W. Szaivert u.a. (Hrsg.): Löhne, Preise, Werte

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Titel
Löhne, Preise, Werte. Quellen zur römischen Geldwirtschaft


Herausgeber
Szaivert, Wolfgang; Wolters, Reinhard
Erschienen
Anzahl Seiten
X, 376 S.
Preis
€ 74,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Kathrin Jaschke, Historisches Institut, Ruhr-Universität Bochum

Oftmals wird versucht, die Welt in Zahlen zu fassen; Quoten und Statistiken scheinen unumstößliche Fakten zu schaffen, um gesellschaftliche, politische und vor allem wirtschaftliche Phänomene einzuordnen und zu bewerten. Auch in der Geschichtswissenschaft – vor allem in der Wirtschaftsgeschichte – werden in Zahlen fassbare Größen wie Warenmengen oder -preise oft herangezogen. Der Umgang mit Zahlen, so attraktiv und hilfreich er erscheint, birgt aber eine erhebliche Gefahr. Mit ihrer Hilfe können nur dann Aussagen getroffen werden, wenn zeitnahe Vergleiche herangezogen oder die Angabe auf andere Weise in einen Zusammenhang gestellt werden können. Welchen Luxus ein Zitronenholztisch oder ein gut ausgebildeter Sklave in römischer Zeit darstellte, lässt sich nur erkennen, wenn Preise für andere Möbel oder Sklaven vorliegen. Je weiter der untersuchte Zeitraum dabei zurückliegt, desto weniger Zahlen stehen zur Verfügung und desto problematischer ist ihre Einordnung.

Sozial-ökonomische Zusammenhänge werden oftmals aus kurzen Notizen antiker Schriftsteller oder Inschriften gewonnen. Diese Nachrichten finden sich nur vereinzelt und erfordern somit intensive Sucharbeit und eine gewisse Kenntnis der Materie, um Vergleichszahlen für den untersuchten Gegenstand zusammenzutragen. Diese zeitraubende Tätigkeit wird nun durch den von Wolfgang Szaivert und Reinhard Wolters herausgegebenen Band erheblich erleichtert. Die Quellensammlung konzentriert sich auf die literarischen Quellen, die möglichst vollständig zusammengetragen wurden. Zugleich wird zu Recht angemerkt, dass eine vergleichbare Zusammenstellung zu den Inschriften höchst wünschenswert wäre, aber in diesem Rahmen nicht zu leisten war. Geographisch ist die Sammlung auf das Imperium Romanum begrenzt, einem Gebiet mit einem über Jahrhunderte relativ gleichen und stabilen Währungssystem. Der Zeitraum erstreckt sich vom späten 4. Jahrhundert v.Chr. bis in die Mitte des 3. Jahrhunderts n.Chr. Mit Diokletian änderte sich die Wirtschaftslage durch erhebliche Wertverluste in einem Maße, die jegliche Vergleichbarkeit quasi unmöglich macht.

Das Einleitungskapitel ist kurz gehalten, dennoch wird der Forschungsstand zusammengefasst und die allgemeine Problematik der Quellen angesprochen. So wird die Datierung einer Quellenstelle durch den Umstand erschwert, dass nicht immer zweifelsfrei entschieden werden kann, ob ein antiker Autor einen Zustand der Vergangenheit oder seiner eigenen Lebenszeit beschreibt. Preise und Löhne schwankten im Laufe der Jahre und Geldentwertung war auch in der Antike eine Maßnahme, um Finanzprobleme in den Griff zu bekommen. Daher ist es wichtig, entscheiden zu können, ob zum Beispiel Plutarch in seinen Viten Zahlen nennt, die im 2. Jahrhundert n.Chr. üblich waren oder eben zur Zeit der gerade porträtierten Person. Sehr hilfreich für das Verständnis der einzelnen Quellenstellen sind die kurze Darstellung der griechischen und römischen Nominale sowie eine Umrechnungstabelle, ein Glossar der Münzbezeichnungen und eine Liste der antiken Autoren mit Angabe ihrer Lebensdaten. Dies erleichtert dem Leser zusammen mit der Einführung in die antike Buchführung sicher den Einstieg in die Materie, die Quellen und ihre Problematik.

Es folgt die eigentliche Quellensammlung, die in zwei Teile gegliedert ist: Im ersten werden die Quellen, thematisch geordnet, in Originalsprache und Übersetzung aufgeführt. Dabei werden die Quellen des privaten Haushaltes, dann des öffentlichen Haushalts behandelt, zuletzt sind diejenigen zu Münzen und Geldwirtschaft aufgeführt. Diese drei Themenbereiche sind in weitere Unterabschnitte unterteilt, die die einzelnen Quellenstellen thematisch sinnvoll zusammenfassen.

Im zweiten Teil werden die Textstellen dann in einem ausführlichen Regestenteil verschlagwortet. Diese Verschlagwortung deckt sich nicht mit der thematischen Gliederung des vorangegangenen Teils, sondern ist wesentlich ausführlicher gehalten und innerhalb der Unterkapitel chronologisch nach dem Datum des beschriebenen Ereignisses sortiert. Die Kapitel befassen sich, jeweils mit entsprechenden thematischen Unterpunkten, mit den römischen Staatskassen, außerrömischen Preisen, den Privatkassen, den Löhnen und schließlich den Preisen. So lassen sich auch zu Nebenaspekten problemlos die entsprechenden Quellen und die dort erwähnten Geldwerte finden. Etwas umständlich, aber bei dieser Zweiteilung von thematischer Ordnung und Regestenteil wohl nicht zu vermeiden, ist die Nummerierung der einzelnen Stellen. Jeder sind zwei Nummern zugewiesen, eine fortlaufende Nummer für den ersten und eine abweichende für den zweiten Teil. Da die beiden Nummer aber jeweils zusammen angegeben sind, findet man sich nach kurzer Einarbeitungszeit recht gut zurecht.

Die sich anschließende Bibliographie des renommierten Wirtschaftshistorikers Walter Scheidel bietet einen thematisch gegliederten Überblick über die Sekundärliteratur bis 2003, listet aber auch wichtige ältere Standardwerke auf. Da vor allem die neuere Forschung zumeist in Aufsätzen und Sammelbänden publiziert ist, stellt diese Bibliographie eine unschätzbare Hilfe dar. Die durchdacht gegliederte Sammlung ermöglicht das schnelle Auffinden von Quellenstellen oder auch Informationen und ist somit als Nachschlagewerk von enormem Wert, der durch die ausgezeichnete Übersetzungsarbeit von Szaivert und Wolters noch gesteigert wird. Eine schmerzlich spürbare Lücke der antiken Wirtschaftsgeschichte ist hiermit auf hervorragende Weise geschlossen worden.

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