen Monita. Huthwelkers Arbeit besticht im Gegenzug durch ihre äußerst klare Gliederung, die es dem Leser je nach Interessenlage ermöglicht, sich schnell detailgenau entweder über Tod und Grablege eines speziellen Pfalzgrafen zu informieren oder in der Synthese die großen kurpfälzischen Entwicklungslinien in der Zeit zwischen 1327 und 1508 nachzuvollziehen. Insgesamt wird dem Leser ein durchweg verständliches und überzeugendes Bild von Sterben und Grablegen der kurpfälzischen Wittelsbacher in ihrem repräsentativ-memorialen Gehalt bis zum Beginn der Neuzeit vermittelt. Stets bemüht sich der Autor seinen engeren pfälzischen Fokus zu erweitern und auch Erkenntnisse der überregionalen Forschung, insbesondere aus dem Bereich der bayerischen Wittelsbacher und zu den anscheinend oftmals vorbildhaften Luxemburgern, in seine Untersuchung einfließen zu lassen. Das macht die Arbeit unbedingt auch für einen Leserkreis lesenswert, der nicht nur an der kurpfälzischen Vergangenheit interessiert ist. Über manche weiter gehenden Schlüsse und auch Randaspekte von Huthwelkers Arbeit wird man diskutieren müssen: War Heidelberg in den Jahren nach 1400 wirklich eine Hauptstadt des Reiches (S. 246), als die sie der Verfasser mutig betitelt? Widersetzten sich König Ruprechts Söhne mit der Nachfolgeregelung von 1410 wirklich dem Willen ihres Vaters, was im kurpfälzischen Kontext nach der Beobachtung Huthwelkers eine deutliche Ausnahme wäre (S. 248)? Und dies angesichts momentan ebenfalls in Heidelberg laufender Forschungen besonders interessant: Äußerte sich der fürstliche Rang tatsächlich nur in einzelnen, wenigen Elementen des fürstlichen Sterbens (S. 248), wie der Autor an seinen Beispielen beobachtet?

Fragen wie diese veranschaulichen, wie sehr die Lektüre von Huthwelkers Arbeit zum Nach- und Weiterdenken anregt, durchaus und gerade auch über die kurpfälzischen Beispiele hinaus. Es wäre wünschenswert, wenn dieser soliden, ja grundlegenden Arbeit recht bald weitere derartige Studien zu anderen kur- und reichsfürstlichen Häusern folgen würden.

Anmerkungen:
1 Siehe die Informationen des Alfried-Krupp-Wissenschaftskollegs Greifswald, <http://www.wiko-greifswald.de/events/cal/browse/3/article/6/death-at-cou.html> (30. Juli 2010).
2 Siehe etwa Cornell Babendererde, Sterben, Tod, Begräbnis und liturgisches Gedächtnis bei weltlichen Reichsfürsten des Spätmittelalters (Residenzenforschung, Bd. 19), Ostfildern 2006; Helga Czerny, Der Tod der bayerischen Herzöge im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit 1347–1579. Vorbereitungen – Sterben – Trauerfeierlichkeiten – Grablegen - Memoria (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte, Bd. 146), München 2005; Carola Fey, Die Begräbnisse der Grafen von Sponheim. Untersuchungen zur Sepulkralkultur des mittelalterlichen Adels (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte, Bd. 108), Mainz 2003.

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