Bauer, Hubert (Hrsg.): Bayern LB. Die Geschichte in Bildern. München 2009 : Piper Verlag, ISBN 978-3-492-05324-2 240 S. € 49,95

: Die Geschichte der Bayern LB. Herausgegeben vom Institut für Zeitgeschichte München-Berlin im Auftrag der BayernLB. München 2009 : Piper Verlag, ISBN 978-3-492-05325-9 394 S. € 49,95

Rezensiert für H-Soz-Kult von
Detlef Krause, ZKK-Historische Dokumentation, Commerzbank AG, Frankfurt am Main

Eine Publikation über Banken, die im Jahr 2009 erscheint, muss zwangsläufig von der jüngsten Finanzmarktkrise geprägt sein. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass ausgerechnet die BayernLB zwei voluminöse Bände zu ihrer 125-jährigen Geschichte herausbringt, denn just diese Landesbank benötigte staatliches Kapital und Garantien von über 30 Milliarden Euro zur Stützung und ist auch jetzt wieder nahezu täglich in den Schlagzeilen der Wirtschaftspresse zu finden.

Im Vorwort bezieht der seinerzeitige Vorstandsvorsitzende Michael Kemmer Zuversicht aus der Geschichte seines Hauses, denn dieses öffentliche Bankinstitut habe immer wieder Krisen gemeistert. Fast wirkt es wie die berühmte Ironie der Geschichte, dass Kemmer, von den aktuellen Ereignissen gleichsam überrollt, mittlerweile zurücktreten musste.

Noch ein Punkt verwundert: Die BayernLB gibt es erst seit 1972. Mit einem kleinen Trick kommen die Landesbanker auf das beeindruckende Jubiläum von 125 Jahren, denn eine Vorgängerin, die Königlich-Bayerische Landeskulturrentenanstalt wurde 1884 gegründet. Hinzu kommt als zweite wichtige Wurzel die Bayerische Gemeindebank Girozentrale, die 1914 als Giroverband der bayerischen Sparkassen entstanden ist.

Die drei Autoren, die auch schon bei einem Projekt zur Geschichte des Flick-Konzerns zusammenwirkten, haben den Stoff entsprechend den unternehmenshistorischen Zäsuren und Wendepunkten aufgeteilt. Beide Vorgängerinstitute werden jeweils abwechselnd behandelt. Bernhard Gotto untersucht die Zeit von den Anfängen im 19. Jahrhundert bis zur Krise der frühen 1920er-Jahre. Johannes Bähr analysiert die 1930er-Jahre bis zum „Wirtschaftswunder“ in den 1950er-Jahren. Schließlich schildert Axel Drecoll den Weg zur eigentlichen Landesbank bis zum Beginn der 1990er-Jahre. Fast schon dankbar registriert man, dass die neueste Zeit nicht aus Presse- oder Marketing-Sicht dargestellt wird, sondern aus historisch-methodischen Überlegungen ausgeblendet bleibt.

Im ersten Hauptteil beschreibt Bernhard Gotto Bayern im 19. Jahrhundert als ein Agrarland, das eine etatistische Modernisierung mit der Regierung, aber auch dem Parlament als Impulsgeber durchlebte. Erster Schwerpunkt der königlich-bayerischen Landeskulturrentenanstalt war die Finanzierung von Meliorationen zur Gewinnung landwirtschaftlicher Nutzflächen. Zu einer Ausweitung der Funktionen kam es um 1900, als auch die Wasserversorgung ländlicher Gemeinden in den Förderungskatalog aufgenommen wurde. Unter Reformminister von Bretteich erhielt das Institut neue, sozialpolitische Aufgaben, so im sozialen Wohnungsbau, bei der Ansiedlung landwirtschaftlicher Arbeiter sowie der Elektrifizierung von Landwirtschaft und Kleingewerbe.

Die Landeskulturrentenanstalt finanzierte sich durch die Ausgabe von Rentenscheinen, die allerdings auf dem Kapitalmarkt in Konkurrenz zu bayerischen Staatspapieren standen. Eine weitere Schwäche war, dass die Anstalt über keine eigene Absatzorganisation verfügte.

Auch für das Sparkassensystem in Bayern konstatiert Gotto im Vergleich zum deutschen Reichsgebiet für das 19. Jahrhundert rückständige Strukturen. Ein Giroverband der bayerischen Sparkassen entstand erst im Jahr 1914, als die Sparkassen den Ausbau des Postsparkassennetzes befürchteten. Während des Ersten Weltkriegs expandierten Sparkassen und Giroverband durch den Trend zum bargeldlosen Zahlungsverkehr, aufgrund der Zeichnung und des Absatzes von Kriegsanleihen wie auch durch kurzfristige Kredite an Kommunen und Gemeindeverbände, sodass sich die Girozentrale binnen kurzer Zeit zu einer Konkurrenz für die Bayerische Staatsbank sowie die bayerischen Provinzbanken entwickelte.

