C. Bergstedt u.a. (Hrsg.): Die Bischofsresidenz Burg Ziesar

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Titel
Die Bischofsresidenz Burg Ziesar und ihre Kapelle. Dokumentation der Wandmalereien im Kontext der spätmittelalterlichen Kunst- und Kulturgeschichte der Mark Brandenburg und angrenzender Regionen


Herausgeber
Bergstedt, Clemens; Heimann, Heinz-Dieter; Krohm, Hartmut; Sitte, Wilfried
Reihe
Veröffentlichungen des Museums für Brandenburgische Kirchen- und Kulturgeschichte des Mittelalters 4
Erschienen
Berlin 2009: be.bra Verlag
Anzahl Seiten
389 S., zahlr. Fotos u. Abb.
Preis
€ 68,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Mario Müller, Institut für Europäische Geschichte, Technische Universität Chemnitz

Dieser Sammelband ist ein hoffnungsvoller Anfang. Er dokumentiert abbildungsreich in Überblicksdarstellungen zu Brandenburg und Böhmen sowie in zahlreichen Einzelbeiträgen zu ost- und süddeutschen Orten Wandmalereien vom 13. bis zum frühen 16. Jahrhundert. Es stehen vor allem sakrale Gebäude im Blickfeld der Untersuchungen; Rathäuser und Stadthäuser von Bürgern bzw. adligen Personen werden nur vereinzelt thematisiert. Diese Auswahl geht zurück auf den Veranstaltungsort des kunsthistorischen Kolloquiums „Die spätmittelalterlichen Wandmalereien in der Bischofsresidenz Ziesar – Wandmalerei in der Mark Brandenburg im Kontext Norddeutschlands und angrenzender Kunstregionen“ (14.–16. Oktober 2005), dessen Beiträge in diesem Band publiziert sind. Den Herausgebern lagen zwei Dinge besonders am Herzen: Erstens ging es ihnen darum, die zahlreichen und im vorigen Jahr fertig restaurierten Wandmalereien der Burgkapelle Ziesar in sinnvolle Bezüge zu den angrenzenden Regionen zu stellen. Zweitens wird mit dem Kolloquium und dem Band der Wunsch verbunden, den vernachlässigten Forschungen zu mittelalterlichen Wandmalereien einen wichtigen Impuls zu verleihen, vielleicht sogar ein neues wissenschaftliches Forum mit Sitz in Ziesar zu installieren.

Der Band gliedert sich in vier Teile. Im ersten stehen die Befunde zur Malerei in der Burgkapelle Ziesar im Mittelpunkt. Dabei werden die Ergebnisse der bereits vorliegenden Baumonografie 1 und des Begleitbandes zur Dauerausstellung im Ziesaraner Museum für Kirchen- und Kulturgeschichte 2 kurz referiert und teilweise ergänzt. Der zweite Teil widmet sich den Wandmalereien im Land Brandenburg; vorangestellt ist ein erster Überblick zu den bekannten Malereien von Peter Knüvener, gefolgt von Einzeldarstellungen zu Kirchen aus Brandenburg an der Havel, Berlin, Frankfurt an der Oder, Herzberg sowie zu den Dorfkirchen von Bötzow, Lindenberg und Tremmen. Den dritten Teil zur „Wandmalerei in den Nachbarregionen der Mark Brandenburg und im Ostseeraum“ leitet ein Überblicksbeitrag zu Sachsen-Anhalt von Thomas Danzl und Elisabeth Rüber-Schütte ein, dem Einzeldarstellungen zur Burgkapelle in Wolmirstedt (nördlich von Magdeburg) – die baugeschichtlich das wichtigste Referenzobjekt zu Ziesar darstellt – und zur Thomaskirche in Pretzien folgen. Daran schließen sich Beispiele aus dem Raum Hannover an, aus Wismar und aus Pommern (Behrenhoff bei Greifswald, Stettin). Der letzte Teil zu „Fassungen gotischer Innenräume – Rankenmalerei und gemalte Scheinarchitektur“ nimmt wiederum Beispiele aus Brandenburg, aber auch aus Torgau, Konstanz und Salzburg auf. Besonders verdienstvoll ist der Beitrag von Torsten Nimoth, in dem die böhmische Illusions-, Monochrom- und Grünrankenmalerei vom 14. bis zum frühen 16. Jahrhundert, gegliedert nach Orten, erörtert wird.

Die beiden Anliegen der Herausgeber sind mit dem Band auf einen guten Weg gebracht worden. Jedoch überzeugen die Ergebnisse nur insofern, dass sie den Reichtum der Überlieferung dokumentieren und die Probleme aufzeigen, die künftig in vergleichenden Forschungen zu bewältigen sind. So müssten für das erste Anliegen zunächst die Kriterien bestimmt werden, nach denen Ziesar mit anderen sakralen Gebäuden verglichen werden kann und was es eigentlich bedeutet, diese Kapelle in kunsthistorische Beziehungen mit anderen Häusern zu setzen. Denn letztlich geben die Beiträge nur wenige bzw. unsichere Anhaltspunkte zur Datierung der Malereien, zu ihren möglichen Verwandtschaften und Schöpfern. Die Stärke des Bandes liegt in der Entscheidung, vor allem eine regionale, auf die Nachbarländer konzentrierte Forschungsrichtung einzuschlagen, um von wenig einleuchtenden und in ihren Zusammenhängen nicht nachvollziehbaren Vergleichen wegzukommen. Das Ergebnis von Nimoth kann dafür exemplarisch stehen. Er widerlegt den Automatismus, der sich in kunsthistorische Forschungen zur Mark Brandenburg (und nicht nur hier!) eingeschlichen hat, wonach vor allem die Herkunft der Herrscher auf die künstlerischen Beziehungen Einfluss ausübe. Nimoth stellt heraus, dass keine böhmisch-brandenburgischen Bezüge aus seinem Vergleich zu erkennen sind (S. 350), trotz der luxemburgischen Herrschaft während des 14./15. Jahrhunderts in beiden Ländern.

Leider versäumten die Herausgeber, erste Vorschläge für übergreifende Forschungskriterien zu unterbreiten, die sich aus einer Zusammenschau der präsentierten Beiträge durchaus formulieren ließen. Die meisten Autoren nehmen Stellung zu Material und Maltechniken, zu zeitlichen Schwerpunkten der Überlieferung, zu den Stiftern, zu den bevorzugten Motiven und ihren Vorbildern. Es wäre auch nach übergreifenden Instrumentarien und Methoden der Forschungsrichtungen zu fragen. Denn, und hier könnte das Ziesaraner Kolloquium vorbildlich auf künftige Veranstaltungen wirken, Wandmalereien sind ein Forschungsfeld, das ohne die Kooperation von Restauratoren, Kunsthistorikern, Bauforschern, Denkmalpflegern und Historikern nicht auskommt. Ob in diesem Sinn dem zweiten Anliegen angemessener Erfolg zuteil wird, hängt nicht zuletzt von der Gunst der Gönner solcher Forschungsprojekte ab. Es ist den Herausgebern zu wünschen, dass sie den eingeschlagenen Weg weiter voranschreiten können.

Anmerkungen:
1 Clemens Bergstedt / Thomas Drachenberg / Heinz-Dieter Heimann (Hrsg.), Bischofsresidenz Burg Ziesar. Das Haus – Das Denkmal – Das Museum, Berlin 2005.
2 Clemens Bergstedt / Heinz-Dieter Heimann (Hrsg.), Wege in die Himmelsstadt. Bischof – Glaube – Herrschaft 800–1550, Berlin 2005.

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