Nach der Hyperinflation näherte sich das Geschäftsmodell der Girozentrale den Geschäftsbanken noch weiter an, etwa im Devisen- und Wertpapierkommissionsgeschäft, im Firmenkundengeschäft, bis hin zur Wahrnehmung von Aufsichtsrats-Mandaten. Der Zielkonflikt zwischen Gemeinwohlorientierung und renditeorientiertem Geschäft wurde somit immer deutlicher. Die bekannte „Lesi-Affäre“, die leichtfertige Kreditvergabe an ein Bauunternehmen, offenbarte schließlich eklatante Mängel in den Führungsstrukturen der Girozentrale. In der Folge beschränkte sich die Girozentrale nach 1925, nun als Bayerische Gemeindebank firmierend, auf die Finanzierung von Sparkassen und Gemeinden.

Demgegenüber ging die Bedeutung der Landeskulturrentenanstalt trotz aller Bemühungen im Ersten Weltkrieg und in den 1920er-Jahren zurück. Das Organisationsmodell, das als eine Art interministerieller Ausschuss verfasst war, stieß an seine strukturellen Grenzen. Daher erhielt die Landeskulturrentenanstalt in einer umfassenden Reform 1929 eine eigene Rechtspersönlichkeit und wurde enger an die Staatsbank angebunden, sie blieb aber ihrem Wesen nach ein „sozialpolitisches Fiskalinstrument“ (S. 115).

Der Beitrag von Johannes Bähr setzt mit der Finanzkrise von 1929 ein. Die Stabilität der Landeskulturrentanstalt wie auch der Bayerischen Gemeindebank war dabei nicht bedroht. Das mittels einer Notverordnung erlassene Verbot des Kommunalkredits für Girokassen und -verbände traf allerdings die Gemeindebank in ihrem Kerngeschäftsfeld, sodass eine normale, „bankmäßige“ Entwicklungsphase eingeleitet wurde, die fiskalpolitische Funktion stark eingeschränkt wurde.

Breiten Raum nimmt bei Bähr die Zeit des Nationalsozialismus ein. Dies ist zweifellos sehr verdienstvoll, weil der öffentlich-rechtliche Finanzsektor in dieser Zeit noch wenig erforscht ist. Nach der Gleichschaltung des Landes Bayerns am 9 März 1933 unterstand die Gemeindebank der Aufsicht des einflussreichen Gauleiters und Innenministers Adolf Wagner. Der Aufsichtsrat der Gemeindebank und der Vorstand des Bayerischen Sparkassen- und Giroverbandes wurden binnen kurzer Zeit von hochrangigen Nationalsozialisten dominant besetzt. Friedrich Döhlemann und andere Direktoriums-Mitglieder der Gemeindebank passten sich rasch an. Döhlemann, eine eher unpolitische Persönlichkeit, trat alsbald in die NSDAP ein, denn er wollte die Gunst der neuen Machthaber gewinnen, um seinen eigenen Einfluss auszubauen. Bähr wertet dieses Verhalten als ein übereifriges, willfähriges Ausnutzen von Chancen. Döhlemann „schaffte“ sogar den Spagat, eine private Freundschaft zu dem verfemten Maler Emil Nolde zu unterhalten und gleichzeitig ein Netzwerk zu leitenden NS-Funktionären aufzubauen. Etwas merkwürdig klingt in diesem Zusammenhang die Aussage, dass die Entlassung von Mitarbeitern aufgrund ihres jüdischen Glaubens oder ihrer politischen Einstellung nicht überliefert sei. Dieser Aspekt erweist sich als Forschungsdesiderat.

Im Unterschied zu Großbanken und Privatbanken genossen Sparkassen und Kreditgenossenschaften grundsätzlich die Sympathien des Nationalsozialismus. Die Gemeindebank gewann den Ruf, besonders parteinah zu sein, wobei es ihr dennoch nicht gelang, das Kommunalkreditverbot aufzuheben. Wie die gesamte Finanzbranche profitierte die Gemeindebank zunächst etwas verspätet vom Wiederaufschwung, insbesondere von der Förderung des Spargedankens; 1938 wurde sie zur drittgrößten Bank Bayerns.

Das erhebliche Umsatzwachstum basierte aber nicht auf dem Kreditgeschäft, sondern resultierte überwiegend aus der Anlage in Staatspapieren. Bähr konstatiert, dass die Sparkassen, mehr noch als die Banken, als Kapitalsammelstellen für die Rüstungsfinanzierung fungierten. Dabei war den Bankern klar, dass der Weg in eine horrende Staatsverschuldung führte, während den Sparern diese Zusammenhänge verborgen blieben – und wohl auch bleiben sollten.

Die Landeskulturrentenanstalt unterstand in der Zeit des Nationalsozialismus dem neuen Wirtschaftsministerium, und auch das Personal blieb der Ministerialbürokratie verhaftet. Das Institut hatte sich schon seit 1932 an den öffentlichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beteiligt. Hinzu kamen Darlehen zur Bodenverbesserung sowie in gewissem Umfang die Wohnungsbaufinanzierung, sodass die Bilanzsumme bis 1942 auf 120 Millionen RM anstieg. Insgesamt galt die Anstalt allerdings nicht als kriegswichtig.

Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Banken in Bayern ihren Geschäftsbetrieb fortführen, wobei ein erheblicher Teil der Angestellten beider Institute wegen ihrer Parteizugehörigkeit den Dienst quittieren musste. Die amerikanische Militärregierung ernannte den Münchener Oberbürgermeister Karl Scharnagl zum neuen Aufsichtsratsvorsitzenden der Gemeindebank. In dem Machtvakuum nach 1945 setzte Scharnagl mit einer Satzungsänderung durch, dass die Gemeindebank wieder das Kommunalkredit- wie auch das Privatkreditgeschäft betreiben durfte; die Weichenstellung zu einer Universalbank war damit vollzogen.

Nur kurze Zeit später, mit dem Landesbodenkreditgesetz vom 19. April 1949, lenkte das Finanzministerium die Tätigkeit der Landeskulturrentenanstalt auf die Förderung des Wohnungsbaus. Das Institut, zugleich umbenannt in Bayerische Landesbodenkreditanstalt, wurde zu einem „Organ der Wohnungspolitik des bayerischen Staates“ (S. 200).

Beide Entscheidungen ermöglichten eine Phase der erfolgreichen geschäftlichen Entwicklung. In den 1960er-Jahren, so Alexander Drecoll, holte Bayern den Industrialisierungsrückstand auf. Eine ambitionierte, zugleich technikbegeisterte Landesregierung versuchte diesen Prozess zu steuern, wie etwa beim Ausbau der Atomenergie mit Hilfe staatseigener Institutionen. Das – recht knapp dargestellte – Beispiel der Entstehung des Olympischen Dorfs zeigt dabei, wie sehr die Gemeindebank aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung zwischen öffentlichen Interessen, Prestigeprojekten und Wirtschaftlichkeit bei Projektfinanzierungen balancieren musste.

Prinzipiell war die Bayerische Gemeindebank Mittler des bargeldlosen Zahlungsverkehrs für die angeschlossenen Sparkassen. Sie beteiligte sich zudem an Konsortialkrediten und ebenso an der Außenhandelsfinanzierung wie auch der Bausparfinanzierung. Laut den Statuten war sie dem Gemeinwohl verpflichtet, aber die Geschäfte waren zugleich auch nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen. Axel Drecoll verschweigt nicht, dass insbesondere die Gewährträgerhaftung, das heißt die Absicherung durch staatliche Finanzkraft, zu Spannungen mit privatwirtschaftlichen Wettbewerbern führte. Eine selbst in Sparkassen-Kreisen skeptisch gesehene Transaktion war die Beteiligung von 25 Prozent am privaten Bankhaus Aufhäuser, um sich neue Marktanteile zu sichern. Auf der anderen Seite musste die Gemeindebank als „lender of last resort“ Liquidität bereithalten, um notfalls Sparkassen ihres Sprengels unterstützen zu können.

Zunehmender Wettbewerb und abnehmende Gewinnmargen erhöhten Anfang der 1970er-Jahre auch am Finanzplatz München den Fusionsdruck. Dabei wurden verschiedene Konstellationen durchgespielt. Schließlich stellte der Zusammenschluss der Staatsbank mit der Vereinsbank auf der einen Seite die Weichen für das Zusammengehen von Gemeindebank und Landesrentenanstalt auf der anderen Seite. Per Gesetz entstand mit Wirkung vom 1. Juli 1972 die Bayerische Landesbank als eine öffentlich-rechtliche Universalbank, die als Girozentrale, Geschäftsbank und öffentlich-rechtliche Hypothekenbank arbeitete – eine Konstruktion, die das neue Institut immer wieder in Grundsatzdebatten über das Verhältnis von Gemeinwohl und Ertragsorientierung verwickelte.

Hinzu kamen erhebliche Umwälzungen in der Finanzbranche, die sich mit den Begriffen Deregulierung und Globalisierung umschreiben lassen. Während das klassische Kreditgeschäft seinen Stellenwert einbüßte, wurden internationale Geld- und Kapitalströme sowie Finanzinnovationen wie Derivate immer wichtiger. Damit entstand für Landesbanken die Herausforderung, sowohl regionales Institut als auch internationaler Konzern zu sein. Drecoll sieht den Schwerpunkt der Bayerischen Landesbank in den 1970er- und 1980er-Jahren noch vorwiegend auf den bayerischen Wirkungskreis begrenzt. Dann aber engagierte sich das Institut zunehmend in Westeuropa, Nord- und Lateinamerika, im arabischen Raum, auf asiatischen Märkten wie auch in osteuropäischen Staaten. Die Frage klingt an, ob die Bayerische Landesbank damit nicht, ungeachtet der internationalen Ausrichtung der bayerischen Wirtschaft, über ihren ursprünglichen Zweck hinausging.

Es ist bemerkenswert, dass die Bayerische Landesbank nach dem Krisenjahr 2001 über eine Schrumpfung nachdachte und sich auf die Kernregion Bayern konzentrieren wollte. Allerdings befolgte man diese Strategie doch zu halbherzig, denn 2007 wurde die Hypo Group Alpe Adria etabliert, die sich heute für die bayerischen Sparkassen, den Freistaat Bayern wie auch den österreichischen Staat als ein Milliardengrab erweist. Die Frage, ob das Geschäftsmodell der BayernLB künftig tragfähig ist, muss offen bleiben. Eine gewisse Skepsis schimmert beim Verfasser durch.

Nicht nur diese abschließenden Worte zeigen: Das Buch ist eine erfrischend offene, zugleich sachlich-nüchterne Darstellung, die Maßstäbe für andere Jubiläumsschriften setzt. Die Geschichte der BayernLB wird vor dem Hintergrund von äußeren, politischen wie wirtschaftlichen Umständen sowie Interessenkonflikten mit vorgelagerten Behörden ausführlich vorgestellt. Zugleich werden Handlungsspielräume und auch tatsächliche Leistungen beschrieben. Vergleiche mit anderen Instituten wie auch weiteren Sektoren der Kreditwirtschaft erhöhen den Erkenntniswert. Zahlreiche, klar strukturierte Tabellen und Grafiken bieten einen guten Überblick. Man kann nur wünschen, dass auch andere Jubilare nicht hinter diesem hohen Standard zurückbleiben werden.

Möglicherweise will nicht jeder Kunde oder Geschäftspartner die Geschichte der Bayerischen Landesbank sowie ihrer Vorgänger in aller Ausführlichkeit zur Kenntnis nehmen. Für diese Zielgruppe hat die BayernLB einen Bildband vorgelegt. Gezeigt wird auf rund 240 Seiten eine Fülle von Bildern wie auch Dokumenten, die großenteils aus dem Historischen Archiv der BayernLB stammen. Der Bildnachweis enthält aber weit über 50 andere Fundstellen, sodass man nur erahnen kann, welcher Aufwand an Recherchearbeiten hierfür erforderlich war.

Der Bildband hat einen anderen Aufbau als der Textband. Das von Hubert Bauer herausgegebene Buch enthält einzelne Abschnitte über die Landeskulturrentenanstalt, die Bayerische Gemeindebank sowie die Bayerische Landesbank seit 1972. Die gezeigten Quellen werden prägnant, aber nicht verkürzt kommentiert. Der Bildband stellt die geschäftlichen Aktivitäten und Projekte der Vorgängerinstitute anschaulich vor. Die Darstellung legt zudem Wert auf die Binnenperspektive der handelnden Personen, zugleich werden Themen wie Architektur, Werbung und betriebliches Sozialwesen, ebenso wie Öffentlichkeitsarbeit und gesellschaftliches Engagement vermittelt. Der Bildband stellt somit auch eine nützliche, inhaltliche Ergänzung wie auch ansprechend gestaltete, eigenständige Publikation dar.

Es bleibt zu hoffen, dass bei der geplanten Abschmelzung des Geschäftsumfangs der BayernLB das Historische Archiv unbeschädigt bleibt. Ein solcher, gelungener „Jubiläums-Doppelpack“ lässt sich nur mit einer ausreichend breiten historischen Überlieferung wiederholen.

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